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Dark Night's Kiss

von

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38. Kapitel

Wie schon in letzter Zeit war es sein Durst, der ihn weckte. Oder besser gesagt, das Gefühl von einem Wüstensturm, der in seinem Hals und Rachen einen neuen Höhepunkt zu erreichen schien. Seine Lippen waren trocken und seine Fänge pochten gierig nach dem lockenden Blutquell, der da vertrauensvoll an ihn gekuschelt neben ihm schlief.

Cayden brauchte einen Moment, um Traum und Wirklichkeit voneinander unterscheiden zu können. Danach erinnerte er sich aber schnell, dass er immer noch mit Emma auf der Couch lag. Nackt, wie Gott sie beide geschaffen hatte und es war dunkel.

Nicht etwa, weil die elektrischen Sonnenblenden sich bereits geschlossen hatten, sondern es draußen tatsächlich noch dunkel war.

Es musste noch früh sein. Zu früh für Emma, um aufzustehen, aber nicht früh genug, um ihn noch hier zu behalten. Nicht bei dem schmerzhaften Brennen in seinem Hals.

Es kostete ihn schon Überwindung, ihr lediglich einen Kuss auf die Lippen zu hauchen, während er sich langsam von ihr losmachte, da sie sich regelrecht um ihn geschlungen hatte. Aber es gelang ihm, sie nicht zu wecken, während er lautlos über sie hinwegglitt und sie wieder ordentlich zudeckte, damit ihr nicht kalt wurde.

So früh am Morgen war die Heizung noch nicht an, und auch wenn es trotzdem angenehm temperiert gewesen wäre, klapperte er leise mit den Zähnen, als ihn erneut eine Gänsehaut überfiel.

Auf leisen Sohlen schlich er sich ins Bad, um heiß zu duschen, sich die Zähne zu putzen, seine Kontaktlinsen einzusetzen und sich wärmer anzuziehen.

Bewaffnet mit Socken, Jogginghose und einem langärmeligen Hemd schlich er sich in die Küche, um leise hantierend alles für ein üppiges Frühstück vorzubereiten. Dabei warf er immer wieder einen Blick ins Wohnzimmer, um nach Emma zu sehen, die immer noch schlief, während die Sonne langsam aufging und er die Rollos deaktivierte, um das Licht nicht am Hereinkommen zu hindern.

 

„Mh.“

Emma rollte sich herum. Ohne wirklich wach zu werden, suchte sie unbewusst nach dem zweiten warmen Körper unter der Decke. Zumindest auf der Couch, nachdem sie ihn unter der Decke nicht finden konnte. Ihre Finger streiften über die kühlere Oberfläche des Sofas, stießen schließlich gegen die Rückenlehne und Emmas Brauen zogen sich unzufrieden zusammen. Er war ... nicht da.

Diesmal war es ein Brummen, das ihr Umdrehen begleitete und Emma zog sich die Decke bis zum Kinn hinunter.

Nein, Cayden war definitiv nicht mehr im Bett ... auf der Couch.

Emma zwang eines ihrer Augen, sich zu öffnen und in der nächsten Umgebung nach ihm zu suchen. Sie fand Cayden nicht, bekam aber mit, dass es anscheinend hell draußen war. Spät konnte es allerdings noch nicht sein. Dafür war es zu ... Emma war einfach zu müde.

„Cay–?“

Sie hustete in die Decke, als ihr sein Name im Hals steckenblieb, weil er so raspelte.

Nun kämpfte sich Emma in eine sitzende Position hoch und schob sich die Haare ein wenig zurecht. Kämmte sie mit den Fingern grob durch und streckte sich dann. Ja, es musste verdammt früh sein. Draußen war es noch ganz grau.

Und Emma war nackt. Was ihr jetzt erst wirklich auffiel, als sie aufstehen wollte.

 

Das leiseste Geräusch aus dem Wohnzimmer reichte aus, um ihn in seiner Tätigkeit innehalten zu lassen. Zuerst waren es nur Bewegungen, die er wahrnahm, weshalb er nicht gleich hinüberging, um nachzusehen. Vielleicht drehte sich Emma einfach nur auf die andere Seite und schlief weiter. Aufwecken wollte er sie so früh noch nicht, sondern lediglich alles für ein Frühstück vorbereiten, damit er sich etwas beschäftigen konnte.

Als sie jedoch halb seinen Namen sagte, blickte er um die Ecke und fand sie sitzend auf der Couch vor.

Ihr Haar war leicht zerzaust und sie wirkte noch richtig verschlafen, was sie einfach hinreißend aussehen ließ. Vor allem, da man anhand ihrer einen nackten Schulter erahnen konnte, dass sie darunter nichts anhatte.

Mit einem mehrdeutigen Lächeln kam Cayden zu ihr und setzte sich neben sie.

„Guten Morgen.“

Er küsste sie sanft und streichelte ihre Wange, während er diesen Wir-hatten-letzte-Nacht-umwerfenden-Sex-Blick aufhatte.

„Es ist noch früh. Wenn du weiterschlafen willst, könnte ich dich ins Bett umsiedeln. Dann kannst du dich noch ein bisschen ausschlafen.“

Er zog sie samt Decke auf seinen Schoß und schlang die Arme um sie, um sich an sie zu kuscheln.

„Was würdest du davon halten?“

 

„Guten ... Morgen.“

Emma gähnte hinter vorgehaltener Hand und ließ ihren Kopf dann an Caydens Schulter sinken. Schlafen ... Ja, irgendwie schon eine gute Idee ...

Ein Grinsen schlich sich auf ihre Lippen, als ihr ein Licht aufging, dass Cayden nicht gemeint hatte, sie könne auf seinem Schoß weiterschlafen. Auch wenn das gerade eine sehr attraktive und kuschelige Alternative wäre. Er roch wieder zum Hineinkuscheln gut und die Decke war so schön warm und weich.

Ihre Wimpern streiften seinen Hals, als Emma sie mit Mühe wieder öffnete und das Grinsen zu einem verliebten Lächeln wurde.

„Ich möchte nicht schlafen, wenn du schon wach bist und herum werkelst.“

Was sie auf eine unangenehme Idee brachte.

Sofort setzte Emma sich kerzengerade und alarmiert auf Caydens Schoß auf und sah ihn aus leicht verquollenen Augen funkelnd an.

„Du hast doch nicht schon über irgendwelchen Akten gesessen, oder?“

Der Tonfall war der Gleiche, als hätte er nackt auf einem Laufband auf dem Balkon gejoggt und sich dem Risiko einer Erkältung ausgesetzt. Aber es war auch Sonntag. Kein Tag zum Arbeiten. Schon gar nicht um diese Zeit!

 

Als Emma ihn mit diesem ganz bestimmten Blick ansah, der nichts Gutes verhieß, selbst von einer kleinen Menschenfrau wie ihr nicht, wich er ein Stück zurück und sah sie mit großen Augen an.

Dann begann er, verschlagen zu grinsen.

„Woran du schon wieder denkst!“

Er lachte leise und stupste seine Nase an ihre, ehe er ihr noch einen Kuss von den Lippen stahl.

„Nein, also um ehrlich zu sein, habe ich ausgiebig und heiß geduscht, mir dann als Erstes einen Kaffee gemacht und gerade bin ich dabei, ein Frühstück auf die Beine zu stellen. Allerdings gibt es momentan nur kalte Küche, weil ich nicht damit gerechnet habe, dass du schon so früh wach wirst. Wenn du also wirklich noch einmal schlafen willst, kannst du das unbesorgt tun. Ich werde die Akten nicht anrühren.“

Er zog sie wieder näher an sich und vergrub sein Gesicht in ihrem Haar.

„Als könnte ich mich jetzt auf die Arbeit konzentrieren.“

Das war wirklich nicht möglich. Schließlich saß seine Assistentin und Liebe gerade nackt auf seinem Schoß. Da war an Arbeit wirklich nicht zu denken.

 

„Oh ... Kaffee ...“

Emma hauchte das Wort andächtig mit gerundeten Lippen und so vorsichtig, als könne sie damit vielleicht aus Versehen sämtliche Pflanzen von der Oberfläche der Welt wischen.

Kaffee.

Mit viel Milch und Milchschaum und einer kleinen Portion Kakao. Mit zwei Marshmallows ...

Ihr Blick wurde ganz glasig, während sie Cayden voller inbrünstigem Neid ins Gesicht schaute.

Emma liebte Kaffee. In allen erdenklichen Variationen. Und jetzt, wo sie so aus dem Schlaf gerissen darüber nachdachte, wurde ihr erst so richtig bewusst, wie lange sie schon keinen mehr getrunken hatte. Wie gut es riechen würde und wie schön bitter auf der Zunge ...

Sie zwinkerte zweimal, um wieder in die Realität zurückzufinden. In der sie keinen Kaffee trinken würde. Zumindest ... sieben weitere Monate nicht. Was danach passierte, würde man sehen.

Emma würde in den sieben Monaten auf diesen unglaublichen Kaffee sparen, den man nur in ganz kleinen Päckchen mit blauem Aufdruck bekam. Der einmal durch den Verdauungstrakt irgendeines Primaten gehen musste, bevor er überhaupt zum Rösten in Erwägung gezogen wurde. Ja, so einen wollte sie dann als ersten Kaffee trinken, wenn sie es wieder durfte.

Emma grinste leise und schob sich dann eine dicke Haarsträhne hinter ihr Ohr.

„Frühstück klingt auch gut. Wenn du erlaubst, werde ich schnell duschen und komme dir dann zur Hilfe.“

Die Arme fest um ihn geschlungen drückte Emma Cayden einmal fest und küsste ihn dann, um sich mit einem glücklichen Lächeln von ihm zu lösen.

„Bist du auch so froh, dass heute erst Sonntag ist?“

 

„Oh ja, auf jeden Fall“, meinte er zustimmend und ließ Emma dann runter, obwohl das schon eine ganz schöne Überwindung war. Es war schließlich gerade so gemütlich gewesen und wie oft durfte er sie schon nackt auf seinem Schoß sitzen haben? Nun gut, sie war zwar in eine Decke gewickelt, aber das tat seiner Fantasie garantiert keinen Abbruch.

„Du kannst dir mit der Dusche ruhig Zeit lassen. Ich laufe bestimmt nicht weg, und wenn du wieder da bist, wartet schon ein heißer Tee auf dich, okay? Genau so, wie du ihn magst. Versprochen.“

Es war ja leider so, dass Emma keinen Kaffee trinken würde und für jemanden, der das gewohnt war, musste das ganz schön schwer sein. Ein Grund, wieso er seinen schon so früh getrunken hatte. So musste Emma ihm nicht dabei zusehen und er konnte mit ihr zusammen Tee trinken.

„Ich werde derweil auch schon die Pfanne starten. Hast du irgendwelche Wünsche, was ich rein werfen soll?“

 

„Du bist so ...“

Anstatt seine Großartigkeit in Worte zu fassen, quietschte Emma leise und drückte Cayden nun einen ausgewachsenen Knutscher auf die Lippen, bevor sie sich huldvoll in die Decke wickelte, um sich mit ihr ins Bad zu verziehen. Allerdings drehte sie sich vorher noch einmal um und lächelte Cayden aus vollem Herzen glücklich an. Anders konnte sie ihn eigentlich gar nicht anlächeln, denn, sobald sie ihn auch nur sah, war sie einfach voller Glück, Zuneigung und hibbeliger Aufregung.

„Ich hätte gern Spiegeleier. Beidseitig gebraten und an den Rändern schön knusprig braun. Sonst keine Spezialwünsche.“

Sie zwinkerte und konnte sich gerade so beherrschen, ihm nicht auch noch einen Luftkuss zuzuwerfen, bevor sie nun wirklich ins Schlafzimmer und anschließend mit frischen Klamotten im Arm ins Bad ging.

Die Dusche weckte ihre Lebensgeister zwar ein bisschen, aber wirklich fit und ausgeruht fühlte Emma sich trotzdem nicht, nachdem sie ihre Morgentoilette beendet hatte und angezogen, mit leicht feuchten Haaren in der Küche erschien.

Gähnend schlappte sie auf Cayden zu, der am Herd irgendetwas briet, das sehr köstlich duftete. Emma schlang ihre Arme von hinten um seinen Bauch und lehnte sich müde gegen seinen breiten Rücken, wo sie auch sofort wieder die Augen schloss.

„Wie kannst du nur immer so früh aufstehen und wach sein?

 

Cayden sah ihr noch eine ganze Weile nach, als Emma in seinem Schlafzimmer verschwunden war und er seinen Gedanken nachhing.

Sie war … es gab keine passenden Worte dafür.

Kostbar war vielleicht eines, das dem sehr nahe käme, aber sie war auch noch sehr viel mehr als das. Vor allem war sie der Grund, warum er plötzlich Angst vor der Zukunft hatte. Angst um sie. Angst um sie beide. Angst vor ihrer Ablehnung, sollte sie je erfahren, mit was für Dämonen er gerade kämpfte und was diese von ihm forderten.

Doch er sollte momentan nicht darüber nachdenken. Schließlich hatte er im Laufe seines Lebens gelernt, dass es besser war, im Hier und Jetzt zu bleiben, als sich ständig über die Zukunft Gedanken zu machen. Denn so blieb man in Wahrheit mit den Gedanken und Gefühlen in der Zukunft und die Gegenwart wurde vernachlässigt, obwohl sie es war, die das wahre Leben ausmachte.

Darum machte er sich erst einmal daran, die von ihr gewünschten Eier zuzubereiten und sich dann selbst etwas zu braten. Speckwürfel und etwas Gemüse. Heute wollte er es etwas üppiger angehen, auch wenn er nicht viel davon runterbringen würde.

Als Emmas Arme sich um ihn schlossen, stellte er die Pfanne zur Seite und schaltete die Herdplatte aus, ehe er seine Hände auf ihre Arme legte und den Kopf etwas zurücklehnte.

„Jahrelange Übung. Außerdem ist das eine Krankheit von Workaholics.“ Und hungrigen Blutsaugern, wie er einer war.

Cayden drehte sich in ihren Armen um und zog Emma an seine Brust, wo er sie eine ganze Weile festhielt und dabei den Duft ihres leicht feuchten Haares einsog.

Als er sich wieder von ihr löste, fühlte er sich leicht schwummrig.

„Tee?“

Er führte sie zu ihrem Platz an der Frühstückstheke und stellte ihr eine große dampfende Tasse hin.

„Die Eier sind auch gleich so weit“, ließ er sie wissen, ehe er sich wieder zum Herd umwandte, um Emmas Frühstück auf einem Teller anzurichten.

„Hast du irgendwelche speziellen Wünsche, was du heute machen möchtest? Mich darfst du nämlich nicht fragen. Da fallen mir nur lauter Dinge ein, bei denen wir nicht außer Haus kommen und sogar nicht einmal Kleidung bräuchten.“

Cayden grinste breit über seine Schulter.

 

„Gerne.“

Emma nahm den Pott voll Tee zwischen ihre Hände und hielt sich daran fest. Da sich noch Dampf über die Oberfläche kräuselte, war der Tee sowieso zu heiß für Emma, um ihn zu trinken. Daher genoss sie nur den Geruch von Früchten aus der Tasse und dem von Eiern, Speck und anderen Köstlichkeiten, die sich in ihrer Abwesenheit in der Küche verbreitet hatten.

Caydens schelmisches Lächeln erwidernd versuchte Emma über seine Frage nachzudenken.

„Da fallen dir also gleich mehrere Dinge ein?“, meinte sie mit einem Grinsen und konnte nicht ganz umhin, sich ein paar dieser Varianten vorzustellen. Was ihr Herz und auch eine tiefer gelegene Körperstelle sofort zustimmend zum Klopfen brachte. An so einem verregneten Sonntag konnte man schon auch einfach zu Hause bleiben. Im Bett oder ... in der Badewanne?

Emma überlegte sich gerade, wie praktisch die Schwangerschaft im Bezug auf Sex doch zu sehen war. Immerhin brauchten sie nicht über Verhütung oder dergleichen nachzudenken. Jetzt war es eindeutig egal und sowieso zu spät.

Sie lächelte.

„Was meinst du eigentlich, wann wir anfangen sollten, uns Gedanken über das Baby zu machen? Ich meine, was man alles tun, kaufen, parat haben muss und das alles. Neun Monate sind lang, aber sie können auch ziemlich schnell vergehen. Ich möchte nicht ... unvorbereitet dastehen.“

Das Einzige, was sie jetzt noch nicht besprechen wollte, war ein Name. Denn, vielleicht würden sie irgendwann im Laufe der Zeit herausfinden, was es werden würde. Danach konnten sie immer noch Listen schreiben, sich zanken und sich hoffentlich am Ende auf einen Namen einigen.

 

So schnell, wie sein Grinsen gekommen war, verblasste es auch wieder, da sein Gesichtsausdruck nun eindeutig nachdenklich wurde, als Emma das mit dem Baby fragte. Er wusste nicht genau, was er darauf antworten sollte, also schwieg er erst einmal ganz und bereitete ihr gemeinsames Essen fertig zu.

Als er schließlich die Teller auf den Tisch stellte und sich neben Emma setzte, rührte er nachdenklich in seinem eigenen Tee herum.

„Um ehrlich zu sein, ich weiß es noch nicht. Immerhin, ich arbeite noch daran, mich überhaupt mental darauf einzustellen. Schließlich hast du es mir erst gestern erzählt. Mir geht da noch … so einiges im Kopf herum. Aber ich denke, wir bekommen das schon irgendwie hin.“

Tatsächlich machten ihm momentan andere Dinge Kopfzerbrechen. Aber darüber konnte er mit Emma nicht sprechen. Das war sein Ding und das musste er auch selbst regeln. Er wusste nur nicht, wie das alles noch werden würde. Aber zumindest eines war sicher. Er liebte Emma. Er wollte bei ihr sein und er freute sich auf das Baby. Alles andere stand davor zurück. Das würde er so bald wie möglich auch klar machen.

„Weiß es eigentlich schon deine Mutter? Und was ist mit deinen Mitbewohnern?“

 

Oh ...

Emma senkte ihren Blick auf ihre Hände, als Cayden so verhalten auf ihre Frage reagierte und anstatt sie direkt zu beantworten, dazu überging, das Frühstück weiter vorzubereiten.

Da war offenbar eindeutig der falsche Zeitpunkt für so eine Frage gewesen. Aber Emma hatte wirklich nicht damit gerechnet, dass es Cayden unangenehm sein könnte. Immerhin war er derjenige von ihnen beiden gewesen, der das Ganze absolut positiv aufgenommen hatte. Er hatte doch gesagt, dass er sich auf das Baby freute!

Mit einem kleinen Kloß im Magen sah Emma ihn von der Seite an, nachdem Cayden sich zu ihr gesetzt hatte.

Ihm ging noch Einiges im Kopf herum? Dann ... freute er sich doch nicht? Jetzt, wo sich die Nachricht zu setzen begann?

Der Kloß in ihrem Magen wurde größer und schwerer und Emma sah das Ei auf ihrem Teller mit einem Blick an, der genau sagte, dass sie ihr Frühstück jetzt nicht mehr wirklich anrühren wollte.

Ich will es aber gar nicht 'irgendwie hinbekommen'.

Jetzt nicht mehr. Nicht, nachdem Cayden so absolut dagegen gewesen war, dass sie das Baby nicht bekam.

Wenn sie sich schon für die Schwangerschaft – für das Baby – entschied, dann wollte sie es auch gut machen. Alles. Von der Schwangerschaft angefangen, über die Planung und auch für die Zeit, in der das Baby dann da war, wollte sie vorbereitet sein.

Ihr wurde kalt und eine Gänsehaut krabbelte über Emmas Arme, die sich allerdings mit einem großen Schluck heißem Tee einigermaßen vertreiben ließ.

Er hatte ja Recht. Es war alles noch ziemlich frisch und ... erschreckend. Immerhin hatte Emma sich nach einem Tag noch die Seele aus dem Leib geheult. Da konnte sie von Cayden nicht verlangen, dass er Feuer und Flamme war.

Dann reden wir eben nicht darüber. Erst irgendwann. Später.

„Ja, meine Mom weiß es. Kathy und Rob noch nicht.“

Emma nahm noch einen Schluck Tee und sprach dann weiter, als hätte ihre Frage gar nicht im Raum gestanden.

„Wir könnten ins Te Papa gehen. Es gibt eine Wanderausstellung über Wale. Würde dich das interessieren?“

 

Er hatte zwar bereits seine Gabel zur Hand genommen, aber er konnte sie nicht dazu benutzen, sich ein Stück des Gemüses aufzupicken, das er dann irgendwie hinunterwürgen würde.

Cayden war nicht dumm. Ganz im Gegenteil sogar, er konnte inzwischen ganz genau einschätzen, wenn etwas in der Luft hing und das tat es momentan tatsächlich bleischwer, gerade, weil Emma mit ihrer nächsten Frage ein so vollkommen anderes Thema aufnahm.

Wie schon zuvor antwortete er auch dieses Mal nicht gleich, sondern rang viel mehr mit sich selbst und stocherte dabei lustlos in seinem Essen herum.

„Ich muss Ersatz für Stella und dich finden“, begann er schließlich vorsichtig damit, seine Gedanken mit Emma zu teilen.

„Sie wird bald nicht mehr hier sein und so wie die derzeitige Auftragslage aussieht, wirst du alleine viel zu viel Stress bekommen. Das will ich nicht für dich. Das Baby soll in Ruhe wachsen und du so stressfrei wie möglich die Schwangerschaft erleben können. Für mich selbst, werde ich auch jemanden suchen müssen, der mir Arbeit abnimmt. Da ich jetzt nicht mehr bis spät abends im Büro sitzen, sondern mehr Zeit mit dir verbringen will und was Vanessa angeht …“

Nun, da wusste er gar nicht weiter. Außer, dass er so nicht mehr leben konnte. Nicht mit Emma an seiner Seite und mit einem Baby in Aussicht. Aber gerade das waren Gründe, weshalb er den Vertrag nicht so einfach auflösen konnte.

Er war nun einmal, was er war. Er brauchte Blut und es sich einfach von der Straße zu holen, war auf Dauer viel zu gefährlich. Vanessa wusste wenigstens Bescheid, sie konnte er dazu benutzen. Er musste es sogar, wenn er die nächste Woche schadlos überstehen wollte …

Aber allein der Gedanke daran, dass er offiziell zu dieser Frau gehörte und nicht zu Emma, begann ihm immer mehr zu schaffen zu machen. Diese ganze Verwicklung war absolut … daneben. Schließlich sollte etwas so Machtvolles wie die Liebe klar definiert sein und trotzdem, warum war sie oftmals so schwierig?

Cayden legte die Gabel weg und seufzte, während er sich über die Schläfen rieb.

„Ich weiß es ja auch nicht“, gab er schließlich zu.

 

Ein paar Haarsträhnen fielen ihr über die eine Gesichtshälfte, als Emma halb überrascht, halb schockiert aufsah. Er wollte Ersatz für sie finden? Kompletten Ersatz?

„Du meinst, ich soll nicht mehr für dich arbeiten?“, begann sie vorsichtig zu fragen, konnte aber die Größe, die dieses Thema für sie hatte, nicht verbergen. „Gar nicht mehr?“

Emma war schon klar, dass sie irgendwann nicht mehr würde arbeiten können. Aber sie hatte an die Zukunft gedacht. In ein paar Monaten. Wenn sie so schwanger war, wie Stella jetzt. Wobei Emma sich das immer noch nicht vorstellen konnte. Dass sie jemals so schwanger sein würde.

Aber einmal davon abgesehen wollte Emma ihren Job nicht aufgeben. Sie musste Geld verdienen! Gerade das Baby war ein Grund. Die Sachen, die es brauchen würde, kauften sich nicht von selbst.

„Cayden, das geht nicht. Ich muss und ich möchte arbeiten. Du kannst mir nicht einfach kündigen.“ Inzwischen schwang das Entsetzen über die bloße Idee sehr deutlich in ihrer Stimme mit. Aber das ging auch wirklich nicht. Selbst wenn er es wollte, gab es da so etwas wie Kündigungsschutz für Schwangere und wie kam er überhaupt –

Ihr blieb der Mund offen stehen, als er als Nächstes davon sprach, dass er auch für sich selbst jemanden suchen musste.

Emma starrte Cayden so groß an, wie ihr die ganze Sache auf einmal vorkam. Mein Gott, sie war so blauäugig gewesen. Und beinahe wäre sie auch noch auf Cayden sauer geworden. Und dabei ... hatte er sich sehr viel mehr schlaue Gedanken gemacht, als sie bisher. Er war schon so viel weiter mit seinen Sorgen, Ideen und der Planung. Und da sagte er ihr, er wüsste nicht, wann sie damit anfangen sollten.

Gerade wollte Emma sich entschuldigen und etwas Versöhnliches sagen, als Cayden ihr mit der Erwähnung von Vanessas Namen das Fell gegen den Strich bürstete. Instinktiv fuhr Emma die Krallen aus und versuchte trotzdem alles, um Cayden nicht einfach damit übers Gesicht zu fahren.

Trotzdem hörte man die stark erkämpfte Selbstbeherrschung aus jedem Ton, den sie von sich gab.

„Über sie will ich nicht reden.“

Es reichte, dass er an sie dachte. Dass er diese Giftspritze sah und sonst was mit ihr machte. Hinter verschlossenen Türen und ohne dass Emma es wissen durfte. Weil sie einen Vertrag hatten, weil es wichtiger für Cayden war, als alles Andere, weil ...

Emma stöhnte und legte ihren Kopf in ihre Hand, während sie sich mit den Ellenbogen auf der Küchentheke abstützte.

„Wirklich. Das ist ... deine Sache. Dass ich deine Ehefrau nicht leiden kann, ist wohl klar. Dass sie mich hasst, kann ich auch verstehen. Daher werde ich mich da raushalten. Was ihr beide zu klären oder welchen Vertrag ihr zu erfüllen habt, geht mich nichts an.“

Sie würde auch ein uneheliches Baby mit ihm auf die Welt bringen. Auch wenn Emma der Gedanke, dass er auch dann noch jede Woche mit Vanessa irgendwo in einem Raum verschwinden würde, den Emma oder sein Kind nicht betreten durften, fast umbrachte.

 

Cayden ließ sein unberührtes Essen ganz stehen und drehte sich auf dem Hocker zu Emma herum, so dass er ihr in die Augen sehen konnte.

„Ich werde dich nicht kündigen. Aber bis du in den Mutterschaftsurlaub gehen kannst, wirst du noch viel Stress haben, und wenn Stella dann weg ist, wirst du das auch noch alleine aushalten müssen. Daher will ich jemanden finden, der den Posten ganz ausfüllt, so dass du entlastet bist und außerdem, warst du doch eigentlich gar nicht als meine persönliche Assistentin vorgesehen. Zumindest nicht auf Dauer. Deine Interessen liegen doch in der Grafikabteilung und ich nehme dich schon jetzt so sehr in Anspruch, dass ich gar nicht weiß, wann du das letzte Mal etwas für dein Studium machen konntest.“

Er lehnte sich weiter vor und streckte langsam die Hand nach ihr aus. Vorsichtig strichen seine Fingerknöchel über ihre Wange, während er sie sanft ansah.

„Ich will und werde dir deine Arbeit nicht wegnehmen, Em. Aber ich will auch nicht, dass du zu einer dieser Mütter wirst, die so lange arbeiten müssen, wie es ihnen möglich ist.“

Und was Vanessa anging … er würde nicht mehr über sie reden. Auch wenn gerade das das Thema war, an dem er am Intensivsten arbeitete und sich im Unklaren war. Doch davon musste Emma ohnehin nichts wissen.

 

„Ich ...“

Emma hatte den Mund geöffnet, um irgendetwas dagegen zu sagen, aber gerade fiel ihr absolut kein Argument ein. Cayden hatte Recht mit allem, was er gerade angeführt hatte. Und Emma musste zugeben, dass sie wirklich schon ewig nichts mehr für die Kurse an der Uni gemacht hatte. Noch nicht einmal zum Spaß hatte sie etwas am Mac gezeichnet, obwohl sie sich am Anfang noch so darüber gefreut hatte, dass sie den im Büro benutzen durfte.

„Meinst du denn, dass es vielleicht auch besser wäre, wenn ich ... die Abteilung wieder wechsle?“

Sie senkte den Blick und drehte mit ihren Fingern am Saum von Caydens Hemd herum. Irgendwann würde man es sehen. Dass Emma schwanger war. Und dann war die natürlichste Frage, wer denn der zweite Teil der Eltern war. Was sollte sie dann machen? Die Wahrheit sagen, konnte sie nicht. Nicht, solange Cayden verheiratet war.

Oh Gott, daran hatte sie bis jetzt gar nicht gedacht!

Dieser Vertrag war absolut bindend und wichtig für Cayden. Er bestand darauf, dass er weiterlief. Das ...

Sie sah ihn so entsetzt an, dass sich Caydens Hand etwas nachdrücklicher auf ihre Wange legte.

„Ich ...“, begann sie von Neuem und räusperte sich dann, um auch ihren Gesichtsausdruck wieder unter Kontrolle zu bekommen.

„Du hast Recht. Wir machen es so, wie du denkst. Ich will bloß nicht zu lange zu Hause sitzen und kein Geld verdienen. Immerhin ...“

Oh man, konnte sie denn wirklich so dumm sein? Ihr Geld, ihr Gehalt kam doch auch von Cayden! Sie lag ihm so oder so auf der Tasche!

 

Cayden strich ihr beruhigend über die Wange und zwang sich dazu, ebenfalls ruhig zu bleiben, auch wenn das Thema ihn selbst ganz schön aufwühlte, je mehr er darüber nachdachte. Immerhin war es sehr viel komplizierter, als es auf dem ersten Blick den Anschein machte.

„Wenn du es willst, kannst du nach dem dein Ersatz eingeschult ist, in die Grafikabteilung wechseln, oder auch weiterhin, so wie Stella den neuen Assistenten oder die Assistentin unterstützen. Das überlasse ich ganz dir. Wenn du aber das Gefühl hast, dass es dir zu viel wird, dann kannst du auch früher in den Mutterschaftsurlaub gehen. Das ist wirklich kein Problem, Em.“

Auch wenn er sie damit vermutlich bevormundete, aber Herrgott noch mal, sie war schließlich von ihm schwanger und so überraschend es für ihn selbst auch noch wahr, er liebte sie wirklich. Da konnte niemand von ihm verlangen, dass er einfach ohne jeglichen persönlichen Beweggrund handelte.

„Solange du mit mir nicht die alte Diskussion führst, dass wir nicht mehr in dem Zeitalter leben, wo Frauen noch am Herd standen, während Männer das Vermögen nach Hause brachten. Halt mich ruhig für altmodisch, weil ich das auf jeden Fall auch sein kann, aber ich finde es nicht verkehrt, wenn die Frau sich gerade in so einer Lage, einmal eine Pause gönnt und nicht ständig die Angst im Nacken sitzen haben muss, wie sie bloß ihre Familie ernähren soll, sondern sich stattdessen an dem Mann anlehnt, der dafür verantwortlich ist.“

Da sein Ton etwas härter geworden war, weil er in diesem Punkt wirklich nicht mit sich verhandeln lassen wollte, fügte er nun ruhiger hinzu, während er Emmas Hände in seine nahm: „Sei also bitte nicht zu stolz, meine Hilfe anzunehmen. Das Geld ist da. Mehr als ich je ausgeben könnte. Was das angeht, musst du dir wirklich keine Sorgen machen.“

 

„Weißt du ...“

Sie streichelte mit ihren Daumen über seine Finger, während sie im Kopf die Worte vorformulierte, die sie ihm sagen wollte. Es sollte nicht hart oder abweisend klingen. Denn das wollte sie bestimmt nicht.

„Ich will dich nicht vor den Kopf stoßen. Es ist ja so, dass das Baby unseres sein wird.“

Sie sah zu ihm auf und lächelte unsicher. Das war das erste Mal, dass Emma es wirklich so betrachtete. Es war nicht ihr Baby oder ihre Schwangerschaft. Es würde ihr gemeinsames Kind sein. Das war ... unglaublich.

„Aber genau das kann ich noch nicht realisieren. Ich kann mir einfach noch nicht vorstellen, dass mein Körper sich so verändern wird, dass alles anstrengender für mich ist. Vielleicht bin ich dir in ein paar Monaten schon sehr dankbar dafür, dass du mich entlastest. Bestimmt.“

Wieder senkte sie den Blick und fuhr leise, aber verständlich fort.

„Aber ich hab etwas gegen Abhängigkeit. Wenn möglich, möchte ich auf meinen eigenen Füßen stehen. Und dass jetzt alles so ... schnell geht, macht es für mich noch schwieriger.“

Das zuzugeben war gar nicht so leicht. Aber sie sollte es ihm lieber jetzt sagen, als ihn irgendwann wirklich kalt damit zu erwischen.

„Wir sind erst zwei Wochen zusammen. Zwei Wochen. Das ist ... nicht lange. Ich habe ein paar Mal bei dir übernachtet und werde ein Kind von dir bekommen. Das ist ... irgendwie total wahnwitzig. Vor diesen zwei Wochen hätte ich mir noch nicht einmal zugetraut, mit einem Mann zusammenzuleben ...“

Emma verstummte und dachte nun länger nach, bevor sie Cayden wieder ansah.

„Ich weiß, dass wir das alles gut machen werden. So gut, wie wir es können, sowieso. Aber ich werde über meinen Schatten springen müssen, um mich an dich zu lehnen. Das ist ... nun einmal nicht so meine Stärke.“

 

Er verstand es durchaus, was sie ihm sagen wollte. Aber das hieß nicht, dass er es auch einfach so hinnahm. Dennoch widersprach er Emma nicht.

Cayden wusste, dass die Frauen von heute anders tickten, als jene vor zum Beispiel hundert Jahren und je weiter man in der Zeit zurückreiste, umso unwahrscheinlicher wurde es, dass Frauen, die einen Mann zur Seite hatten, trotzdem um ihre Unabhängigkeit von ihm kämpften. Es war … Cayden war einfach so erzogen worden, dass ein Mann die Verantwortung für seine Familie trug und alles tat, um ihr ein gutes Leben in Sicherheit zu ermöglichen. Was sonst hätte er für eine Funktion in einer Familie haben können? Sie waren nicht umsonst biologisch so darauf programmiert. Vampire vielleicht sogar noch stärker als Menschen, denn ihre Frauen waren wirklich vom rein Körperlichen von ihrem Schutz abhängig. Gerade in der Schwangerschaft.

„Ich verstehe das“, meinte er schließlich.

„Mir selbst fällt es schwer, mich überhaupt auf irgendjemanden zu verlassen, wenn es um mein Leben geht. Mein bester Partner fürs Leben war immer schon ich selbst. Aber ich hoffe, dass irgendwann der Tag kommen wird, an dem du mich brauchst und ich beweisen kann, dass du dich auf mich verlassen kannst. Bis dahin werden wir uns eben irgendwie einig werden müssen. Dann gibt es eben ein paar Diskussionen mehr in unserer Beziehung. Dafür sind wir beide dickköpfig genug.“

Cayden lächelte, strich Emma über die Wange und lehnte sich zu ihr hinüber, um ihr einen Kuss zu geben. Vorerst zog er einen strategischen Rückzug vor. Sie würden sich schon irgendwie einig werden.

„Und was deinen Vorschlag angeht. Die Wanderausstellung über die Wale würde mich wirklich interessieren. Aber erst, nachdem wir etwas gegessen haben.“

 

„In Ordnung.“

Damit war das winzige Kriegsbeil – das mehr die Größe eines Zahnstochers gehabt hatte – begraben und Emma begnügte sich damit, es vielleicht irgendwann später wieder ausgraben zu müssen. Die Sachen, die sie vage angesprochen hatten, waren noch nicht vom Tisch. Teils leider, aber andererseits mussten sie es sich ja nicht schwieriger machen, als es ohnehin der Fall war. Das Leben war manchmal kompliziert und schwer genug. Und Dickköpfigkeit half nicht gerade, das zu ändern. Da hatten sie wohl beide etwas, an dem sie arbeiten sollten.

Emma schlang Cayden die Arme um den Hals und küsste ihn, bevor sie sich kurz an ihn kuschelte und die Augen schloss.

„Ich mag Wale“, meinte sie nun wieder leise kichernd.

„Aber dich mag ich lieber.“

Was sie mit einem weiteren Kuss bestätigte, bevor sie sich wieder gerade hinsetzte und einen Blick auf ihr Spiegelei warf.

„Gibst du mir eine Cocktailtomate ab?“



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