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Stray

von

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Funken tropfen auf mein Herz

Vorwort: Der Vollständigkeit halber; das Gedicht am Ende stammt aus der Feder Lasker-Schüler.
 

I Stray

vol. 6: Funken tropfen auf mein Herz
 

Sakuya: Yume to Torauma
 

Sleepwalker, seducing me

I dare to enter your ecstasy

Lay yourself now down to sleep

In your dreams you’re mine to keep.
 

- Nightwish: Sleepwalker
 

So wenige vage Bilder nur, brannten, fieberten in meinem Geist, brachten meinen Körper dazu, sich des Nachts hin und her zu werfen, und meine Seele, vor Verwirrung zu verstummen, nur schwach zitternd unter der Erinnerung an Berührungen, die ich so nicht gewollt hatte.

In meinen Träumen gab es keine Flucht vor meinen Erinnerungen.

Nicht seine Augen. Ich sehe nichts in meinem Traum. Ich spüre nur seine Lippen, seine heißen, bebenden Lippen, auf meinen, die sich für ihn öffnen; seine Lippen, auf meiner Haut, auf meinem durchgebogenen Hals, auf meinem Schlüsselbein, meinem flachen weißen Bauch, der sich ihm zitternd entgegenstreckt; seine Hände verschränkt mit meinen, unsicher vor Alkohol. Mein Blick ist unstet. Daher halte ich die Augen geschlossen.

Ich spüre nur seine Haut auf meiner Haut; seine glühende helle Haut, weich, wie Samt - wie Samt, über dem Feuer gewärmt; bebend, scheu, auf meinem Körper; seinen Körper, der sich sehnsüchtig an meinen schmiegt, und seine Wärme, die auf meinem mondweißen Leib brennt und mein betrunkenes Herz rasen lässt vor Verlangen nach meinem besten Freund, mich zitternd den Kopf zurücklegen lässt, meine Arme um seinen schüchternen Körper führt, an dem ich seit Jahren jeden Zentimeter kenne, jede Narbe; die Muskeln seiner Arme, seinen schlanken Rücken unter meinen Fingern; seine Wärme, die Funken tanzen lässt über sein rotes Haar und meine grauen Augen verschleiert wie mit Dunst, so dass ich durch den Nebel meines Blickes nur seine geweiteten grünen Augen sehen kann, seine ein wenig ängstlichen Augen, deren Blick ebenso verhangen, so unstet ist wie meiner, und dass ich nur sein Gesicht sehe, das ich so gut kenne, so nah an meinem, dass ich es zu mir ziehe und stumm küsse, während ich seinen schnellen Atem auf meiner Haut spüre, bis in meine Seele, die noch schmerzt von der Zurückweisung Anttis.

Sein Verlangen ist so heiß, es verbrennt mich noch im Traum.

Er ist schüchtern, unerfahren mit Männern, er schmiegt sich dicht an mich, vorsichtig; als ich sein Keuchen höre und ihn in mir spüre, schließe ich wieder die Augen.

Sein Blick, die Funken in ihm, seine Augen, seine Hände, seine Lippen; ich kann nicht mehr, ich presse mich an ihn, und mit einem erstickten Aufkeuchen fahre ich aus dem Schlaf hoch.

Yuki neben mir schläft tief; er liegt auf der Seite, die Arme neben dem Gesicht, an seiner Brust das Stoffkaninchen. Mein schwarzes Haar fließt ungebändigt über meine zitternden Schultern.

Im Zimmer ist es ein wenig hell. Bald ist die Sonne aufgegangen. Es ist still. Im ganzen Haus ist es still. Alle schlafen sie, ungeachtet meiner Seelenschmerzen.

Würde jemand im Keller mit einem Keuchen aus dem Schlaf aufschrecken, ich würde es dennoch nicht hören können.

Yu atmet ruhig im Schlaf.

Ich sitze auf dem Bett und versuche vergebens, den Fluss der Tränen aufzuhalten; sie rinnen durch meine gespreizten Finger und tropfen auf meinen Schoß.

Wenn ich doch nur nicht mehr schlafen müsste!
 

Jamie: Paradoxon
 

Remember my child:

Without innocence, the cross is only iron

Hope is only an illusion

And Ocean Soul’s nothing but a name.
 

- Nightwish: Bless the Child
 

“Hat Junya mit dir gesprochen?”

Ich drehte mich zu meinem Bruder um.

Wir standen im Flur vor dem Zimmer der Zwillinge; ich war gerade im Begriff gewesen, die Treppe hinaufzugehen, denn wir waren eigentlich auf dem Weg in Valentins Zimmer.

Es war acht Uhr abends, und das Haus war ziemlich verlassen - Ilja und Diego waren fortgefahren, in eine der umliegenden Städte, sie würden erst spät in der Nacht wiederkommen; jemand hatte ein kleines Flugzeug und versuchte, es flottzumachen; die beiden waren hingefahren, da sie wussten, dass jener Mensch Maschinenteile lagerte, und sie spekulierten auf einen funktionierenden Motor für ihr Auto, ihr kleines Projekt, wenn sie ihm halfen.

Diego kannte sich ein wenig mit so etwas aus, weil er für eine Weile sein Geld in einem Flugzeughangar verdient hatte; und Iljas Ziehvater hatte ein Kleinflugzeug gehabt, dem leider nur die Steuereinheit fehlte. Ein Flugzeug war enorm praktisch. Es wäre großartig, eins zu haben; aber ich selber würde mich nie in eins setzen wollen. Es wäre mir zu unsicher, so ganz ohne Absicherung so weit über dem festen Boden zu schweben; und außerdem hatte ich Angst vor Höhen. Genauer gesagt machte mir nicht die Höhe Sorgen, sondern vielmehr die Tiefe darunter.

Wo Fuchs war, wusste ich nicht; aber Yuen war mit Minh irgendwohin gegangen und noch nicht wieder zurück.

Junya war ebenfalls nicht da. Junya war ausgegangen. Ich wusste nicht, wohin. Ich hatte es erst erfahren, als er schon weg war.

Er war mit Rose weg.

Ich wusste nicht, warum mich das so aufregte. Aber in meiner Brust war alles weiß und heiß, wenn ich daran dachte. Ich wusste nicht, wo sie waren, aber sie waren zusammen weggegangen; und offensichtlich war es Junya so wichtig gewesen, mit Rose allein zu sein, dass er es nicht für nötig gehalten hatte, mich davon zu unterrichten, obwohl ich doch angeblich sein Freund war.

Aber Freunde sprachen doch miteinander!

Es machte es nicht besser, dass Rose so attraktiv war; auf eine ganz andere Art als jeder andere, den ich kennengelernt hatte; Roses Nähe war fesselnd, er war wie ein Elektromagnet, und selbst wenn man die Augen schloss, spürte man die Elektrizität, die von ihm ausging und einem heiß über den Rücken jagte. Rose wusste eben, was er tat.

Im Gegensatz zu mir. Was sollte ich denn machen? Mochte Junya mich nicht, weil ich zu unschuldig war?

Warum plagte mich das nur so? Ich hatte doch selber gesagt, dass ich...nicht...

“Nein, hat er nicht”, murmelte ich etwas verspätet und drehte mich etwas zu ruckartig wieder um. “... Er spricht gar nicht mit mir. Ich scheine ihm ja auch irgendwie egal zu sein; was soll’s... Ist mir doch gleich...”

“Hey - warte mal kurz!” Ich fühlte mich von meinem großen Bruder an der Schulter gefasst und wieder zu ihm gedreht, zur Seite genommen. “Was sagtest du, du seiest ihm egal? Wie kommst du darauf? Sag nicht, dass du denkst, er...”

Ich hob den Kopf und sah Saku in die sturmgrauen Augen. Er erwiderte meinen Blick kritisch und ein wenig erstaunt; seine Augen waren gerötet, wie ich plötzlich feststellte, und er war blass, er sah nicht gut aus, vielleicht wurde er krank. Er hatte Schatten unter den Augen, er hatte wohl nicht gut geschlafen in der letzten Nacht.

Vielleicht hatte er auch einfach schlecht geträumt.

Es war mir den restlichen Tag über gar nicht aufgefallen.

Vielleicht war ich auch einfach in Gedanken abwesend gewesen.

“Er spricht ja nicht mit mir”, sagte ich leise und senkte den Blick wieder ein wenig, meinen Ellbogen mit der anderen Hand umfassend. “Er sieht mich nicht mal mehr an...Saku, glaubst du, er...glaubst du, er mag mich nicht mehr...? Ich wollte das eigentlich nicht, ich bin nur nicht soweit, um...und jetzt weiß ich nicht...” Ich fing fast an zu heulen.

Sakuya stieß ein betroffenes “Oh” hervor und trat vor, um mich in den Arm zu nehmen und mich an sich zu ziehen, bis ich die Tränen fortgeblinzelt hatte, mich an seinem Arm festhaltend und das Gesicht an seiner tröstlichen Brust vergrabend. “Du verstehst ihn falsch, Jem”, sagte er sanft und strich mir über das Haar. “Wenn ich das gewusst hätte, hätte ich dir gleich etwas gesagt. Oder Rose hätte es tun können, normalerweise merkt er alles.

Junya liebt dich über alles, Jem, und das wird sich auch so schnell nicht ändern, da musst du dir keine Sorgen machen. Glaub mir, du bist ihm ganz bestimmt nicht egal, und er wäre bereit, ewig zu warten, wenn er es müsste.”

“Aber warum geht er dann immer mit Rose weg?”, flüsterte ich verzweifelt. “Die beiden sind immer alleine, und nie sagt er mir, was sie reden oder machen...also...dachte ich...”

“Natürlich”, sagte Sakuya leise und strich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht, um mir besser in die Augen sehen zu können. Er zögerte für einen Moment, sprach dann aber weiter; ich dachte mir nichts dabei. “Er quält sich, weil du ihn abweist. Er braucht Rose, weil er mit ihm über seine Gefühle sprechen kann. Und Rose versucht auch nur, zu helfen. Rose ist der beste Zuhörer, den es gibt. Du kannst mir glauben, er nähert sich Junya nicht zu weit, das würde er gar nicht wollen. Er fühlt bloß Sympathie. Mach dir keine Gedanken. Zwischen den beiden ist nichts. Außerdem ist Junya gar nicht Roses Typ; er ist zu jung”, fügte er hinzu.

“Er liebt mich also?”, flüsterte ich mit geweiteten Augen; und ich wusste nicht, woher das heiße Gefühl kam, das mit einem Mal über mich hinwegbrandete, mein Herz schneller schlagen ließ und mir den Atem nahm.

Sakuya nickte. “Ja... Er liebt dich mehr als alles andere auf der Welt, und das weißt du auch. Er hält stand, weil er weiß, dass er dich nicht bedrängen kann, aber er leidet.

... Denn eigentlich liebst du ihn auch, Jamie. Ich weiß es nicht, aber ich vermute es, und ich bin mir ziemlich sicher.” Er senkte den Kopf. “... Wovor hast du nur solche Angst?”

Ich sah ihm reglos ins Gesicht. Ich war mir nicht sicher mit meiner Erwiderung, aber er antwortete mir nichts darauf: “Was ist mit dir?”

Sakuya schickte sich an, die Treppe hinaufzugehen, und ich folgte ihm, eine Hand am Geländer: “Fuchs hat mir erzählt, dass er dich liebt und dass er es dir gesagt hat. Er meinte, das sei der Grund, aus dem du nicht mehr mit ihm redest.”

“Er redet ebenso wenig mit mir wie ich mit ihm.”

“Er würde vielleicht, wenn du seine Liebe nicht so verurteilen würdest!”

“Plötzlich kennst du dich aus, wie?”, fragte Saku kühl, drehte sich um und kam wieder einige Stufen zu mir herab. Seine Augen verengten sich, wie immer, wenn er defensiv wurde. “Ich bin mir sehr sicher, dass Fuchs dir das erzählt hat, aber vielleicht hättest du weiter nachfragen sollen, anstatt zu glauben, dass ein unschuldiges Liebesgeständnis mein Vertrauen zu ihm hätte brechen können. Das ist kein Grund, fortzugehen, nicht einmal für mich. Das hätte auch mir passieren können, ich hätte damit leben können.

Wenn Fuchs gesagt hat, dass ich deswegen gegangen bin, dann ist er ein Lügner, weil er weiß, dass es nicht so ist.

Aber ich konnte unmöglich weiterhin einem Menschen mehr vertrauen als mir selbst, der sich als jemand herausstellt, für den ich ihn nie gehalten habe, obwohl ich ihm mein Leben anvertraut hätte im Glauben, ihn zu kennen. Einem Menschen, der meine Schwäche ausnutzt, die er als einziger das Privileg hatte zu sehen. Einem Menschen, der mein Vertrauen in tiefe geistige Liebe zerstört hat, was das einzige war, was ich besaß, außer meinem Stolz, den er mir bequemerweise gleich mit nahm.

Frag ihn. Frag ihn, ob er dir erzählt, wie praktisch es für ihn war, dass ich so aufgelöst war an jenem Abend, als ich zu ihm kam. Frag ihn, ob es ihn überhaupt interessiert hat, wie ich mich fühlte. Einen Dreck hat es ihn gekümmert. Meine Seele war ihm egal.

Frag ihn, und er wird dir gestehen, wie er mich in meinem Schmerz betrunken gemacht hat, so dass er mit mir schlafen konnte - und mir dabei seine Liebe gestehen.

Frag ihn auch mal, wie es mir ging in dieser Nacht, in der ich einen Freund brauchte, dem ich vertrauen konnte. Das ist wahrscheinlich das einzige, auf das er keine Antwort weiß.”

Ich sah ihn erschrocken an, auch wenn ich das wusste; so, wie er es sagte, fiel es mir schwer, etwas zu erwidern. “Sakuya -” “Vergiss es”, unterbrach er mich grob, ohne mich anzusehen. Er hielt sein stolzes Gesicht im Schatten. “Lass uns hochgehen.”

“Saku - selbst wenn Fuchs das getan haben sollte - du liebst ihn doch, oder?”

“Sei ruhig, Jem! Ich habe gesagt, dass er nicht mehr der Fuchs war, den ich kannte. Er hat mein Vertrauen missbraucht.”

“Aber du liebst ihn doch, oder? Du würdest dich sonst nie so quälen.”

“Jem -”

“Nein, antworte mir! Du liebst ihn, habe ich recht? Du liebst ihn doch! Liebst du ihn? Antworte!”

“Es ist vorbei”, murmelte Sakuya so leise, dass ich seine Stimme fast nicht hören konnte, und wich mir aus; er ging fast lautlos die Holztreppe hinauf, so dass ich Mühe hatte, zu ihm aufzuschließen.

Ich kam stolpernd oben neben ihm an, und nahm ihn am Arm. “Saku, Sakuya...sag nicht, es ist vorbei! Es ist nie vorbei, und -”

“Ja”, unterbrach er mich abrupt.

“Was?”

“Ja. Auf deine Frage. Bist du jetzt zufrieden?”

“Aber...” Ich war verwirrt. “Warum...warum seid ihr dann nicht...”

“Jamie - du - du verstehst es nicht! Ich habe versucht, es dir zu erklären, aber du verstehst es nicht!” Er atmete tief durch und wandte sich zu mir um. “Es geht nicht!”

“Warum denn nicht?!”

“Weil - na weil -” Sakuya holte Luft und sah mir tief in die Augen. Ich schämte mich, weil ich das Gefühl hatte, dumm zu sein, aber ich verstand es ehrlich nicht! “ - weil ich nicht alles kaputtmachen will!”

“Aber es ist doch schon alles kaputt”, flüsterte ich leise mit Tränen in den Augen. “Du hast doch schon alles kaputtgemacht, Saku.”

Ich sah, dass ich ihn damit verletzte, aber ich bereute nicht, was ich gesagt hatte. Sakuyas Blick zog sich ein wenig aus meinem zurück, und nachdem ihn ein schwaches Zittern überlaufen hatte, wandte er den Blick geschlagen ab.

“Ich habe...ich weiß. Aber...du...ich weiß nicht, wie ich es dir erklären soll...es ist...uns etwas abhanden gekommen, das wir immer besessen hatten. Die ganze Zeit hindurch, allem zum Trotz.”

“Was war das?”

“Unschuld.”

Ich sah ihn groß an. “Ich verstehe nicht...”

“Unschuld, Jamie. Unschuld, die man nicht erlangen kann oder vortäuschen, sondern die man einfach hat, oder nicht. Manche Menschen haben sie ein Leben lang, andere niemals. Menschen wie Nigel hatten sie vielleicht nie. Menschen...Menschen wie du werden sie immer haben. Wir alle sind auf unsere Weise unschuldig, mehr oder weniger - du kannst es auch kindlich nennen, arglos, naiv, aufrichtig, wenn dir das besser gefällt, aber es ist keins von diesen, es ist mehr. Es ist das, was die Freundschaft von Fuchs und mir zu so etwas Reinem gemacht hatte. Wir waren zusammen, ohne Hintergedanken, wir waren einfach ein Team, wir haben uns bedingungslos vertraut, und das aus diesem unschuldigen Denken resultierende Vertrauen hat uns immer wieder stark gemacht. Verstehst du jetzt? Verstehst du es? Was ich dir zu erklären versuche...das ist nur einer von vielen Aspekten, aber dies haben wir verloren, und das hat die Bindung gekappt. Es war übermenschlich, und dann wurde ihm seine Macht genommen. Es ist, als ob ich seine Gedanken hätte lesen können, und dann plötzlich wusste ich nicht mehr, was in ihm vorging... Ich kann es nicht ausdrücken, es ist...” Er fuhr sich mit dem Handrücken über das Gesicht. “...Es wird einfach nie mehr sein können wie früher”, flüsterte er dann.

“Aber warum fangt ihr dann nicht etwas Neues an?”, wollte ich wissen. “Warum kannst du nicht von neuem lernen, seine Gedanken zu lesen? Warum muss es denn immer etwas Besonderes sein, und besser als das, was alle anderen haben? Warum könnt ihr euch nicht einfach so lieben, wie ihr es gerade wollt?”

“Wir können uns nicht lieben! Liebe ist - Liebe existiert nicht! Sie verschwindet, so schnell schon...”

“Und bis dahin? Könnt ihr euch nicht bis dahin lieben? Ist das nicht besser, als sich gar nicht zu lieben? Solange, wie die Zeit einem gibt?”

“Vergiss es”, flüsterte Sakuya und drehte sich um, Richtung Valentins Zimmer gehend, und ich folgte ihm. Er wollte mich nicht verstehen. Wie konnte ich ihn von meiner Meinung überzeugen, wenn er nicht überzeugt werden wollte?

Dieser Idiot! Es tat mir leid, aber so war es nun mal. Er wollte einfach nicht! Sturer Idiot! Er hatte solche Angst. Feigling!

...Aber...war ich denn einen Deut besser...?

Was ich dachte, war...wenn es doch angeblich keine Liebe gab, wie konnte Sakuya dann sagen, Junya liebte mich? War das nicht paradox? Oder war es eine Lüge?

Was zur Hölle ging in meinem Bruder vor?
 

Zwischenspiel: Diego & Rose: Reason for Roses
 

Die Nacht zuvor.

“Du machst einen ungeheuren Lärm, weißt du das...?”

Diego schnellte hoch und rammte sich fast den Schädel an der Motorhaube ein, welcher er gerade noch ausweichen konnte. “Rose! Hast du mich erschreckt! Was? Wieso bist du noch wach?”

“Wenn du es genau wissen willst, ich hatte das Fenster offen, um die Luft zu genießen und mir einzureden, es sei schon Frühling. Wenn du so herumhämmerst, bist du kaum zu überhören, um ein Uhr nachts.”

“Ist es so spät?” Diego lächelte schief und pustete sich die schweißnassen Strähnen aus der hohen Stirn. “Sorry...”

“Ach, ich hab eh schlecht geträumt. Ich sollte dir danken. Du hast mich aus einem richtigen Albtraum gerissen, ziemlich abrupt. Kinda saved my night, though.”

“Gracias a Dios”, lachte der Schwarzhaarige verlegen. “Ich dachte schon, ich müsste mit deiner Rache rechnen.”

“Ach, so heißblütig könnt nur ihr Südländer sein.” Rose lachte herzlich, als Diego ihm die Zunge rausstreckte und wieder im Motor verschwand. “Darf ich dich fragen, warum du selber noch wach bist...?”

Es dauerte eine Weile, bis der Spanier antwortete, und für eine Weile dachte Rose, er hätte ihn gar nicht gehört, wie er angestrengt an dem halbzerlegten Auto bastelte. Dann tauchte er wieder auf, wischte sich über die Stirn, streifte sich dann die verschmierten Handschuhe von den rauen Händen und lehnte sich an den Wagen, ohne Rose direkt in die himmelblauen Augen zu sehen. “Ich bin nicht immer noch wach”, murmelte er schließlich. “Ich bin schon wieder wach. ... Ich hab schlecht geträumt, wie du.”

“Muss der Mond sein.”

“Ich glaube nicht an solchen Schwachsinn.”

“Was ist los?” Rose schloss die Tür hinter sich und kam zu Diego, schwang sich neben ihm auf einen Stapel Reifen, so dass er mit den Füßen gerade so nicht mehr auf den Boden kam. In der schwachen Beleuchtung, nur durch zwei auf dem Boden stehenden Neonlampen, wirkte der Spanier dunkler, als er war, und die Schatten um seine schwarzen Augen ließen ihn älter erscheinen. “Willst du darüber reden?”

“Hm...ich weiß nicht...”

“Hey...ich bin schwul, ich bin sensibel, ich hör dir zu.”

“Du bist Rose, du wirst mir sehr wohl zuhören, und mich dabei erster Güte analysieren.”

Rose lachte, und Diego lächelte auch leicht, gab es endgültig auf, sich noch auf das Auto konzentrieren zu wollen. Aber er sagte nichts, schüttelte nur sein dichtes schwarzes Haar aus und band es neu zusammen.

“Sag mal, Schatz, wie lange sitzt du eigentlich jetzt schon an diesem Ding?”

“Was? Dem Auto? Lange.”

“Und du glaubst wirklich, du und Ilja kriegt es noch mal zum Laufen?”

“Natürlich.” Diego sah Rose ernst an. “Es ist nicht kaputt. Es ist nur schlecht behandelt worden.”

Rose schüttelte lächelnd den Kopf. “Du sagst das, als wär es ein Mensch.”

“So groß ist der Unterschied gar nicht”, murmelte Diego leise und strich wie in Gedanken über den rechten Kotflügel. “Sag mal...” Der Spanier hob plötzlich den Kopf und sah an Rose vorbei in eine der dunklen Ecken der Garage, in denen im Sommer Fledermäuse hingen. “Hast...hast du es je vergessen können...wie es sich anfühlt...wie ein Gegenstand behandelt zu werden?”

“Nein.” Rose verschränkte die Arme, Diego wandte überrascht den Kopf.

“Das sagst du jetzt, einfach so, einfach 'nein'?”

“Ich muss nicht lange darüber nachdenken. Ich hab es nicht vergessen. Ich habe lange gebraucht, um mich selber nicht mehr so zu sehen. Ich war doch erst dreizehn gewesen, und ich war nicht weit für mein Alter. Ich war sehr introvertiert und eigentlich ziemlich schüchtern.”

“Du redest darüber, als wenn...”, murmelte Diego und senkte den Kopf.

“Ich kann es ja nicht mehr ändern. Es ist ein Teil von mir.”

“Hasst du es nicht...”

“... Was?”

“Wachst du nicht manchmal nachts auf...wachst du nicht manchmal nachts auf und...hast das Gefühl...jemand beobachtet dich...” Diego schlug ein wenig fester als nötig die Motorhaube zu. “Was rede ich. Du hast etwas ganz anderes durchgemacht als ich.”

“Du bist stolz, Diego”, murmelte Rose leise und schlug die Fußknöchel übereinander. “Das war ich nicht. Es spielt keine Rolle, was du durchgemacht hast; für eine stolze Person ist es einerlei, Vergewaltigung, Gefangenschaft, behandelt zu werden wie ein Hund; sie leidet so oder so.

Und du warst ja auch älter. Es ist schwerer, jemanden zu etwas zu zwingen, der älter ist. Gerade jemanden wie dich. Ich beneide dich nicht.”

“Sei mir nicht böse, aber ich an deiner Stelle hätte mich in die Themse gestürzt.”

Rose seufzte leise. “Da wärst du nicht der einzige gewesen...” Sein Blick ging für einen Moment in weite Ferne, und Diego trat neben ihn, ließ sich nach einigem Zögern neben ihm nieder.

“Und? Träumst du manchmal von...damals?”

“Ja. Manchmal schon.”

“Ich auch.” Diego schwieg.

Der Pinkhaarige sah ihn irgendwann von der Seite an. “Ich bewundere dich, Diego. Du redest nie darüber, aber jeder weiß, dass du fast zerbrochen bist in der Gefangenschaft.

Aber nur fast.

Denn jetzt sitzt du hier, neben mir, und alles um uns herum ist wieder neu und gut.

Das haben wir gemeinsam.

Ich kenne das Gefühl, das du meinst, oder ein ähnliches. Ich weiß, was du sagen willst. Aber es ist vorbei jetzt. Ein Teil deines Lebens gehörte nicht dir, ein wichtiger Teil. Aber jetzt bist du hier - bei uns; gerade bei uns. Dafür bewundere ich dich.”

“Vielleicht habe ich nur hier das Gefühl, dass mich nicht alle schief ansehen.”

“Das wirst du nie loswerden. Du siehst dich selbst schief an, Schatz.”

“Siehst du?” Diego lachte traurig, strich sich den Zopf über die Schulter. “Du analysierst mich, Freud.”

“Sorry.”

“Bist du nicht.”

Diego schwieg eine Weile, langte dann nach unten und griff nach einer Flasche Wasser, die neben dem Reifenstapel stand, nahm einen tiefen Schluck. Er bot sie wortlos Rose an, der neben ihm saß, ein Bein an den Körper gezogen, und aus dem einzigen Dachfenster in den finsteren Himmel sah. Für eine Weile war es vollkommen still, man hörte nur das leise Zischen beim Aufdrehen der Flasche und das dunkle Klingen, als Rose sie zurück auf den Boden stellte.

“Kann ich dich was fragen?”, meinte der Spanier dann leise, die Arme hinter sich aufgestützt, und sah Rose schräg von der Seite her an, als mustere er ihn, seine weiche blasse Haut, seine blauen Katzenaugen.

“Ich bitte darum”, lächelte Rose leise, immer noch den Blick aus dem Dachfenster gerichtet. “Frag mich, und halt meine Träume von mir fern. Ich habe Gefallen an der Realität gefunden.”

“Es geht um deine Vergangenheit, also lasse ich es besser sein.”

“Dazu besteht kein Grund. Ich hoffe nur, es ist nichts allzu Privates.”

Diego lachte verlegen. “Nein...” Er musterte Rose nun wirklich. “Ich habe mich nur gefragt...was war zuerst da, der Name Rose oder die pinken Haare?”

Der Jüngere schwieg kurz, fast ein wenig erstaunt. “Du bist der erste, der von alleine darauf kommt, dass der Name eher dagewesen sein könnte.

Das stimmt, so war es. Die Haare habe ich mir tatsächlich des Namens wegen gefärbt.”

“Wieso nannte man dich Rose?” Diego stützte das Kinn auf eine Hand. “Darf ich fragen? Warum gerade Rose? Wie kamen die Leute darauf?”

“Die Leute...” Rose sprach es ein wenig ironisch aus und lachte leise. “Rosen...Rosen stehen für Schönheit und Leidenschaft, meiner Vorstellung nach. Die Jungen nannten mich Rose, weil es meinem früheren Nachnamen, Ross, ähnlich klang, und weil Rosen...sie sagten, dass Rosen so viele Blütenblätter hätten; so viele Blätter, dass man sie unmöglich anschauen und alle auf einmal erfassen kann, aber Rosen würden sich auch selten komplett öffnen, zumindest nicht im Schatten.” Er lachte leise. “Sie fanden mich wohl einfach seltsam, denke ich, und das war eine nette Umschreibung.

Einer von ihnen sagte mir, sie nannten mich Rose, weil ich weich und süß war wie eine Rose, wenn man sie sich ans Gesicht hält... Ein anderer meinte später, Rosen lockten einen zu sich mit ihrem Duft und ihrem sanften Äußeren, und er selbst wäre in seiner Kindheit öfter als einmal in einem Rosenstrauch hängen geblieben und hätte sich die Kleider zerrissen...

Ich weiß selber nicht genau, von wem der Name stammte, oder wann genau er allgemein gebräuchlich wurde. Möglicherweise bezog er sich nur darauf, dass ich, als ich noch Thomas Ross war, erstaunlich schnell errötete.” Rose lachte leise und ein wenig traurig auf. “Aber wie ich dir sagte, ich fand Gefallen an dem Namen, Mädchenname hin oder her, weil er für mich eine Symbolik hatte...eine Symbolik, die mir half. Eine Bedeutung, die mir das Leitsymbol für eine neue Identität werden sollte. Daher nahm ich den Namen an. Ich konnte unmöglich als Thomas so weitermachen. Als Rose konnte ich es. Also tötete ich Tommy, und wurde zu Rose, änderte meinen Namen und mein Äußeres, und der Mensch, den du heute kennst, hat fast nichts mehr mit Tommy Ross gemeinsam. Das ist alles meine selbsterschaffene Identität, die bald real wurde. Der Mensch vor dir ist ein künstlich geschaffener Charakter.” Rose sah Diego wie entschuldigend an. “Und Rose war das Leitmotiv.”

“Ich verstehe”, sagte der Schwarzhaarige leise.

“Jeder versteht etwas anderes unter meinem Namen.”

“ Rosen haben Dornen, das fällt mir dazu ein.”

Rose lächelte. “Thanks.”

“Und dann haben dich einfach alle so genannt?”

Rose schwieg.

“... Oder nicht?”

“Diego...” Der pinkhaarige Brite schlug die Beine übereinander, wandte den Kopf und sah dem Älteren in die Augen. “... Soll ich dir was zeigen?”

Der Spanier starrte Rose für einige Sekunden an und räusperte sich leicht, so dass Rose lachte. “Keine Angst...”

“Was meinst du?”

“Willst du sehen, warum alle den Namen auch benutzten, den ich mir ausgesucht hatte?”

Diego nickte und zuckte dann ein wenig zusammen, als Rose nach unten griff und anfing, sich mit einer schnellen Bewegung sein Hemd über den Kopf zu ziehen, und er öffnete den Mund, als Roses weiße Haut zum Vorschein kam.

“Äh, Rose...?”

“Hier...”

Rose ließ das Hemd zu Boden fallen, schwang sich auf dem Reifen herum, so dass er dem Spanier jetzt den schlanken durchgebogenen Rücken zuwandte. Jener schnappte nach Luft. “Rose...!”

Über Roses gesamten Rücken, anfangend von der Mitte seiner Schulterblätter, seitlich auf diesen entlang und seine Wirbelsäule hinab bis zu seinem Kreuz, den natürlichen Formen seines blassen Körpers folgend und über Hüfte und Rippenbogen unter der Hose verschwindend, zog sich ein Rosenmotiv, scharf gestochen, mit dunkelroten, weit geöffneten Blüten oben auf seinem Rücken und Schulterblättern, die sich schwach darunter emporhoben, und tiefgrünen Blättern, Ranken, halbgeöffneten Blüten und Knospen das Rückgrat hinab, leuchtend blutrot und so detailgetreu, dass sie fast real wirkten. Jede einzelne Blüte hob sich von Roses weißer Haut ab wie ein dunkler Blutstropfen.

“Das...das ist...”

“Schön, oder?”

“Wunderschön... Warum...wussten wir nichts davon...?”

“Ich zeige sie nicht jedem. Sie gehören mir, verstehst du?”

“Ja...”

“Yuki und Val kennen sie selbstverständlich, sie mussten sie ja früher oder später zu Gesicht bekommen. Saku und Fuchs auch, und die Zwillinge sahen sie einmal zufällig.” Er schwieg kurz. “Ich werde sie auch Ilja zeigen, es wäre sonst nicht fair, wenn er sie sehen will.”

“Bestimmt...das ist...das ist Wahnsinn...”

“Ich weiß.” Rose senkte den Kopf. “Es hat sehr lange gedauert, bis es fertig war. Ich habe eine Menge dafür geben müssen.”

“Warum wolltest du sie denn haben?”

“Ich...” Rose zögerte. “Ich weiß nicht...ich musste sie einfach haben.”

“Damit warst du sicher bekannt”, murmelte Diego, noch immer fasziniert, und strich unwillkürlich die Hand nach einem tiefroten Blütenblatt aus, zuckte zurück, als seine Fingerspitzen Roses bloße Haut berührten. “Entschuldige...ich wollte dich nicht anfassen.” Er errötete und biss sich verärgert auf die Lippe.

“Das stört mich nicht.” Rose lachte leise. “Ich habe kaum noch Gefühl dort. Du darfst sie anfassen, wenn du möchtest.”

Diego war für einen Moment des festen Entschlusses, Rose nicht anzufassen, aber dann streckte er doch wie gebannt die Hand aus und fuhr beschämt mit dem Finger die Linie nach, die als von Blättern und Blüten verdeckter Rosenstock Roses Wirbelsäule hinabrann. Roses Haut war ganz kühl, fast hatte man das Gefühl, wirklich über Rosenblätter zu streichen, so weich war sie. Diego zog die Finger zurück.

Die Rosen blühten auf dem weißen Fleisch des jungen Mannes wie eine schöne symbiotische Pflanze, die seiner Haut diesen Hauch Extravaganz gab.

“Tat es weh?”

“Ja. Sehr.”

“Und bereust du es manchmal?”

“Wieso sollte ich? Sie sind ein Teil meiner Seele, der nach außen wächst, sie haben mir immer Glück gebracht und mich beschützt. Warum sollte ich sie lossein wollen?”

“Wegen der Erinnerung, Rose.”

Rose drehte sich zu Diego um, lächelte ihn an, mit niedergeschlagenen Augen.

“Ich schäme mich nicht mehr für meine Vergangenheit.”

Diego sah ihn eine Weile lang stumm an, dann schwang er sich von dem Reifenstapel. “Ich glaube, ich gehe wieder rein”, sagte er leise. “Danke, Rose. Ich glaube nicht, dass ich jetzt noch Alpträume haben werde, müde, wie ich bin. Danke...dass du mir dein Tattoo gezeigt hast.” Er lächelte scheu und schritt zur Tür.

“Schlaf gut, Diego”, murmelte Rose mit hell wasserblauem Blick, als der Spanier aus der Garage verschwand. “... Es gibt noch genug schöne Dinge im Leben, von denen du träumen kannst, Schatz.”
 

Sakuya: Carpe Noctem
 

Modisch ist, was man selber trägt. Unmodisch ist, was die anderen tragen.
 

- Oscar Wilde
 

Ich war vorhin wütend auf meinen kleinen Bruder gewesen. Ich war noch nie zuvor wirklich wütend auf ihn gewesen, denn er war meiner Meinung nach zu liebenswert, um Zorn in jemandem zu erregen, aber in diesem Moment war ich wirklich zornig gewesen, und hätte ich es mir erlaubt, darüber nachzudenken, dann hätte ich auch klar gewusst, wieso. Aber ich ließ es. Ich ignorierte verbissen alles, was er gesagt hatte, und tat so, als hätte ich meine eigenen Antworten nicht gehört. Um es kurz zu machen, ich verdrängte es. Ich tat das, ohne darüber nachzudenken. Ich wollte es einfach nicht. Er machte mir alles so schwer. Die Dinge waren schon kompliziert genug. Ich wollte nicht weiter grübeln. Ich hatte es satt.

Es war nicht leicht gewesen, mir nichts anmerken zu lassen und ihn nicht schroff anzufahren, aber ich konnte mich beherrschen, denn noch hatte ich ihn zu lieb, und wenn er mir direkt in die Augen sah auf diese arglose Weise, dann fühlte ich mich sowieso stets im Unrecht. Ich biss also die Zähne zusammen und tat so, als wäre nichts geschehen.

Vielleicht vereinfachte das die Dinge sogar wirklich. Aber es verlangsamte sie auch.

Dennoch hatte ich es in meiner Verbissenheit geschafft, den Gedanken an Fuchs zu verdrängen und mich auf das zu konzentrieren, weswegen ich Jamie zu Valentin gebracht hatte.

Nämlich, um ihn für unseren Besuch im 7th Eden einzukleiden.

Mein kleiner Bruder stand neben Valentins Bett, worauf der Blonde lag und im üblichen Chaos seines Regals nach etwas wühlte, und sah etwas beklommen aus.

“Du siehst gut aus”, versuchte ich ihn mit einem Lächeln zu beruhigen, und es war auf keinen Fall gelogen. Valentin und ich hatten uns die größte Mühe gegeben, und auch wenn ich persönlich nicht auf den Gedanken gekommen wäre, verstand Valentin etwas von dem, was er tat, und so musste ich zugeben, dass mein Bruder wunderschön war in all dem Schwarz und nicht nur aussah wie ein kleines schwarzes Kätzchen, sondern auch zum Anbeißen, was mich fast irgendwie stolz machte, auch wenn er noch etwas unsicher dreinsah.

“Meinst du wirklich?”

Im Hintergrund lief ‘Moonchild’ von Fields of the Nephilim, und Valentin rief “Ja!”, von unter dem Bett hervor, was Jamie ein Kichern entlockte, das mich zum Lächeln brachte. Ich hoffte sehr, dass Jamie mir mein schroffes Verhalten nicht übel nahm. Er wollte ja nur helfen, und das schätzte ich sehr. Ich weiß, ich hätte sogar glücklich sein sollen, dass er so Anteil an mir nahm, denn das bedeutete, dass er mich sehr liebte, was mir wirklich wichtig war, vor allem, da wir so viel nachzuholen hatten. Aber ich konnte nicht anders, als das Thema immer wieder abzublocken, und zwar so schnell und gründlich wie möglich. Und dann war da noch die Tatsache, dass ich plötzlich wieder in Anttis Nähe war... Es lag mir einfach zu schwer im Magen.

Aber was war schon einfach dieser Tage.

“Du bist sehr hübsch”, brachte ich mit einem Zucken der Mundwinkel hervor, und Jamie strahlte mich an.

“Danke schön, Saku.” Er sah an sich herab. “Ich hab noch nie so was angehabt...”

“Dann wird es aber Zeit”, meldete Valentin, der inzwischen wieder aufgetaucht war und sich die zerzausten weißblonden Haare glatt strich. “Du weißt ja gar nicht, was du verpasst.”

Jamie zog die Stirn kraus und schlängelte sich dann an den Gerümpelkisten vorbei zu Valentins Schrank, um einen Blick in den Türspiegel zu werfen, und drehte sich ein bisschen, sich kritisch aus ernsten braunen Augen musternd. Ich sah ihm gedankenverloren zu. Er sah so völlig anders aus als ich, auf diese kindliche Art, aber auf eine gewisse Weise war er mir wieder geradezu unglaublich ähnlich, in der Art, wie er sich bewegte, wie er schaute, wie sich der Kragen seines schwarzen brokatenen und ledernen Oberteils an seinen Hals legte.

Valentin trat neben mich und warf mir einen eindringlichen Blick aus seinen großen dunkelblauen Augen zu, und ich verstand und senkte den Kopf: Entspann dich. Sei ein guter großer Bruder. Hör auf zu heulen, Wolf.

Ich schämte mich, muss ich gestehen. Warum nur war meine Seele stets so verregnet?

Valentin schnellte fröhlich an Jamies Seite und nahm ihn an der Hüfte, um ihn ein wenig zu sich zu drehen. “Zeig dich mal. Hey, nice!” Er lachte, und Jamie wagte einen vorsichtigen Blick zu mir, der so hilfebedürftig kam, dass ich mir ein Lachen nicht verkneifen konnte, meinen Mantel abwarf und die zwei Jüngeren wieder zu mir rüberwinkte.

“Pass auf, Jem, du darfst den Reißverschluss nicht so weit zuziehen, okay?” Jamie nickte ernsthaft und hielt still, als ich ihm seine Kleidung richtete, den Kragen umschlug und ihm die Enden der laufmaschigen Strumpfhose, die glatt und dunkel an seinen schmalen Armen anlag und unter seinem Oberteil verschwand, über die Hände zog. “Du hast doch sehr hübsche Arme”, murmelte ich und zog eine der Maschen etwas weiter mit den Nägeln auf, so dass man letztendlich einen breiteren Streifen der weißen Haut sehen konnte. Ich konnte so etwas nicht tragen, zumindest empfand ich das so. Meine Hände waren zwar schlank, meine Arme waren auch nicht breit oder gar dick, im Gegenteil, meine Muskeln waren das einzige, was mich davor bewahrte, mager auszusehen; aber dennoch waren sie eben muskulöser als seine, und in meinen Augen sähe es nicht gut aus, würde ich Jamies doch eher jugendliches Outfit tragen. “Wo sind die Nieten, die du von Theo bekommen hast...?” Ich hatte mitbekommen, dass Jem mit Fuchs in der Stadt gewesen war, und ich hatte mich ein wenig gewundert, warum der gute alte Theo meinem Bruder sein Armband geschenkt hatte, aber so war er nun einmal, und ich war nicht auf den Gedanken gekommen, es könnte etwas anderes dahinterstecken, zum Beispiel ein schlechtes Gewissen, und ich dachte nicht weiter darüber nach.

Ich band meinem Bruder das Armband um, und bemerkte dann, dass Valentin bei meinen vorherigen Sätzen angefangen hatte zu kichern, und ich wandte mich zu ihm um. “Was ist denn mit dir los?”

“Ich dachte nur”, grinste Valentin neckend, “solltest du als sein großer Bruder nicht etwas gegen seine sittliche Verwahrlosung unternehmen, anstatt seine Kleidung weiter zu öffnen?”

Jamie errötete bis unter den Scheitel, und ich verdrehte mit einem Stoßseufzer die Augen.

“Val, man sieht nicht einmal seine Schlüsselbeine!”

“Eine Schande”, konterte der Blonde, und ich schlug scherzhaft nach ihm.

“Ach, geh doch und spiel mit Yuki, kleiner Perverser!”

Ich war Valentin dankbar. Er hatte es geschafft, mich abzulenken und außerdem zum Lachen zu bringen. Mir wurde klar, was für eine Entbehrung es für mich bedeutete, nicht mit meinen Freunden zu lachen. Ich hatte in meinem Leben viel zu wenig Gelegenheit zu einem unbeschwerten Lachen gehabt. Und jetzt war ich bereits seit langem kein Kind mehr. Ich wünschte, wir hätten alle mehr Abende wie diesen, an denen wir uns fühlten, als lebten wir wirklich in einer Art heiler Welt, von der wir alle nur aus Erzählungen gehört hatten.

“Soll ich das auch tragen?”, meldete Jamie scheu an, und ich nahm ihm lächelnd das Halsband aus den Händen.

“Natürlich”, schnurrte ich und gab ihm einen kleinen Kuss auf die Stirn über den gespannt leuchtenden Augen, während ich die Schnalle in seinem Nacken schloss. “Sehr gut. Valentin?”

Valentin ließ sich im Schneidersitz auf dem nachgebenden Bett nach und betrachtete unser Werk mit unter dem Kinn gefalteten Händen.

“Hübsch!”

Jamie senkte errötend den Blick, lächelte aber leicht.

Er trug eine schwarze Bondagehose mit dazu passendem Minirock darüber und alte Vierzehnlochstiefel von Valentin; sein Oberteil war wie bereits erwähnt aus schwarzem Leder an den Seiten und Brokatstoff dazwischen, und lag glatt an seinem doch zierlichen Oberkörper an, wodurch er wiederum sehr zart und verletzlich wirkte. Über die Arme das zerfetzte schwarze Nylon, hauchdünn wie dunkles uraltes Spinngewebe, seine Nägel hatte Valentin ihm schwarz lackiert; um den Hals trug er mein schmales Halsband, Valentin hatte einen kleinen goldenen Ring mit Rubinstein daran befestigt, so wirkten seine rotbraunen Haare nicht so aus der Reihe gefallen, sondern perfekt.

Ich war fast erstaunt, wie gut es ihm stand; vor allem aber war ich mächtig stolz auf den Kleinen.

“Gefällt es dir überhaupt?”, erkundigte ich mich, und Jamie hob den Kopf und nickte mit glücklich leuchtenden Augen. Ich lächelte. “Gut.”

“Ihr seid eben doch verwandt”, kommentierte Valentin, der förmlich aufgeblüht war bei der Aufgabe. “Aber du bist noch nicht fertig, Jem.”

“Nicht?”, fragte mein Bruder schüchtern, und Valentin schüttelte den blonden Schopf.

“Nein. Komm her, setz dich neben mich.”

Jamie gehorchte, und ich hockte mich vor den beiden auf den Boden und verfolgte, was Valentin tat. Erst einmal hielt er drei kleine, aber, wie ich zugeben musste, wichtige Utensilien hoch, die er wohl unter dem Bett gesucht hatte. “Tadaa!”

Jamie runzelte die Stirn, und Valentin lächelte. “Keine Angst. Schau nach oben.”

Ich genoss es fast, zuzusehen, wie sorgfältig Val den Kajal auf Jems Augenrändern verteilte, und dessen braune Augen funkelten förmlich, da sie nun von stechendem Schwarz umflossen waren, ebenso geduldig machte sich Valentin an Jamies Augenlider, bis auch sie ihr unschuldiges Weiß verloren hatten, ein Status, der Jamie erschreckend gut stand, wie ich mit einem Stirnrunzeln zugeben musste.

“Okay. Jem, du siehst aus wie ein Engel!”

“Hm”, lächelte Jamie schüchtern. “Danke.”

Es machte mich wahnsinnig glücklich, dass sein erster fragender Blick mir galt. Er strahlte, als er sah, dass ich stolz auf ihn war.

Ein Glück, dass er eingewilligt hatte, sich von uns beiden Schwarzen einkleiden zu lassen.

Dann war es doch gut, und er nahm es mir nicht übel, dass alle meine Gedanken dieser Tage stürmisch waren und mich reizten. Vielleicht war es ihm nicht einmal klar, wie sehr sie mich zerrissen. Jedenfalls würde ich dafür sorgen, dass wir beide den Abend genießen konnten, jetzt, wo wir endlich zusammen und daheim waren. Endlich.

Es wurde Zeit, dass ich Jamie einen Teil meiner kleinen Welt zeigte, und ich war mir insgeheim sicher, dass ich stolz auf ihn sein konnte, genauer gesagt, in diesem Fall darauf, dass er mein kleiner Bruder war, was auch alle wissen sollten. Das Eden würde uns gehören.

Es tat gut, Jamie bei mir zu haben, denn dann war ich nicht mehr traurig.
 

Jamie: Mondschattenkatzen
 

wir beide. sind wir nicht so? laufen nachts durch die straßen schreien die dunklen ecken an tanzen mit dem vollmond. wie schwarze katzen nachtgesprenkelt sternenfunkelnd obsidianäugig mit pelzen aus mondschatten.

schwarze katzen sind mitternachtshörig.
 

- Januar 2006
 

Ich fühlte mich ein bisschen fremd in meiner neuen Kleidung, einfach weil ich noch nie solche Sachen getragen hatte, außerdem war das Leder anfangs sehr kühl und ungewohnt an meiner bloßen Haut, aber es wurde schnell wärmer. Und ich mochte es, auch wenn ich anfangs etwas scheu meinem Spiegelbild gegenüber war. Ich war ein bisschen aufgeregt und lief wahrscheinlich die ganze Zeit über mit glühenden Wangen herum. Das war das erste Mal, dass ich solche Sachen trug, und ich war ein wenig gespannt, was die anderen Jungs dazu sagen würden.

Ob ich nicht lächerlich aussah? Passte das überhaupt zu mir? Ich war mir nicht sicher, ich war nie der große Schwarzträger gewesen.

Aber Sakuya freute sich so darüber, und allein deswegen ging ich das Risiko ein. Ich weiß nicht, ob ihm selbst klar war, wie sehr er sich freute, dass ich ihm nacheiferte, auf meine bescheidene Weise, und ob ihm ebenfalls klar war, dass ich es absichtlich tat, weil ich ihn doch wie stets glühend bewunderte. Kaum zu glauben, dass wir die gleichen Gene teilten. Ich wünschte, ich könnte so klug und tapfer sein wie er. Auch wenn er sich oft in sich selbst verrannte. Er blieb doch ein Mann, ohne den viele nicht wüssten, wo sie heute wären. So viel Verantwortung könnte ich gar nicht tragen. Sakuya hatte keine Angst davor. Und er konnte so viel Liebe geben...sein Problem war, denke ich, zum Teil, dass er sich sträubte, scheute, weigerte, sie zurückzunehmen. Möglicherweise wusste er nicht recht, wie. Ich weiß es nicht. Es ist auch nur eine weitere Theorie.

Jedenfalls blieb er mein Held, auch wenn ich viele Fehler an ihm entdeckte.

“Wann gehen wir los?”, fragte ich ungeduldig, während wir Valentin alleine ließen, der uns müßig nachgewinkt hatte: “Ich weiß nicht, kann sein, dass ich später nachkomme. Grüßt Mari von mir.”

Sakuya lachte auf meine Frage. “Sofort. Freust du dich?”

“Natürlich!” Ich drehte mich um, als ich von der letzten Treppenstufe gesprungen war, und fiel meinem Bruder um den Hals, was jener erstaunt zuließ, etwas überrumpelt, ehe er mich in den Arm nahm. Ich kuschelte mich an ihn. “Wir gehen zusammen weg! Das ist doch toll!” Ich musste aufpassen, dass ich mein Make-up nicht jetzt schon verwischte, aber ich fühlte mich immer so geborgen in seiner Wärme, und ich hatte einfach nie genug von Streicheleinheiten.

“Ja”, murmelte Sakuya und streichelte mir über den Kopf; ich spürte, wie seine geschmeidigen Finger durch meine Haarsträhnen glitten. “Ich bin froh, dass ich dich nach all den Jahren bei mir haben kann...ich möchte dir so viel zeigen...” Ich sah aus den Augenwinkeln, wie er lächelte. “Wird Zeit, dass der Welpe aus dem Bau gekrochen kommt.”

“Und du musst mich ja in die Gesellschaft einführen”, nuschelte ich mit dem Mund an seiner Schulter, während ich das Kraulen seiner Finger genoss.

“Wenn du das willst...”

“Klar!”

“Hm...” Sakuya ließ mich los und fuhr mir gegen den Strich durch das Haar, was mich aufquietschen ließ. “Sie werden dich lieben.”

“Meinst du?”

“Jem, jeder tut das, merkst du das nicht?”

Ich wollte schon etwas erwidern - nämlich, dass er übertrieb; niemand wurde von allen geliebt, und erst recht ich nicht, mit meiner Unentschlossenheit und Naivität - da hörte man ein hohes Aufquieken, und die Badezimmertür neben uns flog auf, woraufhin Yuki herausgeschnellt kam wie ein Schachtelteufelchen, mit tropfendem Haar, nasser schneeweißer Haut und nur einem Handtuch um die schmalen Hüften, welches auch auf halb acht hing und von ihm gerade mal in Position gehalten wurde, wobei er aber auch in diesem Moment weniger darauf achtete.

In Ermangelung anderer Anwesender richtete er seine anklagenden bernsteinfarbenen Augen auf uns, das Handtuch verabschiedete sich von seinen schlanken Oberschenkeln und wurde von ihm mit einem wüsten Fluch bedacht, als Dank dafür, dass es nur noch dazu taugte, seine wirklich privatesten Körperstellen zu bedecken. Ich fand es geschmacklos, das Sakuya in ein ersticktes Gackern ausbrach beim Anblick von Yukis tropfnassem Adoniskörper. Der, wie ich leider wieder bemerkte, nicht ohne war, wenn auch eher schmal und zierlich.

“Hat dich was gebissen?”, kicherte mein Bruder.

“Lach nicht so”, jaulte der Japaner ihn an. “Welcher Witzbold hat das Wasser so kalt gestellt? Hasst du das nicht auch?”

“Ich war es nicht”, versicherte ich ihm mit großen Augen und versuchte, ihn nicht allzu auffällig anzustarren, weil er dann sicher das Handtuch hätte fallen lassen, um sich an meinem folgenden Anblick zu erfreuen. Warum passierte so etwas immer mir?

“Rose! Du Sau!” Der Besagte war gerade aus seinem dem Bad gegenüberliegenden Zimmer gekommen und stand jetzt sichtlich amüsiert im Türrahmen, ein erstaunlicherweise mal schwarzes T-Shirt mit dem Aufdruck ‘Schluss mit niedlich’ über einer Hose, ähnlich meiner, nur ohne Rock, dazu einen Nietengürtel, der ihm über die Hüfte hinab hing, ein silbernes Armband an einem Handgelenk, eine Silberkette mit Rosenanhänger um den Hals, die Fingernägel pink lackiert, an zwei Fingern funkelnde Gliederringe, und er sah absolut umwerfend aus. Seine pinken Haare glühten förmlich im Wettstreit mit seinen durchdringenden Augen. Selbige richteten sich jetzt spöttisch glitzernd auf Yuki, der murrend und zitternd das Handtuch um sich schlang.

“Some like it cold, baby.”

“Ich geb dir gleich was cold”, jammerte Yuki und wandte sich hocherhobenen Hauptes zurück zum Bad.

“Ist das ein Versprechen?”, rief Rose ihm hinterher.

“Heut Nacht kannst du’s dir alleine machen!”, tönte es beleidigt hinter der geschlossenen Tür hervor.

“Er ist irgendwie goldig, wenn er zickt”, grinste Rose, und ich wusste nicht recht, ob ich ungläubig den Kopf schütteln oder nicken sollte. Und warum wunderte ich mich überhaupt noch? “Geht ihr schon los?”

“Ja...willst du mit?”

“Klar, was denkst du denn? Wenn ihr noch einen Moment wartet, mach ich mich fertig...”

“Bist du denn nicht fertig?”, fragte ich überrascht. Rose sah mich ehrlich erstaunt an.

“Natürlich nicht! Ich sehe langweilig aus!”

“Du siehst toll aus”, protestierte ich leise, und Rose sah mich einen Moment lang überrascht an, lächelte dann erfreut, was mich leicht zum Erröten brachte.

“Danke schön, Jem.”

Ich war mir nicht sicher, wann genau ich angefangen hatte, anderen Jungs Komplimente zu machen. Aber wenn ich jemandem Komplimente machen wollte, dann Rose.

“Rose...?” Mein Bruder. “Hast du noch Kajal da...?”

“Kajal, Eyeliner, Lidschatten, Concealer, nimm dir, was du brauchst”, meinte Rose abwesend, der vornübergebeugt vor seiner Spiegelkommode stand und sich konzentriert die Augenlider schminkte, mehr Kajal als sonst, was aber plötzlich seine Augen so viel schärfer blicken ließ als ich es gewohnt war, da seine Wimpern blond waren und erst jetzt seine Augen einen dunklen Rand hatten.

Da fiel mir etwas ein. “Warst du nicht...warst du nicht mit Junya weg?”

“Ja”, murmelte Rose. “Wir sind gerade zurückgekommen.”

“Wo...ist er denn?”

“Ich weiß es ehrlich gesagt nicht. In seinem Zimmer, nehme ich an. Hast du ihn nicht gesehen? Tut mir leid.”

Ich schüttelte den Kopf. “Ich hab ihn nicht gesehen”, murmelte ich fast unhörbar und lehnte mich dann mit dem Rücken gegen die Wand; als ich den Kopf hob, um die zwei Älteren zu beobachten, traf mich ein Blick aus Sakuyas hellgrauen Augen, der aber sofort wieder abgewandt wurde, und ich konnte nicht erraten, was mein Bruder gedacht hatte. Ich wollte es auch überhaupt nicht wissen.

Rose benutzte pinken und weißen Lidschatten, der sich verteilt nicht einmal mit seinem Haar biss, und als er auch seine Haare geglättet hatte und fertig war, geriet ich fast in so etwas wie verlegene Scheu, denn er war wirklich schön. Ich wusste, dass er das war, denn das traf auch zu, wenn er gerade aus dem Bett gerollt war, aber jetzt war es beabsichtigt, und das machte mich immer etwas schüchtern, denn es gab mir das Gefühl, er wolle etwas damit bezwecken. Das ging mir manchmal auch bei anderen Leuten so. Auch, wenn ich glaube, dass Rose es wirklich nur für sich tat, und höchstens für das gute Gefühl, Blicke auf sich zu ziehen; wobei ich auch vermuten kann, dass er manchmal gerne darauf verzichtete, aber nach so etwas hätte ich ihn nie gefragt. Dazu war mir die ganze Thematik noch zu heikel; ich war so entsetzlich scheu.

Sakuyas Augen waren jetzt wirklich dunkel, und auch er war auf eine stolze Art wunderschön - aber er war mein Bruder, deswegen ging mir das nun doch nicht ganz so nahe. Er trug ein ärmelloses Christian Death-T-Shirt, das an den Seiten hier und da zerschnitten war und somit dann und wann einen Blick auf seinen trainierten Oberkörper zuließ, ich kannte das Shirt und wusste, dass er es nahezu ewig besaß, die ersten Schnitte waren ein Versehen gewesen, er hatte das Beste daraus gemacht.

Eine dazu passende tiefschwarze Kunstlederhose, New Rock Boots mit hohem Schaft, am Mittelfinger der Linken einen silbernen Gliederring, und das bei ihm standardisierte Nietenhalsband und eine Kette mit Ankh-Anhänger...er sah aus, als könne er jeden Moment zuschnappen. Sein Blick war mal wieder so ernst, als er sich seine Sonnenbrille höher schob. Sein Gesicht war blasser als sonst geschminkt, und seine Lippen waren schwarz, und erstaunlicherweise wirkte es sofort lasziv, spätestens, wenn er den Mund nur leicht öffnete. Es musste an der Betonung liegen, ich weiß es nicht, aber ich war...beeindruckt. Das war neu, aber gut.

“Können wir los?”, fragte mein Bruder leise, und Rose nickte. “Schön.”
 

Draußen war es schon dunkel geworden, und unsere Schritte hallten hohl auf dem Pflaster. “Kommt Valentin nicht mit?”, fragte Rose und zog sich seinen roten Mantel enger um den Körper. Mein großer Bruder zuckte die Schultern, sein eigener schwarzer Mantel schmiegte sich um ihn, während ich an seiner Seite ging und seine Wachsamkeit über mich irgendwie genoss. Er hatte immer irgendwie ein halbes Auge für mich abkommandiert. Das war nicht lästig. Es tat gut. Er passte ja nur auf. Und es war nicht so, dass ich der Meinung war, es nicht nötig zu haben.

“Keine Ahnung. Er kommt vielleicht nach.”

“Oh. Schade; Marius hatte sich so auf ihn gefreut.”

“Hast du ihn getroffen?”

“Hmm. Er hat sich so gut mit Val unterhalten vorletzte Woche. Die haben einen bösen Humor, wirklich, wenn sie was getrunken haben. Aber sie verstehen sich.”

“Ist doch schön.”

“Ich glaube, er hat dich auch vermisst. Ich meine, alle haben dich vermisst. Mittlerweile hat es sicher die Runde gemacht, dass du wieder da bist.”

Sakuya seufzte. “Dann habe ich gleich die Meute am Hals.”

“So würde ich das nicht sagen. Mari wirst du am Hals haben, ja. Und Theo vielleicht, aber der bleibt ja brav. Bird, wenn er da ist, und Maggie. Kuri kommt nicht. Slay, keine Ahnung. Den Rest lock ich dir schon weg.”

“Wo gehen wir eigentlich hin?”, fragte ich halb neugierig, halb misstrauisch.

“Ins Eden, das weißt du doch.”

“Ja, aber - was ist denn da?”

“Nun...” Rose überlegte eine Weile. “Lass es mich einfach machen...es sind wieder Schattentage...ich möchte mal sagen...nun, da kommen sie alle aus ihren Löchern.“

Sakuya lachte. “Da hat er recht, Jem. Lass dich überraschen. Du wirst es lieben.”

Wir gingen den Weg zurück, den Junya, Saku und ich nur drei Tage zuvor gekommen waren.

Schattentage waren, wie ich erfuhr, nichts anderes als drei Abende hintereinander - insofern war es eigentlich unsinnig, von Tagen zu sprechen, merkte Rose an, räumte aber etwas ein, auf das ich gleich zurückkomme - an denen alle...nun... ‘aus ihren Löchern kamen’, um sich zu unterhalten, zu tanzen, Musik zu hören, zu trinken, die Mühen des Tages hinter sich zu lassen, ein wenig unter Artgenossen zu sein, denn das war es doch, was Menschen sich geborgen fühlen ließ, was alle nötig hatten. Jede zweite Woche am Freitag-, Samstag- und Sonntagabend ging es daher im 7th Eden los, was auch immer gut besucht war. Das war nämlich auch der Grund, warum man gleich drei Tage daraus gemacht hatte: Es kamen viele Leute aus einiger Entfernung angereist, und da es die Mühe der Anreise nicht wert wäre, würde man nur einen Abend bleiben, und sie daher mehrere Tage bei Freunden, Verwandten und Bekannten unterkamen - die von Rose so erklärten ‘Schattentage’ - hatte man das Ganze auf drei Abende erweitert, damit die Zugereisten aus den umliegenden Städten nicht zwei Nächte lang untätig die Landschaft bestaunen mussten. Natürlich kam man nicht jede zweite Woche, sondern eher sporadisch, wann immer man Lust und die Gelegenheit hatte, aber für die Menschen aus der Umgebung war es wohl fast so etwas wie eine Ehrensache, dort zu erscheinen, und sei es nur, um ein paar Minuten lang zu bleiben, gerade lange genug, damit die eigene Anwesenheit zur Kenntnis genommen wurde. Das gehörte einfach zum guten Ruf dazu. Und Sakuya und wohl auch Fuchs waren offensichtlich sehr bekannt im Eden, da sie, wie auch zum Beispiel Valentin, der dort öfters mit seiner Band ‘Daring Lucifer’ auftrat, in der er den Gitarristen ja offiziell nur vertrat, und einige der anderen Rudelmitglieder, die an ihren schwarzen Tagen mal mit hineinkleckerten, direkt in der Nähe wohnten und somit jederzeit hereinschneien konnten wie ein Schwarm exotischer Vögel ins Futterhäuschen. Nicht, dass ich das Eden mit einem Meisenknödel vergleichen wollte. Es war nur so ein Gedanke.

Viel eher war das 7th Eden, der Stammclub der Freaks unterschiedlichster Färbung, am Wochenende zumeist schwarz, ein eher unscheinbares Gebäude, jenseits der Gleise in eine Ecke geschmiegt, und sah eher aus wie eine Garage, wüsste man es nicht besser und stünde nicht in flammendroten Lettern der Name über der Tür. Diese war blau und geschlossen, außerdem hätte ich sie ohne das Schild im Dunkeln wohl übersehen, ja wäre gar an der Ecke vorbeigelaufen, wenn ich nicht Sakuya und Rose dabei gehabt hätte, die mich in die richtige Richtung dirigierten. Ich hatte Herzklopfen. Ich war nicht nervös, das meine ich nicht, ich hatte ja keinen Grund, nicht einmal ich, aber ich war so gespannt und erwartungsvoll. Außerdem war es so ein wundervolles Gefühl, mit meinem großen Bruder unterwegs zu sein. Ich hoffte, man sah, dass ich zu ihm gehörte. Das machte mich stolz. Ich wusste, dass viele Leute ihn bewunderten. Und ich war sein kleiner Bruder.

Um den Türgriff innen und außen war ein altes Handtuch geschlungen, das quasi als Türstopper fungierte, und Sakuya zog die Tür auf, und ich betrat hinter ihm und vor Rose, der mich Aufgeregten mit einer Hand im Rücken grinsend dirigierte, den winzigen Vorraum, an dessen rechter Seite, gleich neben der Tür, eine Öffnung in die Wand zum Nebenraum eingelassen war, hinter der ein junges Mädchen saß, die Haare zu kleinen Zöpfen geflochten, die ein Buch zur Seite legte, als sie uns kommen sah. “Es sind noch gar nicht so viele da”, kommentierte sie, als Sakuya bezahlte, je einen Euro.

“Das macht nichts”, meinte er abwesend, ich glaube nicht, dass er die Kleine kannte. Es roch ein wenig nach Rauch hier drinnen, und an der Wand hingen Plakate verschiedener Bands, manche signiert; ich sah plötzlich auch ein ‘Silver Swan’-Plakat in der Ecke, das leider keine Bandmember zeigte, sondern nur eine wunderschöne Skizze in schwarz-weiß, ich dachte erst, es wäre ein Schwan, der die Flügel nach oben zum Schriftzug reckte, aber dann sah ich, dass es ein Engel war, ein Engel mit weißen Schwingen, der kniend einen Strauß weißer Rosen umklammert hielt, so fest, dass ihm das Blut aus seinen Handflächen auf die nackten Oberschenkel tropfte und an seinem Körper hinablief, dennoch hielt er die Augen geschlossen, als schliefe er. Ich starrte eine ganze Weile, ehe mich Rose mit einem Wispern darauf hinwies, dass ich meine Hand ausstrecken solle, damit das Mädel mir einen Stempel aufdrücken konnte, was ich auch tat, feststellend, dass er unter dem Schwarzlicht vor dem Tresen aufleuchtete wie auch der Schriftzug auf Roses T-Shirt.

Ich drehte mich wieder um, und fast hätte ich meinen Bruder auf das Plakat hingewiesen, da ich über dem Herzen des Engels in Edding den Namen 'Antti' mit einem Stern über dem i erkannte, aber ich schloss den Mund sofort wieder und zog die Hand, die ich schon nach Sakuya ausgestreckt hatte, schnell zurück.

Ich sollte besser die Klappe halten. Entweder Saku kannte das Plakat, wenn es älter als ein halbes Jahr war tat er das sicher, oder ich schwieg besser und ließ Antti Antti sein, damit mein Bruder sich etwas entspannte. Vielleicht tat ihm der Besuch hier ganz gut.

Rose hatte meine Bewegung bemerkt, und beugte sich zu mir vor. “Das war die ‘Novemberdeath’-Tour, nachdem Antti Sakuya verlassen hat. Er hat noch nie so gut gesungen, wenn du mich fragst, aber mich hat er fast zum Weinen gebracht mit seinen Liedern, es war herzergreifend. Wenn er da sein sollte, achte auf Sakuya, und sag mir Bescheid, wenn die Situation irgendwie kritisch...du weißt schon...”, murmelte er in mein Ohr. Sakuya hatte sich zu uns umgedreht und musterte uns mit gerunzelter Stirn, vor der Innentür stehend, wirkte für einen Moment, als wolle er etwas sagen, zuckte dann aber die Schultern.

“Gut, Rose, du hast ja auch mit jedem Geheimnisse. Kommt ihr jetzt?”

Was mich wieder auf Junya brachte, und ich war für einige Sekunden hin- und hergerissen zwischen Eifersucht auf und Zuneigung zu Rose, wonach aber letzteres siegte. Er war zu unwiderstehlich. Und er machte mir Herzklopfen, wenn er sich so dicht an mein Ohr beugte. Jetzt aber nahm er mich an der Schulter und führte mich durch die Tür, die Sakuya für uns aufhielt. “Du würdest ihn erkennen; der blonde Glamrocker, der so unschuldig aussieht”, wisperte Rose, ehe er mich vorwärtsschob. Im Vorbeigehen las ich die Aufschrift außen auf der Tür, die wohl die Namensgebung des Clubs erklären sollte: ‘Reclaiming Eden. Never give up hope, my friends!’.

Drinnen war es ziemlich warm, und mein erster Gedanke war, dass ich zum Glück keine wirklichen Ärmel trug, ehe ich mich umsah.

Im Grunde war es gar nichts Besonderes; rechts führten zwei Stufen auf eine höhergelegene Ebene, wo dunkle Tische standen, in einer nochmals erhöhten Ecke mit schwarzen Ledersofas, ansonsten mit an einer Wand einer langen Bank unter einem Spiegel, die anderen kleineren Vierertische mit quaderförmigen Holzkisten als Sitzgelegenheiten. Das alles war durch ein Geländer vom Rest abgetrennt; an der gegenüberliegenden Wand war die Bar, hinter ihr Schränke und Kühlschränke, Tafeln, ein monströser Tierkopf aus Kunststoff. Links davon ging mir gegenüber ein Gang weiter, in dem wohl die Toiletten waren, daneben eine weiße Figur, moderne Kunst, ich war mir nicht sicher, was sie darstellen sollte. Die Beleuchtung war schwach hier drin, aber ausreichend. Zu meiner Linken lag ein weiterer Raum, in dem es noch etwas dunkler war und in dem die Musik spielte, ziemlich laut sogar, eine Unterhaltung war dort sicher nicht möglich, trotzdem standen dort drei Menschen und redeten offenbar ungestört miteinander.

Es roch nach Rauch, aber die Luft war noch relativ klar, was sich noch ändern sollte, aber es waren außer uns auch noch nicht viele Leute da; in der Ecke saßen drei Metaller mit langem Haar und in ihren Kutten zusammen mit einer kleinen Gothicfrau, sie sah kurz hinüber, als wir hereinkamen, wandte sich dann aber wieder ihren Freunden zu, nachdem sie und einer der Metaller Sakuya zugenickt hatten. Ich schob mich unwillkürlich etwas näher an meinen Bruder; es bestand gar kein Grund zur Aufregung, aber die Musik fuhr mir so in den Körper, dass ich es unwillkürlich doch wurde, und seltsamerweise war ich förmlich aufgedreht, ob es die Atmosphäre war, ich weiß es nicht, aber mein Blut schoss mir schneller durch den Körper. Ich hatte nur Angst, dass man mir ansehen konnte, dass ich zum ersten Mal hier war, was man sicher tat.

Sakuya zog sich den Mantel aus und warf ihn sich über den Arm; Rose zupfte ihn plötzlich am T-Shirt und wies mit dem Kinn kichernd in den Nebenraum, wo ich auch hineinlugte, jetzt doch noch mehr Leute weiter hinten sah, unter anderem einen Jungen, wohl älter als ich, aber wie viel, war schwer zu sagen bei dem Licht - ich erfuhr später, er war doch ein paar Jahre älter als ich - ; ein Teil seines Haars war schwarz, immer wieder unterbrochen von breiten Strähnen, so pink wie Roses; er trug es glatt nach unten gekämmt, ein Teil fiel ihm als stufiger Pony ins Gesicht, über einem Auge schwarz, über dem anderen pink. Er trug schwarz wie die meisten, sein Oberteil schien selbstkreiert, eine Mischung aus Latex und Netz, was irgendwie mörderisch gut aussah - ich war mir nicht sicher, ob ich das finden durfte - sein Halsband war pink und seine Halbhandschuhe ebenso, ich dachte nur, dass ihm warm sein musste; in einem Ohr trug er einen aufwändigen Anhänger mit Schmetterling, im anderen ein Glöckchen, außerdem einen fast knielangen Rock in schwarz, der in geraden Falten nach unten fiel, darunter schwarz-pink geringelte Strumpfhosen und Zwanziglochstiefel mit pinken Schnürsenkeln. An den Armen trug er mehrere Bänder und einige Ringe an den Fingern; um den Hals mehrere verschieden lange Silberketten, alle mit Sternchenanhänger.

Ich beschreibe dies so ausführlich, weil ich einige Sekunden brauchte, um die ganze Erscheinung zu erfassen.

Alles in allem sah er...nun...nun ja...interessant aus. Auch wenn der Rock mich auf den ersten Blick irritiert hatte, nach einer Weile fiel er nicht mehr auf; er war nicht der einzige, der einen trug, das war einfach eine Modeerscheinung, muss ich dazusagen.

Er tanzte mit einem gut einen Kopf größeren Punk, der sich göttlich zu amüsieren schien, seinem Lachen nach zu urteilen; sie unterhielten sich auch, aber das konnte man nur an den Lippenbewegungen des Punks erkennen, es war einfach viel zu laut. Jener hatte türkisblaues Haar, die rechte Seite seines Schädels war mit einem Muster tätowiert, seine Kleidung war eigenartig. Am ehesten ließe es sich beschreiben als eine degenerierte Schuluniform, die sich nach einem Zusammenstoß mit einem Laster Fingerfarben einen Straßenkampf mit einem Sortiment Haushaltsartikel geliefert hatte. Das einzig Unbearbeitete an ihm schien seine Krawatte. Er sah nichtmal sehr schlecht gekleidet aus, nur eben sehr chaotisch und willkürlich; auch wenn man eine gewisse Linie hinter all dem erkennen konnte.

Das Ganze erstmal vor allem, um einen Abriss jener Leute zu geben, die sich in dieser Ecke der Welt herumtrieben; mein eigenes Styling verschwand vor einer Wand aus den Wünschen vielleicht kreativerer und wahrscheinlich sehr viel betrunkenerer Menschen, aufzufallen.

Zum anderen Roses Kopfnicken wegen und des Lachens meines Bruders, als er seinem Blick folgte.

“Sakuya, ich glaub das nicht, Baka tanzt mit Zeke!”

Sakuya schüttelte den Kopf, beugte sich zu mir und erklärte eben. “Der Kleine ist Marius; sein früherer Geliebter hat Zeke einmal zusammengeschlagen, weil der im völlig betrunkenen Zustand Marius’ Sexualität beleidigt hat...ich glaub nicht, dass die beiden außer an diesem Abend je ein Wort miteinander gewechselt haben; wie es aussieht, scheinen sie sich ja gut zu verstehen. Rose, wusstest du das?”

Rose hob die Schultern. “Whatever. Zeke steht nicht auf Männer. Aber tanzen kann er.”

In dem Moment wandte Marius zufällig den Kopf; als er Sakuyas nicht wirklich unauffällige Gestalt bemerkte, ließ er seinen Tanzpartner mit einem Schulterklopfen stehen und sprang mit wenigen großen Schritten auf uns zu, riss jubelnd die Hände in die Höhe, ehe er Sakuya halb in die Arme sprang und quietschend den Kopf an dessen Brust vergrub, sich mit beiden Händen an seinen Schultern festhaltend. “ES LEBT!!”

Die Szene kam mir vage vertraut vor, und ich fragte mich, ob Marius mit Yuki gut bekannt war. Wenn ich ihn mir so ansah, hatte Yu sicher dafür gesorgt.

“SakusakusakusakusakusakuSAKU was machst du denn für Sachen!” Er wusste vor lauter Energie nicht recht, wohin mit sich, und tätschelte in Ermangelung eines anderen waagerechten Körperteils Sakuya die Schulter, wozu er sich leicht auf die Zehenspitzen stellte, so gut es in den harten Stiefeln eben möglich war, denn er war nur etwa einsfünfundsechzig groß. Jetzt, wo er vor uns stand, sah ich einen tätowierten Schmetterling links auf seinem Hals.“Wo immer du warst, ich hoffe du hast mir zum Trost was mitgebracht, ich hab gar keinen mehr zum Anlehnen gehabt wenn mir langweilig war, und ---- uuuuuh, das liebe Wolf ist wieder da!” Er fiel Sakuya wieder um den Hals, der seufzte, obwohl er lächelte.

“Ja. Beruhigst du dich jetzt wieder? Ich freu mich auch dich zu sehen.”

“Sei ein Mann”, fiel Rose breit grinsend von der Seite ein.

“Drück mich”, nuschelte Marius an Sakuyas Brust, Roses Vorschlag völlig in den Wind schießend.

Ich war mir nicht sicher, wieso, aber irgendwie musste ich lachen über den komischen Kerl, dem Sakuya jetzt durch das zweifarbige Haar kraulte, bis Marius ihn wieder losließ und den Zeigefinger an die gespielt bebenden schimmernden Lippen legte. “Hast du mir was mitgebracht?”

Sakuya lachte. „Ich hab mich mitgebracht, reicht das nicht?“

Marius grinste, tippte mit den Fingerspitzen aneinander; in seinen Wangen bildeten sich Grübchen. „Gut, dann nehm ich dich nachher mit nach Hause.“

“Du hast dich gar nicht verändert.”

“Nein, warum sollte ich auch? Ich bin gerne so.”

“Du hättest ja etwas erwachsener werden können.”

“In Japan wäre ich noch nicht volljährig.”

“In Deutschland bist du es aber schon lange.”

“Lange! Lass mir doch meinen Spaß.” Marius schmollte. Dann faltete er plötzlich die Hände unter dem Kinn und bekam große Augen. “Oh Wolf, du hast die drei Japaner verpasst, die im Dezember hier gespielt haben!”

“Ach du meine Güte. Ich hoffe, du hast die Finger von den armen Kerlen gelassen?”

“Hey! Zwei von ihnen haben nicht mal mit mir gesprochen.”

“Und der dritte?”

“Ähm, den hatte ich auf dem Klo.” Marius fasste sich verlegen an den Nacken und lachte. Ich korrigierte meine Meinung. Marius kannte Yuki mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit.

Wie ich später erfahren durfte, lag ich grundfalsch; die zwei hatten sich nie getroffen, da Yuki für gewöhnlich nicht ins Eden ging, und Marius nirgendwo anders.

“Und glaubst du, dass sie je wieder kommen werden?”, fragte Saku trocken. Marius schmollte.

“Du bist gemein! Es gibt Leute, die mögen mich so, jawohl.”

“Ich mag dich auch.” Sakuya seufzte und wuschelte Marius durchs Haar. Jener grinste.

“Ich weiß. Ich weiß mehr, als du denkst.” Dann schnellte er herum. “Rose! Ich hab dich gar nicht gesehen...!”

“Ja, klar. Hi.” Rose drückte ihn kurz, der ihm einen Kuss auf die Wange gab. “Sag mal, warum zur Hölle tanzt du mit Zeke?”

“Du kannst ihn nicht leiden, ich weiß.”

“Ha! Ich kann ihn nicht leiden? Der Mensch verachtet mich!”

“Ja, dachte ich auch, aber ob du’s glaubst oder nicht, der Mensch ist wahnsinnig nett, wenn man ihn erstmal anspricht.”

“Und er fühlt sich nicht befremdet durch deine...Lebhaftigkeit?”

“Doch. Aber ich kann mich ja zusammenreißen, wenn ich muss. Ich hatte gestern ein Vorstellungsgespräch...”

“Nein!”

“Doch. Die suchen jemanden, der nähen kann.”

“Du willst Schneider werden??”

“So kann man es auch sagen. Das gibt ganz gutes Geld. Und ich darf die Nähmaschine benutzen. Meine ist kaputt.”

“Schon wieder?”

“Schon wieder, entschuldige bitte...!”

“Was war jetzt mit Zeke?”

“Er hat sich entschuldigt.”

“Du hast angenommen, nehme ich an.”

“Natürlich.”

“Natürlich!”

“Ich mag ihn.”

“So plötzlich?”

“Ja.”

“Na gut.”

“Ich soll dich von Valentin grüßen”, fiel Sakuya ein.

“Oh! Kommt er nicht?”

“Keine Ahnung. Vielleicht.”

“Sag mal, um noch mal darauf zurückzukommen, wo zur Hölle warst du eigentlich? Und warum kommst du jetzt hier rein, als wäre nichts passiert? Ich verlange eine volle Erklärung!” Er stieß meinem Bruder mit dem Zeigefinger gegen den Bauch. “Und keine Ausreden!”

“Nicht jetzt. Ich erzähl dir demnächst alles genau, okay?”

“Hm...Okay.”

Dann schien er zum ersten Mal mich zu sehen, und er legte den Kopf schief und musterte mich irritiert. Mir fiel auf, dass er sehr blaue Augen hatte, nicht so wie Rose, eher etwas weißlich, als fiele die ganze Zeit Licht hinein, was ihn immer etwas erstaunt und zugleich bedrohlich gucken ließ. “Hm? Wisst ihr, dass ihr zwei euch wahnsinnig ähnlich seht? Sag mal, wer bist du eigentlich?”

“Das ist Jamie”, sagte Sakuya ruhig, als er mich zu verschüchtert fand, etwas zu sagen, das laut genug war, um Marius’ Ohren zu erreichen. “Er ist mein Bruder.”

Der Blauäugige schwieg, eine an sich erstaunliche Reaktion, sah von mir zu Sakuya und wieder zurück, ehe er verwirrt fragte: “Woher hast du denn einen Bruder? Und seit wann?”

Sakuya verdrehte die Augen. “Aus dem Schoß meiner Mutter und seit etwas über sechzehn Jahren, nehme ich an.”

Marius strahlte. “Ach, wie süß!” Er streckte mir seine Hand hin. “Hi.”

“Hallo”, murmelte ich schüchtern und erwiderte seinen festen Händedruck.

“Du heißt Jamie?”

“Ähm...ja.”

“Bist du schwul?” Er sah mir neugierig in die Augen, während Rose sich vor Lachen am Geländer festhielt. Sakuya lachte weniger.

“Mari!!”

“Was denn! Darf ich denn nicht fragen??”

“Lass die Finger von ihm, ich warne dich!”

“Ah, also doch!”

“Das kann dir egal sein!”

Jetzt war Marius beleidigt. “Wer sagt denn, dass ich... Mich interessiert so was halt! Und überhaupt wäre das seine Sache! Wer bist du, seine Mutter??”

“Seine Mutter ist tot”, sagte Sakuya kalt. “Und ich passe auf ihn auf, ob es ihm passt oder nicht.”

“Tut mir leid”, murmelte Marius plötzlich betroffen und senkte den Kopf; ich war fast erstaunt, das hätte ich ihm gar nicht zugetraut. “Ich hab doch nur... Sorry, ich wollt wirklich nur fragen.”

“Ja”, sagte Sakuya mit einem plötzlichen Aufblicken. “Du hattest mich damals auch gleich gefragt... Ach komm, vergiss es, ich mische mich nicht mehr ein. Er ist ja alt genug.” Er sah fragend zu mir hinüber, und ich erwiderte seinen Blick schüchtern. Ich war zwar errötet, aber ich fand es sehr edel von Sakuya, dass er sich zwang, seinen Beschützertrieb hintenanzustellen. Und Marius hatte ja wirklich nur gefragt; so, wie er mich dabei angesehen hatte, konnte ich mir nicht vorstellen, dass er irgendwelche Hintergedanken gehabt hatte. Bloß kannte mich mein Bruder mittlerweile gut genug; ich war ganz froh, dass er ihm ins Wort gefallen war.

“Nicht böse sein”, jammerte Marius und lehnte die Stirn an Sakuyas Schlüsselbein. “Okay?”

“Ist ja gut. Ich bin gar nicht böse. Ich entschuldige mich sogar.”

“Oooh du bist genauso förmlich wie immer.” Er sah hilfesuchend zu mir. “Ist er bei dir auch so, oder besteht Grund zur Hoffnung?”

“Ähm...” Ich musste mir auf die Lippe beißen. “Er ist immer so...”

Marius machte sich wieder von Sakuya los. “Du hast nie gesagt, dass du einen Bruder hast.”

“Ich habe es nicht gewusst. Wir haben uns zufällig getroffen, oben im Norden. Ein Freund unserer Mutter hat mir von seiner Existenz erzählt.”

Marius schwieg wieder eine Weile und sah mir nachdenklich ins Gesicht, einen Finger an die Lippen gelegt. “Wisst ihr, wie unwahrscheinlich so etwas ist?”

“Ja, ziemlich...”

“Es ist quasi unmöglich.” Er faltete die Hände unter dem Kinn. “Oh, das ist wie in einer Geschichte”, freute er sich. “Ist das toll! Und jetzt bleibt ihr zusammen, ja?”

“Natürlich.”

“Wie schön! Erzählst du mir die Geschichte irgendwann, Wolf? Oder du, Jamie?”

“Das kann ich machen”, sagte ich schüchtern und lächelte ihn an, Marius freute sich.

“Gut! Seit wann bist du hier?”

“Wir sind vor Kurzem erst angekommen...wir zwei und ein Freund von mir...” Ich verhaspelte mich fast bei dem letzten Teil, und Marius fing an zu strahlen; mich beschlich das ungute Gefühl, dass er Bescheid wusste. Manchmal wollte meine Zunge meinen Untergang.

“Ach, lasst uns irgendwo hinsetzen, ich hab Durst. Oh, ‘tschuldige, ich bin Mari.” Er schüttelte mir ein zweites Mal die Hand.

“Ja...kann ich...kann ich dich was fragen...wenn ich darf...ja...?” Sakuya und Rose sahen mich beide erstaunt an, und ich errötete, als ich merkte, dass sie mir soviel Kühnheit nicht zugetraut hätten. Ich war nicht gut im Umgang mit extrovertierten Menschen.

“Sicher.”

“Ähm...’Baka’...?”

“Ah!” Marius warf Saku einen langen Blick zu. “Den verdanke ich deinem Bruder.”

“Da bist du selber schuld. - Als ich ihn kennenlernte, hat er mir einen Antrag gemacht.“

„Ich war betrunken! - Und du hast mich gehauen!“

„Ich weiß. Aber tu nicht so, als ob du den Namen nicht magst.“

Marius streckte die Zunge heraus und schüttelte sich. “Na ja, seitdem bin ich der Baka. Find ich eigentlich ganz drollig. Aber du hättest mich ja nicht unter dem Namen kennen lernen müssen!”

“Oder als Kuscheltier und Verführer japanischer Sänger”, kommentierte Sakuya trocken.

“Er war Keyboarder, nur mal so. Und mein erster echter Japaner.”

“Oh, toll. War er wenigstens gut?”

“Hm, och, ja, sehr lieb, sehr süß. Sehr betrunken.”

“Du bist auch nicht mehr ganz frisch im Kopf, oder?”

“Ich hab nichts damit zu tun!”

“Ja, ja. Soll ich dir was ausgeben, mein kleiner homophiler Baka?”

“Ja! Ich will einen Wodka Kirsch.” Marius schwang sich auf die Bank unter dem Spiegel. “Rose, schwing deinen kleinen britischen Hintern hierher und bring Jamie mit, während Wolf uns dreien was zu trinken holt.” Er stützte das Gesicht auf die gefalteten Hände und grinste diabolisch, dann kicherte er. “Ach, ich freu mich so, dass er wieder da ist!”

“Hab ich gar nicht bemerkt”, sagte Rose ungerührt und ließ sich neben ihm nieder. “Wenn du noch eine Stufe hochschaltest, explodierst du.”

“Oh nein, das ist erst der Anfang.”

“Gott bewahre uns vor dem Rest!”

“Amen.”

Ich bekam zu erfahren, dass Marius und seine Mutter in einem verwinkelten Teil der Altstadt wohnten, und dass er etwas enttäuscht war, dass bis jetzt außer uns niemand aus seinem großen Bekanntenkreis aufgetaucht war.

So gut, wie es schien, kannten Sakuya und er sich gar nicht; sie hörten ähnliche Musik, außerdem sei er Marius’ Aussage nach viel zu schön, um sich nicht von ihm drücken zu lassen, aber abgesehen davon kannte Marius das Rudel eher wenig; natürlich kannte er die meisten von ihnen vom Sehen, aber sein Freundeskreis bewegte sich eher in den Kreisen von Valentins Bandkollegen und anderen Musikern, so auch Antti, mit dem er seit langem eine gute Freundschaft pflegte, und kein Konzert ausließ.

Ich erinnerte mich, dass Fuchs mir erzählt hatte, Mari hätte Antti und Sakuya miteinander bekannt gemacht.

Marius hing meist mit jüngeren Leuten herum, und man höre und staune, er hatte noch nie etwas mit einem Rudelmitglied gehabt. Warum, dazu zuckte er nur die Schultern. Hatte sich nicht so ergeben.

Während Marius mit Rose sprach und dabei ab und zu an seinem Wodka nippte, kamen nach und nach etwas mehr Leute hinein, fast alle in Schwarz; viele der Mädchen trugen Undercut und schwarzes oder rotes Haar, ein Mann trug einen Iro, der fast die Decke streifte, und ich war überzeugt, dass er ihn nach der Einrichtung des Eden hatte schneiden lassen, denn als er durch die Tür kam, sah es aus, als würde er einen haarfeinen Streifen an der Decke hinterlassen, tunkte man die Spitzen seiner Haare in Farbe. Ein Wesen in latexschimmernder Korsage trat ein und sah sich aus stark umrandeten Augen um, ehe es sich zu seinen Freunden gesellte; ich wagte nicht zu schätzen, ob es männlich oder weiblich war. Zeke hatte sich inzwischen an den Ecktisch zu den Metallern und der Gothic gesellt und becherte fröhlich einen mit, nebenan tanzten zwei blonde Mädchen in langen schwarzen Kleidern, eine weitere unterhielt sich mit einem hübschen jungen Mann in einem dunkelblauen Netzteil, der Undercut trug und bis auf den Millimeter genau perfekt frisiert und geschminkt war, seine Nägel, mit denen er sich den schrägen Pony dann und wann aus der Stirn strich, waren schwarz. Viele von ihnen kamen kurz bei uns vorbei, um Sakuya oder Marius zu begrüßen, bei einem von ihnen, einem rothaarigen Metaller, wagte ich es, den Kopf zu heben, aber als sein Blick in meinen traf, senkte ich ihn hastig wieder, ebenso bei einem spargeldürren Punk in Schwarz und einem Jungen in Anzug und karierter Krawatte, und bald gab ich es auf. Früher oder später würde ich sicher den einen oder anderen kennen lernen. Es war ziemlich laut geworden, und Sakuya und Mari mussten sich über den Tisch beugen, um sich gegenseitig verstehen zu können; außerdem war die Luft diesig vom Qualm dutzender Zigaretten; die Musik dröhnte, die Menschen tanzten.

“Wo sind die Lucifers?”, fragte Sakuya Marius über den Tisch hinweg, jener schüttelte den Kopf.

“Ich weiß es nicht, vielleicht proben sie, oder bringen Slay in die Entziehungsanstalt. Valentin ist ja nicht mal da. Weißt du, wann sie wieder spielen?”

“Ich weiß es nicht.” Sakuya sah auf. “Da ist Maggie!”

Marius wandte sich um und winkte einem Mädel in schwarzem Minikleid zu, die mit suchendem Blick in der Tür stand, nebenbei dem geschlechtslosen Wesen auf die Schulter klopfte und es etwas fragte, jenes deutete über die Schulter in unsere Richtung. “Hey, Mädel, ja, hier sind wir!” Marius fuchtelte mit dem Arm; Maggie strahlte und kam auf uns zugehüpft. Ihre Haare, die sie an beiden Seiten zu geschwungenen Büscheln abgebunden hatte, waren teils schwarz, teils violett wie ihre Lippen; ihre braunen Augen waren sehr dunkel geschminkt und sie trug Stiefel wie Marius, die ihre Knie freiließen. Sie war etwa ebenso groß wie unser neuer Bekannter, aber sie wirkte etwas stämmiger; nicht pummelig, eher ein wenig mollig, einfach etwas weich, und sie schaffte es durchaus, ihr Kleid auszufüllen. Ich mochte ihr Lächeln.

“Hey, Mari!” Sie begrüßte den Freund mit je einem Kuss auf beide Wangen, ehe sie zu Sakuya hüpfte. “Du bist wieder da! Alter, was hast du getrieben? Wie geht’s dir? Hattest du Heimweh?” Sie küsste Sakuya auf die Wange, und jener drückte sie kurz.

“Hi, Maggie.” Ich sah ihn lächeln. “Tut gut, dich wieder zu sehen. Was macht die Band?”

“Ach, frag Valentin.” Sie schüttelte sich und schnitt eine Grimasse. “Bist du auf der Durchreise?”

“Nein, ich bleibe jetzt.”

“Gut. Annie ist weggezogen. Und Clay ist tot, wusstest du das?”

“Nein.”

“Na, er war nicht mehr der Fitteste.”

“Maggie, das ist mein Bruder, Jamie.”

“Hi.” Sie strahlte mich an, und wir schüttelten uns die Hände, ehe sie sich umwandte, nachdem sie auch Rose kurz die Hand gegeben hatte. Dann ließ sie sich auf Marius’ Schoß nieder, von wo aus sie auch jenem gleich das Getränk stahl.

Mir wurde kurz erklärt, dass sie Daring Lucifers Bassistin war. Sie schien sich dann doch nicht weiter für Bekannte wie uns zu interessieren; gut, Sakuya kannte sie, weil jeder Sakuya zu kennen schien, aber Marius war ihr bester Freund, und die zwei schmollten zusammen über das Fortbleiben der anderen Bandmember, namentlich Valentin und Bird, der Drummer, denn ihr Sänger JP lag mit Fieber im Bett, und Slay, der offizielle Gitarrist der Band, war wieder einmal bereits betrunken.

Irgendwann stieß Yuki zu uns; ich hatte nicht gewusst, dass er kommen wollte; den Blicken nach, die er um sich warf, war er auch ewig nicht mehr hier gewesen, wenn überhaupt, aber er quetschte sich irgendwie noch mit auf die bereits recht voll werdende Bank, neben Rose, so dass Marius in seinem engen Rock ein wenig zur Seite rutschen musste, um dem jungen Japaner in dem viel zu weiten T-Shirt, das ihm über eine Schulter herabhing, und der zerschnittenen schwarzen Hose Platz zu machen, so dass jener auch die Beine anziehen und sich mit seinen Chucks am Tisch abstützen konnte. Es wurde langsam eine recht große Runde hier, aber wenigstens konnten mir Rose und Sakuya einige Details über Anwesende verraten, so dass ich mir nicht mehr ganz so unwissend vorkam.

Rose wirkte ziemlich entspannt, mir fiel auf, dass kaum jemand Notiz von ihm nahm; er schien sich wohl zu fühlen inmitten all der Leute, und ich konnte mich zum ersten Mal ausführlicher mit ihm über belanglose Dinge unterhalten; Bücher, die wir in der Schule gelesen hatten, Roses Eltern, die mit ihm in den Ferien auf das Gestüt seines Onkels gefahren waren, oder meine Freunde in der Grundschule und wie ich sie nach und nach aus den Augen verloren hatte.

Ich hatte mich gerade vorgebeugt, um Yuki etwas zu fragen, der in diesem Moment über etwas lachte, das Marius ihm ins Ohr geflüstert hatte, so dass Rose sich etwas zurücklehnte, um mir nicht im Weg zu sein; da wurden Roses Augen plötzlich groß und er starrte zur Tür, warf dann einen schnellen Blick zu Sakuya, den er hastig auf eine andere entfernte Ecke richtete, als sein Blick genau in den meines Bruders traf, der die Stirn runzelte und Roses Blick mit den Augen zurückverfolgte.

Ich sah, wie sich der Gesichtsausdruck Sakus veränderte; von anfänglichem Erschrecken wechselte er zu fast so etwas wie Sehnsucht, gefolgt von Schmerz, Verkrampfung bis zu trauriger Sprachlosigkeit, ehe er den Blick gewaltsam abwandte. Ich sah erschrocken, dass seine Augen feucht wurden.

“Hey, Saku...was ist denn los?”, murmelte ich betroffen und rutschte zu ihm, um ihm die Schulter zu streicheln.

“Nichts”, erwiderte er erstickt. “Niemand.”

Ich wandte den Kopf zur Tür; ich ahnte schon in etwa, was ich dort erblicken würde, und ich behielt recht; auch wenn ich zugeben musste, dass Antti Koskinen wirklich hübscher war, als ich gedacht hatte.

An der Tür stand ein junger blonder Mann, dessen leicht wirres Haar ihm auf die schmalen Schultern fiel, und sah sich mit halb geöffneten glänzenden Lippen aus großen blaugrünen Augen um. Sein Lidschatten glitzerte leicht, wenn Licht darauf fiel, seine Lidränder waren kohlschwarz; er hatte ein so weiches Gesicht, dass er mit diesem um sich schauenden Blick eine fast kindliche Unschuld ausstrahlte, auch wenn er ganz offensichtlich eher in Sakuyas Alter war. Seine Kleidung war zum großen Teil weiß, er trug ein Tuch um den Hals und eine dunkelgraue Jacke mit weißem Muster und gleichfarbigem Federkragen, die er sich auf die Ellbogen hatte hinabfallen lassen; seine rechte Hand, die ich sehen konnte, zierte ein schmales silbernes Band. Er biss sich leicht auf die Unterlippe, die feucht schimmerte, während er sich umsah; als er jemanden entdeckte, der offensichtlich ein Freund war, fing er an zu lächeln und schloss kurz die dunklen Lider über den Augen. Wenn er lächelte, bekam er kleine Grübchen in den Wangen, und er bewegte sich sehr behutsam, fast, als störe ihn das Geräusch, das entsteht, wenn sich die Luft um ihn bewegt; die kleinen silbernen Glöckchen an dem Tuch um seinen Hals klangen leise mit.

Ich verstand schon, was Sakuya in ihm gesehen hatte, und ich begriff auch, warum Antti ihm das Herz hatte brechen können, als ich ihn beobachtete, wie er einen Bekannten zur Begrüßung zart umarmte und sich dann mit einem Lachen die Haare aus dem Gesicht strich.

Sakuya neben mir saß stumm da und sagte kein Wort, sah in die gegenüberliegende Richtung, die Hand auf den Mund gepresst. Jetzt hatte auch Marius Antti entdeckt, und machte eine Bewegung, als wolle er ihn erst herrufen, überlegte es sich dann aber schnell anders.

“Verdammt”, murmelte Rose, und als hätte er ihn gehört, wandte Antti den Kopf und sah uns, besser, sah meinen Bruder.

Sein Gesicht wurde mit einem Schlag starr und dann absolut ausdruckslos, ehe seine Lippen bebten und er dastand wie ein Kaninchen, das die Schlange entdeckt hat. Seine Augen waren groß, und er zitterte, obwohl er den Blick nicht abwandte, seine Lippen sich stumm bewegten, als er ein Wort formte, das ich nicht lesen konnte, vielleicht war es der Name meines Bruders.

Anttis Augen glänzten feucht, und in ihnen stand auf einmal solcher Schmerz, dass ich verwirrt war, auch wenn sein Gesicht reglos blieb. War nicht Antti es gewesen, der Schluss gemacht hatte?

Sakuya wandte den Kopf und sah kühl zu dem Finnen hinüber, als jenen der Blick traf, wandte er sich auf dem Absatz um und verließ fluchtartig den Raum; Sakuya stützte das Gesicht in die Hände. “Verflucht”, wisperte er erstickt; ich war mir nicht sicher, wen er damit meinte.

“Willst du hinterher?”, fragte Rose kühl von der Seite her und lehnte sich über den Tisch.

“Nein.” Sakuya fauchte leise.

“Wolf! Rede doch wenigstens mit ihm! Es gibt keinen Grund, jetzt beleidigt zu tun! Siehst du nicht, dass du ihn verletzt?”

“Und er hat mich nicht verletzt, oder wie!”, schrie Sakuya Rose an; ich hatte mich vorsichtshalber zur Seite geduckt, und die grauen Augen meines Bruders funkelten voller Aggression.

“Schrei mich nicht an!” Rose war wütend und verengte die Augen.

“Misch du dich nicht in mein Leben ein!”

Für den Rest des Tages sprachen die beiden nicht mehr miteinander, und ich kam mir ziemlich verloren vor zwischen ihnen. Generell war es so, dass ich es hasste, wenn sich Leute stritten, die ich lieb hatte, und während ich so zwischen Rose und Sakuya saß, kamen mir fast die Tränen, die ich verzweifelt zu unterdrücken versuchte. Seit frühester Kindheit hatte ich es nicht ertragen können, wenn Menschen um mich herum wütend oder traurig waren, aber jetzt traf es mich besonders hart, weil ich die zwei so gern hatte, und die Sache, über die sie sich stritten, kein Grund war, einander zu ignorieren. Warum verletzten meinen Bruder die kleinen Dinge so sehr, und warum war er bei den großen Angelegenheiten so tolerant?

Es ging mir etwas besser, als Sakuya wortlos seinen Arm um mich legte und mich an seine Schulter zog, aber so ganz okay war es noch nicht wieder, und ein wenig böse war ich ihm deshalb auch, deswegen beschloss ich in kindlichem Trotz, ganz stillzuhalten, was ich auch tatsächlich schaffte, weniger, weil ich so diszipliniert war - das war ich nämlich nicht - sondern vielmehr, weil es jetzt bereits nach Mitternacht geworden war und ich langsam, aber sicher müde wurde.

Ich schaffte es, Rose und Sakuya aus ihrem Schweigen zu holen, als ich verschlafen blinzelte und Rose mir eine Strähne aus der Stirn strich und leise kicherte. “Ach, bist du süß, Jamie!”

Als ich errötete, lachte Sakuya und küsste meinen Scheitel. “Wach auf, Jem...” Er beugte sich zu mir herab. “Schau mal an, wer da kommt...”

Valentin, dachte ich erst, als Marius mit einem fröhlichen “Valentin!” - Maggie bereits lange von seinem Schoß losgeworden, die jetzt bei ihrer Bekannten im Latexkleid stand - den Gitarristen herbeiwinkte.

Yuki schmollte gespielt vernachlässigt tuend und lehnte den Kopf an Maris Schulter, welcher darauf wie selbstverständlich die Hand auf dessen Knie gleiten ließ und langsam, betont abwesend mit dem Daumen darüberstreichelte. Aha, dachte ich, wusste ich es doch!

Ich beäugte im ersten Moment kritisch die Reaktion Roses, der Maris Aktion zwar mitbekommen hatte, aber ziemlich gleichgültig betrachtete, noch einen Schluck Gin Tonic nehmend, ehe er sich wieder anderen Dingen zuwandte. Ebenso Valentin, der zwar ein Grinsen mit der Hand verdecken musste, aber auf Yukios unschuldigen Blick hin nur Marius mit einer Umarmung begrüßte und sich dann neben ihm auf die Bank quetschte.

Es waren also doch keine tieferen Gefühle zwischen den dreien, oder doch? So ganz wollte ich das nicht einsehen, und ich beschloss, das ganze am nächsten Tag noch mal weiterzuverfolgen.

“Ah, ich wusste, dass wir das Richtige gekauft haben; Val, du bist ein Schatz!”, schnurrte Rose plötzlich, während Marius und Yuki sich bereits das dritte oder vierte Glas Amaretto teilten, nachdem sie den Wodka satt gehabt hatten; Valentin grinste. “War mir ein Vergnügen. Dein Geld ist gut angelegt, glaub mir.”

Ich sah die zwei verwirrt an. “Was? Worum geht es denn?”

“Oh! Dein Werk, Vali?”, quietschte Marius, der zwar angetrunken war, aber dennoch so schlau, Roses Blick zu folgen, was ich jetzt auch tat und einmal verwirrt blinzelte, ehe ich begriff, was ich sah - oder besser, wen.

Einige Meter von uns entfernt stand Junya, den Valentin jetzt ungeduldig herüberwinkte.

Er starrte mich an, aber senkte den Blick, als ich auf seinen traf und mein Blick ebenfalls wie elektrisiert zurückzuckte. Mein Herz fing auf einmal furchtbar schnell an zu schlagen.

Er hob den Blick scheu wieder, und seine Augen waren mir, selbst in der schummrigen Beleuchtung hier, niemals so intensiv vorgekommen; sein Haar war auf einmal dunkelblau geworden.

Es war geglättet und fiel ihm in einer breiten Strähne über das linke Auge, legte sich rechts in feineren Strähnen auf seine blasse Wange, seine Augen waren dunkel geschminkt, seine Lippen waren ebenfalls elektrisierend blau. Seine Haut wirkte vielleicht dadurch noch porzellanweißer als sonst, auch wenn sich ein zarter Rotschimmer auf seine Wangen gelegt hatte.

Er trug ein Oberteil, dessen Kragen sich an seinem Hals bis unter sein Kinn schmiegte, samt Reißverschluss die gesamte Vorderseite hinab; der Kragen bestand aus einem dicken schwarzen Material, vielleicht Leder, der Rest aus dunklem Stoff, in dem Dunkelblau und Schwarz ineinander zu fließen schienen. Seine Arme lagen bloß, und ich sah, dass er muskulöser war, als es bisher den Anschein gehabt hatte, was Rose und Valentin offensichtlich bemerkt und in Szene gesetzt hatten. An beiden Händen trug er kurze schwarze Netzhandschuhe. Seine Hose war weit, darüber trug er schwarze Stiefel, offensichtlich die abgetragenen Valentins, die mit den losen Schnürbändern nur locker über den Hosenbeinen festgehalten wurden. Junya lächelte schüchtern und sah sich scheu um.

Ich bekam den Mund nicht mehr zu. Das war Junya?

Mein Gott. Kaum zu glauben, was aus einem Menschen an einem einzigen Abend werden konnte. War er das wirklich? Dieser Seraph in Blau? Der stille kranke Junya? Und...und er war...er war wunderschön.

Es war, als wäre all das Blau seiner melancholischen Seele auf seinen Körper geronnen und hätte ihm Form und Gestalt gegeben.

Mir wurde heiß, als Junya von einem der Umstehenden neugierige Blicke erntete, und mein Herz schlug noch schneller, als er zu uns kam und mit schüchtern vor dem Körper verschränkten Händen neben Valentin stand, kurz den scheuen Blick zu mir hebend, dann aber wieder wegsehend. Ich bemühte mich, ihn nicht allzu auffällig anzustarren; Sakuya neben mir war bemerkenswert still geworden, und ich errötete.

“Du siehst wundervoll aus, Jun!”, freute sich Rose und faltete die Hände. “Wahnsinn! Valentin, du bist ein Genie!”

“Das wollte ich schon die ganze Zeit über tun. Aber dank nicht mir; den Löwenanteil der Arbeit hat unser guter Yuki gemacht”, grinste der Blonde und nahm Mari das Getränk weg. “Bah, für dich gibt’s heute Nacht nichts mehr, Saufkopp.” Der Ältere protestierte.

“Ich war noch nie geschminkt”, murmelte Junya verlegen und errötete, schlug die Augen nieder.

“Dann wird es aber wirklich langsam Zeit, Süßer”, quietschte Marius dazwischen und haute Valentin gespielt böse auf die Schulter, während Yukio trunken anfing, laut loszulachen, so dass er den Kopf, von Glucksern geschüttelt, auf den Tisch zwischen zwei leere Gläser legen musste.

“Ach...habt ihr...das heute Nachmittag gekauft?”, merkte ich vorsichtig an, während Valentin sich mit Mari kabbelte.

“Hm.” Junya schlug den Blick nieder, öffnete den Mund, wie um etwas zu sagen, ließ es dann aber sein.

Sakuya stieß mich von der Seite an und beugte sich zu meinem Ohr. “Los, sag ihm, dass du ihn hinreißend findest”, murmelte er mit einem leichten Grinsen, das um seine schwarzen Lippen spielte, und mir schoss das Blut ins Gesicht.

“Äh...”

“Du weißt, für wen er das gemacht hat.”

“Hm.” Mir wurde noch heißer.

“Jamie. Jetzt oder nie.”

“Ich...” Ich wurde unterbrochen, als Marius sich beleidigt und ein wenig ungeschickt an Valentin vorbeischob, seine neue Bekanntschaft Yuki an der schmalen weißen Hand griff und mit sich zog, der mittendrin unsicher stolperte und fast auf Vals Schoß landete, was ihn aber nur zu einem aufgedrehten Kichern veranlasste.

“Wenn du uns nicht mehr magst, Valentin, dann musst du ja nicht”, gab Mari etwas unkreativ zur Erklärung an und legte den Arm um Yukis Schulter. “Stimmt’s?”

“Nicht böse sein.” Yukio tätschelte Vals Kopf, jener seufzte.

“Geht mal ein bisschen an die frische Luft.”

“Schlaf gut, Vali.” Marius gab Valentin einen Kuss auf die Wange und wurde schon von Yuki am Ärmel fortgezogen, so dass er in seinem Rock fast stolperte, in vollem Lauf einen langhaarigen Metaller rammend, der ihn erschrocken auffing. “ - ooh, tschuldige, Basti...”

“Bumm! Da gehen sie hin. Das Traumpaar der heutigen Nacht”, seufzte Valentin wiederum und wollte den Kopf auf die Arme stützen, aber Rose rutschte zu ihm.

“Hey, Valentin, lass uns zu Maggie gehen.”

“Was...?”

Sakuya stand ebenfalls auf, und ich errötete noch tiefer.

“Ihr könnt ruhig bleiben...”

“Nein, Jamie. Aber leichter können wir es dir echt nicht mehr machen. Jetzt reiß dich gefälligst zusammen.” Und schon verschwanden die drei.

Ich bemerkte, dass Junya ebenso die Röte auf die Wange geschossen war, und ich wagte ein schwaches Lächeln und ein Schulterzucken. “Ganz schöne Kuppelei hier...” Junya verbiss sich ein Lachen.

“Hey, Jem... ähm...wollen wir kurz rausgehen?”

Er stotterte etwas, und mir wurde ganz heiß, auch wenn ich merkte, wie viel Energie er für die Frage gebraucht hatte.

“Äh...klar...”

Ich kämpfte mich von der langen Bank, und wir bahnten uns unseren Weg durch die umherstehenden Gothics, von denen die meisten mich um glatt einen Kopf überragten, ich wurde etwas sicherer, als Junya mir über die Schulter ein schüchternes Lächeln zuwarf, auch wenn mein ganzer Körper prickelte unter diesem Blick und meine Beine etwas weich waren, als ich die drei Stufen hinabstieg und mich mit einem gemurmelten ‘Entschuldigung’ an dem androgynen Wesen vorbeischob, das noch immer neben der Tür stand.

“Es ist kalt draußen”, warnte mich Junya, aber die kühle Nachtluft traf mich dennoch wie ein Schock, als ich aus der Wärme dutzender Zigaretten und noch mehr Körper drinnen kam, die mir gar nicht mehr bewusst gewesen war, dafür war mein vernebelter Kopf schlagartig wieder klar. Die Stadt lag ganz still und fast in völliger Dunkelheit vor uns, auf der anderen Straßenseite schnitt der Schienengraben in den Beton, und der Mond stand über dem Berg, den ich gegenüber als Scherenschnitt eines schwarzen Riesen sehen konnte. Der in einer Einfahrt liegende Eingang lag geschützt vom kalten Nachtwind da, und meine Schuhe knirschten auf dem mit kleinen Steinchen bedeckten Asphalt, als ich mich drehte, um zu bemerken, dass wir nicht alleine draußen in der stillen Nacht waren, im selben Moment wie Junya.

An die Wand des 7th Eden gelehnt, schwach durch das Mondlicht beleuchtet, standen zwei dunkle Gestalten eng umschlungen, die ich schnell als Yuki und Mari erkannte, und für einen Moment zuckte ich zusammen, aber dann fasste ich mich für meine Verhältnisse erstaunlich schnell wieder.

Yu hielt Marius mit dem Rücken gegen die Wand gedrückt, jener hatte ein Bein gegen Yukios Seite gepresst, wo jener ihm den Rock fast bis zur Hüfte hochgeschoben hatte und jetzt mit der Hand Marius’ glatten schlanken Oberschenkel umfasst hielt; Mari hatte die Hände in Yukis hintere Hosentaschen geschoben und dessen Hüfte an sich gezogen, das Gesicht etwas nach oben geneigt, da Yuki ein paar Zentimeter größer war als der Ältere, und man hörte ihn leise seufzen. Yu hatte die freie Hand in Marius’ zweifarbigem Haar vergraben und dessen Kopf zu sich gezogen, und sie waren in einem wortlosen, aber leidenschaftlichen Kuss versunken, Marius knabberte an Yukios Lippen und ich sah, wie er mit der Zungenspitze darüber fuhr, ehe er die Augen öffnete und zu uns hinüber sah, da er uns wohl schon bemerkt hatte. Er grinste und schnappte nach Luft. “Was ist? Wollt ihr mitmachen?” Yukio wandte den Kopf, von Mari im Nacken gekrault, und winkte uns träge zu.

Ich schluckte.

“Nein”, sagte Junya mit einem müden Lächeln. “Vielleicht ein andermal. ...Denkt bloß an Kondome, Jungs.”

“Hase”, sagte Yuki gespielt mitleidig, “wir wissen, was wir tun.”

“Das sehe ich.”

Der Japaner antwortete nicht mehr, da Mari ihn ungeduldig zu sich gezogen und seine bereits geröteten Lippen wieder in Besitz genommen hatte, um mit der Zunge dazwischen zu dringen und unter Yukis streichelnder Hand aufzuseufzen.

“Viel Spaß”, murmelte ich matt, und beeilte mich, zu Junya aufzuschließen, der mich zu sich winkte, so dass wir jetzt auf dem Bürgersteig standen und mich Junya mit einem Kopfnicken fragte, ob wir ein Stück gehen wollten, was ich auf die gleiche Weise beantwortete. Was auch immer er mit mir vorhatte, ich wusste, wo zumindest wir zwei heute Nacht definitiv nicht landen würden.

Der Weg führte einen Hügel hinauf, rechts von uns war die Straße, dahinter der Graben, auf der anderen Seite begrenzt von einem hohen Gebäude, so dass ich den Berg nicht mehr sehen konnte, als wir für eine Weile wortlos nebeneinander entlanggingen und nur stumm die kühle Märzluft atmeten. Ich wartete darauf, dass Jun etwas sagte, aber das tat er nicht, und ich selber wusste nicht, was ich von mir geben sollte, also war ich still und sah in die Nacht.

Auf der Hügelkuppe angekommen überquerten wir die Straße und standen nun unter einigen Bäumen und einer großen, türkis angelaufenen Statue, die in der Nacht natürlich dunkelgrau erschien; ich glaube, es musste Bismarck oder so jemand gewesen sein. Von hier aus hatte man einen Blick über den größten Teil der Altstadt, und ich konnte gleich mehrere Kirchtürme als spitze schwarze Schemen erkennen wie seltsame Sprosse aus dem dunklen Wust der Häuser, einer davon quasi uns direkt gegenüber, aber es war zu dunkel, um die Uhrzeit ablesen zu können. Die Stadt mit den kleinen Häusern lag ins Tal geduckt da, und auf der anderen Seite stiegen die Berge wieder an, schwarze Schemen vor dem dunklen Vorhang der Nacht. Ich hätte gerne gewusst, wo unser Haus lag, aber ich kannte mich nicht genug aus, um einen Orientierungspunkt zu finden, von dem aus ich einen meiner Wege hätte zurückverfolgen können.

Junya neben mir schwieg; ich dachte einige Male, er wolle etwas sagen, aber dann schien ihn doch der Mut verlassen zu haben.

“Du hast also heute Nachmittag mit Rose all die neuen Sachen gekauft”, wagte ich schließlich vorsichtig einen unverfänglichen Vorstoß.

Jun schien erleichtert aufzuatmen, fuhr sich durch das dunkelblaue Haar. “Ja. Gefällt’s dir?”

“Hm...” Ich wandte mich ihm zu, warf einen weiteren Blick auf sein ebenmäßiges Gesicht, aus dem mich ein Paar dunkler Augen unsicher anblickte, die Lider senkten sich darüber, als er meinen Blick bemerkte, und seine langen Wimpern schlugen sich auf seine Wangen nieder.

“Yuki sagte, er könnte mir die Haare dauerhaft färben, wenn es mir gefällt.”

“Du...du siehst sehr schön aus.”

“Danke...” Ein Lächeln zierte seine dunkelblauen Lippen, als ein Zucken über seinen Körper lief; ich hörte, wie er leise den angehaltenen Atem ausstieß. “Was du da anhast...ist das von Sakuya?”

“Ich glaube, der Großteil ist von Valentin.”

“Du siehst sehr süß aus darin. Wirklich. Wie ein kleiner Kater, mit dem Halsband.”

“Findest du?” Ich errötete und senkte den Kopf.

“Ja.”

“Danke...”

Eine Weile schwiegen wir wieder. Ich wollte ihm unbedingt so viel sagen. Vor allem davon, wie ich mich in den letzten Tagen gefühlt hatte. Ich wünschte nur, ich hätte es in Worte fassen können, aber das war so schwer. “Ich war...weißt du, ich war eifersüchtig.” Das war das einzige, was ich klar formulieren konnte, in Anbetracht der Umstände gar keine so üble Leistung, fand ich.

“Was? Wirklich?” Junya sah überrascht auf.

“Hm.” Ich schaffte es, seinem Blick unsicher zu begegnen. “Weißt du...du...du warst immer plötzlich mit Rose verschwunden...” Jetzt fiel es mir plötzlich leichter.

“Ich...ich brauchte einfach jemanden zum Reden, Jem. Ich musste alles irgendwie loswerden, und Rose hat mir zugehört, und mich verstanden. Tut mir ehrlich leid, wenn du das falsch verstanden hast...”

“Nein...” Ich zögerte. “Nur... Ich weiß nicht...es hat mich ein bisschen durcheinander gebracht, weißt du, nach allem, was du vorher gesagt hast, und dann hingst du immer mit Rose zusammen...ich...ich dachte...ich dachte, dir liegt vielleicht eigentlich gar nichts an mir...”

“Nein...nein, ich...”

Mir wurde heiß, und ich schloss die Augen, fing an zu zittern, als Junya zögerlich einen Arm um meine Schultern legte und seinen Kopf schüchtern an meinen lehnte, so dass ich kaum noch atmen konnte, und als ich es nicht mehr aushielt, wandte ich mich ihm zu und ließ mich gegen ihn sinken, auch wenn mein ganzer Körper angespannt war dabei. Junya streichelte behutsam über meinen Rücken, und ich hörte seinen abgehackten Atem.

“Ich meine”, murmelte ich an ihm, meine Stimme zitterte, aber seine Berührung tat so gut. “Ich hätte es ja verstehen können, wenn du...dich in Rose verliebt hättest...immerhin ist er...na ja...liebenswert...” Mir fiel kein besseres Wort auf die Schnelle ein, und Junya ließ mich etwas los.

“Jamie...” Er sah mir etwas ängstlich ins Gesicht. “Bist du in Rose verliebt?”

Ich blinzelte; das erste, was mir herausrutschte, war, “Ich hoffe nicht”, was mir im gleichen Moment auch schon wieder leid tat. “Ich meine...ich wollte jetzt nicht so gemein sein...aber...ich...Rose ist nichts für mich...er ist viel zu...ich weiß nicht...er steht viel mehr über den Dingen als ich.”

“Er hat bloß gern die Fäden in der Hand, das ist alles”, sagte Junya knapp und senkte bedrückt den Kopf. “Ich weiß nicht...ich hab bemerkt, wie du ihn manchmal ansiehst... Wenn du ihn liebst...dann musst du mir das sagen...damit ich weiß...dass es sinnlos ist...” Seine Stimme versagte ihm, und ich keuchte erschrocken auf.

“Nein, so hab ich das nicht gemeint!” Ich schloss spontan die Arme um ihn und ließ ihn wieder los, um ihn besser ansehen zu können. “Ja...ja, gut, Rose ist verdammt attraktiv - aber ich bin sicher nicht in ihn verliebt!” Ich glaube, das war das erste Mal, dass ich sogar vor mir selber zugab, dass ich mich schlicht und einfach von Rose sexuell angezogen fühlte. “Junya...ja gut, ich habe ihn angesehen...aber...das hab ich ja bei dir auch gemacht...ich achte nur darauf, dass es keiner merkt...oh Gott, vergiss das ganz schnell...” Ich errötete und trat einen Schritt zurück. “Äh...ich weiß nicht...du musst das verstehen, ich bin völlig verwirrt...da sind so viele Gefühle, die ich nicht kenne, und niemand will mir sagen, was all das zu bedeuten hat; ich weiß überhaupt nicht mehr, was ich tun soll, dir gegenüber. Ich meine, ich wollte zwar nur dein Freund sein, aber als du dich dann mit Rose angefreundet hast, war ich trotzdem eifersüchtig und ich dachte mir, dass es mir vielleicht nicht reicht...aber...dann war es doch wieder okay...und jetzt bin ich völlig durcheinander...” Ich dachte zwar schon mittlerweile, dass ich gerne für Junya mehr als nur ein Freund wäre, aber da stand mir die Erinnerung an Mari und Yukio unten im Weg, die mich einfach völlig nervös machte. War das denn so schwer zu verstehen? Ich war jung und voller Unsicherheit.

“Ist schon gut”, sagte Junya sanft und legte mir einen Finger auf den Mund, um meinen Redefluss zu stoppen, so dass mein Herz einen Satz machte, der fast schon wehtat. Junya lächelte lieb. “Du redest genauso viel wie am Hafen. Erinnerst du dich? Es ist okay, dass du durcheinander bist, das bin ich doch auch. Soll ich mich ruhig verhalten, soll ich die Gelegenheit nutzen? ...Aber mach dir wegen Rose keinen Kopf. Ich glaube, jeder ist ein bisschen in Rose verliebt.”

Ich senkte den Kopf, als er den Finger von meinen Lippen nahm. “Hier liebt ja auch irgendwie jeder jeden”, murmelte ich völlig durcheinander. - Ist doch wahr.

Junya stellte sich vor mich und atmete tief durch, um dann mein Gesicht in beide Hände zu nehmen und mir tief in die Augen zu sehen. Ich erstarrte unter seinem mitternachtschwarzen Blick, der plötzlich mit aller Kraft so fest war. “Jamie, ich bin eigentlich hergekommen, um es dir noch mal zu sagen, auch wenn du es schon weißt. Ich weiß auch nicht, wieso ich mich immer wieder nicht traue, aber jetzt muss es sein: Es ist mir egal, wer hier wen liebt, es ist mir völlig egal.

Ich liebe dich.

Seit der ersten Nacht, ich weiß, das klingt verrückt, aber ich liebe dich wahnsinnig, und ich werde dich immer lieben, egal, wie du dich entscheidest. Ich weiß, ich bin nicht perfekt, ich hatte vor Jahren aufgehört, an die Unsterblichkeit der Liebe zu glauben, aber seit ich dich kenne, weiß ich, dass ich mich geirrt habe. Ich weiß nicht, was du mir gegenüber empfindest, weil du es mir nicht sagst, du hast es mir von Anfang an nie gesagt. Ich wollte dich nicht zu etwas zwingen, und das will ich immer noch nicht, aber ich möchte einfach eine Antwort von dir hören! Sag mir, was du fühlst, oder schick mich einfach weg; aber hör auf, dich so in Schweigen zu hüllen, es macht mich fast wahnsinnig! Ich liege nachts wach, ich kriege kein Auge zu, ich kann nichts mehr essen, du weißt gar nicht, wie oft ich in diesen drei Nächten daran gedacht habe, einfach zu dir in dein Zimmer zu gehen und...

Bitte, Jem! Ich muss es einfach wissen! Ich will, dass du mich liebst, aber du musst es nicht, es ist dein Leben; aber sag es mir verdammt noch mal endlich!” Er sah mir verzweifelt ins Gesicht, und seine Stimme war erstickt geworden von den Tränen, die ihm in die großen Katzenaugen stiegen.

Er senkte den Blick, seine Stimme war fast nur noch ein scheues Wispern.
 

“Ich liege mit deinen Träumen

Märchen mit Wildkatzenaugen

Jede Nacht

Türkisblau Staunen

Steint

Silberne Panther fressen mein Herz

Vögel wachsen

Rosen zwitschern

Stirnschaum an goldenen Kugeln tropft

Ich liege mit deinen Träumen

Jede Nacht

Sterb ich nach dir.”
 

Ich bebte, mein Herz schlug rasend schnell, und mein Mund war trocken. “Du bist hergekommen...um mir das zu sagen...?”

“Ja”, stöhnte er heiser und senkte den Blick. Er hatte die Hände auf meine Schultern gelegt, und er bebte.

“Jun...”

“Du musst mich nicht lieben, Jamie, aber ich bitte dich trotzdem darum”, wisperte er atemlos, das Gesicht zu Boden gerichtet. “Ich...ich ertrage das nicht länger...”

“Ich habe Angst, etwas falsch zu machen”, sagte ich plötzlich, und als meine Worte so die Nachtluft durchstießen, ging mir plötzlich auf, dass das der Kern der ganzen Sache war und der Grund, warum ich mich nie hatte festlegen wollen. Was, wenn ich die falsche Entscheidung traf und nichts aus uns wurde? Was, wenn wir auf einmal anfingen, uns zu hassen? Das wollte ich nicht...

Was hatte Sakuya gedacht, als er in jener Nacht das Rudel verlassen hatte? Hatte er Angst gehabt, möglicherweise einen Fehler zu begehen, wenn er sich auf Fuchs einließ; hatte er Angst gehabt, dass sich seine Gefühle ändern könnten?

Ich glaubte...ich glaubte, dass...ich glaubte, dass ich mich sehr nach Junya sehnte. In diesem Moment. In genau diesem Moment und immer wieder. Könnte ich es ertragen, nur neben ihm herzuleben, ohne es wenigstens zu versuchen? ... Zu versuchen...den Jungen zu lieben...in den ich verliebt war...

“Irren ist menschlich, weißt du”, wisperte er mit einem Lachen und hob den Blick zu mir, ich sah in seine Augen, die in der Nacht so klar wirkten, direkt in sein blasses Gesicht, das immer diesen Ausdruck voller Weltschmerz trug, als wüsste er um das Leid der Menschen, und ich begriff, dass es nur meine Angst war, die mich noch davon zurückhielt, ihm einfach in die Arme zu fallen und ihm zu sagen, wie schrecklich verliebt ich war, und dass ich, selbst, wenn ich Angst hatte, nur immer bei ihm sein wollte, um seinem kostbaren Herzschlag zu lauschen und mit ihm einzuschlafen; dem einzigen Menschen auf dieser kaputten Welt, dessen Seele vielleicht so sehnsüchtig war wie meine.

Junya sah mich stumm an, und ich fing an zu weinen, ich weiß nicht, wieso, es brach einfach so aus mir heraus, und anstatt der Worte, die mir hinter der Kehle steckten und die ich doch nicht aussprechen konnte, kamen die Tränen aus mir hervor und rannen mir die Wangen hinab. “Warum weinst du?”, fragte Junya erschrocken. “Hab ich was Falsches getan?” Er klang leicht panisch.

“Nein”, schluchzte ich. “Ich...ich hab alles falsch gemacht...es tut mir so leid...ich war so gemein...das wollte ich nicht...ich will ja, dass du mich liebst...”

Ich konnte nicht weitersprechen, denn ich spürte Junyas Lippen sanft und tröstend auf meinen, und ich zuckte zusammen unter einem heißen Schauer und klammerte mich unwillkürlich an seine bloßen Schultern, die heiß waren unter meinen Fingern, denn meine Knie gaben unter mir nach, so dass Junya mich behutsam um die Hüfte hielt. Ich wimmerte leise auf, als ich spürte, wie sich seine weichen Lippen zärtlich an meinen bewegten, und wie er zitterte, als er seine Stirn an meine legte, seine Lippen so weit von mir lösend, dass er meinen Namen flüstern konnte, ehe er mich stumm ein weiteres Mal küsste, bebend vor Sehnsucht, und mir schoss das Blut doppelt so heiß durch die Adern, als ich seine Stimme hörte, und ich konnte nichts tun, als unbeholfen seinen Kuss zu erwidern, der so unendlich süß schmeckte, und von dem ich wünschte, er würde nie enden; zu schön war es, von seinen Armen gehalten zu werden, seinen leisen Atem zu hören, seine warmen Lippen auf meinen zu spüren, während ich wortlos die Arme um seinen Hals schlang und ihn endlich von mir aus küsste, dass sein überraschtes Aufseufzen mir ein Kribbeln den Nacken hinab jagen ließ.

Ich weiß nicht, ob ich mich allzu ungeschickt angestellt hatte, aber mein Herz raste, und als er den Kuss unterbrach und ich nach Luft schnappte, drückte ich mich an ihn, noch immer grundlos etwas weinend unter seinen Armen, die mich hielten, selber die Arme um seinen Rücken legend und mich an ihn kuschelnd, während er schnell atmend sein Gesicht in meinem Haar vergrub.

“Jamie...”, hörte ich ihn wispern, und ich atmete tief den Geruch seiner Haut an seiner Schulter ein, genoss das Gefühl, dass er größer war als ich und aller Zerbrechlichkeit zum Trotz stärker, und wir standen eine Weile wortlos so da, wie lange, das weiß ich nicht, aber es muss sehr lange gewesen sein, denn ich sprach erst wieder, als ich das Gefühl lange ausgekostet und mein Atem sich beruhigt hatte.

“Wäre es denn sehr schlimm, wenn ich ein bisschen in Rose verliebt wäre?”, murmelte ich schwach an seiner Brust, mit der Hand seinen Rücken fassend.

“Ich kann es dir nicht verbieten”, wisperte er bedrückt in mein Haar, mir über den Rücken streichelnd, und ich hörte, wie sehr seine Stimme zitterte und hörte seinen schnellen Herzschlag. “Ich bin ja immerhin nicht dein Freund, stimmt’s?”

Es war so dahergesagt, aber ich konnte nichts darauf erwidern und schwieg eine Weile nur still, ich war mir nicht sicher, ob das Brennen, das ich spürte, von Enttäuschung herrührte.

“Stimmt’s?”, wiederholte Junya unsicher, und ich öffnete den Mund, wusste aber keine Antwort. Ich wusste, was ich sagen wollte, aber mir fehlten die angemessenen Worte, und ich konnte nur schweigen, denn ein simples ‘doch, bitte’ schien mir so platt und billig. Aber das war es, was ich wollte. Ich wollte es wirklich. Denn ich liebte ihn. Jeder wusste das, außer uns. Und jetzt hatte auch ich es bemerkt.

Ja, ich wollte wirklich gerne mit dem Jungen zusammensein, dem ich vor Kurzem am Hafen das Leben gerettet hatte, weil mich seine Einsamkeit so gerührt hatte. Ich liebte ihn, und ich zitterte, weil es sich so wundervoll anfühlte, wie er mich liebte.

Ich glaube, Junya verstand langsam, was ich meinte, denn er fing ebenfalls an zu zittern, und schloss die Arme enger um mich, so dass ich an ihn gedrückt wurde, was mir aber nichts ausmachte, sondern im Gegenteil schob ich mich dichter noch an ihn, und hob mein Gesicht an seine Wange, um ihm einen schüchternen Kuss darauf zu geben. Junya zitterte, und seine Hand legte sich um meine schmale weiße Schulter in dem schwarzen Nylon.

“Junya”, wisperte ich schwach, mein Herz brannte, als ich seinen Namen aussprach. “Ich bin in dich verliebt, weißt du...”
 

Ende 06/?



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Last_Tear
2011-11-10T08:33:32+00:00 10.11.2011 09:33
*quietsch*
OMFG >___>
ICH WILL AUCH XD
*hust*
Oh ja °---°
Ernsthaft X__X
*rumhüpf*
Leihst du mir die Jungs mal zum Stylen und Einkleiden? ;_;
*miep*
Gott, ich bin so erbärmlich wenns ans schminken geht X___X
*sfz*
*mit kajal nicht umgehen kann*
*an Wand kratz*
DAMN >__-<
Also, Antti-chan ist ein Engelchen jaja O.o
Unschuldig, harmlos, rein
*hust*
Und das Tattoo von Rose O__O
*starr*
*starr*
*starr*
Damn.
Das muss scheiße weh getan haben, aber ich glaub wirklich, dass das wunderschön ist .x.
Zumindest in meiner Vorstellung ist es das ^---^
*schnurr*
Und blau *o*
*quietsch*
ich hab meine Meinung geändert XD
leih mir Yuki für meine Haare noch dazu °---°
*rawr*
Ok, du hast es geschafft XD
*fangirlie-like auf und ab hüpf*
*müüüüüp*
Ich schreib jez Schuli, aber ich will lieber weiterlesen XDD
*hust*
Nya, ich les zuhause weiter O_O
Ich MUSS weiterlesen
*sabber*
*irre lach*
nein, ich bin nich mehr zurechnungsfähig für vernünftige Kommis >___<
*fiep*
Und Sakuuuuuu
*drops*
COme on, soooo schlimm ist die Liebe auch nicht, wer nicht wagt, der nicht gewinnt, huh o.o
*hust*
Ja, ich geb zu, ich geh nicht gern weg XD
Aber mit den Jungs würd ich auch was trinken gehen, wenn die mir helfen beim Stylen O_O
Von:  JamieLinder
2011-10-23T20:14:45+00:00 23.10.2011 22:14
DAS WAR SO EIN PERFEKTES WOCHENENDE.!!!!
& DU HAST DAZU BEIGETRAGEN. ♥♥♥
ICH LIEBE DICH.*____*
*hust*

Also....
KERLE.!!! Verdammt, wieso müssen Kerle mich so verwirren?!
Saku rückt aber auch nicht wirklich mit der Wahrheit raus. ><
Ein Gefühl von Wut & trauer hatte mich in diesem Moment durchfahren, als Saku & Jamie miteinander sprachen....
Ich verstehe Saku ja irgendwie, aber was Jamie sagt ist doch wirklich wahr...

OMG.*w*
Also du Roses Tatoo beschrieben hattest, konnte ich es mir so richtig gut vorstellen & woah...*w* Es muss so unbeschreibtlich wunderschoen aussehen. Vorallem weil unser Hete Diego sogar begeister war. <3<3<3

Aber Jamie muss auch extren Wunderhüpch & niedlich ausgesehen haben.*w*
RawR mein Jamie.<3<3<3

*Hände in die Luft werf* HUUUURAAAA ein zweiter Yuki.xD Ich war zwar etwas sehr verwirrt, weil du zu Erst geschrieben hattest, das Yuki & Mari sich nicht kennen. & Yuki auch NIE ins Eden gegangen ist, aber genau DIESER Yuki stand dann aufeinmal da & ging so sorglos mit Mari um... Aber es hatte sich ja dann geklärt.xD

*Sabbber* Du hast mir mit dem Ende von diesem Kapitel den Abend noch extrem versüßt. *w* Ich liebe dich wirklich dafür. <3 Ich saß mit starrem Blick, zitterndem Körper und Händen vor dem Mund auf meinem Stuhl und habe mitgefiebert, nein viel mehr, ich habe mit GELIEBT.*___* Es war so atemberaubend, ich bin so sprachlos. Nicht nur weil Jun so extrem gut ausgesehen haben muss sondern weil die Atmosphäre so extrem toll, romantisch und süß gewesen ist. *w* Typisch für mich, meine extreme freude nicht in Worte fassen zu können, aber du weißt ja was ich von Jun & Jamie halte. ;D *Jamie fähnchen schwing mit Jamie-Puppe in der Hand* Das Lied welches ich höre, passt zwar nicht ganz, aber doch ein klein wenig, wenn man es in den übertragenem Sinne versteht. (30 seconds to Marc - This is war) Ich bin so glücklich, DASS ich nicht schlafen KANN & WILL. ♥♥♥
Vielen dank, nein, EXTREM großen dank für dieses Kapitel & natürlich für alle andren Kaitel genauso. ♥♥♥
Bitte höre nicht auf mit der FF EGAL was passiert. DENN ich werde auch NICHT aufhören deine FF zu lesen.<3<3<3

Gestern hatte ich mich gefragt, ob du vielleicht schon ein neues Kapitel hochgeladen hast, als ich dann heute zu Mexx reinkam, kam SOFORT, ich SCHWÖRE dir SOFORT, eine Anzeige, dass ein neues Kapitel oben ist. <3<3<3 In solchen Moment liebe ich die Admins. ♥♥♥

VIELEN DANK. ♥♥♥



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