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Traum der Knochenfrau

Ichimoku RenxHone Onna
von

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Blut der Schwester

Reglos saß er auf dem Bett, so wie er es noch vor ein paar Tagen mit seiner Schwester getan hatte. Voller Zorn schlug er mit einer Hand gegen die Wand. Nie wieder würde es so sein. Er hatte als ihr Beschützer versagt. Erneut herrschte draußen ein Gewitter. Ja, er hatte die Anzeichen nicht gesehen und jetzt war es zu spät. Es würde seine Schwester nicht mehr retten. Jetzt dürstete er nach Rache. Hass war das einzige Gefühl, das er noch kannte, ansonsten war alles gegangen. Es kam ihm wie ein Traum vor. Seine Gedanken schweiften ab, als alles noch gut gewesen war.
 

Blitze zuckten vom Himmel und warfen dabei ein so diffuses Licht als hätten sie sich nur zufällig auf die Erde verwirrt. Der Sturm tobte immer wilder und Regen klatschte heftig gegen das Fenster. Es war wie eine Vorankündigung. Tränen fielen auf seine Brust, selbst durch das weiße Hemd drangen sie auf seine Haut. „Alles wird gut“, flüstere er leise in ihr Ohr. Seine Schwester hatte sich gegen ihn gelehnt und weinte leise. Besänftigend streichelte er ihren Kopf. Ihre langen, blonden Haare ergossen ich über ihren Rücken. Früher war sie fröhlich gewesen. Doch das war mit der Zeit vergangen. Es war zu viel geschehen um einfach so weitermachen zu können. Yukiko sah ihn an. Es versetzte ihm einen Stich sie so zu sehen, seine Schwester, die er so sehr liebte. „Ich beschütze dich. Du brauchst keine Angst zu haben.“ Sie war sehr blass und abgemagert. Ein Junge verfolgte sie seit Wochen. Aber Isamu glaubte das es einfach ein Verehrer war. „Mache dir keine Sorgen. Ich bin ja da.“ Es zerriss ihm das Herz und er hoffte das es aufhören würde. Leise fing er an zu singen um sie zu beruhigen. Der Junge schlang die Arme um seine Schwester und hielt sie fest an sich gedrückt. Irgendwann hörte sie auf zu zittern und schlief friedlich ein. Geistesabwesend streichelte er ihren Kopf. Erschöpft lehnte er seinen Kopf gegen die Wand, dennoch ließ er sie nicht los. „Yukiko“, hauchte er leise. Dann folgte auch er ihr und schlief ein.
 

Es war ein kühler Morgen, der ihm einen Schauder über den Rücken jagte. Seine Schwester schien sich beruhigt zu haben, denn als er in die Küche kam saß sie lächelnd am Tisch. Er war 23 und ein schlanker junger Mann. Sein blondes Haar reichte ihm bis zum Kinn, die milden grauen Augen richteten sich jetzt besorgt auf Yukiko. Seit dem ihre Eltern gestorben waren hatte er sie bei sich aufgenommen. Manchmal fiel es ihm etwas schwer ein Ersatz für sie zu sein. Isamu setzte sich ihr gegenüber. „Du musst los“, sagte er sanft. Sie lächelte ihn an und lief aus dem Haus zur Schule. Es war das letzte Mal das er ihr Lächeln sehen würde.
 

Der Blonde arbeitete als Journalist. Er hatte sich ein beträchtliches Ansehen aufgebaut. Doch heute war es nicht wie gewöhnlich. Egal wie sehr Isamu es versuchte er konnte sich nicht wirklich auf seine Arbeit konzentrieren. Deprimiert bedeckte er sein Gesicht mit den Händen und seufzte. Er trug die Verantwortung für Yukiko. Vielleicht gab er sich nicht genug Mühe. Ich werde mit ihr einen Ausflug machen. Dann wird sie etwas abgelenkt. Ein leises Lächeln umspielte seine Lippen. Sie war das Einzige was noch von seiner Familie übrig geblieben war. Das Mädchen hatte es nicht leicht gehabt, doch er wollte es jetzt besser machen, damit sie ein friedliches Leben haben konnte. Dennoch wusste er nicht, das es nie so weit kommen würde.
 

Langsam verließ er die Agentur, beschleunigte dann aber seine Schritte. Sein Herz raste vor Vorfreude. Jetzt konnte er ihr gleich erzählen das alles besser werden würde. Aber eben dies geschah nicht. Es wurde nur alles schlimmer.
 

Jetzt wusste er es. Als er zurückkam musste er erfahren das seine Schwester tot war. Man hatte keine Beweise gefunden. Er wusste das es der Junge war der seine Schwester verfolgt hatte. Der Schmerz fraß ihn von innen auf. Isamu rollte sich zusammen, als könnte er es damit vergessen, doch das konnte er natürlich nicht. Dennoch schlief er ein.
 

Es war eine hübsche Wiese auf der er stand. Yukiko stand vor ihm. Tränen liefen über ihre Wangen. Behutsam beugte der junge Mann sich vor und wischte sie ab. „Was ist los“, fragte er sanft. Tröstlich legte er seine Arme um sie. „Ich will Rache.“ Das war alles was sie sagte, doch er verstand sofort. „Ich will endlich meine Ruhe finden, aber ich habe Angst das er kommt.“ Er legte den Kopf schräg und betrachtete sie. Yukiko sah aus wie früher, so voller Unschuld. Doch es war ihr genommen wurde. Die Chance auf ein Leben. Das sie Rache wollte war nur verständlich. Obwohl er noch nicht wusste wie wollte wer ihr eben dies ermöglichen. „Ich werde dafür sorgen. Das werde ich.“ Er sprach die Worte leise. Er konnte diesem Blick nicht widerstehen. Ihre Angst pulsierte förmlich durch seinen Körper. Sie weinte leise. Doch dann änderte sich ihr Blick. „Er soll leiden.“ In ihrer Stimme schwang unverhohlener Zorn, aber er konnte es ihr auch nicht verübeln. Sie hatte schreckliches erleben müssen. Der Himmel verdüsterte sich über ihnen, als würde er ihre Stimmung annehmen. Dann wurde sie wieder traurig. „Er wird irgendwann hier her kommen und meinen Frieden zerstören. Bitte mache das es nie geschieht.“ Isamu straffte seine Schultern. „Er wird dir nichts mehr zuleide tun.“ Langsam löste sich der Traum auf und auch sie verschwand. Panisch streckte er eine Hand nach ihr aus. Doch er bekam sie bereits nicht mehr zu fassen.
 

Als er aufwachte spürte er Tränen auf seinem Gesicht. Langsam setzte er sich auf und strich sich die Haare aus dem Gesicht. Er wollte Rache für seine Schwester. Isamu hatte schon von der Höllenkorrespondenz gehört. Er setzte sich an seinen Computer und suchte die Seite. Sie ließ sich nicht öffnen. Immer wieder versuchte er es, nur um dann aufzugeben. Der junge Mann schüttelte den Kopf stand auf und ging zur Arbeit. Es dauerte heute länger. Deshalb lief er umso hastiger nach Hause. Schnell suchte er die Seite. Es war eine Minute vor zwölf. Doch da stand wieder Not-Found. Er erinnerte sich an den Schmerz seiner Schwester und klickte noch einmal. Dann schaffte er es endlich. Wir rächen uns in deinem Namen stand da. Ohne zu zögern tippte er in das Kästchen: Ito Tsuyoshi

Einen Augenblick wartete er und ging dann auf senden.
 

Er stand auf einer Wiese. Die Sonne ging gerade unter. Ein glatzköpfiger Mann stand neben einer hübschen Frau. Ein schwarzhaariger Mann lehnte an einem Baum, sein linkes Auge war von einer Haarsträhne verdeckt. „Wo bin ich“, fragte er erschreckt. „Du hast uns doch gerufen“, sagte eine sanfte Stimme. „Höllenmädchen?“ Ein Mädchen trat nach vorne, das er vorher noch gar nicht bemerkt hatte. „Ich bin Enma Ai.“ Isamu machte einen Schritt vorwärts. „Bitte nehmt Rache an dem, der meine Schwester tötete.“ Das Mädchen nickte dem alten Mann zu. „Jawohl, junges Fräulein.“ Er verschwand sofort. „Nimm das hier.“ Enma Ai reichte ihm eine schwarze Puppe. „Wenn du an dem roten Faden an seinem Hals ziehst gehst du einen Vertrag mit mir ein. Derjenige, an dem du Rache nehmen willst wird dann sofort in die Hölle geschickt.“ Isamu legte zwei Finger an den roten Faden. „Jedoch…“ Er hielt in seiner Bewegung inne. „… musst du einen Ausgleich geben.“ Der junge Mann legte den Kopf schräg. „Einen Ausgleich?“ Das Mädchen nickte. „Wenn man eine Person verflucht erscheinen zwei Gräber. Auch du wirst in die Hölle geschickt.“ Er erstarrte. „Natürlich erst nach deinem Tod“, sagte der Schwarzhaarige. Isamu senkte den Kopf. „Die Entscheidung liegt jetzt bei dir.“
 

Er fand sich auf seinem Bett wieder, unfähig sich zu rühren. Wollte er das wirklich? Nach dem Tod ein Leben in der Hölle fristen? Wie in Trance ging er aus dem Haus. Die Nacht war dunkel und ruhig. Hinter einer Häuserecke standen der Schwarzhaarige und die hübsche Frau. „Was meinst du? Wie wird er sich entscheiden?“ Seine Stimme klang ernst, aber mit einem amüsierten Unterton. „Ich weiß es nicht“, sagte sie. „Lassen wir uns überraschen.“ Isamu zog durch die Straßen ohne ein wirkliches Ziel zu haben. Er hatte sich immer Rache gewünscht. Doch er hatte nicht gewusst das er selbst dafür in die Hölle geschickt werden würde. Es wühlte ihn auf. Plötzlich hörte er eine kalte Stimme hinter sich. „Es hat Spaß gemacht deine Schwester zu töten. Ihre Schreie waren wundervoll.“ Entsetzt drehte der junge Mann sich um und sah denjenigen vor sich den er mehr als jeden anderen verabscheute. „Warum hast du das getan“, fragte er mit heiserer Stimme. „Sie wollte mich nicht, hat mich einfach abblitzen lassen. Ich wollte ihr zeigen was es bedeutet mich zu demütigen, aber das es solchen Spaß machen würde hätte ich nie gedacht.“ Isamu zitterte am ganzen Körper. Der Hass schlug immer höhere Wellen und verschlang ihn. „Du…“, schrie er. Ito Tsuyoshi zog sein Knie hoch und rammte es ihm in den Bauch. Isamu taumelte zurück. Doch er packte ihn schon an der Kehle und drückte ihn gegen eine Wand. „Ob es genauso Spaß macht dich zu töten“, säuselte er ihm ins Ohr. Dann drückte er langsam zu. Er hatte es verdient. Es lag jetzt an ihm die Rache auszuteilen. Er hob die Puppe hoch. „Was ist das denn“, fragte Tsuyoshi. Isamu zog an dem roten Fanden. Die Puppe wurde davon getragen.
 

„Die Rache wurde gewährt.“
 

Enma Ai beobachtete ruhig eine Blume in ihrer Hand. Es war sehr friedlich an diesem Ort. „Ai? Es wird Zeit.“ Das Höllenmädchen erhob sich. „Ja, Großmutter.“ Gelassen zog sie sich den Kimono für die Zeremonie an.
 

Tsuyoshi drehte sich um sich selbst. Wo bin ich, fragte er sich. Isamu stand vor ihm und ging drohend auf ihn zu. „Aaaah! Nein“, kreischte Tsuyoshi. Hinter ihm kicherte der Schwarzhaarige. Er rannte so schnell es nur ging durch die Straßen. Plötzlich stand Yukiko vor ihm. „Wie konntest du mir das antun“, fragte sie verzweifelt. „Ich liebe dich doch“, antworte er schnell. „Wirklich? Dann schmecke mein Blut.“ Ihre Stimme klang wie eine süße Frucht, die langsam überreif und faulig wurde. Ihre Hände, die vorher noch seine Handgelenke umfasst hatten ließen ihn jetzt los. Blut spritzte ihm ins Gesicht und lief ihm in den Mund. Er kreischte entsetzt los. Doch damit kam nur noch mehr Blut in seine Luftröhre. Panisch schnappte er nach Luft, aber er bekam keine mehr. Er presste sich die Hand auf den Mund. Doch das Blut lief zwischen seinen Fingern hindurch und bedeckte bald seinen Hals. Doch es hörte nicht auf. Er würgte, aber das nützte auch nichts. Plötzlich standen da ein glatzköpfiger Mann, eine hübsche Frau und ein schwarzhaariger Mann. „Bereust du was du getan hast“, fragte die Frau zynisch. „Was soll ich denn bereuen?“ Die drei nickten. „Das hat er gesagt, junges Fräulein“, sagte der glatzköpfige Mann. Ein Mädchen trat zwischen ihnen hervor. Die Welt versank in Rot. „Oh, erbärmlicher Schatten, gefesselt an die Finsternis, verletzend und auf die anderen herabblickend… Eine Seele, ertränkt in sündhaftem Karma… Möchtest du einmal ausprobieren zu sterben?“ Beim letzten Satz klang ihre Stimme sehr sanft. Dann streckte sie ihren rechten Arm aus. Die Blumen schienen sich von ihrem Kimono zu lösen und wirbelten. Tsuyoshi wurde hinabgezogen von dem Blut.
 

Er fand sich auf einem kleinen Boot wieder. Das Mädchen im Kimono ruderte schweigend. „Wo bin ich?“ Seine Stimme wurde lauter und panischer. „Dieser Weg befördert dich direkt in die Hölle.“ Kalte Arme griffen nach ihm und hielten ihn fest. Er wehrte sich. Sie kamen aus dem Wasser und reckten sich in das Boot. Sie waren stark und erst jetzt bemerkte er das es Knochenhände waren. Eine melancholische weibliche Stimme lachte. „Neeeeein!!“
 

Isamu stand da und betrachtete den Himmel. Er war klar. Die Wolken, die in letzter Zeit da gewesen waren hatten sich verzogen. Isamu schob sein Hemd etwas zurück. Das Stigma auf seiner Brust erinnerte ihn daran was ihn erwartete. Dennoch war er glücklich. Er hatte für seine Schwester die Rache vollzogen. Wenn sie gewusst hätte das auch ihn dieses Schicksal erwarten würde hätte sie es vielleicht nicht verlangt. Aber er war froh ihren Wunsch erfüllt zu haben. Denn er spürte das sie jetzt Frieden gefunden hatte und vielleicht konnte auch er sein Leben jetzt leben.



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