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Lichtsucher

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»Irgendwann, in einem früheren Leben.«

Reva ließ sich schlecht gelaunt auf einem Stuhl fallen. Sie griff nach Kanes Becher und stürzte den Inhalt mit einem mal hinab, stellte ihn unsanft ab und holte ihren langen Zopf nach vorn.

»Ich hasse Regen«, fauchte sie und wrang sich die Haare aus.

»Wenn du den Zopf aufmachst, trocknet es schneller«, bemerkte Len amüsiert und trank einen Schluck, um sein Grinsen zu verbergen.

»Dann muss ich ihn nachher aber auch wieder flechten und das dauert zu lange«, schnappte die junge Frau.

»Dann schneid sie dir ab«, erwiderte er und sprach damit scheinbar etwas aus, was für Reva als Todsünde galt, denn die junge Frau durchbohrte ihn daraufhin mit einem Blick, bei dem er fast angst bekam.

»Die Haare bleiben dran und Len lässt du bitte auch am Leben«, mischte sich Kane schnell ein und warf seinem Freund einen warnenden, aber auch amüsierten Blick zu, wandte sich dann an Reva. »Wie weit ist es noch nach Karelahn?«

»Nicht mehr weit, wir sind etwa zwei Stunden von der Grenze entfernt.« Sie schaute sich langsam im Wirtshaus um. »Es scheint sich hier eine Menge getan zu haben. Zu meiner Zeit gab es hier noch offene Kämpfe, die scheinen sich gelegt zu haben. Ansonsten kann ich mir das hier nicht erklären, ich zumindest hatte mich auf eine Nacht im Regen eingestellt.«

»Und du weißt auch sicher, wo wir hier sind? Nicht, das wir eigentlich ganz woanders sind und deswegen hier vom Krieg nichts zu spüren ist.« Len wirkte nicht gerade überzeugt.

»Ich komme aus der Gegend, ich weiß genau wo wir sind«, knurrte sie kühl, schüttelte dann den Kopf und zog eine Karte hervor, die sonst in einer kleinen Tasche an ihrem Gürtel verstaut war. Die breitete sie auf dem Tisch aus.

»Wo hast du die denn her?«, wollte Kane wissen.

»Von Lord Reff, bevor wir los geritten sind. Du musst wissen, ich plane eine Prinzenentführung vorher und renne nicht kopflos drauflos«, antwortete sie und deutete dann auf einen Punkt. Len, der keine Karten lesen konnte, erschien es sehr willkürlich, doch Kane wirkte konzentriert und nickte schließlich.

»Wir sind wirklich nicht weit von der Grenze entfernt«, bestätigte er.

»Also sind wir morgen spätestens in Karelahn.« Mit einemmal wirkte Len sehr angespannt und nervös.

»Was ist?«, wollte Reva sogleich wissen, der dieser Umstand in keinster Weise entgangen war.

»Nichts. Ich hoffe nur, dass wir nicht zu sehr auffallen«, überlegte der junge Mann laut und spielte am Ohr seines Wolfes herum. Der saß auf seinem Schoß und beobachtete aufmerksam das Geschehen auf dem Tisch. Er wusste genau, dass es bald etwas zu essen gab.

»Womit willst du denn zu sehr auffallen?«, wollte Kane verblüfft wissen.

»Aussehen, Sprach, benehmen. Wir fallen auf, Kane. Selbst Reva.«

»Len, du siehst das alles gerade viel zu schwarz-weiß«, fand die junge Frau.

»Inwiefern das?«

»Es herrscht Krieg, ja, aber trotzdem, vielleicht auch gerade deshalb, werden wir nicht auffallen. Man wird uns für Flüchtlinge halten, für Reisende aus anderen Ländern, vielleicht auch für Überläufer, aber bestimmt nicht für den Feind.«

Len wirkte keinesfalls beruhigt, doch er widersprach nicht mehr. Kane jedoch wusste es besser. Er spürte, das es etwas anderes war, was seinen Freund beschäftigte, doch er wusste einfach nicht, wie er seine Frage am besten in Worte kleiden konnte.

Er kam auch nicht mehr dazu, denn gerade als er etwas sagen wollte, kam der Wirt mit ihrem Essen, das erstaunlich gut schmeckte. Auf ihrer bisherigen Reise hatten sie schon in anderen Wirtshäusern gegessen, wo sie nach zwei Bissen einstimmig beschlossen hatten, lieber hungrig ins Bett zugehen, so was dies hier eine willkommene Abwechslung.

Auch ihre Tiere fraßen hungrig, Caelan war dabei sogar so gierig, das er von Lens Schoß aus auf den Tisch sprang und versuchte, Kanes Raben einen Brocken Fleisch aus dem Schnabel zu klauen, bevor der junge Mann ihn wieder packen und auf den Boden verfrachten konnte.

Dort saß das junge Tier, winselte herzerweichend, doch Len schien das gar nicht zu bemerken. Er hörte auch nicht Reva zu, die ihnen erklärte, wie sie weiter vorgehen würde, er war mit seinen Gedanken einfach nur weit, weit fort.

Erst Kanes Hustanfall ließ ihn wieder in die Wirklichkeit finden.

»Du willst WAS?!«, rief der junge Zauberer in den Momenten, in denen keine Hustkrämpfe ihn schüttelten.

»Verschluck dich nicht«, meinte Reva schadenfroh, erhielt dafür einen eisigen Blick, doch da sprach sie schon weiter. »Nenn es dumm, aber es ist nun einmal so. In den letzten Jahren bestand meine Aufgabe darin, dem Königshaus von Ronari zu dienen…«

»Nicht eher darin, die Beine für Lord Reff breit zu machen?«, unterbrach sie Kane bissig, sodass es nun an ihr war, ihn mit einem eisigen Blick zu bedenken, bevor sie deutlich kühler fortfuhr.

»Ich kann nicht einfach alles aufgeben, was mein bisheriges Leben war. Vielleicht erfahren wir etwas, was wir dem Königshaus zukommen lassen können, etwas, das wichtig ist. Das hätte auch den erfreulichen Nebeneffekt, das wir nicht als Vogelfreie gejagt werden, wie ein Wolf, dem man im Schafsstall entdeckt hat, wenn es nur einigermaßen wichtig ist.«

»Wenn wir ihnen nicht gerade dem Kopf des karelahn’schen Königs auf dem Silberteller präsentieren, werdet ihr niemals wieder im Schloss gerngesehene Menschen sein«, kommentierte Len. Er hatte zwar nicht die blasseste Ahnung, was Reva sich ausgedacht hatte, aber ihm war klar, dass es nichts gutes sein konnte. Und schon gar nicht etwas, was sie weiterbrachte.

»Erschlag uns bitte nicht mit deinem Optimismus«, bat Kane sarkastisch und kippte schlecht gelaunt einen Becher Wein hinab. Er vertrug es sichtbar schlecht, das alles, was er sich aufgebaut hatte, um ihn herum in sich zusammenfiel wie ein Kartenhaus, obwohl er bewusst die unterste Karte gezogen hatte.

Reva dagegen wirkte, als würde sie Len recht geben, sich aber mit allen Mitteln dagegen wehren. Sie wollte an das glauben, was sie sagte und nicht an das, was die Wahrheit war.

»Ich kann euch nicht zwingen, ich reite auch allein«, erklärte sie schließlich.

»Wohin überhaupt? Entschuldige, ich habe nicht zugehört«, forderte Len nun eine Aufklärung.

»Nach Restall, die Hauptstadt von Karelahn.« Arglos lächelte Reva ihn an.

»Okay. Machen wir uns morgen auf den Weg?«, wollte der junge Mann wissen.

»Du willst doch nicht…« Kane wirkte, als würde er gleich in Ohnmacht fallen.

»Wieso nicht? Es ist gleich in welchen Teil des Landes wir uns aufhalten, die Gefahr entdeckt zu werden besteht immer.« Len zuckte gleichgültig mit den Schultern und trank einen Schluck.

»Aber es ist Restall!«, rief der Zauberer in einem Ton, als würde dies allein schon als Erklärung reichen. Er wirkte, als wäre er kurz vor einem Zusammenbruch.

»Gut, du willst ganz offensichtlich nicht mit. Wir holen dich auf dem Rückweg wieder ab«, lächelte Reva.

Kane wollte erbost etwas erwidern, doch schließlich schüttelte er schnaubend den Kopf und schob schmollend die Unterlippe vor. Len lächelte, bis etwas seine Aufmerksamkeit erregte.

Eine Person war von den Schlafräumen im oberen Teil des Wirtshauses hinab gekommen. Ein junger Mann, der in etwa ihr Alter hatte. Begleitet wurde er von einer großen, gefleckten Katze. Len hatte ein solches Tier schon einmal gesehen, doch er konnte sich beim besten Willen einfach nicht erinnern, wo das gewesen war.

Er beobachtete den fremden jungen Mann scheinbar sehr konzentriert, denn seinen Freunden fiel sein Blick bald schon auf und sie wandten sich ebenfalls zu dem Fremden um, der an den Tresen getreten war und leise mit dem Wirt sprach.

»Er ist den Söldnern also entkommen«, stellte der Zauberer nach einigen Augenblicken fest und wandte sich wieder ab.

»Das ist nicht der Reiter mit dem goldenen Pferd«, widersprach Len.

»Natürlich ist er das. Len wir, haben ihn gesehen, die Haarfarbe, die seltsamen Augen, überhaupt seine ganze Gestalt. Das ist er.« Reva runzelte die Stirn.

»Nein, das ist er nicht.« Der junge Mann wusste ganz sicher, dass sie sich irrten, er wusste aber nicht, woran er das festmachen konnte. Dies war nicht der Reiter, auch wenn der junge Mann eben jenem sehr ähnlich sah.

»Glaubt mir, der Reiter war jemand anderes«, sagte er noch einmal, erkannte aber sogleich den Zweifel in den Augen seiner Freunde.

»Lass uns wegen so etwas nicht streiten«, fand Kane versöhnlich, doch in einem Tonfall, der deutlich machte, das er von Lens Unrecht überzeugt war.

Da hörten sie ein leises, freudiges Jaulen und als sie erschrocken in die Richtung blickten, aus der das Geräusch kam, sahen sie, dass der kleine Wolf Caelan voller Begeisterung die Katze begrüßte.

Die stieß ihn keineswegs beiseite sondern schnurrte laut und wedelte mit dem langen Schwanz umher, bis der junge Wolf sich darauf stürzte.

Der junge Mann, dem die Katze scheinbar gehörte, beobachtete das einige Momente erstaunt, sprach dann etwas in einer seltsam klingenden Sprache, woraufhin die Katze mit ihrem Spiel aufhörte und zu Len hinüberblickte. Der wiederum starrte wie hypnotisiert auf den fremden Mann, der dem Blick seiner Katze folgte

Für einen Moment trafen sich ihre Blicke und hielten einander fest. Dann sagte der Wirt etwas und der Augenblick war vorüber.

»Wann brechen wir morgen auf?« Plötzlich wollte Len nichts mehr, als dieser Situation zu entkomme.

»Gleich nach dem Frühstück«, antwortete Reva mit gerunzelter Stirn. Daraufhin stand der junge Mann sofort auf. Er holte seinen Wolf und lief dann die Treppe hinauf in ihr Zimmer.

Er wusste selbst nicht was mit ihm los war, aber der fremde junge Mann hatte ihn zutiefst verunsichert. Als wenn da etwas war, was er wissen musste. Und das lag nicht nur an seiner Katze.

»Meinst du, das ich in Karelahn ein paar Antworten bekommen kann?«, fragte er den kleinen Wolf und hockte sich hin. Das kleine Tier winselte ein wenig, hielt still, während Lens Hand ihn krauelte. Schließlich stand der junge Mann wieder auf und trat ans Fenster heran. Er schaute in die kühle Nacht hinaus, hinauf zum Mond.

In diesem Moment wünschte er sich nichts mehr, als wieder zu Hause zu sein. Plötzlich war ihm die Prinzessin mit ihrem vermaledeiten Geheimnis vollkommen egal. Er hatte angst davor noch mehr Menschen zu begegnen, die in ihm ein Gefühl weckten, das es wichtig war sie zu kennen, nur um dann doch eingestehen zu müssen, das er nicht wusste wieso oder woher.

Er wollte wieder nach Tesfall zurück, in sein altes Leben, gemeinsam mit Nava. Er wollte wieder von Panje geärgert werden, weil er so lange auf sein Tier warten musste, er wollte, das Rannen ihn wieder wie ein kleines Kind behandelte, obwohl er schon alt genug für eigene Entscheidungen war und er wollte wieder abends mit Temmur, dem Lord und Nava auf dem Hof sitzen, die untergehende Sonne bei einem prasselnden Lagerfeuer beobachten und mit seinen engsten Vertrauten lachen und träumen.

Schließlich seufzte er. Er war jetzt hier und es war zu spät zum Umkehren. Und eigentlich hat diese Option niemals zur Auswahl gestanden, denn in Tesfall hatten sie gewiss als erstes auf seine Rückkehr gewartet.

Eine Weile träumte er sich fort aus der Wirklichkeit, dann hörte er, wie jemand die Treppe hinaufkam. Er wusste nicht, ob er sich wünschen sollte, dass es Kane oder Reva waren, denn einerseits sehnte er sich nach Gesellschaft, andererseits aber wollte er nichts mehr, als allein sein.

Die Tür öffnete sich und Kane, seinen Raben auf der Schulter, stand in der Tür. Er schaute Len einen Moment lang unsicher an, dann trat er vollends ein und lehnte sich an die Tür.

»Der Fremde ist weg. Er sprach noch eine Weile mit dem Wirt, dann ist er gegangen, zusammen mit seinem seltsamen Tier. Hast du so etwas schon einmal gesehen? Eine solch große Katze?«, fragte der junge Zauberer.

»Ja. Irgendwann, in einem früheren Leben«, antwortete Len wahrheitsgemäß und war nun doch froh, nicht mehr allein zu sein. Und ihm war Kane auch deutlich lieber als Reva, denn auch wenn er sie mochte, so war Kane dennoch sein engster Vertrauter aus Kindertagen und obwohl sie einander so fremd geworden waren, so war der junge Zauberer doch alles, was er brauchte.

»In einem früheren Leben…?« Kane wirkte verunsichert. »Aus dem Leben, bevor wir uns trafen?«

»Vielleicht. Vielleicht gibt es aber auch ein Leben jenseits dem Tod und das ist dieses hier.« Len zuckte mit den Schultern, dann ging er zu seinem Bett und ließ sich darauf fallen. »Ist noch etwas geschehen?«

»Wie kommst du darauf?«

Len musste den jungen Zauberer nicht ansehen um zu wissen, dass er ins Schwarze getroffen hatte. Kane kam ihm gleich so verunsichert und unglücklich vor, als er hereingekommen war.

»Du warst noch nie besonders gut darin, deine Gefühle zu verbergen. Man konnte sie schon immer offen in deinem Gesicht ablesen und ich muss dir leider sagen, dass du darin nicht besser geworden bist. Und versuch bitte nicht, mir irgendeine Lüge zu erzählen, du weißt selbst, was für ein grausam schlechter Lügner du bist.«

Kane schaute ihn lange an. Er sagte nichts, aber in seinem Gesicht arbeitete es sichtbar. Schließlich schüttelte er den Kopf und setzte sich neben Len, sein Rabe flatterte auf die Fensterbank.

»Er hat mich ausgelacht«, sagte der Zauberer endlich und biss sich auf die Unterlippe. »Wegen meinem Raben.«

»Wieso das?« Damit hatte Len nun nicht gerade gerechnet, so schaute er seinen Freund erstaunt an. »Ein Tier ist ein Tier, ganz gleich was es für eines ist. Oder etwa nicht?«

»Im Prinzip schon, ja. Weißt du, man spricht nicht ganz grundlos vom Unglücksraben. Du weißt doch, was für ein Tollpatsch ich bin.« Kane lächelte traurig, er schien den Tränen nahe. »Sie haben mich mit ihm gebrandmarkt, auf das jeder sofort sehen soll, das ich über meine eigenen Füße stolpere, mich selbst mit meinem eigenen Umhang fesseln kann und in jedes Fettnäpfen trete und sei es noch so klein.«

»Und deswegen hat er über dich gelacht? So etwas ist grausam. Sowohl von jenen, die dir den Raben gaben, als auch von jenen, die sich daran ergötzen müssen.« Len schnaubte abfällig. »Er sollte lieber froh sein, das du ihn nicht auf der Stelle in einen Frosch verwandelt hast.«

»Zauberer können niemanden verwandeln«, korrigierte Kane mit einem traurigen Lächeln und striff sich die Stiefel von den Füßen, um sie auf das Bett zu ziehen. »Überhaupt können Zauberer weit weniger, als ihnen nachgesagt wird.«

»Wo wir gerade dabei sind, was ist eigentlich diese Mondwacht?«

»Es ist ein magischer Ritus. Der Mond beinhaltet auch eine Form von Magie, deswegen sind die Menschen auch seit jeher von seinem Anblick fasziniert. Mondlicht verstärkt den Zauber, gleich welcher Art«, erklärte Kane.

»Und der Vollmond ist scheinbar besonders mächtig?«, vermutete Len und sein Freund nickte.

»Genau. Er verleiht unglaubliche Macht. Wenn man weiß, wie man sie zu nutzen hat heißt das. Wenn man eine ganze Nacht im Mondlicht badet, dann nimmt man ein wenig der Magie auf und kann sie für den nächsten Mondzyklus nutzen. Das ist ziemlich anstrengend, vor allem, wenn man zwischendurch abbricht, aber man merkt den Unterschied.«

»Warum sprecht ihr in der Zeit nicht?«

»Das ist ein alter Brauch, der Existiert schon seit Jahrtausenden. Man sagt, als der erste Zauberer zum ersten Mal eine Nacht im Mondlicht verbrachte, da war er von der Magie so fasziniert, so sehr in den Bann gezogen, das er nichts mehr um sich herum wahrnahm. Auch in den folgenden Vollmondnächsten soll er immer die Einsamkeit gesucht haben, denn nur dann hat man die nötige Ruhe um das wahre Ausmaß der Macht, die man sich aneignet, zu verstehen.«

»Und heute tut ihr es nur wegen diesen Zauberers wegen?«

»Im Prinzip schon, ja. Er hielt all seine Schüler dazu an, zu Schweigen wenn sie im Mondlicht standen und diese haben es ihre Schüler ebenso machen lassen. Im Prinzip ist es egal, ob du schweigst oder sprichst, denn es gibt nur sehr wenige die sich so sehr in sich selbst verlieren können, dass sie diese Ruhe wirklich brauchen. Die Meisten wären über etwas Unterhaltung eigentlich eher erfreut, auf die Dauer ist es recht langweilig wenn man nur dasteht und wartet. Außerdem neigt man schnell dazu, im Stehen zu schlafen und das gibt von den Meistern richtig ärger.« Kane lächelte nachdenklich.

»Klingt so, als gäbe es als Zauberer eine Menge zu lernen.«

»Ja, genau so ist es. Es gibt hunderte Zaubersprüche, Tricks und Kniffe. Es gibt vermutlich Milliarden verschiedener Rieten und nur von den wenigsten kann dir jemand sagen, warum man tut, was man eben tut.« Der Zauberer seufzte und schüttelte traurig den Kopf. »Die meisten Zauberer haben verlernt, Fragen zu stellen. Es interessiert sie nicht mehr, warum etwas so geschieht, wie es eben geschieht. Magie kannst du nicht erklären und es ist einfacher, wenn man sie einfach hinnimmt. Eben dies tun die meisten und begreifen dabei nicht einmal, wie sehr sie damit auf der Stelle treten.«

»Das klingt nicht gerade so, als wenn dich ein solches Leben glücklich macht.« Len schaute seinen alten Freund forschend an.

»Nein, das ganz gewiss nicht. Hätte ich vorher gewusst, was mich erwartet, so wäre ich in Tesfall geblieben. An manchen Tagen kommt es mir so vor, als wäre ich der einzige Wache inmitten einer Menge aus Schlafwandlern. Manchmal kommt es mir vor, als hätten sie aufgehört zu Leben, nur um ihr bequeme Existenz führen zu können. Wer nicht fragt, muss sich schließlich keine eigenen Gedanken machen.«

Len nickte, er verstand, was sein Freund damit sagen wollte.

»Was wirst du tun, wenn dies alles vorbei ist? Wenn wir Charlottes Paradies gefunden haben? Wenn wir wieder nach Hause zurückkehren können. Oder unser Heim dann an jenem Ort ist?«

»Ich weiß es nicht. Mein eigentlicher Plan sah vor, das ich noch ein paar Jahre als Zauberer meine Dienste tue, mit Nava an meiner Seite im Schloss von Ronari, aber nicht für immer. Ich wollte warten, bis ich das wichtigste kann und weiß und dann wollte ich mich irgendwo auf dem Land niederlassen. Irgendwo, wo es uns beiden gefallen hätte, vielleicht auch wieder nach Tesfall zurück. Und dort wiederum wollte ich wieder dass einfach Leben eines Bauern führen, mit dem Unterschied, dass ich ein wenig Magie zur Verfügung hätte. Aber das wird jetzt wohl für immer ein Traum bleiben.«

»Weil du Nava nicht bekommen wirst?«

»Auch. Doch noch mehr, weil sich einfach alles verändert hat. Ich habe zu lange in der Vergangenheit gelebt, mir hätte klar sein müssen, dass das alles nur ein Traum bleiben wird. Nicht zuletzt weil mir immer schon klar war, das du und Nava zusammengehört, nicht zuletzt, weil sie für mich eigentlich mehr wie eine Schwester war. Eine enge Vertraute, ein Mensch, den man lieb hat, aber niemand, den man wirklich vom ganzen Herzen liebt.«

Darauf schwieg Len. Für eine Weile hing er seinen Gedanken nach, dann seufzte er und ließ sich gänzlich aufs Bett fallen.

»Weißt du, was Reva unten noch macht?«, erkundigte er sich schließlich.

»Nein. Als ich hochkam, setzte sie sich zu ein paar Männern, die ich mir gar nicht genauer anschauen wollte. So ganz vertrauensvoll wirkten sie nicht gerade auf mich.«

»Dann sollten wir jetzt vielleicht dennoch schlafen gehen. Morgen wird ein anstrengender Tag, Restall ist gewiss eine aufregende Stadt.«

Kane nickte langsam und stand auf. Er zog sich aus und kroch in seinem Bett unter die Decke. Auch Len zog sich aus, holte seinen Wolf und rutschte unter die Decke. Er lag noch lange wach im Mondlicht, auch dann noch, als Kane schon schlief und Reva deutlich angeheitert in ihr Bett verschwand. Er dachte über das nach, was Kane ihm alles erzählt hatte und auch über den jungen Mann und seine große Katze.

Schließlich schlief er ein. Er schlief unruhig, bis er zu Träumen begann. Doch als er träumte, fühlte er sich glücklich und geborgen, denn er träumte von einer großen weißen Katze mit schwarzen Flecken in dessen Schutz er lag, und von einem strahlenden Lächeln und warmen, grünen Augen und noch im Traum wusste er, dass er von seiner Mutter träumte. Nun wusste er wieder, woher er die Katze kannte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2011-09-11T07:20:12+00:00 11.09.2011 09:20
Ahhh der Traum am Ende macht einen so richtig neugierig O.o
Die Katze klingt ja toal nach nem Schneeleoparden oder so was... Und irgendwie muss Len sie ja schon kennen und ich hoffe er verrät im nächsten Kapitel woher ^^
Es scheint ja fast schon als wäre es ein Stück aus seiner Familie oo
Die Sache mit Kane und dem Raben finde ich irgendwie lustig, auch wenn es für ihn ja nicht so ist ;3
Hach das ist schön schon früh am Morgen ein paar gute Sachen zu lesen <:
Damit fängt der Tag ja gut an :)



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