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Freaks of Nature

von

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Ende und Anfang

„Light-kun, das ist zu eng.“

L zupfte unglücklich an dem weißen Hemd, das ihm Light aus seinem Schrank gegeben hatte, nachdem sie sich die Cupcake-Reste abgewaschen hatten.
 

„Wir haben ungefähr die gleiche Größe. Du bist sogar dünner als ich. Das ist nur, weil du gewohnt bist, deine Klamotten drei Nummern zu groß zu kaufen.“
 

„Aber es sieht komisch aus...“

Er verzog den Mund, als er sich im Spiegel am Kleiderschrank ansah.

Light lächelte nur belustigt und legte seine Hände von hinten auf Ls Schultern.

Sie gaben schon ein merkwürdiges Paar ab, dachte sich der Detektiv unbehaglich, so unterschiedlich wie Tag und Nacht.
 

„Du könntest ja mal probieren, dich gerade hinzustellen.

So. Schulterblätter zurück.

Schieb dein Brustbein nach oben. Genau.

Und atmen solltest du auch noch.

Nicht die Schultern hochziehen. Ganz locker.

Nein, nein, nicht so!“
 

Es sah nicht besser aus.

Nur noch alberner, als er versuchte, mit angehaltenem Atem und herausgestreckter Brust die Schmerzen in seinem Rücken zu ignorieren, der jahrelang die gebogene Haltung gewöhnt gewesen war.

Er atmete tief aus und ließ sich wieder in sich zusammensinken.

„Das klappt nicht, Light-kun.“
 

Light schlang lachend seine Arme von hinten um ihn und sie blickten gemeinsam ihre Gegenüber im Spiegel an.
 

„L, du bist so schön, dass es manchmal fast wehtut, dich anzusehen.“

flüsterte er ihm ins Ohr.
 

Mit großen Augen starrte L geradeaus und sah, wie der schwarzhaarige, unansehnliche Junge im Spiegel rot anlief und der Braunhaarige, der Gutaussehende, grinste und ihn an sich drückte, als ob er mit ihm das große Los gezogen hätte.

Passierte das alles wirklich? War es nicht etwas zu gut, um wahr zu sein?
 

„Du kannst hier übernachten, wenn du willst.“
 

„Nein, ich sollte zurück zum Hotel gehen. Es gibt viel Organisatorisches zu regeln. Und ich werde noch mit Watari sprechen müssen.“
 

Light seufzte und ließ seinen Kopf auf Ls Schulter fallen.

„Verstehe. Und es wäre wohl besser, wenn ich da nicht dabei wäre.“
 

„Genau.“

Er war erleichtert, dass Light es anscheinend verstand. Diesen Abschnitt seines Lebens musste er alleine beenden.
 

„Ich kann trotzdem mitkommen.“
 

„Bleib hier und kümmere dich um deine Familie.“
 

„Du wirst dich nicht von ihm überreden lassen, oder? Du kommst zurück zu mir?“

Lights Kopf wanderte von der Schulter langsam nach oben, eine Spur kleiner Küsse bis zu seinem Ohr hinter sich herziehend.
 

„Es gibt keinen Ort, an den ich sonst könnte.“

Er schauderte leicht, als Lights Zunge ihm sanft über die Ohrmuschel fuhr.
 

„Ich rufe dich morgen früh an.“

murmelte Light leise.
 

„Ich... muss dir die Nummer des Hotelzimmers geben.“

L kämpfte gegen seine steigende Erregung an, der Anblick im Spiegel war hypnotisch.

Einen Moment lang wünschte er sich, die Kameras nicht entfernt zu haben. Dann könnte er sich die letzten Stunden heimlich noch einmal ansehen... oh Gott, er würde wahrscheinlich sterben vor Scham.
 

„Was stimmt nicht mit deinem Handy?“
 

„Es besteht nur noch aus Einzelteilen.“
 

„Warum das denn?“
 

„Ich fand, dass es eine sehr effektive Methode war, Anrufe zwischen uns Beiden zu unterbinden.“
 

Light schnaubte und schüttelte den Kopf.

„Klingt logisch. Letzten Endes hat es trotzdem nicht so viel gebracht.“
 

„Nein, das wohl nicht.“
 


 

Als L wieder im Hotel angekommen war, war alles noch genauso wie er es verlassen hatte.

Kalter Tee stand auf dem Tablett, halbvolle Schalen von Süßigkeiten, leises Summen von Computern auf Standby-Modus.

Von Watari keine Spur.
 

War er etwa schon wieder nach England abgereist?

Hatte er ihn so schnell abgeschrieben?

War er jetzt der Watari dieser Linda, war L etwa schon vergessen?
 

L kroch auf das Sofa und fühlte sich dumm und egoistisch. Was hatte er denn erwartet?

Er hatte Watari doch weggeschickt. Und dass das unangenehme Gespräch zwischen ihnen jetzt anscheinend hinfällig war, sollte ihn freuen.

Die Entscheidung war schon längst gefallen, das musste Watari auch gewusst haben, deswegen hatte er ihnen beiden weiteres Drama erspart.
 

Warum fühlte er sich dann so schrecklich? Hatte er gewollt, dass Watari um ihn kämpft?

Ja, gestand er sich ein. Ein komplett unsinniger Gedanke, aber nach all den Jahren hatte er gehofft, dass Watari gewisse Emotionen ihm gegenüber entwickelt hätte. Dass er ihn nicht einfach aufgeben würde, so unproduktiv es auch für sie beide wäre.

Er hatte Streit und Enttäuschung und Wut erwartet.
 

Stattdessen war da nur das dunkle, stille Zimmer und das tat unendlich mehr weh.

Mit einer kleinen Grimasse trank er den Rest alten Tee aus.
 

Leb wohl, Watari...
 


 

Am nächsten Morgen rief Light nicht an.

L umkreiste stundenlang das Telefon, getrieben von einer inneren Panik, die langsam zu wachsen begann.

Was war nur los? Was war nur los? Warum meldete er sich nicht?

Seine Gefühle schwankten zwischen bitterer Wut und einer tiefen, tiefen Verzweiflung.

Hatte Light ihn jetzt etwa auch...? Der Gedanke war zu grauenhaft, als dass er ihn zu Ende führen konnte.
 

Es kam ihm vor wie eine Ewigkeit, als das Telefon endlich klingelte.

Die Digitaluhr auf dem Display zeigte 12:43 an.

Was hatte sich Light nur dabei gedacht, sich so zu verspäten? Ihm solche Angst zu machen?
 

„L? Es tut mir so Leid! Mein Vater ist im Krankenhaus. Er hatte heute morgen einen Herzinfarkt.“
 


 

L stand in der Tür und blickte zögerlich in das weiße Zimmer, in dem Lights Vater auf seinem Bett lag, seine Frau und Light auf harten Plastikstühlen neben ihm, das perfekte Bild einer besorgten Familie.

'Daran bist du Schuld. Der Stress war zuviel für ihn.'

Er biss sich auf die Unterlippe und dachte daran, einfach kehrt zu machen und zu verschwinden.
 

„L!“

rief Light und sprang auf, unter falscher Trauer blitzten seine Augen freudig auf.
 

Soichiro sah vom Bett herüber, blass und kraftlos.

Beschämt blickte L zur Seite, unfähig, ihm in die Augen zu sehen und ließ sich von Light nach draußen ziehen.
 

„Ich konnte nicht eher anrufen, das hätte ein schlechtes Bild abgegeben. Tut mir leid.“

meinte Light, als sie durch die kleine Parkanlage des Krankenhauses gingen.

Der bedrückte Gesichtsausdruck war völlig verschwunden, er schlenderte entspannt neben L her, als ob nichts passiert wäre.
 

L wusste nicht, was er sagen sollte.
 

„Was ist denn los mit dir?“
 

„Dein Vater hatte einen Herzinfarkt.“

'Ist dir das egal, Light?'
 

„Und? Es war natürlich. Wenn sein Name aufgeschrieben geworden wäre, dann wäre er tot.“

Light zuckte unbekümmert mit den Achseln.
 

„Es war trotzdem unser Verschulden.“
 

„Was denn, sollen wir uns jetzt schlecht fühlen, weil mein Vater sich unnötig Stress macht?“
 

„Unnötig?“
 

Light rollte mit den Augen und blieb stehen.

„Worum geht es dir hier, L?“
 

„Du hättest es getan. Wenn er sich gegen uns gestellt hätte, hättest du ihn umgebracht.“

'Er ist dein Papa...'
 

„Verstehst du nicht, L? Niemand kann sich gegen uns stellen. Nichts kann uns aufhalten.

Die Macht, die ich habe, ist absolut.

Vielleicht ist es aus bestimmten moralischen Ansichten böse oder falsch, aber sei ehrlich!

Würdest du sie etwa nicht nutzen?

Wenn du damals das Death Note gefunden hättest, wärst du dann nicht jetzt Kira?“

Er strich mit seinen schlanken, schönen Fingern über Ls Haare und lehnte sich nach vorne, bis sie gegenseitig ihre Stirn berührten.

„Das Death Note gehört mir. Ich trage damit die Verantwortung. Wenn ich dafür verdammt bin, ist es so.

Aber diese Kraft ungenutzt zu lassen, sie nicht für meine Ziele einzusetzen, das wäre verrückt.“
 

L lief ein Schauer über den Rücken als er in Lights Augen sah.

In der Ferne läuteten die Glocken.
 


 

L saß alleine auf der Parkbank. Light war wieder zu seinem Vater gegangen, aber nichts konnte L dazu bringen, mit ihm zu gehen und Soichiros Anblick zu ertragen.

Kalter Wind rauschte in den Bäumen, zerrte an seinen Haaren und seiner Kleidung.
 

Jemand setzte sich neben ihn, aber er ignorierte es, bis er eine vertraute Stimme hörte, die sein Herz höher schlagen ließ.

„Es gibt auf der Welt nur zwei Tragödien. Die eine ist, dass man nicht bekommt, was man sich wünscht, die zweite, dass man es bekommt.“
 

„Oscar Wilde.“

erwiderte L automatisch und sah in Wataris sanfte, braune Augen.

„Ich dachte, du wärst schon abgereist.“
 

„Ich wollte mich verabschieden.“

Er lächelte trübe.
 

L fühlte wie sich ein bittersüßes Gefühl in ihm breitmachte.

Für einen verzweifelten Augenblick dachte er daran, mit ihm zu gehen. Nach Hause.

Alles zu vergessen.
 

Aber der Gedanke verflog so schnell, wie er gekommen war.

Es gab keinen Weg zurück, keine Möglichkeit, zurück in die Zeit zu reisen, als er Light nicht kannte und A noch lebte und die Zukunft warm und vielversprechend war.
 

„Du weißt, wie du mich erreichen kannst. Egal, was passiert, ich werde immer für dich da sein.“

Sie saßen eine Weile stumm nebeneinander, dann stand Watari langsam auf, ein alter Mann, der die Last seiner Jahre in den Knochen zu spüren begann.
 

„Danke, Papa.“

sagte L vorsichtig.
 

Der Mann erstarrte in seiner Bewegung und dann, ohne sich umzudrehen, schienen sich seine Schultern zu entspannen.
 

„Wir sehen uns wieder. Bevor alles zu Ende ist.“

L konnte das Lächeln in seiner Stimme hören.

„Du hast mein Leben ganz schön auf den Kopf gestellt. Eric Dickson.

Der kleine Junge, der niemanden seinen Namen erzählte und fest entschlossen war, Detektiv zu werden. Du hast dein Leben lang gekämpft, gib jetzt nicht auf.

Du findest ein Stückchen Glück für dich auf dieser Erde!

Letztendlich ist das vielleicht alles, worauf es ankommt.“
 

L sah ihm hinterher, bis er zwischen den Bäumen verschwunden war.

Und langsam formte sich ein Plan in seinem Kopf.



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