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Sasori Holmes und Dr. Deidara

wenn klassische Literatur auf Anime trifft
von

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Eine erste Spur

~Hallo, ihr Lieben. Ich weiß zwar nicht, ob ich wirklich interessierte Leser habe, aber ich wollte denen, die an der Verfolgung des Jashinisten teilhaben, ein kleines Dankeschön geben. Nicht nur, dass dieses Kapitel sehr lang geworden ist, es ist auch voll von, meiner Meinung nach, gelungenen Anspielungen und Eastereggs. Mal sehen, ob sie zu einfach zu finden sind und ob sie euch erheitern können :) In diesem Sinne, viel Vergnügen mit meinem bisherigen Lieblingskapitel *winke*~
 


 

Deidara beugte sich über den verbrauchten Körper der Toten und betrachtete das faltige Gesicht mit einer Mischung aus Verachtung und Mitleid. Er verstand nicht, wie leibliche Gelüste aus ehrbaren Männern nur solch verzweifelte Sklaven der Lust machen konnten, um sich einer Frau hinzugeben, die ein solches Erscheinungsbild bot. Selbst wenn ihr nicht der Torso, wie den bisherigen Opfern auch, zerfleischt worden wäre, so gab es für ihn nichts, das diesen Körper hätte begehrenswert machen können. Mit gerümpfter Nase trat er einen Schritt zurück und ärgerte sich an diesem Morgen, dass der Regen und die Finsternis des Tages sich zurückgezogen hatten. Diesen Anblick hätte er sich mit Wonne ersparen können.
 

Während er Pfeife rauchend um den Leichnam schlich, erhaschte Sasori einen Blick auf das verzogene Gesicht des Blonden und kicherte leise: „Aber Doktor, so schauen Sie doch nicht so entsetzt. Betrachten Sie die Dame als das was sie ist, nicht als das was sie einst war. Sie ist ein Opfer, vergessen Sie das nicht.“ Deidara seufzte: „Ich wünschte, ich könnte Ihre Nüchternheit in diesen Dingen teilen. Es ist eine Schande, was aus Menschen wird, die bereitwillig ihre Körper zum Kauf darbieten.“ - „Die weit größere Schande ist, dass der Täter weiterhin agieren kann und uns zu verspotten scheint, meinen Sie nicht? Wieder einmal hinterlässt er uns bis auf die üblichen Merkmale nichts.“
 

Inspektor Kisame sah den Rothaarigen mitleidig an: „Nehmen Sie es sich nicht zu sehr zu Herzen. Immerhin hatte noch kein Ermittler, der sich an seine Fersen heftete, auch nur den Hauch einer Chance. Seien Sie zuversichtlich, Sie werden Ihn überführen. Wenn Sie nicht, dann schafft es niemand.“ - „Ich neige nicht zu überschwänglicher Zuversicht, Inspektor. Zuversicht bedeutet ein Versprechen, und die gebe ich nicht, wenn ich nicht sicher sein kann, diese auch halten zu können.“ Kisame lächelte leicht: „Nennen Sie es, wie Sie mögen, Sasori. Ich bin mir sicher, dass Sie es schaffen werden.“
 

Der Blonde war sich nicht sicher, aber es schien ihm, als blitze Unmut in den Augen seines Freundes auf. Er schien die Ansichten des großgewachsenen Mannes nicht zu teilen. Sie gar als verletzend und belastend zu empfinden. Noch nie war es ihm in den Sinn gekommen, dass solcherlei Worte einen ungemeinen Druck zu Perfektion und höchster Leistung bilden mussten. Kaum verwunderlich, dass Sasori sie nicht gerne hörte. Was würden die Leute sagen und denken, sollte er die Erwartungen einst nicht erfüllen? Es wäre ganz sicher nicht angenehm für den Rothaarigen, dessen wurde sich Deidara allmählich bewusst.
 

Die beiden Ermittler packten ihre Notizen zusammen und verabschiedeten sich von Kisame. Während sie ihren Weg heimwärts einschlugen, lichteten sich die Wolken über ihnen ein wenig und zögerliche Sonnenstrahlen trafen auf die kühle und noch feuchte Erde. Genüsslich schloss der Blonde die Augen und summte leise vor sich her, die warmen Strahlen auf seinem Gesicht spürend. Wie gut dieses Gefühl doch tat, die Sehnsucht von Körper und Seele nach Wärme erfüllt zu bekommen. Trotz aller Schwierigkeiten spendete dieses Erleben so viel Energie, wie es sonst nichts zu tun vermochte.
 

Plötzlich hielt Sasori ihm am Ärmel fest, zog ihn mit sich an eine Hauswand und knurrte leise: „Pssst. Doktor, schauen Sie doch mal da vorne!“ Deidara öffnete seine Augen und folgte der angedeuteten Richtungsanweisung der Hand seines Kollegen. Ein junger Mann, Mitte bis Ende 20 und damit nicht älter als sie selbst, sah sich verstohlen nach nahezu jedem Schritt um, während er nervös in Richtung Hafen ging. Der Blonde hob eine Augenbraue, als er im Licht der Sonne etwas an dessen Hals aufblitzen sah. Mit zusammengekniffenen Augen versuchte er zu erkennen, was für ein Geschmeide den Jüngling zierte.
 

Mit großen Augen sah er ruckartig den Rothaarigen an und hauchte: „Verblüffend! Das ist doch...“ - „Haben Sie es also auch erkannt, das Symbol?“ Deidara nickte. „Dann kommen Sie, vielleicht sollten wir dem Herren ein paar Schritte folgen. Unauffällig.“ - „So unauffällig, wie wir zwei in dieser Stadt sein können, mein Freund.“ Gemütlich schlendernd schlugen sie dieselbe Richtung ein, die auch der junge Mann auf der anderen Straßenseite verfolgte. Dieser schien zu ihrem Glück keine Kenntnis von ihnen zu nehmen, sondern blickte lediglich stets direkt hinter sich, während er zielsicher, aber hochgradig nervös, seinen Weg fortsetzte und die beiden Ermittler ihm folgten.
 

Nach einer knappen Viertelstunde hatten sie das Hafengelände erreicht. Möwen kreischten und flogen ihre Kreise über den anliegenden Schiffen, um rasche Beute machen zu können. Der Geruch von Salz, Fisch und verbrannter Kohle vermischte sich zu dem typischen Aroma, das man in Häfen dieser Größe wahrnehmen konnte. Zwischen dem geschäftigen Treiben drang auch das Rauschen des Wassers, das durch den heutigen Wind besonders aufgebracht schien, an ihre Ohren und hielt der mannigfaltigen Geräuschkulisse hintergründig Stand. Männer trugen Kisten von Hier nach Dort, Händler feilschten um jeden noch so kleinen Preisnachlass, Hämmer donnerten auf Metall und Holz in den Werften und reges Treiben belebte die Straßen.
 

Der junge Mann schritt nach wie vor zielsicher in eine kleine Gasse hinein. Vorsichtig folgten die beiden Ermittler dem Fremden, blickten zaghaft um die Hausecke, hinter der er verschwunden war und erblickten eine Sackgasse, an deren Ende eine Hütte aus verwittertem Holz stand und zwischen den großen steinernen Hallen geradezu verloren wirkte. Erst als der Verfolgte durch die Tür des heruntergekommenen Hauses verschwunden war, wagten sich Sasori und Deidara ebenfalls die kleine Gasse zu passieren, bis sie nahe genug an dem hölzernen Gebäude waren, um das Schild über dessen Tür erkennen zu können.
 

Völlig gelangweilt verschränkte Sasori die Arme vor der Brust und maulte enttäuscht: „Zum Hering... wie überaus einfallsreich und poetisch.“ - „Ihr Sarkasmus spricht für sich. Wir sind hier im Hafen, nicht auf der Promenade.“ - „Wahrscheinlich haben Sie Recht. Es macht mich dennoch traurig, wie tief unsere Sprache im Sumpf der mangelnden Bildung unterzugehen droht.“ - „Sie sind mir wirklich ein Rätsel. Ich darf bei der Arbeit ihre Blicke nicht deuten, aber Sie trauern unserer Sprache nach?“ Freudig stellte Deidara fest, wie Sasori leicht zu lächeln begann und leise schmunzelte: „Touché. Sie haben Recht, ich lasse mich ablenken.“ Erwartungsvoll blickte er noch einmal auf das Schild und seufzte: „Ich gehe nicht davon aus, dass wir uns lange werden umsehen können in diesem Etablissement, wenn wir nicht wissen, welches Gesindel hier verkehrt. Lassen Sie uns Inspektor Kisame ein paar Informationen abringen, ich bin mir sicher, dass ihm der 'Hering' etwas sagen wird.“
 

Im Präsidium lauschte der Inspektor gebannt der Beobachtung, die ihm die beiden Ermittler berichteten. Nach einer Weile nickte er und seufzte: „Ja, der 'Hering' ist bei uns kein unbekannter Name. Ganz im Gegenteil meine Herren, Sie haben Wohl daran getan diese Spelunke nicht achtlos zu betreten. Es ist gleichermaßen eine der beliebtesten Hafenabstiegen und einer der beliebtesten Treffpunkte niederträchtiger Machenschaften aller Art. Es verkehren dort gleichsam einsame Matrosen und genusssüchtige Arbeiter, wie hinterhältige Ganoven und raffinierte Schurken. Und das macht es dem Scotland Yard so schwer, diese Machenschaften aufzudecken.“
 

Er sah die beiden ein wenig amüsiert an: „Ihresgleichen jedoch findet man dort nicht. Falls Sie es also in Erwägung ziehen sollten, dem 'Hering' einen Besuch abzustatten, so sollten Sie sich dringlichst tarnen. Ihresgleichen ist dort nicht nur aufzufinden, sondern überaus ungern gesehen. Glauben Sie mir, ich weiß, wovon ich spreche.“ Sasori missfiel der amüsierte Blick, der irrwitzig aufblitze sobald er das Wort „Ihresgleichen“ benutzte. Er verriet ihm, dass er nicht ausschließlich ihren gesellschaftlichen Stand und ihren Beruf meinte.
 

Doch so undurchschaubar wie gewohnt verschränkte der Rothaarige die Arme und knurrte: „Wenn Sie uns noch etwas zu sagen haben, Inspektor, dann unterlassen Sie Ihre unterschwelligen Botschaften und sagen es mir ins Gesicht.“ Deidara schmunzelte, als Kisame peinlich berührt die Augen aufriss und stotterte: „Aber Mr. Sasori, wie kommen Sie auf so etwas?“ - „Ihre Augen und ihre Aussprache hat Sie verraten. Gibt es also ein Problem, das Sie uns mitzuteilen versuchen?“ Resignierend seufzte der Inspektor: „Mit Verlaub, die Herren, die dort verkehren, sind weniger Ihrer Statur, als der meinigen. Passen Sie also auf, mit wem Sie sich anlegen. Wenn Sie mögen, kann ich Ihnen auch gerne Geleitschutz zusprechen.“
 

Das beleidigte den Rothaarigen doch irgendwie. Mit einem abschätzigen Blick knurrte er: „Darauf können wir verzichten. Glauben Sie nicht, dass ich nicht wüsste, wie man sich zur Wehr setzt, bloß weil mein Körperbau es nicht vermuten lässt.“ Beschwichtigend hob der Inspektor die Arme: „Verzeihen Sie mein Angebot, es war nur zu Ihrem Besten gedacht. Ich wollte Ihnen damit sicherlich keine Unfähigkeit unterstellen.“ - „Das will ich hoffen. Ich danke Ihnen für die Informationen Inspektor. Wir lassen es Sie wissen, wenn wir etwas herausgefunden haben. Falls wir diesen Ausflug unbeschadet überstehen sollten, natürlich.“ Er erhob sich und stürmte aus dem Büro.
 

Deidara machte sich auf, ihm zu folgen, als Kisame ihm am Ärmel hielt und flüsterte: „Doktor, sagen Sie es ihm nicht, aber achten Sie einfach da drauf, dass Sie sich nicht ständig so nahe sind. Das könnte in den Kreisen, in die sie sich zu begeben versuchen, als ungünstige Neigung herausstellen. Das kostete Sie schneller das Leben, als wüsste man dort, dass Sie polizeiliche Ermittlungen anstellen, verstehen Sie mich?“ Mit geweiteten Augen sah der Blonde den Inspektor an und hauchte: „Sie meinen doch nicht etwa...“ - „Was ich meine interessiert nicht. Es könnte jedoch rasch den Anschein erwecken, die Sitten im Hafen sind rau und unerbittlich.“ Mit hochrotem Kopf knurrte Deidara: „So ein Unsinn, als ob... ich meine... nun hören Sie auf. Aber ich werde selbstredend darauf achten, vielen Dank Inspektor.“
 

Von draußen hörte er bereits den ungeduldigen Rothaarigen rufen: „Doktor! Ich warte!“ Rasch stürzte der Blonde nach draußen und gesellte sich entschuldigend lächelnd zu seinem Freund: „Verzeihung, aber der Inspektor... er... hat sich noch einmal für sein Betragen entschuldigen wollen.“ Etwas skeptisch nickte Sasori zögerlich: „Na schön, dann ist ja gut.“ Innerlich atmete Deidara erleichtert auf, dass sein Kollege diese Aussage ohne weitere Fragen glaubte.
 

Auf ihrem Weg nach Hause versuchte der Blonde permanent, die Röte aus seinem Gesicht zu verbannen. War es so offensichtlich, wie nahe er seinem Freund sein wollte? Und wieso hatte dieser so ungehalten reagiert? Wieso schien ihm jeder an der Nasenspitze ansehen zu können, dass er am weiblichen Kontakt kein Interesse hegte, nur derjenige, den es primär betraf nicht? Betrübt kam Deidara zu dem Schluss, dass es für Sasori wahrscheinlich schlicht und ergreifend ausgeschlossen war.
 

Dem war jedoch nicht so. Der Rothaarige starrte wütend auf seine Füße. Nicht nur, dass er es Leid war, für geistig herausragend, aber körperlich bemitleidenswert gehalten zu werden. Nein, auch die Tatsache, dass der Inspektor ohne es zu wissen einen verdammt wunden Punkt in seiner Seele getroffen hatte, verärgerte ihn ungemein. Einerseits war er sich seiner gesellschaftlich unangenehmen Gesinnung durchaus im Klaren und andererseits war es nicht von Bedeutung für seine Traurigkeit. Jeder Mensch bewunderte ihn, jeder Mensch stellte ihn auf ein Podest, von dem aus er unerreichbar war. Für andere. Und die anderen waren es für ihn. Niemals würde ein Mensch ihm gegenüber etwas anderes empfinden können, als Hochachtung und Bewunderung. Sobald er ihre Erwartungen enttäuschte würden sie ihn doch fallen lassen.
 

Er schloss für einen kurzen Augenblick die Augen, um seine Emotionen wieder in seine Gewalt zu kriegen. Er wusste immerhin aus eigener Erfahrung, welch zerstörerische Macht Erwartungen zu haben vermochten. Und welche fatalen Folgen es haben konnte, verwechselte man Stolz und Aufmerksamkeit mit Liebe. Und er wusste, dass eine selbst gewählte Einsamkeit weit weniger schmerzhaft war, als eine, in die man gestürzt wurde. Niemals wieder würde er es so weit kommen lassen, das hatte er sich selbst versprochen. Und auch wenn es ihm das Herz brach, so würde er sein Versprechen halten, auch wenn es ihm in Deidaras Anwesenheit zusehends schwerer fiel. Allein die Gewissheit, dass sein Freund in ihm schließlich nicht mehr oder weniger sah, als jeder andere Mensch auch, nämlich schlichte blauäugige Bewunderung, half ihm, dieses Versprechen konsequent zu verteidigen. Komme, was wolle.
 

Am Abend erreichten die beiden zum zweiten Mal an diesem bisher sonnigen Tag den Hafen. Die Dunkelheit der Nacht hatte sich bereits über London gelegt und bettete die bewohnten Häuser in einen trügerischen Frieden. Etwas zerknirscht blickte Deidara immer wieder an sich herab und seufzte: „Dafür sind Sie mir etwas schuldig, ich hoffe das wissen Sie!“ Genervt winkte Sasori ab: „Stellen Sie sich nicht so an, Doktor. Sie sehen den Verhältnissen entsprechend entzückend aus.“ Er konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, als der Blonde ihn mit aufgeplusterten Wangen sauer ansah.
 

Itachi hatte ihnen alles nötige für ein gelungenes Kostüm besorgt: dreckige und verwaschene Arbeiterhosen, die selbst in ihrer kleinsten Ausfertigung den beiden Ermittlern noch viel zu groß waren. Übel riechende Leinenshirts, die unsagbar unangenehme Blicke unter die Arme zuließen. Klobige große Arbeitsschuhe mit Stahlkappen versehen. Er kam sich vor wie ein schlecht bezahlter Clown, eine Parodie seiner selbst und derer, als die er sich zu verkleiden versuchte. Einzig die Tatsache beruhigte ihn, dass sein Kollege nicht minder heruntergekommen aussah. Während seine Haare durch ein Haarband zu einem Zopf gebändigt wurden und eine grässliche Behandlung hinter sich hatten, um sie schmutzig wirken zu lassen, standen die Haare des Rotschopfs in alle Richtungen ab und erwehrten sich ganz freiwillig jeglicher Bändigung. Sasori trug eine ähnliche Hose und ähnliche Schuhe wie Deidara, nur mit dem Unterschied, dass er statt eines verschwitzten Shirts einen grobmaschigen zerschlissenen Pullover trug.
 

Beleidigt verschränkte der Blonde die Arme, während sie in die Gasse einbogen, die den 'Hering' beherbergte, und prustete: „Und trotzdem sind Sie mir etwas schuldig, Sasori. Dass ich überhaupt hier stehe grenzt an ein Wunder. Wieso haben Sie mich eigentlich dazu überreden müssen?“ - „Weil Sie es freiwillig nicht getan hätten und jetzt unterlassen Sie ihr weibisches Gerede und benehmen sich einfach, wie ein Hafenarbeiter es zu tun pflegt.“
 

Einen Augenblick harrten die beiden aus, um ein letztes Mal tief durchzuatmen und nicht als Deidara und Sasori die Spelunke zu betreten, sondern als Mat und Izzy. Im Inneren des Hauses ging es noch deutlich wüster zu, als Deidara sich es nur im Ansatz hätte vorstellen können. Zu ihrer Rechten stand ein klappriges Piano, an dem ein unwirsch blickender Musiker saß und schreckliche Töne von dem Instrument verlangte. Das Piano stand neben einer Bühne, auf der ein paar leicht bekleidete Damen zur Unterhaltung der Anwesenden ihre unbedeckte Haut zu versucht rhythmischen Bewegungen präsentierten. Zu ihrer Linken breitete sich der Schankraum ein gutes Stück aus. Dahinter führte eine Treppe ins obere Geschoss, eine weitere offensichtlich in den Keller des Gebäudes. Ihnen gegenüber an der linken Hälfte der hölzernen Wand befand sich die Theke, auf deren Hocker einige Seebären saßen und den Schankwirt betrunken mit ihren Geschichten von hoher See zu nerven schienen oder die Bardame ungeschickt zu umgarnen versuchten. Die rechte Hälfte bot einigen Matrosen und Arbeitern Vergnügen in Form von drei Scheiben, die zum Spielen von Darts aufgehangen waren.
 

Die meisten Tische waren belegt von trinkenden, sabbernden und lautstarken Männern. So langsam wurde Deidara klar, was der Inspektor gemeint hatte, als er ihnen erklärte, wie sehr sie hier doch auffallen würden. Sasori deutete ihm mit einer Kopfbewegung an ihm zu folgen, bei der Lautstärke hätte er vermutlich eh kein Wort verstanden. Sie steuerten auf den letzten freien Tisch zu, als sich ein stattlicher Kerl dazwischen schob und die beiden mit verfaulten Zähnen breit angrinste: „Pech, ihr halben Portionen, der gehört mir und meinen Jungs.“ Zwei weitere unsagbar sympathische Kerle tauchten hinter ihm auf.
 

Zu Deidaras Entsetzen verschränkte Sasori gelassen die Arme vor der Brust und funkelte dem Typen standhaft in die Augen: „Das sehe ich anders, Freundchen.“ Der Typ lachte lautstark und brüllte: „Wie heißt ihr? Ich will wenigstens wissen, wem ich dieses Mal die Knochen gebrochen habe!“ - „Ich weiß zwar nicht, wie ein Affe wie du sich für Namen interessiert, aber das ist Mat und ich heiße Izzy. Und nun geh mir aus der Sonne, Dicker.“ Deidara stellte sich, was er sich überhaupt nicht erklären konnte, da er eigentlich vor Angst am Liebsten getürmt wäre, neben seinen Freund und grinste breit: „Genau, un. Sieh zu, dass du Land gewinnst, un!“ Diese Art zu kommunizieren war einfach nur grausam.
 

Eine ganze Weile starrte der Kerl die beiden an, es wurde ruhiger im ganzen Raum. Sein Blick schien die Ermittler aufzuspießen, die anderen Gäste hielten gebannt die Luft an, die Zeit stand für einen Augenblick irgendwie still. Bis er mit einem lauten Lachen Sasori auf die Schulter klopfte und diesen beinahe zu Fall gebracht hätte, während er posaunte: „Wisst ihr was, ich mag euch! Nicht oft begegne ich Leuten, die mir ernsthaft widersprechen. Und noch nie waren es so mickrige Kerlchen, wie ihr zwei. Setzt euch zu uns. Ich gebe einen aus.“ Der Betrieb ging wieder seinem normalen Gang und die fünf nahmen Platz. Deidara rutschte das Herz sprichwörtlich in die Hose. Zu Hause würde er seinem Freund den Hals umdrehen, so viel stand fest! Diese hochgradig riskante Aktion hätte auch mit Leichtigkeit in einem sehr wahrscheinlichen Krankenhausaufenthalt enden können.
 

So saßen sie aber nun dort und bekamen das bestellte Bier. Der große Kerl stellte sich als Kakuzu vor, seine beiden Kumpel hießen Pein und Tobi. Peins Gesicht wurde ausreichend von exotischem Körperschmuck verziert. Nein, Deidara korrigierte sich innerlich. Verunstaltet passte wohl doch besser zu diesem obskuren Anblick. Tobi schien, entgegen seines ersten Auftretens, ein sonniger Geselle zu sein, wenngleich auch ein bisschen beschränkt in seiner geistigen Verfassung. Stets redete er pausenlos auf den Blonden ein, um ihm mitzuteilen, dass er ein braver und guter Junge sei. Suspekt, hochgradig suspekt. Kakuzu hingegen sah auch äußerlich so aus, wie er auftrat: unzählige Narben bedeckten seinen Körper, sein Stiernacken war kräftig und angsteinflössend, seine Hände riesig!
 

Irgendwann sah der Narbige den Blonden an und lachte: „Und du, Kurzer? Du bist ja nicht gerade der gesprächige Typ.“ Deidara grinste einfach nur breit und hoffte, dass man ihm seine „Rolle“ als Mat auch glaubhaft abnehmen würde: „Ach, weißt du, Dicker, ich rede eigentlich so viel wie dein Kumpel Tobi, un. Doch bei dem hat man ja gar keine Chance, un.“ Die anderen lachten und Kakuzu nickte: „Wohl wahr. Wenn er dich nervt, hau ihm einfach eine rein, dann ist für ne halbe Stunde Ruhe.“ - „Werds mir merken, un.“ Wer von ihnen war eigentlich auf die unsagbar beschränkte Idee mit dem Sprachfehler gekommen? Verflucht, seufzte der Blonde innerlich, das war er selbst gewesen.
 

Runde um Runde floss das alkoholische Gerstengetränk und Sasori schaffte es doch tatsächlich, so manche Informationen aus den stämmigen Hafenarbeitern zu kitzeln. So wussten sie nun, dass ein Areal im Hafen seit einiger Zeit stillgelegt war, um Renovierungsarbeiten vorzunehmen, in dieser Spelunke so mancher Deal zwischen Händlern ausgemacht wurde, der Monopolstellungen und mafiöse Abmachungen zuließ. So weit schienen die Auswirkungen dieser mysteriösen Organisationen aus dem schönen Italien bereits zu reichen.
 

Darüber hinaus vermissten die drei Männer einen guten Bekannten, den sie seit einer Woche nicht mehr gesehen hatten und den Namen Zetsu trug. Sie beschrieben ihn als einen sehr auffälligen Typen, da er von Geburt an auf der linken Kopfhälfte schwarzes Haar trug, und auf der rechten weißes. Irgendwie empfand es Deidara doch als durchaus rührend, wie sehr sich selbst solche Menschen um ihre Freunde sorgten und schämte sich gar dafür, mit solch immensen Vorurteilen belastet zu sein.
 

Die Nacht näherte sich der Geisterstunde, als die Tür, lauter als bisher an diesem Abend üblich, aufgetreten wurde und ein Mann eintrat, der drei junge Damen im Arm hielt und ausgelassen lachte. Deidara fiel die Kinnlade herab, Sasori drückte seine Überraschung durch eine hochgezogene Augenbraue aus. Der neue Gast war kein geringerer als der Gerichtsmediziner Hidan. Kakuzu winkte genervt ab, als er ihn erkannte: „Der schon wieder. So ein Prolet, taucht ständig mit so jungen Weibsbildern auf und stört die anderen Gäste durch seine laute und aufdringliche Art. Wie gerne würde ich ihm mal einfach den Kopf abreißen, damit der endlich Ruhe gibt.“
 

Während Hidan sich einen Platz genau vor der Bühne genehmigte, betrat eine junge Frau mit blauschwarzem Haar diese und lächelte verführerisch in die ganze Runde. Zum ersten Mal an dem gesamten Abend kehrte ein wenig angenehme Ruhe ein, während erträglichere Melodien vom Piano erklangen und die Lady zu einem säuselnden Lied ihre Stimme erhob.
 

Sasori erkannte die Gelegenheit, um sich ungesehen einen genaueren Überblick zu verschaffen. Zunächst blieb er kurz an Pein hängen, der mit einem schmachtenden Lächeln den Kopf auf der Hand abgestützt hatte und verliebt zur Bühne schaute. Den Kopf schüttelnd schaute er weiter. Ein Grinsen zierte seine Lippen, als er etwas entdeckte und sich seine Vermutung bestätigte, dass dieser Auftritt lediglich zur Ablenkung diente.
 

Ein Mann mittleren Alters erhob sich von einem der Barhocker und für den Bruchteil einer Sekunde, aber lange genug, blitzte unter seinem Gesicht am Hals etwas auf: Das Jashin-Symbol. In geduckter Haltung und schnellen Schrittes verschwand er die Treppe zum Keller hinab, ehe ihm der Wirt mit einem Jüngling folgte. Schweren Herzens unterdrückte Sasori seine nahezu unstillbare Neugier und wartete ab. Und tatsächlich tauchten alle drei wieder auf, kurz bevor der Auftritt sich dem Ende näherte. Was hatten die bloß da unten getan?
 

Während das Lied verstummte und die Gäste in tosenden Applaus verfielen, drehte der Jüngling sich um. Mit weit aufgerissenen Augen entdeckte Sasori etwas Neues an dem jungen Mann: um seinen Hals hing eine silberne Kette mit demselben Anhänger. Er schluckte schwer, als dieser plötzlich ganz ruhig zu ihm blickte, zwinkerte und die Kette unter sein Hemd steckte. Ungläubig schüttelte Sasori den Kopf, doch als er wieder hinsah, saß der Junge wie alle anderen an der Bar und trank Bier.
 

„Hey, Izzy, un. Alles klar?“ Der Rothaarige sah Deidara an und nickte: „Sicher, ich habe nur geschaut, wo ich hier mal meine Notdurft verrichten kann, wenn ihr versteht.“ Kakuzu lachte und schlug auf den Tisch: „Du bist eine Granate, ehrlich! Links neben der Bühne, da drüben hättest du lange suchen können!“ Sasori grinste mechanisch: „Orientierung war noch nie meine Stärke, wenn ich getrunken habe.“ Der Blonde sah ihm besorgt hinterher und wusste, dass sein Freund etwas entdeckt haben musste, das ihm mal wieder entgangen war.
 

Wütend über seine Ausrede, wuselte Sasori durch die Masse an betrunkenen Männern hindurch. Zwangsläufig würde ihn sein Weg zu nahe an Hidan vorbeiführen, der ihn unter Garantie erkennen würde, sollte er ihn sehen. Zu seiner Erleichterung bemerkte dieser beim Hinweg jedoch nichts, so verschwand der Rothaarige schnell hinter der Tür zu den Toiletten und konnte sich einer Übelkeit nicht erwehren. Es hätte ihm klar sein müssen, dass es hier mit der Hygiene nicht sonderlich genau genommen würde, aber DAS war dieser Beschreibung nicht im Ansatz würdig. Es stank, es war dreckig und dunkel. Die vier Kabinen waren klein, die Türen herausgetreten und nur notdürftig zu schließen. Die Toiletten selber, er wollte es eigentlich gar nicht wissen, die sich hinter ihm öffnende Tür veranlasste ihn zur Vorsicht doch eine der Kabinen zu betreten und die Tür zu schließen.
 

Durch einen Spalt im zerschlissenen Holz spähte er nach draußen, um sich von der beschmierten sanitären Anlage abzulenken und sichergehen zu können, dass er sich unnötig in einem Anflug der Panik verzogen hatte. Doch sein mulmiges Gefühl sollte sich dieses Mal als Segen herausstellen. Etwas panisch beobachtete er Hidan dabei, wie er auf seine Tür zukam und sie öffnen wollte. Mit aller Kraft stemmte er sich dagegen und knurrte mit tiefer Stimme: „Besetzt, such dir ne andere Schüssel!“ Der Gerichtsmediziner lachte laut auf und verschwand in der Kabine neben ihm.
 

Einen Augenblick wartete Sasori noch, betätigte unter großem Würgereiz die Spülung und verschwand so schnell es ihm möglich war dieses Horrorkabinett wieder. Erschöpft ließ er sich auf seinen Stuhl sinken, während Kakuzu ihn belustigt musterte: „Was ist los, Kurzer?“ Wieder grinste Sasori mechanisch: „Ich vertrag wohl doch nicht so viel, wie ich dachte...“ Die drei Großgewachsenen lachten laut, Deidara kicherte verhalten mit, bis er gequält grinste: „Dann wird’s für unsere Mimose wohl Zeit fürs Bett, un. Jedes Mal darf ich ihn zu Hause abladen, wenn ers mal wieder übertrieben hat, un.“ Die beiden verabschiedeten sich von den Hafenarbeitern und waren gerade aus der Tür, als Hidan den Raum wieder betrat. Doch sein Blick haftete einen Moment an der Eingangstür, als wisse er, wer dort soeben verschwunden war.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Kakashi_Angel
2011-10-26T17:47:34+00:00 26.10.2011 19:47
das wird immer besser muss ich sagen.. und ich komm garnicht mehr weg von der ff aber ab und zu tun mir die augen weh um weioter zu lesen^^

wie immer ein klasse Kapi!!
was ich noch vergessen hatte zu sagen war, dass ich das wirklich raffiniert fionde das Itachi ein Buttler ist^^
das erinnert mich an black buttler-> Sebastian michaelis^^

in der ff ist wirklich viel spannung drin!!
ich freu mich schon weiter zu lesen!!
mach weiter so!!
Von:  Bambusbesen
2011-04-05T21:13:22+00:00 05.04.2011 23:13
Die Erklärungen rund die Erwartungen fand ich gut beschrieben. Sehr realistisch, warum Sasori sich so dagegen wehrt, dass Erwartungen in ihn gesetzt werden und warum er Abstand zu Deidara hält.
Der Abend im Hering war klasse. Ich habe ehrlich gesagt nicht mit Tobi, Kakuzu und Pain gerechnet. Aber sehr amüsant, das zu lesen.^^
Allerdings kann ich es jetzt nicht lassen, zu meckern. Als Deidarafanatiker räufeln sich mir die Fußnägel, wenn ich in der wörtlichen Rede "un" lese^^" ...es stimmt schon, es wird wie un geschrieben, aber "hm" gesprochen. Wir hatten das auch in Japanisch. Darum finde ich es schrecklich, wenn ich "un" in der wörtlichen Rede lese, weil es ja in dem Moment dann gesprochen wird.


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