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Hollow Day

von

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Theft

"... und das war es, was der Autor uns mit seinem Werk letzendlich vermitteln wollte. Damit sind wir dann auch für heute durch."

Für einen kurzen Moment erfüllte das obligatorische Klopfen einiger Dutzend Hände auf Holz den Seminarraum. Dann wurden auch schon die ersten Stühle gerückt und meine Studenten wandten sich wieder einander und ihrer weiteren Tages- bzw. Abendplanung zu, während ich meinen Laptop herunterfuhr und mich schließlich ebenfalls auf den Heimweg machte.
 

Draußen war es bereits dunkel; kühler Herbstwind klammerte sich an mich und versuchte meine Jacke zu überlisten, indem er sich in die Ärmel hineinzwängte. Doch kaum dass ich meine Kopfhörer aufgesetzt hatte, ließ ich die Hände wieder in den warmen Taschen verschwinden. Der Wind rauschte beleidigt und konzentrierte sich nun auf meine langen Haare, die ich allerdings in weiser Voraussicht zu einem Zopf gebunden hatte.

Genervt gab er auf und wandte sich den umliegenden Bäumen zu.

Getragen von Beethovens Mondscheinsonate machte ich mich also wie immer auf den Heimweg - vorbei an all den düsteren Gassen und zwielichtigen Gestalten, die die Nächte in Domino Abend für Abend erneut auf den Plan riefen.
 

Ich kannte einmal jemanden, der sich um diese Zeit besonders wohl im Stadtzentrum fühlte... aber das war schon lange her. 
 

"Vorsicht, Onkel!"

Bevor ich ausweichen konnte, hatte der kleine Junge mich auch schon gerammt und stürmte mit einem lauten "Entschuldigung!" um die nächste Ecke. Nachhause zu seinen Eltern, wie ich in Anbetracht der späten Stunde hoffte.

Als ich in meiner Wohnung ankam und nach meinem Schlüssel kramte, hatte ich den Jungen längst wieder vergessen.

Ich erinnerte mich erst wieder an ihn, als ich am darauffolgenden Morgen an der Kasse des Supermarktes stand und beim besten Willen mein Portemonnaie nicht finden konnte, das ich sonst immer in meiner Jackentasche verstaute...
 

Man hatte mich beklaut.
 

Zum ersten Mal in meinem Leben hatte man mich ganz normal und klischeehaft bestohlen - und das, nachdem ich jahrelang mit einem Dieb zusammengelebt hatte.

Es war peinlich, meinen Einkauf zurücklassen zu müssen, und beinahe noch peinlicher, mich bei dem Kassierer für die Umstände entschuldigen zu müssen.

Zum Glück trug ich nie mehr Geld als nötig bei mir und dank der modernen Technik konnte der miese kleine Langfinger, dem ich das zu verdanken hatte, auch keinen Gebrauch von meiner Bankkarte machen - meine Augen, die zur Identifizierung dienten, hatte ich schließlich noch und ohne sie (bzw meine Iris) öffnete sich nicht einmal die Tür der Bank.
 

Eine Gruppe Grundschüler - 6., vielleicht auch erst 5. Klasse - versammelte sich gemeinsam mit mir an der Fußgängerampel und wartete auf Grün. Ihre inhaltslosen Gespräche schwirrten in der Luft umher wie durstige Mücken.

"Taki steht auf dich, kein Zweifel." "Eeecht? Wie cool! Er ist so irre süß..." "Warst du mal wieder bei NagNag? Die haben da jetzt eine neue Kollektion reingekriegt. Kawaii ohne Ende." "Da muss ich hin." "Ich auch!" "Wollen wir Aka mitnehmen?" "Aka? Bist du doof? Auf keinen Fall." "Sei leise, sonst hört sie uns." Schrilles Kichern.

Ich bekam Kopfschmerzen.

Die Ampel schaltete um. Ich ließ den Kindern den Vortritt - lieber wartete ich noch einmal, als ihr Gerede weiter ertragen zu müssen. Plötzlich löste sich ein Kind aus der Gruppe, blieb mitten auf der Straße stehen und drehte sich zu mir um. Ein seltsames Grinsen schlich sich auf sein Gesicht, als es in die Taschen seiner kurzen schwarzen Hose griff und mir etwas zuwarf, das ich problemlos auffing.

Mein Portemonnaie.

Bis auf das Bargeld war noch alles darin.

Als ich nach meiner flüchtigen Inspektion wieder aufblickte, war das Kind verschwunden.
 

Amane.
 

Es wurde wieder rot, ich hatte den Anschluss verpasst.

Wieso hatte dieser kleine, androgyne Taschendieb mich plötzlich an meine Schwester denken lassen?

Bis auf die dunklen Augen gab es keine Gemeinsamkeiten zwischen ihnen - und braune Augen waren schließlich alles andere als eine Seltenheit. Zumindest außerhalb meines ehemaligen Umfelds, das allerdings ohnehin zum größten Teil aus vorchristlichen Wiedergeburten und/oder Ausländern bestand.

Yugi mit seinen magentafarbenen Kulleraugen, deren Farbe vermutlich ein Gendefekt zugrunde lag, von dem auch sein Großvater betroffen war.

Kaibas stahlblaue Seelenspiegel.

Mariks Augen. Amethystfarben. Mit schwarzem MakeUp betont.

Und Anzus große, aufmerksam dreinblickende, himmelblaue Augen.

Dagegen wirkten wir... wirkte ich fast schon langweilig, wären da nicht meine silbernen Haare, auf die ich im Geheimen doch sehr stolz war. Ich hatte sie wachsen lassen, bis sie sich endlich mit einem Zopfgummi bändigen ließen.

Anders als die meisten musste ich weder auf schrille Klamotten noch auf grelle Tuben-Haarfarbe zurückgreifen, um aus der Masse zu stechen. An mir war alles echt. Und trotzdem anders.

Dieser Tatsache (gefolgt von meiner Bildung) hatte ich schon immer diverse Bewunderer zu verdanken; früher hauptsächlich weiblichen Geschlechts, heute zu fast gleichen Teilen gemischt. Nicht dass ich ein Problem mit Okama* hatte - mit Atemu, dem man seine Orientierung gar nicht anmerkte, wenn man es nicht wusste, war ich sogar mehr oder minder befreundet. Es war nur... nicht meins.
 

Kalter Wind kam auf und riss mich aus meinen immer weiter abschweifenden Gedanken; erinnerte mich daran, dass ich noch immer an der Kreuzung stand und wohl schon zum 3. Mal meine Chance, sie zu überqueren, verpasst hatte.

Auf den gigantischen Bildschirmen der mich umgebenden Hochhäuser wurde über der laufenden Werbung eine Sturmwarnung eingeblendet und wie auf Abruf jagte mir plötzliche eine kalte Böe unangenehme Gänsehaut über den Körper.

Irgendetwas würde heute passieren, dessen war ich mir sicher...

Ich spürte so etwas einfach, ob ich wollte oder nicht.
 

Elektrisches Summen und das Geräusch zahlloser Schritte.
 

Dieses Mal schloss ich mich der Menschenmenge an, trieb zusammen mit der Masse über die große Kreuzung des Dominoer Stadtzentrums, als ich aus den Augenwinkeln heraus plötzlich einen silbernen Haarschopf registrierte.

Das konnte nicht... durfte nicht...

Hastig wandte ich mich um.

Doch dort, wo ich im ersten Moment mein ehemaliges zweites Ich befürchtet hatte, stand nur ein alter Mann und lächelte sanft und weise in meine Richtung.

Ich erwiderte seine freundliche Miene und verbeugte mich leicht, ehe ich meinen Heimweg fortsetzte.
 

Nur wenige Stunden später war auch das letzte bisschen Sonne hinter einer schweren, tiefgrauen Wolkenwand verschwunden und die Bäume bogen sich ächzend im Sturmwind. Ich verfolgte das Naturschauspiel von der Fensterbank aus - in eine weiche Decke gehüllt mit einem guten Buch auf dem Schoß und duftendem Tee, der meine kalten Hände angenehm wärmte.
 

Meine Wohnung lag direkt am äußersten Zipfel des Stadtparks, an dessen andere Seite wiederum das Gelände der lokalen Grundschule grenzte, um welches sich nun zahllose Autos versammelt hatten, in die die besorgten Eltern ihre Sprösslinge drängten, um sie vor dem Unwetter in Sicherheit zu bringen.

Ich selbst hatte angesichts der Sturmwarnung beschlossen, lieber gleich daheim zu bleiben anstatt mich auf dem Weg zur Universität davonwehen zu lassen...

Ganz anders als irgend so ein armer Irrer dort draußen, der zwar wie alle anderen sein Kind abholte, jedoch als einziger ohne Auto angereist war. Wie unvernünftig konnte ein einzelner Mensch sein? Oder sollte ich besser fragen: Wie dumm?
 

Inzwischen zuckten auch schon die ersten Blitze am Himmel und tonnenschwerer Donner rollte über die Stadt hinweg.

Das bemitleidenswerte Kind, das zu diesem Verrückten gehörte, hatte bereits Schwierigkeiten sich auf den Beinen zu halten. Schließlich nahm sein Vater es huckepack, wandte sich von der Schule ab und begann, gegen den stetig an Kraft zunehmenden Wind anzurennen, als handele sich bei der ganzen Aktion um ein lustiges Spiel.

Als ich noch klein war, trug mein Vater mich auch oft auf seinem Rücken herum. Wenn ich wollte, dass er nach rechts lief, dann musste ich nur an der entsprechenden Stelle an seinem Kragen ziehen. Dasselbe bei der anderen Richtung. Zum Anhalten hielt ich ihm die Augen zu; zum Beschleunigen stupste ich mit den Fersen in seine Seiten. Wie alle Kinder genoss ich es, jemanden so herumkommandieren zu können.

Scheinbar ging es dem Sprössling des Irren genauso. Immer und immer wieder trieb die kleine Gestalt ihren Vater an und zerrte an seiner tief ins Gesicht gezogenen Kapuze, lenkte ihn gefährlich nah an den schwankenden Bäumen entlang und dachte gar nicht daran das Reiterspiel aufzugeben.
 

Nun, da die zwei etwas näher gekommen waren, vermutete ich, dass der Ältere wahrscheinlich doch nicht der Vater sondern der große Bruder war. Zumindest sprach seine recht unkonventionelle Kleidung dafür (mal abgesehen von dem kindischen Benehmen). Trotz strömenden Regens trug er Jeans und Turnschuhe und der von weitem wetterfest scheinende Kapuzenmantel hielt wohl auch nicht wirklich, was er versprach.

Ich hätte es mir gleich denken können. Kein halbwegs normaler Vater würde unter diesen Umständen Pferdchen spielen... außerdem erklärte das auch das Fehlen eines fahrbaren Untersatzes.

Wieder zog das Kind an der Kapuze und dieses Mal schaffte es es, sie seinem Spielgefährten herunterzuziehen.
 

Ich blieb stumm und trank genüsslich einen Schluck Grünen Tee, obwohl mein Herz tatsächlich für einen Moment aussetzte, als Yorus helle Mähne wie eine silberne Flamme vom Wind erfasst und zum Tanzen gebracht wurde.

Und er dies mit einem ergreifend schlichten Lachen quittierte.

His( S)tory

Nicht jeder kennt unsere Geschichte und somit weiß auch nicht jeder, wer Yoru ist. Nicht einmal ich weiß es. Aber ich weiß, was er einmal gewesen ist und vielleicht kann ich damit dem einen oder anderen helfen, die in dieser Erzählung beschriebenen Ereignisse ein wenig besser zu verstehen.

Es sollte wohl noch vorweg erwähnt werden, dass ich schon immer einen gewissen Hang zum Okkultismus hatte. Ich denke, dass er es auch war, der es mir überhaupt ermöglichte, all das Geschehene zu verarbeiten und als die Realität zu erkennen, die es war, ist und vermutlich immer sein wird.
 

Yoru (sein richtiger Name geriet bereits vor einigen Jahrtausenden in Vergessenheit) war eine ruhelose Seele, die einst ihren Weg durch alle möglichen und unmöglichen Zufälle zu mir gefunden hatte. Und wie es ruhelose Seelen - die nach langer Suche endlich einen potentiellen Wirt vor sich haben - nun einmal zu tun pflegen, setzte er sich in mir fest.

Als "Medium" diente ein altägyptisches Schmuckstück, dessen Herstellungskosten an die 100 Menschenleben betrug: Der Millenniumsring. Ein Geschenk, das mein Vater mir vor langer Zeit von einer seiner Ausgrabungen mitgebracht hatte - nicht ahnend, welchen Fluch er mir damit auferlegte.

 

Nach dem Tod meiner Eltern und meiner kleinen Schwester Amane nahmen meine Großeltern mich, besser gesagt uns, bei sich auf und trotz des klaffenden Lochs, das der Verlust meiner engsten Familie in mein Leben gerissen hatte, verlebte ich ein paar sehr schöne Jahre bei ihnen. Bis...

Ja, bis Yoru sich eines Tages ohne erkennbaren Grund von mir distanzierte.

Er redete fast eine Woche nicht mehr mit mir, übernahm plötzlich immer öfter ohne Erlaubnis die Kontrolle über meinen Körper und stellte nichts als Unsinn an. Er schwänzte den Unterricht, verwüstete mein Zimmer, beleidigte meine Großeltern und all meine Freunde und forderte die gefährlichen Typen an meiner Schule zu Prügeleien heraus, die ich dann widerum live, unzensiert und ohne Betäubung miterleben "durfte".

 

Nach dem dritten Schulwechsel hatte ich genug. Ich war es leid, Großmutter und Großvater um mich weinen zu sehen und ihnen auf der (ohnehin nicht allzu prall gefüllten Brief-)Tasche zu liegen. Ich packte meine Sachen und kletterte in einer Nacht- und Nebelaktion zum Fenster heraus. Mein Ziel: Domino, der Ort meiner Geburt.

Auf Yoru, der laut eigener Aussage nichts als Verachtung für mich übrig hatte, konnte ich nicht zählen. Ich musste allein eine Bleibe für uns suchen und ohne das Geld, das meine Eltern mir hinterlassen hatten und auf das ich ab meinem 15. Lebensjahr auch endlich zugreifen konnte, wäre es wohl unmöglich gewesen, über die Runden zu kommen.

Schließlich lernte ich meine Freunde kennen, unter ihnen auch Yugi Muto; der einzige, der meine Situation wenigstens ansatzweise verstand - hatte er selbst doch auch einen altägyptischen "Untermieter", der in unbeaufsichtigtem Zustand nichts als Chaos anrichtete.

 

Es geschahen noch einige Dinge, auf die ich hier nicht näher eingehen möchte, doch schließlich endete es damit, dass Atemu - Yugis zweites Ich - und Yoru eigene Körper bekamen. Der gelangweilte Leser wird nun denken, dass damit alle Probleme gelöst waren... und er hat in gewissem Sinne Recht.

Sieht man davon ab, dass Yorus erste selbstständige Aktion darin bestand, sich wie ein zurückgebliebener Teenager zu betrinken und nicht nur mit einem Messer auf mich loszugehen, sondern auch noch mit unserer Einrichtung nach mir zu werfen, dann herrschte wohl wirklich Friede-Freude-Eierkuchen. Ich hatte Glück, dass er in seinem Zustand kaum in der Lage war zu zielen, und so hatte ich kurz darauf die Möglichkeit, diesen gemeingefährlichen Irren vor die Tür zu setzen.

 

 

Der letzte Stand der Dinge?
 

Wieder nein.

 

Ich hatte fast 18 Jahre meines Lebens mit dieser launischen Existenz verbracht - hin und wieder schöne, meist aber schmerzhafte Zeiten - und so kam ich nicht umhin, mir doch Sorgen um ihn zu machen. Wie nach obigen Ausführungen wohl für jedermann ersichtlich, handelte es sich bei Yoru nicht gerade um die vernunftbegabteste Person.

Kurz und gut: Die meiste Zeit verhielt er sich einfach nur impulsiv und dumm. Und als ich nach mehreren Wochen immer noch nichts von ihm gehört hatte, machte ich mich auf die Suche.

Den Anblick, den er mir bot, als ich ihn in seiner heruntergekommen Bruchbude endlich ausfindig gemacht hatte, werde ich wohl nie vergessen - ebensowenig den grauenhaften Gestank nach Abfall und Urin, der seiner Wohnung anhaftete (sofern man diese Räumlichkeiten überhaupt als Wohnung bezeichnen konnte...).

Ich tat das einzig Richtige: Ich verriegelte die Tür und wartete ab. Nachdem der "dreckigste" Teil seiner Entzugserscheinungen vorüber war (der nebenbei bemerkt mehrere Tage dauerte und mich zwang, bei Geschrei, Würgegeräuschen und unangenehmen Gerüchen aus einem verkalkten Wasserhahn zu trinken und Dosenfleisch zu essen) schleppte ich meine heruntergekommene zweite Seele zu mir nach Hause und mich selbst endlich wieder in die Schule.

 

Er blieb bei mir.

 

Wir lernten ganz neu, uns miteinander zu arrangieren. Ich beendete die Schule und konzentrierte mich anschließend aufs Studium, während er aus mir unbekannten Quellen ausreichend Geld heimbrachte, um uns über Wasser zu halten. Später organisierte er auf mir ebenfalls unerklärliche Weise ein Haus, das dem meiner inzwischen verstorbenen Großeltern bis auf die letzte Zimmerecke glich und mir somit von Anfang an ein gewisses Gefühl von Heimat vermittelte. Ob er das geplant hatte, oder ob es nur ein alberner Zufall war, wird wohl auf ewig ein Rätsel bleiben.

Ein paar Jahre lang lief alles soweit gut, wenn man Yorus stetig seltsamer werdendes Verhalten nicht mitrechnete, durch das wir uns langsam aber sicher endgültig zu entfremden drohten.

Irgendwann, nach einer Reihe unglücklicher Ereignisse, an denen mein bereits erwähnter Hang zum Okkultismus nicht ganz unschuldig war, verließ er mich. Einfach so und ohne Erklärung.
 

Diesmal der letzte Stand der Dinge?
 

Ja.
 

Ich hatte eine Weile gebraucht, um mich daran zu gewöhnen, aber alles in allem kam ich auch sehr gut allein zurecht, war erwachsen geworden.

Wer oder was gab meiner einstigen zweiten Seele also das Recht, urplötzlich in mein Domino zurückzukehren - und dann auch noch mit einem mysteriösen Kind im Schlepptau?

Wie sollte ich Antworten auf diese Fragen finden, ohne in Kontakt mit Yoru treten zu müssen?

Ich wollte eigentlich nichts mehr mit ihm zu tun haben.

 

Er hatte mich einfach so im Stich gelassen, mich dazu gezwungen, mir neben dem Studium einen Job zuzulegen und in ein kleines Appartement umzuziehen. Mein Privatleben litt unter diesem plötzlichen Zeitverlust und es dauerte ein paar Monate, bis ich mich finanziell wieder gefangen hatte... ganz zu schweigen von dem seltsamen Gefühl, nachhause zu kommen und genau zu wissen, dass dort niemand auf einen wartete und auch nach fortgeschrittener Stunde keiner auftauchen würde...

Aber wie bereits erwähnt, ich gewöhnte mich recht schnell daran und legte es auch nicht wirklich darauf an, irgendetwas an meiner Situation zu verändern.

Ich war einfach bloß neugierig.

Ich gewöhnte mir an, die Schule zu beobachten - morgens, wenn die Kinder hineinströmten und, sofern es sich zeitlich ergab, auch nachmittags, wenn sie sie wieder verließen.

 

Yoru war jeden Tag da.

 

Er brachte das Kind bis zum Eingang des Parks und holte es dort auch wieder ab, unterhielt sich auf dem Weg angeregt mit ihm, lachte viel... lächelte manchmal sogar...

Ich fing an zu zweifeln, ob er es wirklich war. Natürlich sprachen die silbrig schimmernden Haare, die helle Haut, die schlanke Gestalt und seine für sein Alter recht jugendliche Kleidung dafür, aber sein Verhalten... Ich kannte ihn schließlich. Ich wusste genau, wie er sich bewegte, wie er seine Worte mit mitunter ausladenden aber doch stets eleganten Gesten zu unterstreichen pflegte... Nicht zu vergessen, wie sehr er Kinder hasste.

Wer war dieser Mann, der meiner früheren zweiten Seele so sehr ähnelte?

Ein Verwandter? Möglich, wenn auch unwahrscheinlich.

Ich ertappte mich dabei mir zu wünschen, dass es doch Yoru war - er sollte ruhig sehen, wie gut es mir ohne ihn ging, dass ich nicht auf ihn angewiesen war und dass die Rolle, die er in meinem Leben zu spielen geglaubt hatte, nicht halb so groß gewesen war, wie er vermutlich immer angenommen hatte.
 

Dementsprechend hielt sich mein Schrecken auch in Grenzen, als ich einige Wochen später auf dem Heimweg eine Abkürzung durch den Park nahm und ihn und das Kind auf der Schaukel des dortigen Spielplatzes vorfand. Wieder einmal waren beide in ein leises Gespräch vertieft, auch wenn ich genau wusste, dass sie mich längst bemerkt hatten... dass e r mich längst bemerkt hatte...

Erst jetzt fiel mir auf, dass sein Haar nur bis zu den Schultern reichte und weniger silbern denn grau wirkte. Er trug es trotzdem stolz und offen zur Schau, ebenso die breite, unregelmäßige Narbe an seinem Hals, die jeder andere wohl mit einem Rollkragen oder Schal zu verdecken versucht hätte... nun ja... jeder außer Yoru, der schon immer eine alberne Vorliebe für eher unästhetischen Körperkult bewiesen hatte, so dass es mich beinahe wunderte, dass er nicht gleich nackt mit einem Ganzkörpertattoo herumlief, wobei dieses wahrscheinlich für seine Verhältnisse einfach nur einen zu engen Bezug zur japanischen Kultur gehabt hätte.

 

Er lachte. Ein Zungenpiercing. Ich konnte mir nur schwer ein Augenleiern verkneifen. In gewissen Dingen war er doch schon immer mehr als nur durchschaubar gewesen...

Und auch sonst erinnerte seine Aufmachung eher an einen Teenager als an einen Mann in den mittleren Dreißigern, angefangen bei den verwaschenen Bluejeans, dem schwarzen T-Shirt, auf dem vermutlich das Logo irgendeiner Hardcore-Metal-Band prangte, über den offenen, grauen Kapuzenpullover und die darüber liegende Jeansjacke hinweg bis hin zu den billigen und nahe am Ver- beziehungszweise Zerfallsdatum liegenden Turnschuhen.

Und das Kind... tja... so wie man sich eben ein Kind vorstellte, das sich freiwillig mit Yoru abgab: Kurze schwarze, mit Schlüsselketten behängte Hosen, schwarze Lederboots, der aktuellen Mode entsprechend bunt geringelte Strumpfhosen, ein dünnes rotes Kapuzenshirt und eine - oh Wunder - schwarze Lederjacke. Er zog sich also eine kleine Gruftiebraut heran... oder einen Gruftibräutigam... so genau konnte ich das nicht erkennen. Dazu blasse, an Porzellan erinnernde Haut und pechschwarzes Haar.

 

Die Frage, ob Yoru vielleicht in den vergangenen Jahren seine pädophile Ader entdeckt hatte, kam in mir auf und je länger ich darüber nachdachte, desto logischer erschien es mir. Wenn ich mich recht erinnerte, hatte damals doch Nabokovs 'Lolita' zu seiner Lieblingslektüre gehört... Ein faszinierendes Werk, das ich vor nicht allzu langer Zeit in einem meiner Kurse behandelt hatte und das ich, aufgrund seiner Einmaligkeit in Bezug auf die Art der Abhandlung dieser recht riskanten Thematik, sehr schätzte - im Gegensatz zu meiner früheren zweiten Seele, die sich vermutlich einfach nur daran aufgegeilt hatte, wie eigentlich an allem, was irgendwo verboten war. Unsere Interessengebiete ähnelten sich, aber die Weise, in der wir uns mit den Themen auseinandersetzten, wich schon seit jeher sehr voneinander ab.
 

Ein Lächeln.

Ein kühles und zugleich fast liebevolles, überhebliches Lächeln, das diesmal nicht dem Kind sondern mir galt, und wahrscheinlich den Anschein erwecken sollte, ich wäre auf ihn zugekommen und nicht umgekehrt. Wenn er sich dadurch besser fühlte...

Seine Stimme war rau und sanft zugleich, weicher als ich sie in Erinnerung gehabt hatte und der Blick, mit dem er mich musterte, stand ihr in nichts nach.
 

"Hallo, Ryou..."

Twilight

Es war seltsam, ihn wieder auf 'unserer' Couch sitzen zu sehen, die ich vor ein paar Jahren bei meinem Umzug in die neue Wohnung mitgenommen hatte. Und noch seltsamer war der Anblick seiner Tochter, die an ihn gelehnt in einem meiner Bücher, einem Sherlock Holmes Sammelband, schmökerte und nicht einen Funken Reue für ihren inzwischen aufgedeckten Diebstahl meines Portemonnaies zu empfinden schien.

 

Yoru selbst hatte sich noch stärker verändert, als ich im ersten Moment realisiert hatte. Abgesehen von der neuen Frisur wirkten seine Gesichtszüge erwachsener, reifer... seine nach wie vor schlanken aber muskulösen Arme ließen auf einen kräftigen und drahtigen Körper schließen. Trainierter als der meine.

Am befremdlichsten erschien mir jedoch der ruhige, beinahe schon sanfte Ausdruck in seinen Augen und hätte ich es nicht besser gewusst, ich hätte mich wohl dazu hinreißen lassen, es als einen Hauch von Seelenfrieden zu bezeichnen. Doch Seelenfrieden und Yoru waren zwei verschiedene Welten, die nichts miteinander gemein haben konnten - egal ob mit oder ohne Kind.
 

"Du fragst mich überhaupt nicht über die Kleine aus. Wie kommt's?"

Scherzkeks. "Sofern du nicht noch irgendwo eine glückliche Ehefrau und ein bereits abbezahltes Einfamilienhaus versteckt hast, gehe ich davon aus, dass die Geschichte nichts für Minderjährige ist. Du kannst sie mir später erzählen."

Eines dieser für ihn typischen, abschätzigen Lächeln schlich sich auf seine Lippen. "Mein Mädchen weiß bereits alles über mich, was es wissen muss, und ihre eigene Geschichte gehört definitiv dazu."

"So so... Gut, dann würde mich nun auch mal interessieren, woher du auf einmal eine Tochter hast. Wer ist ihre Mutter?"

"Eine flüchtige Bekanntschaft. Ich weiß nicht genau, wann ich sie getroffen habe, aber rechnerisch gesehen müsste es vor ziemlich genau zwölf Jahren gewesen sein."

 

Vor zwölf Jahren...? Aber damals...

 

"Und da ich nach meinem Ausbruch von dir erst mal die Finger von diesem Drogenscheiß gelassen habe, schätze ich, dass sie und ich schon kurz vorher etwas miteinander hatten. Im Sommer, nachdem... du weißt schon."

 

Aber sicher wusste ich. Amane. Wie freundlich von ihm, zumindest diese pikante Geschichte nicht vor dem Kind auszurollen.

 

"Auf jeden Fall stand sie eines Tages plötzlich vor meiner Tür. Ich erinnere mich sogar noch ganz gut daran. Es war Herbst, fast schon Winter, und schweinekalt draußen. Mir ging's ziemlich beschissen, hatte am Vorabend zu viel getrunken und dann taucht wie aus dem Nichts eine Frau auf, die behauptet, irgendwann mal mit mir im Bett gewesen zu sein und dass das Kleinkind an ihrer Hand von mir wäre und so weiter." Ein kurzes Schmunzeln folgte. "Ich hab ihr einen Vogel gezeigt und die Tür vor der Nase zugeknallt, aber sie hat mich immer weiter genervt. Irgendwann war ich dann so angepisst, dass ich ihr gedroht hab. Richtig, meine ich. Aber sie hat bloß gelacht und gemeint, dass ihr das bloß recht wäre, immer noch besser als langsam zu krepieren. Am Ende kam raus, dass sie Aids oder so was in der Richtung hatte."

 

Nun war ich mir auch ziemlich sicher, welchem Beruf diese "flüchtige Bekanntschaft" wahrscheinlich nachgegangen war.

 

"Ich bin nicht so bescheuert, wie du vielleicht manchmal denkst. Ich hab dem Präsidenten ein Bündel Scheine, die er eh nicht braucht, und ein Paar Haare von der Kleinen und mir geschickt. Neunundneunzig Komma Bla Prozent. Als der Brief endlich kam, war die Frau weg - und das Kind noch immer da."

 

"Und du hast es einfach so behalten? Freiwillig?" Die Story kam mir eher wie ein hübsches Märchen vor und weniger wie ein wahrheitsgetreuer Tatsachenbericht. Dass "das Kind" uns beiden zuhörte, hatte ich inzwischen erfolgreich auszublenden geschafft.

 

"Erst wollte ich sie natürlich loswerden. Ich konnte und kann schreiende Bälger nicht ausstehen. Aber sie war mein Balg, mit meinem Blut in den Adern. Es klingt bescheuert, aber das ist tatsächlich was ganz anderes. Damals war es bloß ein komisches Gefühl, jetzt finde ich es irgendwie total klasse. Und wenn ich mir vorstelle, dass irgendwelchen verkappten Langweiler aus meinem Fleisch und Blut einen Spießer machen... oder dass sie Pech haben könnte und so werden würde wie du..."

 

Ich verkniff mir das gelangweilte Augenrollen.

 

"... da hab ich sie kurzer Hand selbst behalten. Da ich sowieso schon mal dabei war, mit dem Präsidenten Briefkontakt aufzubauen, hab ich gleich ein paar Papiere angefordert. Er musste nicht mal welche fälschen, sondern nur ein wenig rumforschen - vielleicht hat das auch seine Frau gemacht, keine Ahnung... Wer hätte gedacht, dass sich Kontakt zu so einem auch dann auszahlt, wenn man ihn nicht um Bargeld erleichtert?"

 

Das fragte ich mich auch gerade. Kaibas unverhofft soziale Aktion, Geburtsurkunden für Yoru und Atemu zu fälschen, war eine Sache, aber so viele Gefallen... und dann auch noch für mein ehemaliges zweites Ich... Irgendwas stimmte da nicht. Die Geschichte war zu glatt, alles lief zu rund und wieso erfuhr ich erst jetzt, dass Yoru Vater war, während Kaiba über die Angelegenheit bereits seit mindestens 10 Jahren im Bilde war?

 

"Ich war ziemlich am Arsch, bevor die Frau mit der Kleinen aufgetaucht ist." Yorus Blick, der eben noch auf seiner Tochter gelegen hatte, wandte sich plötzlich mir zu. "Die Kleine war und ist mein einziges Licht in der Dunkelheit, Ryou. Deshalb habe ich sie Akari genannt."

 

 

Das hatte gesessen.

 
 

Nicht, dass ich Wert darauf legte, sein Licht, sein Hikari zu sein, aber ein schmerzhaftes Stechen in der Brust erinnerte mich daran, dass diese Bezeichnung einmal Bedeutung für mich gehabt hatte.

Für uns.

Aber uns gab es nicht mehr, nur noch ihn und mich.

Er hatte mich damals einfach so verlassen, obwohl ich drauf und dran gewesen war, ihm alles zu verzeihen.

Wahrscheinlich erinnerte er sich nicht einmal mehr daran.

Allgemein schien er negative Erfahrungen schnell zu vergessen. Dabei war es die Vergangenheit, die den Charakter eines Menschen, seine Denkweise und sein Handeln formte. Vermutlich war das auch der Grund, warum Yoru statt Würde und Charakter einfach nur ein übergroßes Ego besaß, dessen Ausmaße wahrscheinlich nicht einmal er selbst überblicken konnte. Immer dachte er nur an das Hier und Jetzt. Die Zukunft würde sicher toll werden, immerhin war er selbst ja auch ganz toll. Wen interessierten da noch Klimawandel, Energiekrise, Seuchen, Kriege, Überhand nehmender Kapitalismus oder die Gefühle anderer Menschen?

Der Anblick dieses geisteskranken Optimisten und seines kleptomanischen Kindes bereitete mir langsam aber sicher Kopfschmerzen.

Warum war er zurückgekehrt? Um mir auf der Nase herumzutanzen á là "Ätsch, mir geht es super und dir ganz sicher nicht!"?

 

 

Das Gespräch verebbte bald, ohne dass auch nur eine meiner Fragen zufriedenstellend beantwortet worden wäre.
 

Die beiden verabschiedeten sich und ließen mich, genauso schlau wie vorher aber mit einer Lücke in meinem Bücherregal und unzähligen, wild in meinem Kopf umher schwirrenden Gedanken, allein zurück.

Ich beobachtete sie vom Fenster aus noch eine Weile, wie sie erneut den Spielplatz aufsuchten, an dem ich sie auf meinem Heimweg getroffen hatte, und dort auf der Bank nun gemeinsam in dem mir entwendeten Buch herumblätterten.

Diesmal glaubte ich trotz der Entfernung problemlos die schwarzen Strähnen in seinem einst makellos silbernen Haar ausmachen zu können, ebenso die ersten Ansätze kleiner Fältchen an seinen Augen- und Mundwinkeln. Sein konzentriertes Stirnrunzeln. Als er schließlich resigniert den Kopf schüttelte und aus der Brusttasche seiner Jeansjacke eine Brille hervorzog und aufsetzte, huschte unwillkürlich ein kleines Lächeln über meine Lippen und meine Fingerspitzen fuhren abwesend am Bügel meiner eigenen Sehhilfe entlang.

So sehr er sich vielleicht auch zu verändern versuchte, unsere Körper waren und blieben die eineiiger Zwillinge. Wir teilten dasselbe Blut, dieselben Gene...
 

Vor ein paar Jahren noch war ich sogar der Überzeugung gewesen, selbst unsere Seelen wären zwei Seiten derselben Medaille.

Ein Gedanke, der mich heute nur noch ein bitteres Schmunzeln kostete.
 

Yoru hatte mich verraten. Genauso, wie ich ihn seinerzeit verraten hatte, indem ich Amane zurück ins Leben gerufen hatte, um der Einsamkeit, die mich trotz seiner Anwesenheit nicht loslassen wollte, zu entfliehen. Wie hätte ich ahnen sollen, dass sie sich mehr für ihn als für mich interessieren würde? Ich hatte sie aus meinen Erinnerungen erschaffen, sie hätte nur für mich da sein sollen... doch stattdessen war sie die ganze Zeit an seiner Seite gewesen und sorgte damit dafür, dass nicht nur sie sich mir entzog, sondern auch er sich immer weiter von mir entfernte. Also ließ ich sie wieder verschwinden.

Doch in dem Moment, in dem ihre Knochen an den aus der stürmischen See ragenden Felsen zerschellten, zerbrach auch das letzte bisschen von dem, was Yoru und mich einst verbunden hatte.
 

Er ging.
 

Rückblickend betrachtet vermutlich das Beste, was mir je passieren konnte, aber damals... Damals hatte es sich grauenhaft angefühlt. Als wäre ein Teil meiner Selbst gestorben. Es dauerte lange, bis ich mich daran gewöhnt hatte, allein zu sein, und mich aufraffen konnte, umzuziehen, mir einen bezahlten Job zu suchen und mein Studium wie geplant fortzusetzen. Meine so genannten Freunde waren mir dabei keine große Hilfe gewesen, aber etwas anderes hatte ich auch gar nicht erwartet.

 

Sie waren viel zu sehr mit ihren eigenen Problemen beschäftigt gewesen:

Yugi mit seinen unerwiderten Gefühlen für Anzu, die eine Zeit lang fast ausschließlich schwarz trug und sich immer mehr von ihren Freunden zurückzog, nachdem ihr Traum, in den Vereinigten Staaten eine Karriere als Tänzerin aufzubauen, aufgrund eines schlecht verheilten Knochenbruchs geplatzt war.

Atemu, der ohne die ständigen Duelle und die Suche nach seinen Erinnerungen - und vor allem ohne Yugis konstante Gesellschaft - orientierungslos einen Sinn in seinem neuen Leben zu finden versuchte.

Jounouchi, der trotz seiner damaligen Anstellung als Lagerarbeiter nur mühsam das Geld aufbrachte, um die Suchttherapie seines Vaters bezahlen zu können.

Honda mit seiner Fernbeziehung zu Shizuka, die zu jener Zeit ein Auslandssemester in Australien absolvierte und ihn um eine kleine Pause gebeten hatte, um entspannter "neue Erfahrungen" sammeln zu können.

Die Kaibabrüder, die nie so wirklich zu unserem Kreis gehört hatten, trotz der gemeinsam erlebten Abenteuer, aber mit denen uns doch eine entspannte Bekanntschaft verband. Allerdings nichts, das ausreichte, um einander in schweren Zeiten aufsuchen und Halt oder Unterstützung erwarten zu können. Sie hatten ihren milliardenschweren Konzern zu leiten, ich hatte meinen Stolz.

 

Jeder Mensch trug eine Mauer in sich, die sein verletzliches Innerstes schützte.

 

Manche dieser Mauern hatten ein Tor und ihre Herren den Schlüssel, um dieses nach Belieben öffnen und wieder schließen zu können. Die Herren anderer Mauern besaßen diesen Schlüssel nicht, sondern verbrachten ihr gesamtes Leben damit, darauf zu warten, dass jemand Fremdes ihn zu ihnen brachte. Der eine hatte Glück, der andere nicht. Wie das Leben nun mal so spielte.

Und dann gab es die, die ihren Schlüssel eigenhändig zerbrachen und die Überreste irgendwo verscharrten, weil sie ihn einfach nicht brauchten. So wie ich. Um mich herum existierten Menschen, denen ich wichtig war und die mich als ihren Freund sahen. Demnach war ich nicht allein. Wozu also meine Mauern öffnen, wenn ich einfach auf sie klettern und meinen Freunden von oben aus zuwinken und mit ihnen reden konnte, wo weder ich ihnen, noch sie mir weh tun konnten?

Yoru und Amane waren die einzigen, die es je bis an mein Innerstes heran geschafft hatten. Dass heute keiner von ihnen auch nur in die Nähe meiner Mauern kam, war allein der Verdienst meiner ehemaligen zweiten Seele. Gut möglich, dass er sich dessen voll bewusst und auch noch stolz darauf war.

Meinetwegen.

 

Inzwischen war ich ihm fast schon dankbar dafür.
 

Ich wandte mich vom Fenster ab, um mir einen Tee aufzusetzen.

Als ich einige Minuten später mit der wärmenden Tasse in meinen Händen zurückkehrte, war der Spielplatz leer und die Dämmerung hatte die Welt draußen in kühles Zwielicht gehüllt.

In Dependence

"Heh! Bakura!"

Um ein Haar hätte ich Mokuba, der mit einem breiten Lächeln zu mir aufholte, nicht erkannt, so sehr, wie er sich seit unserem letzten Treffen vor gut drei Jahren verändert hatte. Auch vor seinem Aufbruch in die Staaten hatte er seinen Bruder längst in Sachen Körpergröße nahezu eingeholt. Aber sein Teint war blasser gewesen, die Haare länger, sein Körper allgemein weniger muskulös. Am auffälligsten war jedoch sein wacher, aufmerksamer Blick. Er wirkte aufrichtig zufrieden mit sich; eine ungewohnte Kombination mit dem Nachnamen Kaiba.

Ich erwiderte sein Lächeln und verlangsamte meine Schritte. "Mokuba! Ich wusste nicht, dass du wieder in Domino bist."

Er zuckte mit den Schultern und grinste. "Bin auch erst gestern angekommen."

 

Ich sparte mir die Frage, warum er so viel eher als geplant zurückgekehrt war. Die Klatschblätter und sozialen Netzwerke waren überfüllt mit Artikeln über seinen Bruder und dessen, wie es schien, zunehmender Unfähigkeit die gemeinsame Firma weiter ordentlich zu führen. Sofern Mokuba noch etwas an der Kaiba Corporation lag, hatte er also keine andere Wahl gehabt, als heimzukommen.

Auch wenn er nicht den Anschein erweckte, sich groß an seinem Schicksal zu stören, so tat er mir trotzdem irgendwo leid.

Die Zeit im Ausland schien ihm gut getan zu haben. Ich bezweifelte, dass die Leitung der Kaiba Corporation in dem Ausmaß, wie sie zukünftig von ihm verlangt werden würde, das langfristig gesehen auch tun würde.

 

Lächelte trotzdem weiter. "Und? Wie ist es dir im Land der Freiheit so ergangen? Irgendwas Spannendes erlebt?"

Sein Grinsen wurde breiter und ein stolzes Funkeln trat in seine Augen. Dann begann er, mir von seinen Abenteuern jenseits des Pazifiks zu berichten; von den teuren Hotels genauso wie von den Nächten auf dem Rücksitz eines alten Jeeps inmitten der Wüste von Arizona; von Besuchen in den Hauptquartieren einiger der mächtigsten Firmen des Planeten und vom Wiederaufbau von Siedlungen im Hurrikan geplagten, sumpfigen Südosten der Staaten, bei dem er selbst in der prallen Sonne den Hammer geschwungen und Baumaterial geschleppt hatte; von Vorlesungen, die er am berühmten MIT gehalten hatte und von mehreren Monaten, in denen er außer einer Hand voll Schlittenhunde und einem hungrigen Eisbären, der ab und an seine Hütte umkreiste, keine Gesellschaft in der Wildnis von Alaska gehabt hatte.

Die Worte sprudelten nur so in jugendlicher Begeisterung aus ihm heraus, doch gleichzeitig ließ es sich nicht ignorieren, wie viel reifer er in der kurzen Zeit geworden. Wann immer das Thema Politik (meistens im Zusammenhang mit deren Versagen) aufkam, verlor seine Stimme keineswegs an Leidenschaft, aber es war deutlich zu spüren, dass er wusste, wovon er sprach.

 

Er war erwachsen geworden.

 

Ich freute mich, endlich mal wieder einen interessanten und ebenbürtigen Gesprächspartner zu haben, auch wenn seine Geschichten ein wenig Fernweh in mir auslösten. Aber wahrscheinlich würden wir in Zukunft ohnehin nur selten dazu kommen, uns zu treffen.

 

Vielleicht auch besser so.

 

Unsere Unterhaltung fand erst ein Ende, als wir an einem recht hochklassig wirkenden Fahrradladen vorbeikamen, der sich als Mokubas eigentliches Ziel seines Ausflugs in die Stadt herausstellte. Wir verabschiedeten uns, logen uns etwas davon vor, uns baldmöglichst mal wieder zu sehen, dann trennten unsere Wege sich.

 

Ich erwischte mich bei der Frage, in welche Ecken der Welt es Yoru wohl in den vergangenen Jahren so verschlagen hatte.

Und schalt mich innerlich dafür.

Ich würde einen Teufel tun und ihn danach fragen. Oder allgemein Interesse jedwelcher Art an ihm, seinem Leben, seinen kruden Gedanken oder auch nur seinem Kind bekunden. Nicht aus geheucheltem Mangel an Neugier, sondern weil er diese Aufmerksamkeit schlichtweg nicht verdient hatte.

 

 

Selbstverständlich liefen wir uns wenige Straßen weiter dann auch prompt über den Weg. So als hätten gerade meine Bemühungen, mich nicht mit ihm zu beschäftigen, ihn heraufbeschworen.

Wie in den "guten alten Zeiten". Sogar ohne seine Tochter.

 

Etwas in mir verknotete sich unwillkürlich, als unsere Blicke sich begegneten - vermutlich weil ich erst kurz zuvor an ihn gedacht hatte. Vielleicht auch wegen dieses unheimlichen, ruhigen Lächeln, das über seine Lippen huschte, kaum dass er mich entdeckte.

"Hallo, Ryou."

Ich würde wohl mich nie daran gewöhnen, seine Stimme diesen Namen aussprechen zu hören. "Hallo, Yoru." Ich bemühte mich gar nicht erst, das Lächeln zu erwidern, und ärgerte mich ein wenig, dass ich nicht ebenfalls auf einen anderen, distanzierteren Namen für ihn zurückgreifen konnte. "Was verschlägt dich hierher? Wohnt ihr in der Nähe?" Die Frage war mir aller guten Vorsätze zum Trotz ganz automatisch herausgerutscht. Andererseits war sie nur fair, immerhin wusste er ja auch, wo ich wohnte.

Er schmunzelte leicht und nickte. Dann trat er neben mich, schob sich so nahe an mich heran, dass sein Kopf beinahe meine Schulter berührte, und deutete die Straße hinunter. "Wir wohnen dahinten, da wo früher der Güterbahnhof war. Im alten Stellwerkhäuschen."

Ich seufzte und brachte wieder etwas mehr Abstand zwischen uns. War ja klar, dass er selbst mit Kind nicht in einer ganz normalen Wohnung hausen konnte. Yoru war seit jeher unfähig gewesen, irgendetwas normal anzugehen. "Ich dachte, das wollten sie abreißen."

"Zu teuer. Die Miete ist dafür umso billiger."

Diesmal gelang es mir, mir weitere Fragen - wie in diesem Fall nach seinen Einkommensquellen - zu verkneifen.

"Du bist herzlich eingeladen, mal vorbeizukommen. Akari würde sich freuen."

Ich schnaubte. "Kann ich mir vorstellen. Vermutlich am meisten über den Inhalt meines Portemonnaies..."

Yoru runzelte unzufrieden die Stirn. "Stell dich nicht so an. Wenn du knapp bei Kasse bist, kann ich dir das Geld auch wiedergeben."

"Ich will kein Geld von dir. Ich will-" Ich stockte einen kurzen Moment lang, unsicher, wie ich fortfahren sollte. Dann schüttelte ich den Kopf und wandte mich mit einem "Ich will einfach nur wieder von dir in Ruhe gelassen werden" ab, ließ ihn einfach stehen und setzte meinen Weg zum Campus fort.

 

Er folgte mir nicht.

Auch ohne mich noch einmal umzudrehen konnte ich regelrecht vor mir sehen, wie er bloß schweigend die Hände in den Hosentaschen vergrub und mir nachblickte. Vermutlich wieder schmunzelte.

 

Ich verfluchte ihn.

 

Weil er irgendwie noch genau derselbe und gleichzeitig ein völlig anderer war.

 

Weil ich langsam wieder begann, ihn zu vermissen. Zum ersten Mal seit Jahren.

 

Und allem voran: weil er so verdammt überzeugend darin war, so zu tun, als würde ihm all das - die Rückkehr in diese Stadt, unser Wiedersehen - nicht das Geringste ausmachen.

 

Zumindest hoffte ich, dass er nur so tat.

 

 

Früher fiel es mir leicht, ihn einzuschätzen. Ich konnte zum Beispiel recht gut voraussehen, wann er wieder einmal kurz davor war, etwas Dummes zu tun. Nicht dass ich eine andere Wahl gehabt hätte. Er hatte mir früh beigebracht, dass ich nicht der Herr über mein eigenes Leben war; das einzige was mir blieb, um mich davon abzuhalten komplett daran zu zerbrechen, war mich darauf einzustellen. Sobald ich es geschafft hatte, dass mich sein Auftauchen und seine gelegentlichen Übernahmen meines Körpers nicht mehr erschreckten, war es... nun, nicht unbedingt besser, aber zumindest auszuhalten.

 

Erst nachdem wir uns meinen Körper nicht mehr teilen mussten, wurde mir so wirklich bewusst, wie groß der Schaden war, den Yoru in mir verursacht hatte. Doch anstatt meine neue Freiheit zu genießen, fühlte ich mich leer und unvollkommen.

Yugi vertraute mir einmal an, es wäre ihm ähnlich gegangen, dabei hatte er höchstens eine ansatzweise Vorstellung von dem, was in mir vorging. Wie lange hatten Atemu und er sich einen Körper geteilt? Eineinhalb Jahre? Zwei? Und den Großteil dieser Zeit hatten sie als gleichwertige Partner verbracht.

 

Yoru war zu dem Zeitpunkt, als ich Yugi kennenlernte, bereits mehr als 10 Jahre ein fester Bestandteil meines Lebens gewesen und hatte die meisten dieser Jahre damit verbracht, mich emotional zu missbrauchen und unseren, nein, meinen Körper zunehmend respektloser zu behandeln und anderen Leuten regelrecht als Punchingball vor die Nase zu halten.

Nachdem er seinen eigenen Körper erhalten hatte, wurde er dann auch selbst handgreiflich.

 

 

Bei der bloßen Erinnerung daran begannen meine Hände leicht zu zittern.

Ich redete mir ein, es wäre der nass-kalte Herbstwind, und vergrub sie in meinen Manteltaschen.

 

 

Vermutlich wäre es das Beste für alle gewesen, wenn ich ihn damals in seiner heruntergekommenen Junkie-Bude hätte verrecken lassen. Aber da war diese dumme kleine Stimme in meinem Hinterkopf, die mich an unsere Kindertage erinnerte und daran, wie sicher und, nun ja, geliebt ich mich damals gefühlt hatte, als er noch kaum mehr als ein halbtransparentes Spiegelbild von mir war, dessen einzige Mission es zu sein schien, herauszufinden, was mich zum Lachen brachte, wenn ich mich einsam und fehl am Platz fühlte.

Natürlich machte das nicht automatisch alles, was später geschah, wieder gut. Es machte ihn nicht einmal zu jemandem, dem man so etwas wie einen "guten Kern" zusprechen konnte.

 

Aber es machte ihn zu allem was ich hatte.

 

Ich hatte keine Familie mehr, nachdem inzwischen auch meine Großeltern gestorben waren, und meine Freunde mochten liebe Menschen sein, aber sie lebten gefühlt in einer völlig anderen Welt als ich. Ich dachte nicht einmal darüber nach wie es überhaupt weitergehen würde, wenn Yoru erst einmal clean war, ich wusste nur, dass ich auf keinen Fall zulassen durfte, dass er mich ebenfalls verließ.

 

Ich war emotional abhängig von ihm.

So wie er es auch von mir war, wie sich mit der Zeit herausstellte.

 

Vielleicht war es das, was es so leicht machte, zusammen zu bleiben, obwohl der gesunde Menschenverstand eigentlich das genaue Gegenteil nahe legte: Er war der einzige, der meine Abhängigkeit verstand. Mit der Zeit bekam ich sogar den Eindruck, wieder etwas von dem alten Yoru von früher zu sehen, von seinem Hunger nach meiner Zuneigung, und zum ersten Mal seit Ewigkeiten fühlte es sich wieder so an, als wären wir einander ebenbürtig.

 

Trotzdem dauerte es lange, bis ich nachts nicht mehr von Alpträumen geplagt hochschreckte. Bis ich nicht mehr aus purer Gewohnheit viel zu oft Pflaster und Verbände und Desinfektionsmittel kaufte bis ich irgendwann dazu übergehen musste, das ganze Zeug im Keller zu lagern. Bis ich es überhaupt ertrug, von ihm berührt zu werden, selbst wenn es sich nur um beiläufiges Anstupsen oder das Entfernen einer Fussel aus meinen Haaren, an die ich allein nicht herankam, oder, zu guter Letzt, einen flüchtigen Begrüßungskuss auf die Stirn handelte.

Ich vergaß jedoch nie, dass diese Zweisamkeit auf einem Fundament aus Missbrauch, Verzweiflung und Abhängigkeit errichtet worden war, und die Vorstellung, den Rest meines Lebens davon bestimmen zu lassen, mit ihm als einzigen Halt, machte mir einfach nur Angst.

 

Deshalb Amane.

 

Deshalb nicht mehr Amane, als die Möglichkeit, sie und er könnten mich eines Tages gemeinsam verlassen, immer wahrscheinlicher schien. Am Ende kam es dann trotzdem dazu.

 

Ich lernte, auf eigenen Beinen zu stehen und mir selbst genug zu sein.

 

Scheinbar tat er dasselbe.

 

Obwohl ich gehofft hatte, dass er der Kaputtere von uns beiden war, der, dem es nicht gelingen würde - oder zumindest der, den es mehr durcheinander brachte, sich plötzlich wieder gegenüber zu stehen. Auch wenn es selbstverständlich war, dass er damit besser klar kam, immerhin war er derjenige, der beschlossen hatte, nach Domino zurückzukehren, wer wusste vor wie vielen Wochen oder gar Monaten schon. Er hatte alle Zeit der Welt gehabt, sich darauf vorzubereiten, während ich von der Situation regelrecht vor den Kopf gestoßen wurde.

 

 

Ich seufzte leise und betrat das Universitätshauptgebäude, grüßte im Vorbeigehen ein paar Kollegen und Studenten, und steuerte auf mein Büro zu.

 

 

Ich kannte mich.

Über kurz oder lang würde ich Yoru und seine Tochter besuchen. Und wenn es nur war um derjenige zu sein, der die Kontrolle über den Zeitpunkt unseres nächsten Treffens hatte. Vermutlich würde ich mir aber einreden, es wäre zum Wohle des Kindes; um sicherzugehen, dass er die Kleine besser behandelte als mich einst. Auch wenn es mir eigentlich egal war.

Ich war kein guter Mensch.

 

Aber sonst hätte ich wohl auch nie so lange überlebt...

Pull

Ich war meinen Freunden nie wirklich böse gewesen, weil sie mich so oft im Stich gelassen hatten. Zu großen Teilen war ich schließlich selbst schuld, dass sie mich nie gut genug kennen gelernt hatten um merken zu können, wenn irgendetwas mit mir nicht stimmte - davon, dass ich sie zu Schulzeiten auch oft genug bei vollem Bewusstsein (wenn auch meist nicht uneingeschränkter Handlungsfreiheit) in Yorus Namen hintergangen hatte, mal ganz abgesehen.

Meiner Ansicht nach waren wir quitt und zwischen uns damit alles in Ordnung.

Natürlich bedeutete das nicht, dass ich nicht trotzdem hin und wieder ein kurzes Ziehen in meiner Brust spürte, wann immer ich erneut daran erinnert wurde, dass ich niemanden hatte, mit dem ich wirklich offen über alles reden konnte, auch wenn ich es eigentlich seit meiner Kindheit nicht anders kannte.
 

Atemu runzelte konzentriert die Stirn, während er den Inhalt einer Palette neuer DuelDisks ins Regal einräumte und dabei davon sprach, meinem ehemaligen anderen Ich am Vorabend begegnet zu sein. Aus dem Hintergrund war Yugis Stimme zu hören, die einer Gruppe Mittelschüler gerade bei der Auswahl des richtigen DuelMonsters Starter-Sets beriet; das Spiel schien wieder im Kommen zu sein, auch wenn der Hype bisher noch nicht die Ausmaße erreicht hatte, die er zu unseren Schulzeiten hatte...

 

Und in meiner Brust zog es unangenehm.

 

"War wirklich seltsam, ihm so über den Weg zu laufen... nun ja, eigentlich ist er ja eher mir über den Weg gelaufen. Ich hab ihm ein Bier ausgeschenkt, wir haben SmallTalk gehalten, er hat gezahlt und dann war er auch schon wieder weg." Atemu legte den Kopf schief und musterte das Ergebnis seiner Arbeit kritisch. Dann rückte er das Preisschild darunter gerade und wandte sich wieder direkt mir zu. "Hat er sich bei dir gemeldet?"

Ich zuckte mit den Schultern und lenkte den Blick auf die Würfel, die ich (eher als Alibi als weil ich wirklich vorhatte, sie zu kaufen) in der Hand hielt. "Wir sind uns eher zufällig begegnet, denke ich. Wobei man das bei ihm nie so genau wissen kann... Die Schule seiner Tochter liegt bei mir um die Ecke."

Atemu hielt in sämtlichen Bewegungen inne und starrte mich mit leicht geöffnetem Mund an, und auch ohne mich umzudrehen wusste ich, dass Yugi es ihm gleich tat.

Ich ließ ein möglichst entspanntes Lächeln sehen und blickte wieder auf. "So hab ich auch erst reagiert, als ich von ihr erfahren hab. Kann man sich nur schwer vorstellen, oder? Yoru als Vater. Aber soweit ich das nach unseren flüchtigen Treffen einschätzen kann, scheint das Kind in Ordnung zu sein. Es geht ihm gut, meine ich."

Hinter mir bewegte die Schülergruppe sich zur Tür und aus dieser hinaus. Wenige Momente später gesellte Yugi sich zu uns, was es mir unmöglich machte, seinem neugierig und irgendwo auch etwas besorgt wirkenden Blick weiter zu entgehen.

 

Ich baute mein Lächeln noch etwas weiter aus, auch wenn es erneut kurz in meiner Brust zog.

 
 

So gern ich die beiden auch mochte, ein kleiner kindischer Teil von mir würde ihnen vermutlich nie verzeihen, wie viel einfacher sie es damals gehabt hatten.

Ich erinnerte mich noch daran, wie Yugi auf einem der gelegentlichen Treffen unserer alten Clique einmal zu mir meinte, dass er und Atemu es zu den Zeiten, als sie noch einen gemeinsamen Körper hatten, vielleicht einfacher gehabt haben mochten, dafür hatten Yoru und ich es anschließend leichter gehabt.

Erst da war mir so wirklich bewusst geworden, dass meine Freunde in Wahrheit keine Ahnung hatten.

Sie hatten immer und immer wieder mitbekommen, wie Yoru mich benutzt und mindestens zweimal auch körperlich verletzt hatte. Aber da ich ihn nicht sofort aus meinem Leben verbannte, kaum dass er einen eigenen Körper erhalten hatte, schienen sie davon auszugehen, dass es "so schlimm" dann wohl auch wieder nicht gewesen sein konnte. In ihrer Wahrnehmung kamen wir ja plötzlich sogar besser miteinander aus als Atemu und Yugi.

 

Dass wir uns den Problemen, an denen die zwei beinahe gescheitert wären, vielleicht schlichtweg gar nicht erst zu stellen versucht hatten, kam ihnen gar nicht in den Sinn.

 

Atemu und Yugi dagegen kämpften.

 

Atemu kämpfte um einen eigenen Platz in unserer modernen Welt, gegen das Alleinsein, und irgendwer hatte irgendwo auch einmal etwas von Angstzuständen erwähnt. Zeitweise verließ er das Haus nur, wenn seine Freunde (oder zumindest Yugi) ihn direkt vor der Haustür abholten. Seiner Kleidung haftete des Öfteren der dumpfe Geruch von Marihuana an, und um Einschlafen zu können sah er sich Aufzeichnungen alter DuelMonsters-Turniere an und trank zu viel Bier, vertraute Yugi mir teils besorgt, teils enttäuscht damals einmal an.

Er hingegen kämpfte darum, wieder er selbst zu sein und auch als eigenständige Person wahrgenommen zu werden. Er bestritt Turniere, besuchte Spielemessen und nahm seinem Großvater mehr und mehr Arbeit im Laden ab. Auf die anfangs noch täglichen Besuche von Atemu dort reagierte er irgendwann allergisch. Es kam zum Streit. Beide litten. Der gemeinsame Freundeskreis saß zwischen den Stühlen. Es dauerte Jahre, bis die beiden lernten zu akzeptieren, dass der jeweils andere inzwischen ein anderer Mensch war als der, dem sie einmal näher als jeder andere gestanden hatten, und sich langsam wieder ganz von vorn kennenlernten.

 

Heute sahen sie sich nur noch ein bis zweimal in der Woche, wenn Atemu beim Sortieren der neuen Lieferungen half. Ansonsten arbeitete er als Barkeeper und schien, soweit ich das beurteilen konnte, mit seinem Leben zufrieden zu sein.

 

Beide schienen das.

 

Hin und wieder war es kaum auszuhalten. Ich beneidete sie nicht einmal um das, was sie miteinander verband, es fühlte sich für mich nur so... so völlig fremdartig an. Wie aus einer anderen Welt. Es war so unendlich weit von allem entfernt, womit ich mich auch nur ansatzweise identifizieren konnte, dass sich mir gelegentlich die Nackenhaare aufstellten.

 
 

Ich erzählte den beiden also von den flüchtigen Begegnungen mit Yorus Tochter und dem, was ich aus diesen über ihre Beziehung zu ihrem Vater schließen konnte; ihre kleptomanische Ader ließ ich dabei rein aus Reflex außen vor. Wie kaum anders zu erwarten interpretierten beide meinen Bericht scheinbar als einen erneuten Beweis dafür, dass jeder eine zweite Chance verdient hatte, und fanden nichts Beunruhigendes an der Vorstellung von einem Kind, das unter Yorus Obhut aufwuchs.

 

Wie angenehm das Leben sein musste, wenn man so einfach wie meine Freunde gestrickt war...

 

Die Ladentür öffnete sich und Anzu kam mit Einkaufstüten beladen herein. Yugi eilte ihr sofort entgegen, um ihr die Tüten abzunehmen.

Anzu nutzte diese Gelegenheit, um ihm einen flüchtigen Kuss auf die Lippen zu drücken und streckte sich anschließend erst einmal ausgiebig. "Ugh, ich glaub ich werde alt. Mein Rücken bringt mich um!" Erst dann entdeckte sie mich und schenkte mir ein aufrichtig erfreutes Lächeln. "Bakura! Schön dich zu sehen. Was treibt dich her?"

"Der andere Bakura-"

"Yoru." berichtigte ich Atemu, bemüht mir nicht anmerken zu lassen, dass ich mich bereits wieder ärgerte, das Thema ihm gegenüber überhaupt aufgebracht zu haben.

Atemu blinzelte kurz leicht aus dem Konzept gebracht, nickte dann aber und begann noch einmal von vorn. "Yoru ist wieder in der Stadt."

 

Anzus Augen weiten sich alarmiert - die erste rationale Reaktion, die ich auf diese Neuigkeiten bisher gesehen hatte.

 

"Und er hat ein Kind. Also, bei sich. Und das ist angeblich sogar sein eigenes!" setzte Yugi, der immer noch mit den Einkäufen beladen in der Tür stand, die den Laden mit dem Wohnbereich verband, hinzu.

 

Der blanke Horror, der sich bei diesen Worten in Anzus Miene wiederspiegelte, legte sich wie Balsam auf meine Seele.

Im Gegensatz zu dem Rest ihres Freundeskreises hatte sie meinem ehemaligen anderen Ich die vielen Male, die er sie alle bereits in Gefahr gebracht hatte, nie verziehen. Wobei, "verziehen" hatte ihm außer Atemu und Yugi eigentlich niemand so wirklich, aber selbst Jounouchi und Honda hatten irgendwann beschlossen, dass Yoru ohne den Millenniumsring keinerlei Bedrohung mehr darstellte. Nur Anzu hegte nach wie vor eine regelrecht erfrischende Antipathie für ihn, und das in einem Ausmaß, das sogar mich manchmal dazu verführte, ihn verteidigen zu wollen.

Nein, ernsthaft.

Wenn ich eines an Anzu schätzte, dann ihre Fähigkeit, ungesunde Gesellschaft zu erkennen und ihres näheren Umfeldes für unwürdig zu befinden - und auch bei dieser Entscheidung zu bleiben, sofern sie sich als gerechtfertigt herausstellte.

 

"Ein Kind."

 

Yugi nickte.

 

"Sein Kind."

 

Atemu nickte.

 

"Hat schon irgendwer das Jugendamt gerufen? Oder müssen wir erst seine Adresse herausfinden?"

"Bakura hat gesagt, der Kleinen geht es gut."

Anzus Blick fiel auf mich.

Ich verfolgte resigniert, wie sich dabei ihre rechte Augenbraue nach oben zog, und seufzte leise. "Nun ja, sie sieht gut genährt aus, er spricht..." Ich zögerte kurz, auf der Suche nach den richtigen Worten. "Er spricht respektvoll von und mit ihr, bringt sie jeden Tag zur Schule und holt sie auch wieder ab... Sie lachen miteinander."

"Das muss nichts heißen, du weißt nicht, wie es da hinter den Kulissen vielleicht zugeht!"

 

Sie hatte recht. Natürlich hatte sie das. Trotzdem spürte ich, wie mein Kiefer sich verkrampfte und meine Zähne beinahe zum Knirschen brachte. Ich weitete mein Lächeln noch etwas aus. "Ich kenne Yoru besser als jeder andere. Ich weiß, wie er ist, wenn er 'unlautere Motive' bezüglich jemandem hat. Und davon ist nichts zu merken. Und ich trau ihm zu, dass er sich nicht allzu blöd als Vater anstellt."

 

Anzu sah immer noch nicht so wirklich überzeugt aus, schien aber beschlossen zu haben, das Thema vorerst ruhen zu lassen und seufzte. "Nun gut. Wenn du meinst... du kennst ihn am besten." Sie ließ ein weiches Lächeln sehen und musterte mich neugierig. "Und dir geht's soweit gut? Wie läuft die Arbeit?"

"Gut. Hab ein bisschen Luft, bevor die Hausarbeiten-Phase wieder los geht und ich viel zu lesen und bewerten hab. Und bei dir?"

"Auch gut. Wir bereiten die Älteren momentan auf einen StreetDance-Battle übernächsten Monat vor." Ihre Hand legte sich auf ihren unteren Bauch, und auch, wenn ihr Lächeln weiter hielt, schlich sich doch etwas Wehmut in ihren Blick. "Wird vermutlich mein letzter sein. Zumindest für die nächste Zeit..."

Ich nickte verständnisvoll, erwiderte aber nichts.

 

Yugis Stimme aus Richtung der Treppe bewahrte unseren ins Stocken geratenen SmallTalk davor, sich zu einer peinlichen Stille weiter zu entwickeln. "Anzu?"

"Moment, ich komme!" Sie lächelte mir noch einmal zu, versicherte mir, wie schön sie es fand, mich mal wieder gesehen zu haben, dann war sie auch schon im Wohnbereich des Hauses verschwunden.

 

Atemu machte sich wieder daran, seine Arbeit fortzusetzen.

Ich legte die Würfel, die ich in meiner überraschend verkrampften Faust beinahe vergessen hätte, wieder zurück und massierte mir abwesend die Hand, auf der Suche nach einer möglichst unverfänglichen Verabschiedung.

"Ich hab ihm ein bisschen erzählt."

"Huh?"

Atemu musterte stirnrunzelnd das neue DuelDisk-Modell durch das Fenster seiner Verpackung. "Von dir. Was du so machst. Er hat nicht gefragt, aber..." Sorgfältig legte er die DuelDisk an den ihr zugedachten Platz, ehe er sich wieder mir zuwandte, dabei ein entschuldigendes Schmunzeln sehen ließ und leicht mit den Schultern zuckte. "Ich hatte den Eindruck, er hätte gern gefragt und wusste nur nicht wie. Wenn du verstehst, was ich meine. Also hab ich eben so nebenbei erwähnt, dass es dir gut geht. Was du arbeitest. Halt... die Art Sachen, die ich an seiner Stelle vermutlich hören wollen würde."

 

Ich wusste nicht, was ich darauf antworten sollte. Ich wusste nicht einmal, was ich in jenem Moment empfand, ob ich überhaupt irgendwas empfand. Also tauchte ich bloß schweigend meine Hand in die kleine Wühlkiste mit den heruntergesetzten Rollenspiel-Würfeln und versuchte, mich auf das Gefühl ihrer Ecken und Kanten auf meiner Haut zu konzentrieren. Vielleicht sollte ich doch etwas kaufen, bevor ich ging...

 

Hinter mir war zu hören, wie Atemu nach der nächsten DuelDisk griff und diese ins Regal schob, ehe er fast schon zögerlich fortfuhr. "Er hat das Stellwerkhäuschen gemietet. Das beim alten Güterbahnhof. Dass er da nicht allein wohnt, hat er nicht erwähnt. Aber dass er einen Job hat. Küchenhilfe in dem Nudelrestaurant, in dem ich mir vor der Arbeit manchmal was hole und ein bisschen mit dem Besitzer quatsche. Ich hab ihn nicht bemerkt, aber er hat mich wohl gesehen, als ich da war. Sein Chef hat ihm dann gesagt, wo ich arbeite und... na ja, dann kam er halt nach Feierabend mal vorbei."

 

Küchenhilfe. Passte irgendwie zu Yoru. Ich wusste, dass er kochen konnte und sein Essen sogar genießbar war. Außerdem konnte er so den ganzen Tag mit scharfen Messern hantieren. Trotzdem fragte ich mich, warum. Viel verdiente er damit sicher nicht. Auf jeden Fall weniger als mit den Raubzügen, mit denen er uns damals durchgebracht hatte...

Es zog wieder in meiner Brust und mir wurde schlecht. Und wie immer, wenn ich zu lang unter Leuten gewesen war, begann ich langsam aber sicher einen schwachen, dumpfen Druck auf den Ohren zu spüren.

Ich zog meine Hand wieder aus der kleinen Würfelkiste und beschloss, mir zuhause erst einmal eine Übersicht über die Würfel, die ich bereits hatte, zu verschaffen, ehe ich neue dazu kaufte. So ganz sicher war ich mir nämlich nicht mehr, ob es ein 8-seitiger oder vielleicht doch ein 10-seitiger war, der mir kürzlich verloren gegangen war.

 

"... Bakura?"

"Ja?"

Atemu holte gerade Luft, um noch irgendetwas zu sagen, wurde aber vom Klingeln der sich öffnenden Ladentür unterbrochen, durch die sich eine kleine Gruppe Oberschüler drängte.

Dankbar ergriff ich diese Möglichkeit zur Flucht und schlüpfte an ihnen vorbei in Richtung Tür. "Du hast zu tun. Ich will dich nicht weiter aufhalten." Ich ließ ein kurzes Lächeln sehen und hob zum Abschied die Hand, ignorierte dabei seine überrumpelte Miene. "Mach's gut, Atemu."

 

Dann war ich auch schon draußen.

 

Die frische Luft tat gut und ich sog sie so ruhig und tief es ging in meine Lungen. Stieß sie in einem Seufzer wieder aus. Wiederholte das Ganze ein paar Mal.

Die Übelkeit verflüchtigte sich wieder und ebenso der Druck auf meinen Ohren.

 

Ich schob die Hände in meine Manteltaschen, um sie vor dem kalten Wind zu schützen und machte mich mit einem erleichterten Lächeln auf den Weg nachhause.

 

Die Stille, die mich dort empfing, tat gut.

Ebenso die Einsamkeit.

 
 

Dennoch begleitete mich das Ziehen in meiner Brust bis ich Stunden später auf der Couch über dem Buch, das ich gerade las, eingeschlafen war.

Once Upon A Time

Es waren einmal ein kleiner Junge und sein Schwesterchen, die ihre Eltern verloren hatten.

 

Sie fühlten sich unwohl unter den mitleidigen Blicken ihrer Großeltern und der Fremden, die sich als Freunde der Familie bezeichneten, und so liefen sie fort. Nicht für immer, nur für einen Nachmittag; für einen flüchtigen Moment geteilter Einsamkeit, um zu trauern.

 
 

Der kleine Junge erinnerte sich später nicht mehr an diesen Nachmittag.

 

Aber er erinnerte sich an die Tränen seines Großvaters und an die zitterige Umarmung seiner Großmutter, die ihm beinahe den Atem nahm, und an eine weitere Beerdigung, nur kurze Zeit nach der seiner Eltern.

 

 

🌘 

 
 

Es war einmal ein Dämon, der in einem Schmuckstück lebte, das der kleine Junge einst von seinem Vater geschenkt bekommen hatte.

 

Er war es, der dem Jungen das Schwesterchen genommen hatte.

 

Er nahm ihm auch seine Freunde und schenkte ihm nichts als Leid.

 

Der Dämon nährte sich von der Einsamkeit des Jungen und wuchs und wuchs, bis das Schmuckstück, in dem er lebte, ihm zu klein wurde und er sich in die Brust des Jungen grub, um dort sein Nest zu errichten.

 

Der Junge ertrug es, denn was blieb ihm anderes übrig?

 

 

🌘 

 

 

Es waren einmal zwei Männer. Brüder. Zwillinge gar.

 

Der eine hatte einst große Macht besessen, die ihm jedoch bei dem Versuch, die Welt ins Chaos zu stürzen, von einem Helden entrissen worden war.

 

Der andere hatte sich stets heimlich an der Magie und dem Wissen seines Bruders bedient und so mit der Zeit selbst ein Händchen für die dunklen Künste entwickelt.

 

Mächtig war er jedoch nie.

 

Seine Magie war bloß Illusion und seine Kraft reichte nur für einen einzigen Trick.

 

 

🌘

 

 

Es waren einmal zwei Ertrinkende und ein kleiner Vogel, der aus dem Zylinder des einen gezaubert worden war.

 

Die beiden Ertrinkenden haschten nach ihm, in der Hoffnung, von ihm aus dem Wasser gezogen zu werden. Doch es wollte ihnen nicht gelingen, da sie es so sehr gewohnt waren, sich aneinander festzuhalten, dass sie die Arme nicht recht zu strecken vermochten.

 

Es dauerte eine Zeit, aber dann schaffte es einer von ihnen doch.

 

Der andere, kaum dass er es bemerkte, ließ den Vogel wieder in seinem Zylinder verschwinden, bevor er mit seinem Gefährten davonfliegen konnte.

 

Er war sich sicher, sich allein nicht lange über Wasser halten zu können, auch wenn er es noch nie zuvor versucht hatte.

 

Kurz darauf lösten die kalten Hände, die lange Zeit sein einziger Halt gewesen waren, sich von seinen Schultern.

 

Nun hatte er keine andere Wahl mehr.

 

 

🌘

 
 

Es war einmal ein Mann mit einem vernarbten Krater in der Brust, dort wo sich einst ein Dämon in ihn hineingefressen hatte.

 

Es war einmal ein zweiter Mann, der vor langer Zeit ein Dämon gewesen war und nun zurückkehrte, um zu sehen, was von seinem alten Heim noch übrig war.

 

Es war einmal ein kleines Mädchen, das vielleicht nur ein Vogel war...

Dumb

"Sag mal..."

"Ja?"

Ich ließ den Blick auf unsere Karten sinken. Meine Karten. "Wie, uhm, fühlt es sich für dich an, deinen Körper wieder für dich allein zu haben?"

Yugi zog nachdenklich die Stirn in Falten und zuckte schließlich mit den Schultern. "Keine Ahnung... normal? Also. So wie vorher, vor dem Puzzle. Es ist ein bisschen ungewohnt, dass ich wieder alleine in-"

"Ich mein deinen Körper. Wie fühlt der sich an? Nur dein Körper - nicht dein Inneres, deine Seele und so."

"Uhm... auch normal? Ich weiß nicht. Ich meine, Atemu hat sich, wenn ich 'dran' war, eigentlich immer komplett zurück gehalten und war dann eher in meinem Kopf als wirklich in meinem Körper. Falls du verstehst, was ich meine. Und wenn er dran war, dann hat er sich generell eigentlich ganz gut benommen... also, wenn man davon absieht, dass er ganz gerne mal vergessen hat, dass er beim sein Leben aufs Spiel setzen eben auch mein Leben mit auf's Spiel gesetzt hat. Aber sonst war er eigentlich immer sehr respektvo- Oh!"

 

Ich spürte Yugis teils beschämten, teils mitleidigen Blick tonnenschwer auf mir lasten und fixierte die Karten in meiner Hand noch eindringlicher als ohnehin schon. Unangenehme Hitze stieg mir in die Wangen.

 

"Der andere Baku-, ich meine, Yoru... ich schätze mal... er war da weniger, uhm, respektvoll, huh?"

 

Die Narbe an meiner Schulter begann, unangenehm zu jucken, und die Fingerspitzen meiner linken Hand prickelten leicht. Ich ignorierte beides und zwang mir ein beruhigendes Lächeln auf. "Bis auf ein paar Ausnahmen ging es eigentlich. Ich frag eher, weil... Keine Ahnung. Wir haben uns diesen Körper ja ein wenig länger geteilt als ihr euch euren - deinen, meine ich - geteilt habt. Von daher ist es vermutlich nur normal, dass die Umgewöhnung bei mir ein bisschen länger dauert."

 

Yugi nickte verständnisvoll. "Das wird's vermutlich sein. Und ihr habt ja auch währenddessen seltener miteinander geredet, hast du mal erzählt, also wusstest du ja auch nie, was er gerade mit deinem Körper treibt. Bestimmt macht es das auch nicht unbedingt einfacher."

 

Ich weitete mein Lächeln aus und nickte ebenfalls. "Ich denke auch, dass das mit ein Grund ist. Aber über kurz oder lang werd ich mich auch wieder daran gewöhnt haben, meinen Körper für mich zu haben."

 

Mein Optimismus schien Yugi zu beruhigen. Vermutlich hatte er außerdem das Gefühl, dass wir uns durch dieses offene Gespräch als Freunde näher gekommen waren. Und wahrscheinlich hätte ich ihm irgendwann sagen müssen, dass er damit falsch lag, und ich das, was ich eigentlich hatte wissen wollen, nie gefragt hatte, weil ich ihm nicht beschreiben wollte, wie ich mich tatsächlich fühlte.

 

Aber ich tat es nicht.

 

Weder damals, als das Duell zwischen ihm und Atemu erst wenige Wochen zurück lag, noch später irgendwann.

Und es sollte Monate, Jahre dauern, bis mein Körper sich endlich wie ein Teil von mir anfühlte. Und nur mir. Und ich würde mich für den Rest meines Lebens fragen, was für ein Mensch ich wohl heute wäre, wenn ich immer schon nur ich gewesen wäre.

 

Wenn ich die Chance gehabt hätte, als Teenager meinen ersten Kuss zu erleben, weil ich nie Angst um jeden, der mir zu nahe kam, haben musste.

Wenn ich damals hätte ausprobieren können, wie es war, eine Beziehung zu führen, sich beiläufig beim spazieren gehen an der Hand zu halten, den eigenen Körper und den einer anderen Person beim Sex völlig neu kennen zu lernen...

 

Klar waren das alles Dinge, deren erstes Erfahren kein Mindesthaltbarkeitsdatum hatte. Rein objektiv betrachtet war es egal, wann man sie ausprobierte.

Ob mit 14, 15, 16, inmitten der Irrungen und Wirrungen der Pubertät, wenn sich allgemein so viel so schnell verändert und entwickelt, und alle um einen herum sich genauso neugierig und eingeschüchtert und überfordert wie man selbst an dieses Konzept "Erwachsen sein" herantasten...

Oder mit Mitte 20, nachdem man gerade der Hochzeit desjenigen seines Bekanntenkreises beigewohnt hatte, den man eigentlich immer als Blindgänger statt nur Spätzünder eingeschätzt hatte, und mit dessen Beziehungsunfähigkeit man sich zuvor immer recht erfolgreich über die eigenen Versäumnisse hinweg trösten konnte.

 

Ehrlich.

Es gab wenige Dinge, die einen so sehr an sich selbst zweifeln ließen, wie Seto Kaibas Hochzeit beizuwohnen.

 

Ich hatte gewusst, dass er und seine Braut schon einmal zu Schulzeiten zusammen gewesen waren, aber war immer davon ausgegangen, dass es sich dabei in erster Linie eine PR-Aktion gehandelt hatte - zumal man sie nie Hand in Hand oder sich auch nur tief in die Augen sehend auf den Covern der Klatschblätter sah.

Doch bei der Trauung küssten sie sich und es wirkte nicht so, als wäre es das erste Mal. Und später am Abend verriet mir ein angetrunkener Atemu, dass er einige Jahre zuvor auch so seine Erfahrungen mit Kaiba gesammelt hatte, und dass das der Grund war, aus dem die Beziehung damals in die Brüche ging, und wie erleichtert er war, dass die beiden wieder zusammen waren, immerhin hatte Kaiba außer Mokuba sonst niemanden, und das Lächeln auf seinen Lippen und seine Finger um das Champagnerglas in seiner Hand verkrampften sich bei diesen Worten auch nur ein kleines bisschen.

 

Mein Blick wanderte durch die Reihen der anderen Gäste. Yoru war nirgends zu sehen. Also leerte ich mein Glas in einem Zug, was Atemu mir kurz darauf gleich tat, und stellte es auf dem nächstbesten mir dargebotenen Tablett ab.

 

Als der Abend sich für mich und Yoru dem Ende zuneigte, schwirrte mir der Kopf. Yoru bemerkte davon nichts, vermutlich weil es nicht in sein Bild von mir gepasst hätte, vielleicht auch, weil es eigentlich nicht mal in das Bild, das ich von mir selbst hatte, passte. Und obwohl er mir half, das Lächeln weiter aufrecht zu halten, sorgte der Alkohol gleichzeitig dafür, dass ich mich irgendwie... "losgelöst" von mir selbst fühlte. Als wäre ich wieder nur Gast in meinem eigenen Körper. Unangenehm.

Ich seilte mich mit irgendeiner dummen Ausrede ab, um bei einem kleinen Spaziergang wieder einen klaren Kopf zu bekommen.

 

Ich traf eine ehemalige Kommilitonin, die gerade von einem Treffen mit Freunden in einer nahegelegenen Bar kam und auf dem Heimweg war. Erinnerte mich an die nicht sehr schmeichelnden Gerüchte, die ich irgendwann mal über sie aufgeschnappt hatte. Erwiderte ihr unverfängliches Flirten, einfach um zu sehen, wohin das vielleicht führte, und um mir selbst zu beweisen, wie normal ich sein konnte, wenn ich es wollte.

 

Ihr Atem schmeckte nach Bier, als wir uns, in ihrer Wohnung angekommen, schließlich küssten, und ihre Lippen waren weich und geübt in dem, was sie taten. Ebenso ihre Hände. Ich orientierte mich stumpf an dem, was sie machte, reagierte die meiste Zeit bloß und tat den ersten Schritt nur dann selbst, wenn es notwendig war, um die Sache weiter voran zu treiben.

Reden taten wir kaum, auch nicht über Verhütung oder dergleichen, aber in Anbetracht der Sachen, die ich so gehört hatte, ging ich davon aus, dass sie vermutlich die Pille nahm, und hoffte einfach mal, dass ich mir nichts einfing - rückblickend betrachtet so ziemlich die dümmste mögliche Herangehensweise überhaupt. Aber ich wollte die Sache einfach hinter mich bringen, um einen Haken hinter diese bisher versäumte Erfahrung "Sex" machen zu können, und traute mir zu, einen Rückzieher zu machen sobald ich zu sehr über irgendetwas nachdachte.

 

Es war okay.

 

Ein wenig enttäuschend vielleicht, so in Anbetracht des Aufstands, den unsere Gesellschaft der Thematik "Sex" wegen so veranstaltete, aber im Großen und Ganzen... okay eben.

Ich zog für einen kurzen Moment in Betracht, dass es mit jemandem meines eigenen Geschlechts vielleicht mehr als okay hätte sein können, kam dann aber zu dem Schluss, dass es daran nicht liegen konnte. Ich war nicht so wie zum Beispiel Atemu. Ich blickte anderen Männern nicht nach und dachte an Beziehungen oder auch nur Berührungen - zumindest nicht mehr als ich es tat, wenn ich Frauen nachschaute, was ohnehin schon selten genug war. Nicht, dass ich gar kein Interesse hatte, es war nur... nicht genug, um mich längerfristig zu beschäftigen.

 

Yoru machte dagegen keinen Unterschied zwischen den Geschlechtern, wenn er wieder einmal eine seiner Phasen, in denen er für ein paar Tage verschwand und trank und sonst was trieb, hatte, und machte generell den Eindruck, Spaß an Sex und einer Reihe damit zusammenhängender Fetische zu haben.

 

Er machte auch keinen Unterschied zwischen Fremden und meiner Schwester.

 

Aber das war eine andere Geschichte, eine, die am Meer spielte, mit Möwengeschrei über uns, erst pastellfarbenem Stoff unter meinen Händen, dann nur noch salzig scharfem, kalten Wind zwischen meinen Fingern und auf meinen nassen Wangen. Und dem Rauschen des Ozeans, das jeden menschlichen Schrei und jedes dumpfe, knackende Aufprallgeräusch übertönte.

 

Eine Geschichte, an die ich nicht gerne zurückdachte.

 

 

Seitdem hatte ich noch ein, zwei weitere Erfahrungen gesammelt, die mich aber auch nur darin bestätigt hatten, dass all der Aufriss um Sex völlig überzogen war - zumindest was unverfänglichen Sex ohne tiefer gehende Beziehung betraf; mit Beziehungen kannte ich mich bis heute nicht wirklich aus und hatte auch schlichtweg besseres zu tun, als aus reiner Neugierde etwas daran zu ändern.

 

Währenddessen ging Kaibas Ehe, die mich einst an mir selbst hatte zweifeln lassen, öffentlich in die Brüche. Keiner wusste, warum sie sich nicht einfach scheiden ließen, aber man vermutete, dass es wegen des Geldes war. Selbst wenn man sich nicht für ihr Privatleben interessierte, die KaibaCorporation und alles, was mit ihr zusammenhing, inklusive der Gerüchteküche, war schwer zu ignorieren.

Und es fiel einfach auf, wenn der Mann, dem die Stadt mehr oder minder gehörte, und seine Frau sich nirgendwo gemeinsam blicken ließen und einander die wenigen Male, die sie es doch taten, wie flüchtige Bekannte behandelten. Wobei Kaiba sich seit dem Unfall allgemein kaum noch irgendwo blicken ließ...

 

Manchmal ertappte ich mich dabei, wie ich ihn fast ein wenig um die Prothesen, die einen Großteil seiner Gliedmaßen ersetzten, beneidete. Zwar hatte ich inzwischen einen Punkt erreicht, an dem mein Körper sich wie ein Teil von mir anfühlte, und ich wusste ihn zu schätzen und genoss das, was er mir ermöglichte... aber die Narben auf und unter meiner Haut und der Nervenschaden in meiner Hand ließen mich nie vergessen, wie hart ich dafür hatte kämpfen müssen.

 

 

Und manchmal war ich die Erinnerungen daran schlichtweg leid und sehnte mich nach einem Körper, den Yoru nie bewohnt, besessen, benutzt hatte.

 

 

*

 

 

Als wir uns das nächste Mal begegneten, übergab er sich gerade in eine Mülltonne neben dem Hinterausgang des Restaurants, in dem er arbeitete.

Ich konnte mich einer gewissen Genugtuung nicht erwehren. So war er mir um einiges vertrauter als in der Rolle des entspannten Vaters, und es sorgte dafür, dass ich mir ein bisschen weniger blöd dabei vorkam, seine Arbeitsstelle überhaupt aufgesucht zu haben.

 

Er bemerkte mich erst, als er sich bereits wieder aufgerichtet und die Mülltonne mit ihrem Deckel verschlossen hatte, und ich ihm eine Packung Kaugummis hinhielt. Er musterte sie kurz argwöhnisch, musterte dann mich argwöhnisch, und nahm sich schließlich einen.

 

"Atemu hat mir erzählt, dass ihr euch getroffen habt."

"..."

"Küchenhilfe, huh?"

Er zuckte mit den Schultern und steckte sich den Kaugummi in den Mund.

"Was ist aus 'Einbrecher' geworden?"

Ein amüsiertes Schmunzeln. Er ließ die Hände in den Hosentaschen verschwinden und lehnte sich an die Hauswand. "Früher war's dir egal, wo das Geld herkommt, so lange ich keine Fingerabdrücke oder Haare am Tatort hinterlasse, die dir Ärger einbringen." Er zuckte ein weiteres Mal mit den Schultern und ließ den Blick an mir vorbei auf die Straße schweifen. "Ich werd auch nicht jünger. Das ist alles."

Ich zog die Augenbrauen nach oben. "Wir- Du bist gerade mal 35. Das ist kein Alter."

"Was denkst du passiert mit Akari, falls man mich doch mal erwischt?"

"Seit wann gehst du davon aus, dass dich irgendwer erwischen könnte?"

"Was machst du hier?"

 

Nun war es an mir, den Blick abzuwenden. "Atemu meinte, du arbeitest hier. Ich war neugierig, ob's stimmt."

 

Sein Grinsen war deutlich in seiner Stimme zu hören. "Wieso sollte ausgerechnet unser Pharaönchen dich anlügen?"

Ich öffnete bereits den Mund für irgendeine Erklärung, die in meinem Kopf eine Menge Sinn ergab, sich ausgesprochen allerdings vermutlich an den Haaren herbeigezogen anhören würde, aber scheinbar war Yorus Frage eher rhetorischer Natur gewesen.

Er wandte sich ab und öffnete den Hinterausgangs des Restaurants. "Geh vorne rein und setz dich irgendwo. Geht auf mich."

 

 

*

 

 

Es war bereits dunkel draußen, als ich nachhause kam.

 

Das Klirren der Schlüssel, als ich sie auf der Kommode neben der Tür ablegte, war ungewohnt laut und hallte regelrecht von den Wänden meiner Wohnung wider; ließ sie größer und leerer wirken, als sie eigentlich war.

Vermutlich nur der Kontrast zu dem gut besuchten kleinen Restaurant, in dem ich die vergangenen Stunden verbracht hatte...

 

Yoru hatte sich in seiner Pause zu mir gesetzt, als ich eigentlich gerade gehen wollte.

 

Ich komplimentierte die Ramen, die er mir ausgegeben hatte, und ein zufriedenen Schmunzeln streifte seine Lippen.

 

Wir redeten.

 

Erst nur er. Über seine Tochter. Beantwortete mir zunächst nur ein zwei Fragen, begann dann aber irgendwann zu prahlen, wie es nur stolze Eltern vermochten. Wie gut und flüssig sie lesen konnte - sie beherrschte mehr Kanji als die anderen in ihrer Klasse - und wie schlau sie allgemein war. Gut im Klettern. Schnell. Sie zeichnete außerdem. Solche Dinge.

 

Irgendwann ertappte ich mich dabei, auch auf seine Fragen zu antworten. Ausführlicher als ich es eigentlich gewollte hatte. Ja, ich verdiente ganz gut. Die Arbeit machte Spaß. Meistens. Außer wenn ich den Kollegen bei der Vorbereitung ihrer Seminare helfen musste, aber dafür halfen sie mir ja auch, wenn es denn einmal nötig war. Und so weiter.

 

Inzwischen erinnerte ich mich kaum noch an unsere Worte. Irgendwie war es auch nicht wirklich um den Austausch von Informationen gegangen, sondern eher um das Reden selbst. Das Beisammensitzen.

 

Solche Dinge.

 

 

Ich ärgerte mich darüber, wie angenehm es teilweise gewesen war, und dass ich mit dem Gefühl herausgegangen war, das, was ich mir erhofft hatte, auch bekommen zu haben - obwohl ich mir eigentlich gar nichts erhofft oder auch nur erwartet hatte.

Und ich ärgerte mich, diesmal seiner Einladung zu ihm nachhause zugestimmt zu haben; wir hatten uns für das kommende Wochenende zum Essen beim ihm verabredet.

 

Es war dumm, einfach nur unendlich dumm, sich wieder auf ihn einzulassen und sich an ihn zu gewöhnen.

Aber es tat gleichzeitig so verdammt gut, das Ankämpfen gegen ihn zumindest zeitweise einfach sein zu lassen. Pause zu machen. Die Muskeln zu lockern, tief durchzuatmen, und sich diesem kurzen Rückfall in alte Gewohnheiten zu ergeben. Es war schließlich nicht so, als konnte ich den Kontakt nicht jederzeit wieder abbrechen...

 

 

Gott, war ich dumm.

 

 

Ich seufzte leise, ließ mich mit dem Rücken gegen die Wohnungstür sinken und betrachtete abwesend meine Hände, die einmal unsere Hände gewesen waren. Nun wieder meine Hände waren. Legte eine von ihnen auf meine Brust und wartete darauf, zu spüren, wie ich, meine Seele, das was mich ausmachte, mich komplett ausfüllte und keinen Platz für irgendjemand anderen mehr übrig ließ.

 

 

Aber mir schlug bloß ein dummes, einsames Herz entgegen, das weder ihm, noch mir, noch sonst irgendwem gehörte.


Nachwort zu diesem Kapitel:
* Begriffe mit einem Sternchen sind mit dem Glossar verlinkt und in diesem erklärt Komplett anzeigen

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Kommentare zu dieser Fanfic (6)

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Von:  jyorie
2013-08-07T15:36:44+00:00 07.08.2013 17:36
Hey ^_^

oh – also ist das Bakuras Kind das er mit Amane zusammen hatte. Weshalb war jetzt Bakura eigentlich bei Ryou, schade das er so schnell verschwunden ist. Ich glaube das das was Ryou mit seinen Freunden erlebt hat und wie sie alles auseinander lebt ist leider normal so. Aber auch ein wenig traurig, was da alles „nach“ der Serie so passiert ist, wo sich der Kindergarten und dessen Freundschaft doch immer als so Stark erwiesen hat.

Eine schöne Geschichte ... da es das Sequell zu Sallow Night ist, werd ich das als nächstes lesen :D

CuCu Jyorie

Von:  jyorie
2013-08-07T15:16:22+00:00 07.08.2013 17:16
Hey ^_^

oh … jetzt hab ich das Verstanden, Ryous Yami heißt bei dir Youro … hatte ich zwischenzeitlich verschwitzt.
ein bewegende Vergangenheit, die die beiden da schon hatten, ob Ryou noch traurig ist, das es damals nicht geklappt hat? Ich bin neugierig, weshalb der Yami zurück gekehrt ist und was er mit dem Kind vor hat.

CuCu Jyorie

Von:  jyorie
2013-08-07T15:11:12+00:00 07.08.2013 17:11
Hey ^_^

der Anfang klingt ein wenig danach, als ob Ryou seinen Yami vermisst?

*ggg* die Schlußfolgerung das Yugis Augenfarbe einem Gendefekt zu grunde lieg fand ich lustig.

Ich bin mal gespannt, was es in der Unwetternacht geben wird :D

CuCu Jyorie

Von: abgemeldet
2011-02-05T22:40:13+00:00 05.02.2011 23:40
*Kommentar-nachhol-Marathon* (Ich wollte am Wochenende kommentieren. Es ist Wochenende. Okay, nicht das Wochenende, an dem ich's eigentlich vorhatte ...)

Ein neues Kapitel! :) Natürlich gleich gelesen, aber wieder viel zu lange gebraucht, um mich zu einem Kommentar durchzuringen. (Faulheit siegt.)

Um's kurz zu machen: Ich fand, es war wieder ein sehr schön geschrieben. Viel Rückblick (obwohl es mir während des Lesens gar nicht so vorkam), immer noch diese sehr interessante Erzählweise und (ich muss es erwähnen) ich liebe Titel-Spielereien. :D

Außerdem würde mich wirklich interessieren, wie Bakura zurückgekommen ist, anscheinend sogar mit Körper, und ob dieses Kind noch irgendeine wichtigere Rolle spielt. Aber ich denke, das kommt alles noch. Immerhin haben sie sich schon mal wiedergefunden.

Was ich mich schon die ganze Zeit frage und irgendwie ständig vergessen habe: Ist Yoru eigentlich irgendein bekannterer Fanname oder ist der von dir? Gefällt mir auf alle Fälle. Wäre fast geneigt, den zu klauen, falls ich mal irgendwas über Bakura schreiben sollte. *g* Was ich aktuell nicht vorhabe.

Im Übrigen finde ich es immer noch schade, dass sonst fast keiner hier kommentiert. Ich würde sie ja weiterempfehlen, aber meine Bakura/Ryou (und ygo)-Bekanntschaft hält sich in Grenzen.

Bin auf alle Fälle gespannt auf das dritte Kapitel. Deine Geschichte gefällt mir immer mehr. ;)

Grüße
Von:  01wolvslover
2011-01-28T23:14:44+00:00 29.01.2011 00:14
Yeah! Fortsetzung!! ^^
Bin gespannt wie es zwischen denen weitergeht!
Gefällt mir jetzt schon die Story!
Schnell weitermachen, bitte!

LG
01wolvslover
Von: abgemeldet
2011-01-18T18:51:57+00:00 18.01.2011 19:51
Ich glaube, ich habe eben entschieden, dass ich deinen Schreibstil jetzt schon wahnsinnig gerne mag. Dabei könnte ich dir nicht mal sagen, was genau mir so gefällt, aber er reißt mich einfach mit - und das, obwohl ich momentan gerade bei deutschen Geschichten oft meine Probleme habe.

Zugegeben, ich war am Anfang etwas skeptisch, weil ich Sallow Night wirklich toll fand und mit Fortsetzungen ist das immer so eine Sache; aber es beginnt genauso klasse, wie es aufgehört hat. Obwohl im Grunde noch nicht viel passiert ist. Aber du fängst diese ganze (irgendwie unwirkliche) Sturmstimmung einfach ein. Ich hätte nie gedacht, dass ich es mal so faszinierend finden würde, Wetterbeschreibungen zu lesen. Schon merkwürdig. Du malst mit deiner Sprache und mein Kopf kratzt sich automatisch alles an Bildern und Gefühlen zusammen, die er vom letzten Sturm noch übrig hat. Und noch ein bisschen mehr. Tatsache: Aus irgendeinem Grund fühle ich mich jedesmal seltsam, wenn ich etwas von dir durchhabe (ja, ich habe schon ein bisschen weitergestöbert).

Deine Geschichten haben alle diesen Nachgeschmack, aber ich kann's wirklich nicht erklären.

Und ich finde es übrigens genauso interessant Ryou zu lesen wie Bakura. Dass du Probleme mit ihm hattest, versteckst du ziemlich gut. Und dass ich Probleme mit ihm habe, lässt sich hier (wieder mal) beunruhigend leicht ignorieren.


Fazit: Ich bin gespannt, wie's weitergeht und fange langsam an, echt neidisch zu werden ... Am Wochenende komme ich dann hoffentlich dazu, noch ein paar andere Geschichten zu kommentieren. :)

Grüße


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