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Du hast mein Leben verändert...

...dafür liebe ich dich
von

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Der Neue

"Morgen Klasse", ertönte die Stimme unseres Lehrers. "Ihr bekommt heute einen neuen Mitschüler. Sein Name ist Tom und ich will, dass ihr ihn alle gut in diese Klasse aufnehmen werdet." Ich stöhnte auf. Ein neuer? Muss das denn wirklich sein? Hoffentlich nicht schon wieder so ein Streber wie der Rest der Klasse. Ich schaute aus dem Fenster und verfluchte heute überhaupt aufgestanden zu sein. Der graue Himmel hing schwer ins Tal und machte sich zum Regen bereit. Die Bäume wurden hin und her geschleudert und ließen ab von ihren letzten Blättern, die ihnen brutal von den kahlen Zweigen gerissen wurden. Ohja, dieses Wetter passte echt gut zu meiner Stimmung. Gedankenverloren schaute ich aus dem Fenster und bekam nicht mal mehr mit, wie der Neue bereits die Klasse betreten hatte. "Hi, ich bin Tom und gehe ab sofort mit euch in diese Klasse." Schrecklich, gar nicht auszuhalten wie gut gelaunt seine Stimme klang. Ich hasste ihn jetzt schon. "Neben Lenny ist noch frei, setzt dich doch einfach neben ihn. Ich bin sicher, ihr werdet gute Freunde." Ich lachte verächtlich in mich. Es war kein Wunder, warum der Platz neben mir immer frei war. Ich war unbeliebt, ein Außenseiter. Ein nichts.

Ein schwarzes etwas ließ sich neben mir auf den Platz fallen. Aus den Augenwinkeln heraus konnte ich schemenhaft seine Gestalt erkenne. Er war größer als ich, locker 10cm. Er hatte schwarzes, schulterlanges Haar, das ihn erstmals vor mir verbarg. Ich widmete meine Aufmerksamkeit wieder nach draußen und den Bäumen zu.

"Tom, hier vorne ist die Tafel." Der scharfe Ton des Lehrers ließ mich erstmals aus meinen Gedanken aufschauen. Hatte er mich damit gemeint? So ganz hatte ich es nicht mitbekommen, weswegen er jetzt schon wieder sauer war. Doch seltsamerweise wurde diesmal nicht ich, sondern der Typ neben mir böse angestarrt von diesen Schweinsaugen. "Entschuldigen Sie", kam es reumütig von Tom. Ich nutzte die Gunst der Stunde und sah ihn mir etwas genauer an. Er trug eine schwarze Röhre und ein schwarz rotes Bandshirt von Bullet for my Valentine. Seine schwarzen Chucks waren abgewetzt und hatten graue Schnürsenkel. Ich schaute weiter oben in sein Gesicht...

und fiel fast vom Stuhl.

Verdammt war der hübsch. Ich konnte gar nicht mehr von ihm wegsehen. "Lenny, das gilt auch für dich. Ihr beide könnt euch gern in der Pause weiter anstarren. Aber jetzt müsst ihr leider nach vorne schauen. Schaft ihr das?"

Ich fiel aus allen Wolken. "Mhh, ja klar." Der Lehrer schaute Tom fragend an. "Wie Sie wollen." "Gut, dann lasst uns weitermachen." Erst jetzt merkte ich, wie die gesamte Klasse uns beide anstarrte und anfing zu kichern. Das fing ja schon mal gut an. Hübsch oder nicht, ich werde ihn trotzdem hassen, beschloss ich. Langsam schaute ich nach vorn zur Tafel, doch mein Blick blieb dort nicht lange und schon schaute ich wieder aus dem Fenster. Mein Herz klopfte ungewöhnlich schnell. Ich bekam plötzlich so ein komisches Gefühl, ganz so, als würde ich angestarrt werden. Ich drehte meinen Kopf wieder Richtung Tom. Und tatsächlich, er starrte mich ununterbrochen an und nun lächelte er auch noch, als er sah dass ich ihn auch anguckte. "Also wirklich. Ich darf doch wohl bitten meine Herren. Hatte ich sie nicht eben erst ermahnt?! Jetzt reicht es mir aber, ab raus vor die Tür. Dort können sie sich dann ungestört weiter anstarren." Genervt stand ich auf und folgte Tom nach draußen. Das Lachen der anderen ignorierte ich dabei gekonnt. "Das hast du ja echt toll gemacht. Wegen dir mussten wir jetzt raus." Ich war stinksauer auf diesen Kerl. "Es tut mir leid", sagte er schüchtern, "das passiert mir sonst nie." "Oh, sonst bekommen es die Leute, die du stalkst, es also nie mit?!", fuhr ich ihn an. Man, der hatte echt nerven. "Ich wollte dich nicht so anstarren, sorry." Irgendwie konnte ich nicht lange auf ihn wütend sein. "Schon ok, ich bin ja auch dran schuld." Als ich merkte, was ich da gerade sagte, schlug ich mir in Gedanken die Hand auf den Mund. "Meinst du damit jetzt, das du dich unwiderstehlich findest, oder das du mich auch angestarrt hast?" Man, ging der mir auf die Nerven. "Erstes natürlich", sagte ich kühl. Er ließ den Kopf hängen. Der nahm das ja wirklich ernst, aber was ging mich das an? Ich konnte ihn doch sowieso nicht leiden. Ich ließ mich auf den Boden sinken und zog die Beine an. Er blieb schüchtern entfernt von mir stehen. Wieso regte mich dieser Kerl nur so auf? Hatte ich mich doch sonst immer so gut unter Kontrolle. Immer kühl bleiben, immer abweisend reagieren. Das war ich. Und so sollte es auch immer bleiben. Ich nahm mir vor, diesem Jungen ab sofort aus dem Weg zu gehen. Nicht auszudenken, was passieren würde, wenn ich wieder einen Menschen zu nah in mein Leben ließ, wusste ich nur zu gut, wohin das führte. Ich schaute wieder nach draußen aus dem Fenster, das mir gegenüber war. Eine letzte Sekunde verschwand ich noch in Gedanken an ihn, dann war ich wieder in meiner Welt.
 

"Ihr könnt reinkommen." Die Stimme der Schülerin die uns reinrufen sollte riss mich wieder vollkommen aus meinen Gedanken. Ich stand auf und drängte mich noch vor Tom wieder in die Klasse. Der wich vor mir zurück und ließ mich ohne Murren vorbei. Ich ging stur zurück zu meinem, nein halt, unserem Platz und ließ mich lustlos auf meinen Stuhl fallen. Langsam kam auch Tom zu mir rüber und setzte sich wieder neben mich.

Nach einer gefühlten Ewigkeit war dann auch diese Stunde endlich wieder zu ende. Ich erhob mich zu Pause und wollte gerade raus gehen, als mich mein Lehrer wieder zurückrief. "Lenny, warte mal kurz. Wärst du so nett und führst Tom etwas durch die Schule? Er kennt hier ja noch niemanden außer dich." "Ja, wenn es sein muss." Wiederwillig ging ich aus der Klasse und wartete, dass Tom auch endlich rauskam. Schüchtern stellte er sich neben mich und sagte erst mal nichts. "Komm mit", sagte ich knapp und ging voraus. Tom hatte Mühe Schrittzuhalten, obwohl seine Beine ja viel länger waren als meine. "Hier ist der Chemieraum", sagte ich schnell im vorbei gehen und zeigt auf die Tür neben uns. Tom nickte und lief mir weiter hinterher. So gingen wir die ganze Schule durch, bis es wieder klingelte. "Und dank dieser kleinen Rundführung hab ich jetzt auch noch die Pause verpasst", sagte ich mehr zu mir als zu ihm. "Tut mir leid", gab er schüchtern von sich. Ich fuhr schnell herum, wobei Tom fast in mich gelaufen wäre. "Hast du auch noch 'ne andere Platte außer dauern `Es tut mir leid`? Du nervst!" Ich drehte mich wieder rum und ging schnell den Weg zum nächsten Klassenzimmer. Tom blieb wie angewurzelt stehen. Ich verdrehte im Laufen die Augen. Der ging einem ganz schön auf die Nerven. Eigentlich war es auch gar nicht soooo schlimm, dass ich die Pause verpasst hatte, die verbrachte ich doch eh immer allein in irgendeiner Ecke und zeichnete. Aber er hatte es verdient so angefahren zu werden. Schließlich ging er mir schon die ganze Zeit auf die Nerven. Der machte mich echt noch verrückt. Auf einmal blieb ich stehen. Hatte ich da gerade etwa Gefühle gezeigt? Das war mir seit 4 Jahren nicht mehr passiert. Nicht mehr seid.... Ich schloss die Augen. Denk bloß nicht dran! Ich hielt verzweifelt die Tränen zurück. Verdammt! Das war alles dieser Tom schuld. Dass ich so aus mir rausgekommen war, dass ich so stark Gefühle gezeigt hatte und am schlimmsten noch, dass ich mich wieder an jenen Tag erinnerte. Ich öffnete die Augen wieder und ein Schleier hing vor ihnen. Bloß nicht weinen. Ich ging schnell weiter Richtung Klasse. Noch einmal tief durchatmen und rein. Keiner schien etwas zu bemerken. Gut, auf mich achtete eh kein Mensch. Ich setzte mich auf meinen Einzelplatz am Fenster und beobachtete wieder die Bäume, die nun vom Regen gepeitscht hin und her wankten. Ich liebte den regen. Er konnte Spuren verwischen, doch leider nicht meine Narben.

Die ganze Stunde hindurch schaute ich aus dem Fenster und dem schönen regen zu. Und die ganze Stunde lang fehlte Tom. Mir wäre das im ersten Moment gar nicht aufgefallen, doch als eine Schülerin aus meiner Klasse fragte, wo der Neue den sei, wurde ich plötzlich hellhörig. Hatte er sich etwa verlaufen? Ich hatte ihm doch gezeigt, wo der Klassenraum für diese Stunde war. Hatte ich doch, oder? Oh, hatte ich nicht. Da wollte ich ja zuletzt hin, da wir dort eh die nächste Stunde hatten. Der kann mir doch egal sein, fuhr ich mich selbst in Gedanken an. Vergiss ihn einfach, so, wie du bisher noch jeden vergessen konntest. Jeden außer... Verdammt, wieso musste ich, wenn ich an Tom dachte, immer auch an diesen Tag und an diese Person denken? Das war doch echt zum verrückt werden. Schon zum zweiten Mal an diesem Tag musste ich die Tränen zurückhalten. "Ich geh ihn suchen", sagte ich und rannte aus der Klasse, ehe mich noch jemand hätte aufhalten können.

Wahllos irrte ich durch die Schule und versuchte, nicht loszuheulen. Nach 10min. entdeckte ich ihn. Er saß an der Wand gelehnt auf dem Boden und starrte leer vor sich hin. Langsam ging ich auf ihn zu und setzte mich wortlos neben ihn. Keiner sagte in diesem Moment etwas, das wäre auch völlig unnötig gewesen. Nach einiger Zeit legte ich meinen Arm um ihn und zog ihn näher zu mir ran. Er ließ seinen Kopf auf meine Schulter sinken. Er hatte geweint. Ich streichelte ihm über die Haare. So saßen wir bis zum Ende der Stunde einfach nur da. Beim schrillen Klingeln der Schulglocke erhoben wir uns und ging gemeinsam zum nächsten Raum.

Vor der Tür blieben wir kurz stehen. "Danke, dass du eben da warst." Ich schaute ihm in die Augen. Sie waren blau wie der Ozean. "Kein ding."
 

Nach der Schule gingen wir noch eine Weile nebeneinanderher, bis sich unsere Wege trennten. "Ich muss hier links", sagte ich zum ihm, als ich sah, dass er rechts einbog. "Oh, ok. Bis morgen dann." "Ja." "Warte noch kurz", sagte er und ich blieb stehen, "kannst du mir deinen Nummer geben?" Erwartungsvoll sah er mich an. Ich überlegte kurz. "014xxxxxxxx." Er tippte sie in sein Handy ein und lächelte. "Danke. Soll ich dir meine auch geben?" Jetzt überlegte ich etwas länger. Wenn ich jetzt ja sagte, bedeutete das, dass ich auch Interesse an ihm hätte. Ich schlug alles in den Wind und sagte, ehe ich mir bewusst wurde, was ich da gerade tat, ja. Er grinste noch mehr als eben schon und sagte: "Gut, sie ist 019xxxxxxxx." Ich tippte sie in meine Kontaktliste ein und ließ mein Handy dann wieder in meiner Hosentasche verschwinden. "Bis morgen", rief er und winkte mir dann noch mal zu abschied. Ich drehte mich und ging wortlos meinen Weg.

Ich wünschte mir, ich wäre heute im Bett liegen geblieben.



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