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Der böse, böse Alkohol...

von

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Optimismus ade

Zwei Tage später hab ich die ganze Sache mit Marvin und dem Video immer noch nicht vergessen. Wie auch? Ich hab mich zwar die ganze Zeit in meinem Zimmer verkrochen, aber meine Schwester hat natürlich trotzdem Wind davon bekommen und zieht mich pausenlos damit auf, weil sie weiß, wie peinlich mir das ist.

Oder ich hab bei Jannis rumgehangen. Er hat sich sogar nur minimal über mich lustig gemacht. Und seine Eltern sind einfach viel cooler als meine. Meine Eltern hab ich nämlich Sonntagmorgen in der Küche darüber diskutieren hören, ob das jetzt heißt, dass ich Pornostar-Tendenzen habe, als sie dachten, ich schlafe noch, und haben mich dann das ganze Frühstück über ganz seltsam angeschaut. Hoffentlich denken sie nicht darüber nach, mich doch noch auf dieses Internat zu schicken…

Montagmorgen wäre ich am liebsten zuhause geblieben. Bis dahin hatte ich die Tatsache verdrängt, aber leider habe ich heute Musik. Und Musik ist eines der Fächer, die ich mit Marvin zusammen habe. Leider weiß ich immer noch nicht, was ich zu ihm gesagt habe oder ob ich ihn irgendwie richtig übel angebaggert habe, und ich hab auch keine Ahnung, was ich machen soll, wenn ich ihn sehe. Ich kann ja schlecht so tun, als wüsste ich nichts von der ganzen Sache. Aber ich kann auch nicht zu ihm hingehen und fragen, warum wir uns geküsst haben. Soll ich überhaupt mit ihm reden? Ich meine, ich kann mich gar nicht daran erinnern, jemals wirklich mit ihm geredet zu haben.

„Na, freust du dich schon drauf, deinen neuen Freund wieder zu sehen?“, fragt meine Schwester Marie und hüpft gut gelaunt die Treppen in unserem Haus hinter mir runter. Dabei bin ich extra früh losgegangen als sie noch gar nicht fertig war, damit sie mich nicht weiter nerven kann.

„Lass gut sein. Wir haben uns nur geküsst. Ein Mal“, erkläre ich ihr genervt und stecke die Hände in meine Jackentaschen. Ist echt kalt geworden in den letzten Tagen und regnet fast die ganze Zeit, aber im Moment ist es noch trocken. Der gleichen Meinung scheint wohl auch Marie zu sein, sie kuschelt sich neben mir noch tiefer in ihren unheimlich hässlichen neonblauen Lieblingsmantel, ohne den sie nur ganz selten aus dem Haus geht.

Nur küssen war das nicht, des war eindeutig Petting“, meint sie und ich unterdrücke ein Stöhnen. Wenigstens steht Jannis schon an der Ecke und wartet auf mich. Nur noch ein paar Meter, dann bin ich gerettet.

„Du bist 14, was weißt du schon von Petting?“, grummle ich und ziehe meinen Schal fester um mich.

„Ich mache nur das, was du auch mit 14 gemacht hast“, verkündet sie breit grinsend. Leider ist sie sehr genau über mein Privatleben informiert, weil meine Eltern beschlossen haben, dass ich meine Tür nicht mehr abschließen können sollte, als ich meinen ersten Freund hatte, was dummerweise gerade mit 14 war, und meine Schwester war da sogar noch neugieriger und penetranter als jetzt. Und mit dem Kerl, den sie gerade hat, traue ich ihr auch zu, dass sie das gleiche mit ihm macht. Sonst wäre er gar nicht mehr mit ihr zusammen.

„Danke, das wollte ich gar nicht wissen.“

Darauf streckt Marie mir die Zunge raus und grinst frech. „Außerdem solltest du doch am besten wissen, wo seine Hände überall waren. Ich dachte schon, das wird ’n Porno.“

„Heyy, heute Musik“, begrüßt Jannis mich dann auch schon und strahlt uns entgegen. Meint er etwa, dass ich mich darüber freue, Marvin zu sehen? Ganz bestimmt nicht.

„Können wir bitte über was Anderes reden? Langsam wird’s wirklich langweilig“, sage ich, obwohl ich bezweifle, dass die beiden das genauso sehen.

„Find ich nicht“, bestätigt Marie da auch schon meine Gedanken. „Weiß Jannis eigentlich schon, dass Mama und Papa denken, du hättest einen neuen Berufswunsch?“ Ich seufze. Jannis dreht sich sofort interessiert zu meiner Schwester. Ich finde es wirklich besser, wenn Marie nicht mit uns geht.

„Ernsthaft?“

„Jup. Papas Kommentar war einfach das Beste. ‚Ich wusste es, als er mit diesen Metallringen im Gesicht nach Hause kam: Mit diesem Jungen stimmt was nicht!’.“

„Hehe. Meine Mutter hat gemeint, das macht doch jeder Mal. Sie hat übrigens auch gesagt, Lexi lächelt so süß verliebt“, erzählt Jannis fröhlich. So ein Muttersöhnchen. War ja klar, dass er ihr das Video doch zeigt, obwohl ich ihm gesagt habe, er soll es nicht machen. Der redet einfach über alles mit seiner Mutter. Auch, wenn es gar nicht um sein eigenes Leben geht. Aber in dieser Hinsicht hat Jannis sonst ja auch nicht viel zu erzählen.

„Ja? Genau das gleiche hat Jenny auch gesagt!“

„Ich stehe direkt neben euch. Ich kann euch hören“, unterbreche ich sie genervt und krame nach meinem iPod. „Wenn ihr euch unterhalten müsst, von mir aus, aber doch nicht über mein Leben!“

„Ach komm, sei doch nicht gleich so beleidigt“, meint Jannis fast schon reumütig und legt mir einen Arm um die Schultern. „Aber dein Leben ist einfach viel interessanter als unsere. Allein das Drama mit Mo…“

Jetzt red ich erst recht nicht mehr mit dir.“ Wütend schalte ich meine Musik an und gehe schneller. Jannis ruft mir etwas hinterher, aber ich kann nicht verstehen was und es ist mir ehrlich gesagt auch egal. Er weiß doch, dass er Mo nicht mal erwähnen sollte, wenn ich wirklich gut gelaunt bin. Und im Moment bin ich alles andere als gut gelaunt. An so eine Scheiße wie mit Mo will ich da bestimmt nicht erinnert werden.
 

Zum Glück wohnen wir nicht weit von der Schule entfernt und ich brauche nicht lange, um dort anzukommen. Nach einem kurzen Blick in die Pausenhalle entscheide ich mich dazu, lieber gleich zu unserem Klassenraum zu gehen, als ich Leon und seine Gruppe folgsamer Vollidioten sehe. Die lassen sich nie eine Möglichkeit entgehen, sich über mich lustig zu machen. Dieses Jahr ist zwar nur noch Jonas in meiner Klasse, und der benimmt sich nur so scheiße, wenn einer von den anderen in der Nähe ist, aber wenn ich ihnen in der Pause oder in Musik oder Religion über den Weg laufe haben die trotzdem immer einen blöden Spruch auf Lager.

Ich ärgere mich immer noch über Jannis und meine Schwester und Leon und eigentlich alles, als ich um eine Ecke biege und plötzlich mit jemandem zusammenstoße. Und als ich hoch schaue, merke ich, dass dieser Jemand niemand anderes ist als Marvin. Sofort werde ich nervös, meine Wangen werden heiß und mir wird leicht schlecht. Was mache ich jetzt? Soll ich was sagen? Was denkt er von mir? Was kann ich Freitag alles zu ihm gesagt haben? Und vor allem: Oh mein Gott, er sieht so gut aus!

Marvin ist einfach total mein Typ. Er ist groß und schlank und hat braungrüne Augen und etwas mehr als schulterlange Haare, die so dunkelbraun sind, dass sie schwarz wirken. Wie immer trägt er eine schwarze Jeans, Nietengürtel, Chucks und ein Bandshirt mit einer schwarzen Sweatshirtjacke. Und er schaut mich unheimlich unfreundlich an. Oh Gott, ist er böse auf mich? Weil ich ihn angemacht habe? Weil ich (unfreiwillig) abgehauen bin? Weil er mich einfach nicht mag? Oder war noch irgendwas anderes?

Eine Weile stehen wir einfach schweigend im Flur und schauen uns an. Ob er mich erkennt? Ob er sich überhaupt noch daran erinnert, was passiert ist? Aber selbst wenn nicht, das mit dem Video kann ja nicht total an ihm vorbei gegangen sein.

„Hi“, sage ich vorsichtig, nachdem ich meine Musik leiser gestellt habe, und habe das Gefühl, ihn Ohnmacht zu fallen, als er nicht antwortet und mich nur weiter finster anstarrt. Als ob er gar nicht wüsste, warum ich auf ein Mal mit ihm rede.

„Morgen“, brummt er schließlich. Und geht dann einfach an mir vorbei. Sprachlos schaue ich ihm hinterher. Ich weiß nicht, was ich erwartet habe, aber doch auf jeden Fall mehr als das. Er kann mich doch nicht einfach so ignorieren! Was soll das denn? Ich wette, wenn ich ihn nicht gegrüßt hätte, hätte er einfach gar nichts gesagt. Er ist zwar sonst auch ziemlich unfreundlich zu allen, aber trotzdem…

„Arschloch“, murmle ich und drehe meine Musik wieder lauter. Scheißtag einfach. Heute sind einfach alle gegen mich. Und wo ist eigentlich Jannis, wenn ich mal mit ihm reden muss?
 

„Er hat dich echt einfach ignoriert?“, fragt Jannis fünf Minuten später und schaut mich ungläubig an. „Warum?“

„Woher soll ich das denn wissen?“, grummle ich und schlinge die Arme um meine Knie. Zusammen sitzen wir auf der Fensterbank vor unserem Klassenraum. Der Unterricht fängt erst in ein paar Minuten an und von dem Rest unserer Klasse ist natürlich noch nichts zu sehen. Die meisten kommen sowieso immer zu spät und wenn wir Deutsch haben hält es auch der Rest der Klasse nicht für nötig, rechtzeitig zu kommen. Von einer 11. Klasse sollte man eigentlich mehr erwarten können. Selbst an so einer Drecksschule in so einer Drecksgegend.

„Meinst du, er ist irgendwie sauer auf mich oder so? Hab ich vielleicht irgendwas gemacht oder gesagt, also am Freitag, und kann mich jetzt nur nicht mehr dran erinnern?“ Ich seufze leise und fahre mir durch die Haare. „Jan, du warst doch auch da. Hast du vielleicht irgendwas mitbekommen? Weißt du, warum wir überhaupt miteinander rumgemacht haben? Am Ende hat er bloß eine Wette verloren oder sowas.“

„Nee, keine Ahnung, ich hab nichts mitbekommen. Aber ich glaube, dass er dich nur geküsst hat, weil er es wollte.“

„Wenn er mich Freitag küssen wollte, warum will er es dann jetzt nicht mehr?“

„Das weißt du doch gar nicht.“

„Dann würde er mich ja wohl nicht einfach stehen lassen, oder?“

„Ach komm, Marvin ist doch immer ein Arschloch. Oder hast du ihn mal mit jemandem wirklich reden sehen?“ Ich schüttle den Kopf und Jannis legt einen Arm um mich. „Sei wegen dem doch nicht so deprimiert. Wenn er dich nicht will, ist er selbst schuld. Und vielleicht mag er dich ja, auch wenn es nicht so aussieht.“

„Ganz egal, ob er mich mag, er hätte etwas netter zu mir sein können. Obwohl es natürlich schöner wäre, wenn er mich auch mag. Meinst du, ich soll ihn einfach fragen oder so?“

„Hey, vergiss ihn doch einfach. Er wäre sowieso nicht gut für dich. Besser, du hältst dich von ihm fern.“ Überrascht schaue ich zu ihm hoch. Sowas von Jannis? Eigentlich mag er erstmal jeden und sieht nur das Gute und setzt sich für andere ein (deswegen ist er ja auch Schulsprecher geworden). Okay, Marvin fand er schon irgendwie komisch, aber allein deswegen würde er sowas nicht sagen.

„Wie, nicht gut für mich? Du kennst ihn doch gar nicht“, entgegne ich.

„Du kennst ihn auch nicht.“

„Weißt du irgendwas?“

„Hm, naja, nicht direkt“, murmelt Jannis und ich sehe ihn drängend an. Wenn er irgendetwas weiß, dann soll er es mir gefälligst auch sagen! Er weiß doch, dass ich ihn schon gut fand, als er Anfang des Jahres an unsere Schule gekommen ist, und mich für ihn interessiere. „Ich weiß ja nicht, ob es stimmt, aber…“

„Was aber?“

„Ich hab gehört, er ist von seiner alten Schule geflogen und hatte Probleme mit der Polizei und so“, antwortet er schließlich und zuckt mit den Schultern.

„Warum hast du denn nicht früher was gesagt?“

„Ich hab’s ja erst am Wochenende gehört. Und ich dachte nicht, dass du nur wegen Freitag anfangen würdest, mit ihm zu reden. Hast du vorher ja auch nicht gemacht, obwohl du so scharf auf ihn warst.“

„Aber jetzt habe ich doch endlich einen Grund mit ihm zu reden! Also, rein theoretisch.“

„Mach’s nicht, okay? Am Ende stimmt das noch und du gerätst da in irgendwas rein… Hört man doch immer wieder. Ich mach mir nur Sorgen um dich, ja?“, erklärt er mir und sieht aufrichtig besorgt aus. Es fällt mir zwar schwer zu glauben, dass es irgendwie gefährlich sein könnte, mit Marvin zu reden, aber ich kenne ihn ja wirklich nicht und ich will auch nicht, dass Jannis sich Sorgen macht.

„Sowas wird mir bestimmt nicht passieren“, meine ich, aber Jannis wirkt kein bisschen beruhigt.

„Auch wenn es nicht so schlimm ist, wer weiß, wie Marvin so drauf ist. Vielleicht ist er ja aggressiv und schlägt dich oder zwingt dich zu irgendwas oder so… Wer weiß, vielleicht hast du ihn ja nicht mal freiwillig geküsst. So betrunken, wie du warst.“

„Wieso sollte ich es nicht gewollt haben? Marvin ist so heiß…“ Und ich will den kleinen Funken Hoffnung nicht aufgeben, dass er vielleicht auch ein bisschen auf mich steht, egal ob er mich einfach stehen lassen hat.

„Ich weiß auch nicht. Aber kann ja sein. Du kannst dich ja nicht erinnern.“ Er macht eine Pause und seufzt dann. „Aber auch, wenn er nicht gefährlich ist oder so, er wirkt einfach nicht, als wäre er verliebt in dich, sondern nur, als ob er mit dir ins Bett wollte. Sorry. Und wenn du dir Hoffnungen machst und dich an ihn ranschmeißt und er dich dann nur als Zeitvertreib benutzt und du dann wieder so depressiv wirst, wenn er sich jemand anderen sucht… Es geht mir wirklich nur darum, dass es dir gut geht, okay?“

„Hmhm“, mache ich nur und rutsche von der Fensterbank, weil ich unseren Deutschlehrer kommen sehe, gefolgt von ein paar Jungs, die auch in unserer Klasse sind und offensichtlich nicht rechtzeitig abhauen konnten.
 

Nach der Doppelstunde Deutsch und den 20 Minuten Pause danach bin ich schon wieder ganz nervös, weil ich jetzt gleich zwei Stunden lang Musik habe. Mit Marvin, aber ohne Jannis. Wenigstens ist Paula in meiner Musikklasse und ich bin nicht ganz allein. Paula ist echt nett, hat aber immer seltsame Klamotten an und echt komische Hobbys. Abgesehen davon, dass sie gerne in der Öffentlichkeit singt und sich etwas anders ausdrückt als andere Menschen. Kurz: Sie ist ein Außenseiter, aber ich mag sie. Und der beliebteste war ich ja auch noch nie.

„Lexiiiiiiiiiii!“, ruft sie und kommt wild winkend auf mich zu, kaum dass ich in Sichtweite bin. „Na, Häschen, wie war dein Wochenende?“, fragt sie so laut, dass jeder andere es auch gehört haben muss, und umarmt mich.

„Hm, naja, geht so“, antworte ich. Mittlerweile habe ich es aufgegeben, sie daran zu erinnern, dass ich sogar einen richtigen Namen habe, der nicht wie der von einem Plüschtier klingt. Irgendwie hat das bisher noch nie funktioniert. Keine Ahnung, warum alle so besessen davon sind, meinen Namen zu verniedlichen. Okay, ich bin zwar schwul, aber das kann man mir ja wirklich nicht ansehen. Ich trage ganz normale Klamotten und gehe nicht irgendwie tuntig oder rede so. Und ich bin ganz bestimmt nicht der einzige, der kein Macho ist, aber bei den anderen macht das keiner. Und überhaupt: Richtig heiße ich Alexander, ist Alex da nicht der naheliegendste Spitzname? Komischerweise sind meine Lehrer die einzigen, die mich so nennen. Manchmal zumindest.

„Warum denn nur geht so? Ich hab irgendwas von neuem Freund und tagelang wildem Sex gehört“, meint sie grinsend. Weil Leon und ein paar seiner Leute vor dem Musikraum stehen und obszöne Bewegungen machen, als sie bemerken, dass ich zu ihnen rüber schaue, kann ich mir gut denken, von wem sie so einen Mist hat. Und Marvin steht nur ein paar Meter daneben an die Wand gelehnt, sieht großartig aus und tut so, als würde er gar nichts bemerken. Bis jetzt. Jetzt schaut er von den Zetteln, die er in der Hand hält, auf und sieht mir direkt in die Augen.

„Äh, nein. Kein Freund, kein Sex“, murmle ich leise, stecke die Hände in die Taschen und weiche seinem Blick aus. Warum schaut er überhaupt zu mir rüber? Schaut er immer noch? Oh Gott, er schaut mich ja immer noch an. Und dann sieht er wieder runter auf seine Zettel. Ohne die geringste Regung zu zeigen. Schon wieder ignoriert. Na toll.

„Wirklich?“, fragt Paula und schaut mich ungläubig an. Dabei wirken ihre Augen noch größer als sowieso schon.

„Ja.“ Leider. Ich frage mich, wie es wohl gelaufen wäre, wenn ich tatsächlich mit Marvin geschlafen hätte. Nicht unbedingt mit Kameras, aber wenn wir irgendwo anders hingegangen wären, und dann… Was wäre dann passiert? Ignoriert hätte er mich bestimmt nicht. Aber an sowas sollte ich gar nicht denken. Zu sowas wird es ganz bestimmt nie kommen. Ich musste Jannis ja versprechen, ihm nicht hinterher zu laufen, und von Marvin wird wohl eher nichts kommen.

„Schade. Ist doch schon ewig her, dass du deinen letzten Freund hattest. Wie hieß der noch mal? Max oder so ähnlich, stimmt‘s?“

„Mo“, nuschle ich. Ich sollte etwas daran ändern, dass alle so gut über mein Privatleben bescheid wissen. „Können wir jetzt über was anderes reden?“

„Ja, okay. Hast du die Hausaufgaben gemacht? Die waren doch furchtbar, oder? Ich hab echt ewig dafür gebraucht.“ Wow, das war ja einfacher als ich dachte. Leider gefällt mir das Thema nicht unbedingt besser.

„Jaa, ich auch. Ich glaub trotzdem nicht, dass ich es richtig gemacht habe.“

„Naja, bist nicht der einzige.“ Sie grinst trotzdem fröhlich vor sich hin und dreht sich eine ihrer blonden Haarsträhnen um den Finger. Eigentlich weiß ich gar nicht, warum Paula so unbeliebt ist. Sie ist etwas überdreht, aber eigentlich ganz hübsch, wenn man von ihren Klamotten absieht. Sie hat lange hellblonde Haare, volle Lippen, große hellblaue Augen und ist schlank. Meiner Meinung nach sieht sie sogar viel besser aus als die Tussen, mit denen sich zum Beispiel Leon und so abgeben. Die sehen doch aus wie 30-Jährige, die wie 15-Jährige aussehen wollen, mit der ganzen Schminke und dem vielen Solarium.

„Sag mal, was ist eigentlich heute los mit dir? Du bist so gut gelaunt. Ist irgendwas passiert oder so?“

„Nein, eigentlich nicht. Ich bin einfach gut drauf. Obwohl wir jetzt Musik haben.“ Sie verdreht die Augen und lässt ihre Haare wieder los. „Was meinst du, machen wir mal wieder was zusammen? Auch mit Jannis und Caro vielleicht?“

„Ja, klar, warum nicht.“ War bisher ja immer lustig. Und auf zuhause und meine Familie hab ich ganz sicher keine Lust.

„Yay! Wann hast du denn Zeit? Heute kann ich ja nicht, wegen Nachhilfe, aber wie wär's mit morgen? Wir können ins Einkaufszentrum, vielleicht ins Kino und dann noch was trinken gehen“, schlägt sie vor.

„Klingt gut“, antworte ich. Aber vom Alkohol werde ich besser meine Finger lassen, denke ich mit einem kurzen Blick zu Marvin. „Ich red dann gleich mit den anderen und ruf dich dann heute Abend an, ja?“

„Kayy. Das wird bestimmt spaßig.“ Ich nicke lächelnd. Mich mit Freunden treffen wird mich bestimmt wieder aufheitern, egal was Marie oder Leon und seine Spastentruppe noch sagen. Leider muss ich mich jetzt erst mal durch zwei Stunden Musik quälen. Mittlerweile ist unsere Lehrerin sogar schon da und alle stürzen in den Raum, um einen guten Platz weit hinten zu bekommen. Aus diesem Gedrängel halten wir uns raus und gehen ganz langsam zur Tür. Musik kann auch nicht grauenvoller werden, wenn man in der ersten Reihe sitzen muss.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2011-01-10T20:55:09+00:00 10.01.2011 21:55
Man, ich hab das ganze Kapitel mit einer unbestimmten Art von Befangenheit gelesen... ich glaube, das wird mir wohl die ganze Geschichte so gehen, ich warte immer darauf das irgendetwas unglaublich peinlich passiert. Nicht mal, weil er selbst irgendwas peinlich veranstaltet, sondern weil seine Freunde und Familie unfassbar taktlos sind. Ich mein, ist ja irgendwie klar das andere sich über ihn lustig machen, schließlich sind sie nicht in seiner Situation, aber,... irgendwann muss dem doch mal die Hutschnur platzen. Ich würd mir das Gerede von meinen FREUNDEN und meiner FAMILIE in dem Ausmaß nicht gefallen lassen. Wobei Schwestern in dem Alter wahrscheinlich eh unerträglich sind... muss ich mal meinen Bruder zu befragen^^
Ich würd, glaub ich, aber auch nicht zur Schule gehen an diesem Montag.
Was mich jetzt aber interessiert ist, warum Marvin ihn die ganze Zeit angestarrt hat... und wem er denn Vorwürfe für den Vorfall macht... und wieso er nicht mal seinen Mund aufmacht, wenn alle Leute sich über diese gewisse Sache amüsieren... schient ihn ja nicht sonderlich zu stören, hm?

Weiter ;)

LG Rhiska


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