Zum Inhalt der Seite

My Guardian Angel

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Prolog

Glaubst du an so etwas wie Engel? Dass da jemand oder etwas ist, das über dich wacht und Acht gibt, damit dir nichts passiert?
 

Schutzengel sind Engel, die Gott auserwählt hat, um die Menschen in besonderer Weise zu beschützen.
 

Ich glaube daran, auch wenn man sie nicht sehen kann. Ich glaube, dass sie um uns herum sind, auch wenn man nie weiß, wann, wo und wie sie uns helfen. Aber ich glaube daran, dass jeder von uns so einen Beschützer hat.
 

Ich werde einen Engel schicken, der dir vorausgeht. Er soll dich auf dem Weg schützen und dich an den Ort bringen, den ich bestimmt habe. Achte auf ihn und hör auf seine Stimme! Widersetz dich ihm nicht! Er würde es nicht ertragen, wenn ihr euch auflehnt; denn in ihm ist mein Name gegenwärtig. Buch Exodus (23,20 ff)
 

Sie schaltet den Computer aus und schließt die vor ihr ausgebreiteten Bücher. Es war schon nach Mitternacht, Zeit zum Schlafen gehen. Eigentlich blieb sie nie so lange wach, besonders dann nicht, wenn am nächsten Tag ein Schultag war. Doch heute Abend hatte sie überall gestöbert, im Internet und in Lexika, hatte dabei ganz die Zeit vergessen. War da doch dieses Wort, was sie nicht los ließ.
 

Schutzengel.
 

My Guardian Angel.

Erstes Kapitel

Wie jeden Morgen gingen Mizuki und Ayame gemeinsam zur Schule. Sie wohnten zwar nicht in der gleichen Straße, aber die trafen sich jeden Morgen an ihrem Treffpunkt um zusammen loszugehen.

An diesem Sommertag schien die Sonne, erhellte die Welt und die Gemüter. Sie wärmte angenehm, eine leichte Brise fuhr ihnen durch die Haare.

„Hey Mizuki!“, rief Ayame ihrer Freundin zu und winkte dabei, als sie dabei etwas schneller wurde und zu Mizuki hinrannte.

„Morgen~!“, gähnte Ayame, als sie vor ihrer Freundin angekommen war. Ayame war nicht gerade ein Freund vom Frühaufstehen.

„Guten Morgen, Ayame!“, rief Mizuki freundlich und lächelte. Auch wie winkte ihrer Freundin zu, als diese auf sie zu gelaufen kam.

„Mal wieder verschlafen wie immer, was?“, fragte Mizuki mit einem schiefen Grinsen im Gesicht.

Um sie herum waren wenige bekannte, dafür umso mehr unbekannte Gesichter, viele Menschen, die auf dem Weg zur Arbeit oder zur Schule waren. Kinder, Jugendliche, Erwachsene. Schuluniformen, Anzüge und Krawatten, Jeans und T-Shirts.

Nebeneinander her gingen die beiden Mädchen die Straße hinunter in Richtung Schule.

„Ehehe... ja verschlafen wie immer... tut mir leid...!“, entschuldigte sie sich sogleich bei Mizuki. "Lass uns losgehen!", schlug Ayame vor und schob Mizuki in gewünschte Richtung.
 

Als sie so nebeneinander hergingen, zog Ayame, die dunkelhaarige, eine Schnute.

Und irgendwie schien sie das gute Wetter auch nicht so richtig aufmuntern zu wollen. Es war doch zum Verrücktwerden. Ständig suchte sie nach Erklärungen, was sie falsch gemacht haben könnte.

Mizuki sah ihre Freundin an. Sie wusste, warum sie so bedrückt war, wusste aber nicht, wie sie sie wieder aufheitern konnte. Es war noch gar nicht so lange her, da war Ayame ein Sonnenschein gewesen. Sie hatte stets gute Laune und ein Lächeln im Gesicht gehabt, das andere anstecken konnte. Ihr Lächeln machte Bedrückte zuversichtlich, Traurige glücklich.

Doch seit Ayame das letzte Mal so gelacht hatte, war schon eine ganze Weile vergangen. Seit Hiroshi Kanjiro ihre beste Freundin nach einigen Monaten Beziehung einfach abserviert hatte, war Ayame so traurig wie nie.

Mizuki hatte diesen Schleimbeutel noch nie gemocht. Ständig schaute er anderen Mädchen nach und flirtete mit ihnen, selbst in der Zeit, in der Ayame mit ihm zusammen war, hatte er sich kein Stück zurückgehalten. Immer wieder, besonders anfangs, als die beiden zusammenkamen, hatte Mizuki ihre Freundin vor ihm gewarnt, aber sie war vor Liebe total blind gewesen und nun war sie todunglücklich.

„Jetzt schau' doch nicht wieder so miesepetrig drein, Ayame! Vergiss' doch endlich diesen Typen. Du hast was Besseres als diesen Kerl verdient!“, rief Mizuki zuvor kurz seufzend. Sie legte den Kopf in den Nacken und schloss für einen kurzen Moment die Augen. „Ich hab' dir gesagt, dass dieser Macho nichts für dich ist. Der gafft doch ständig einer anderen hinterher.“

Weiterhin blickte Ayame eher zum Boden als sonst wohin.

„Ich konnte irgendwie damit leben, dass er ab und an nach anderen geschaut hat, aber... ich weiß nicht mal was ich falsch gemacht haben soll...“, seufzte sie. Es war immer dasselbe, und nie kam sie auf einen grünen Zweig was das Thema anging.

„Ich weiß auch nicht Mizuki,.... ich kann das nicht erklären aber... er hat so plötzlich schlussgemacht, dabei fand ich doch, dass es so gut lief...“ Doch als sie den Satz beendet hatte musste sie nach oben schauen, da sie an einer Ampel angekommen waren.

Und auf der anderen Seite entdeckte sie zwischen einigen anderen Jungs.... „Hiroshi!!!“, rief Ayame und wollte schleunigst auf die andere Straßenseite. Als sie in der Mitte der Straße angekommen war, hörte sie noch ein lautes Hupen....

Zweites Kapitel

Nun standen die beiden an der Ampel und warteten darauf, dass der Fußgängerüberweg freigegeben wurde, als Ayame sich plötzlich durch die Menschenmenge an der Ampel drängelte und auf die Straße rannte.

„Ayame! Ayame!“, schrie Mizuki und drängelte sich ebenfalls bis zur Bordsteinkante vor. Sie streckte ihren Arm zu ihrer Freundin aus. „Komm' zurück! Ayame!“
 

Auf der anderen Seite stand Hiroshi und sah, wie ein Mädchen auf die Straße geradewegs auf ihn zu gelaufen kam. Er erkannte sie, als sie ihm ins Gesicht sah und ihre Freundin, Mizuki, nach ihr rief. Er sah das Auto, das mit einem auf die zu gefahren kam.

„Sofort runter von der Straße, Ayame! Bist du wahnsinnig?“, brüllte er ihr entgegen, doch sie lief weiter auf ihn zu, anstatt dem Auto auszuweichen.

Als Ayame schließlich bemerkte, dass sie gerade auf die Straße gelaufen war und ein Auto auf sie zu raste, blieb sie, wegen ihrer eigenen Handlung unter Schock stehend, wie angewurzelt mitten auf dem Asphalt stehen und blickte dem sehr schnell heranfahrenden Fahrzeug entgegen.
 

Ein junger Mann, auch eine Schuluniform tragend, stand ebenfalls an der Ampel, als das Mädchen auf die Straße lief. Ihm war klar, dass das Auto sie erfassen und sie schwer verletzen oder gar töten würde, wenn nicht augenblicklich ein Wunder geschah.

Er ging einige Schritte vorwärts und stand nun ein paar Meter vom Bordstein entfernt auf der Straße, als er ihren Arm ergriff und sie von der Fahrbahn in seine Richtung zerrte. Ayame wurde mit einer solchen Gewalt gezogen, dass sie gegen ihren Retter prallte und ihn umwarf. Auch sie verlor ihr Gleichgewicht und fiel auf ihn.

Das Auto raste hupend an den beiden vorbei, der Fahrer, der das Fenster heruntergekurbelt hatte, fluchte und brüllte, doch er fuhr weiter und schürte sich nicht um die Gesundheit des Mädchens.

Die Fußgängerampel schaltete auf grün und die Menschen bahnten sich ihren Weg, zunächst zu den beiden Menschen, als jedoch ersichtlich war, dass nichts schlimmes passiert war, gingen sie weiter, um die beiden herum und kümmerten sich nicht um die zwei.

„Alles in Ordnung bei dir?“, fragte der Unbekannte lächelnd und musterte das Mädchen genau, ob sie irgendeine Verletzung davongetragen hatte.
 

Als Ayame zurückgezerrt wurde, wusste sie nicht wie ihr geschah. Plötzlich war da das Auto, das hupend auf sie zu gerast kam und dann lag sie plötzlich auf der Straße, unversehrt, aber dafür halb auf einem Jungen liegend. Und nun lag sie da, völlig erschrocken und musste erst einmal registrieren, dass sie jemand gerettet hatte. Und dass sie auf jemandem lag! Erschrocken hob sie den Kopf.

„Ohje, En-Entschuldigung!!!“, brachte sie nur knapp heraus, peinlich berührt und schon ging sie von ihm herunter.

Als die Leute an ihnen vorbeiliefen bemerkte sie erst, was eigentlich passiert war. Ungläubig schlug sie die Hände vor den Mund und sah immer noch ganz erschrocken aus. Langsam nahm sie nach einem Schreckmoment die Hände wieder vom Mund.

„Dank…“, bekam sie nur leise heraus und besah sich den Kerl vor ihr. „Hast du dir wehgetan?“, fragte sie sogleich, stand auf und hielt ihm eine Hand hin.
 

Der Unbekannte lächelte sanft.

„Du brauchst dich nicht für so etwas zu entschuldigen. Du wärst nicht mehr, wenn ich nicht mehr gewesen wäre!“, sagte er zwinkernd und lächelte.

Er besah sich ihr Gesicht genauer. Ihre haselnussbraunen Augen fielen ihm sofort auf, aber auch ihr Mund blieb nicht von seinen Blicken verschont.

„Mir fehlt nichts. Und wie sieht's mit dir aus? Ist bei dir noch alles heil?“, fragte er.

Als sie ihm ihre Hand reichte, fasste er nach dieser und stand ebenfalls auf. Er klopfte sich den Schmutz von seiner Hose und seiner Jacke und sah sie wieder an.

„Ja ich bin okay!“, seufzte sie erleichtert, als sie an sich runter geschaut hatte.

Als er stand, musste sie den Kopf heben. Er war im Gegensatz zu ihr wirklich groß. Und durch sein Lächeln wirkte er sofort sehr nett und sympathisch.

Immer noch liefen die Leute an ihnen vorbei, und da bemerkte Ayame auch wieder Mizuki, die etwas starr vor Schreck noch am Gehsteig stand.

„Ah ich bin Ayame Yamamoto!“, verbeugte sie sich höflich.

„Und das ist meine Freundin Mizuki Ueda!“, schnell zog Ayame Mizuki zu sich und dem Kerl.
 

Zunächst schaute Mizuki ihre Freundin giftig an, als sie sehr grob zu den beiden gezerrt wurde, doch sie versteckte ihre Missgunst hinter einem freundlichen, gekünstelten Lächeln. Als Ayame ihre Freundin vorgestellt hatte, machte auch Mizuki, wenn auch widerwillig, eine leichte Verbeugung.

Normalerweise war Mizuki nicht der Fan von Typen, die sie gerade erst kennen gelernt hatte und schon gar nicht nannte sie solchen Kerlen ihren Namen. Sie war eine eher schüchterne und dem anderen Geschlecht sehr zurückhaltende und misstrauische Person. Auch machte Ayame Mizuki häufiger Probleme mit ihrer Spontanität.
 

„Freut mich sehr euch kennenzulernen. Mein Name ist Kaito Yoshida.“, erwiderte Kaito, der die beiden freundlich lächelnd ansah.

Er bemerkte die Unterschiede zwischen den beiden Freundinnen. Die eine, Ayame, war ganz unbehelligt und freundlich, schien aber auch ein wenig naiv zu sein. Die andere, Mizuki, war da anders. Sie war die kühlere Sorte Mädchen. Er bemerkte ihre Ablehnung in ihren Augen.

Doch er sagte nichts dazu. Schließlich wollte er die beiden nicht verärgern oder verscheuchen.

Die Ampel wurde rot, die Menschen warteten am Straßenrand, dass sie wieder grün wurde.

Kaito ließ die Hände tief in die Hosentaschen gleiten.

„Wir sollten von der Fahrbahn runtergehen, bevor gleich wirklich noch ein Unglück passiert.“

Er lehnte sich zu Ayame und kam ihrem Gesicht unglaublich nah.

„Und wer weiß, vielleicht bin ich dann nicht schnell genug, um dich zu retten.“, sagte Kaito, dessen Lächeln sich mittlerweile in ein schiefes Grinsen verwandelt hatte.

Er kam aus dem Grinsen und Lachen gar nicht mehr heraus.
 

Mizuki gefiel es nicht, dass dieser Kaito ihr so nah kam. Der Junge war doch irgendwie komisch, obwohl er und dieser Schleimbeutel Hiroshi sich rein optisch gesehen nicht im Geringsten ähnlich waren, hatten sie scheinbar charakterlich wohl einiges gemeinsam. Alle beide konnten es wohl gut mit dem anderen Geschlecht und machten keinen Hehl daraus.

Eiligen Schrittes gingen die beiden weiter.
 

Ayame war Mizukis Misstrauen gewohnt. Beide sahen die Welt eben mit etwas anderen Augen. Aber vielleicht war es das, wieso sie so gut befreundet waren. Es passierten immer wieder spannende Dinge, und sie hatten immer viel Spaß dabei. Das war auch der Grund wieso sie Mizuki zu sich gezogen hatte: Wenn was abging, dann nur zu zweit!

Doch als Kaito meinte sie von Nahem begutachten zu müssen, war ihr das doch etwas unangenehm. Leicht nach hinten weichend blinzelte sie ihn doch etwas perplex an. Aber sein Kommentar machte sie dann doch etwas verlegen. Schnell hakte sie sich bei Mizuki ein, checkte ob die eigene Schultasche noch da war und ging mit Mizuki zur anderen Straßenseite.

„Mizuki, bevor ich mich das nächste Mal wegen Hiroshi vor ein Auto werfe, hau‘ mir eine runter...“, seufzte sie leise und sah nochmal nach ob noch alles dran war...

«Das wäre beinahe wirklich schief gegangen...»
 

„Das werde ich tun. Aber wenn du auch nur noch einen Gedanken an ihn verschwendest und ihm weiterhin nachtrauerst, dann werde ich das ebenfalls tun.“

Mizuki streckte ihre Arme in die Luft.

„ Dieser Kerl ist deiner nicht Wert, Ayame. Du findest wen besseres, der dir gerecht wird.“, meinte sie und warf schwungvoll eine in ihr Gesicht gefallene Strähne ihrer goldblonden Mähne über ihre Schulter.

Dann bemerkte Ayame erstmals, dass Kaito die gleiche Schuluniform trug...

"Hast du den schon mal gesehen? Der scheint auf unsere Schule zu gehen." flüsterte Ayame leise zu Mizuki hin.

Als Mizuki auf die Schuluniform angesprochen wurde, drehte sie sich unauffällig um, doch er war weder noch an der Ampel, noch war er hinter den beiden oder auf der anderen Straßenseite. Er war verschwunden. Als sei er aus dem nichts gekommen und genauso schnell wieder verschwunden.

„Das ist mir auch aufgefallen. Aber ich hab' ihn noch nie auf dem Schulgelände gesehen. Vielleicht ist er neu oder so.“ Sie seufzte. „Soll mir recht sein, solange er nicht wieder auf die Idee kommt, dich so anzugaffen wie ein Tier im Zoo, weil er dich gerettet hat! Das wäre ja die Höhe!“, murmelte Mizuki sauer.
 

Ayame rollte mit den Augen. „Man kann es auch übertreiben... hehe.“, lächelte sie. „Ich hab ihm immerhin zu verdanken nicht plattgefahren worden zu sein...“, als sie das sagte drehte sich auch Ayame nochmal um.

„Wo ist er denn hin?“, schaute sie sich nach ihrem Retter um, der wirklich wie vom Erdboden verschluckt zu sein schien. „Seltsam... naja vielleicht sehen wir ihn in der Schule wieder!", war Ayame doch zuversichtlich.
 

„Das stimmt schon. Es war toll, dass er sein eigenes Leben für jemanden riskiert hat, den er nicht einmal kannte. Und das schien ihm auch nichts auszumachen. Aber ein seltsamer Kautz bleibt er für mich trotzdem.“

Mizuki bemerkte ihre Zuversichtlichkeit. Scheinbar war sie auch ein wenig glücklich, dass sie ihren Retter in der Schule auch nochmal sehen könnte.

„Vielleicht sehen wir ihn wieder, vielleicht aber auch nicht. Naja, ich wünsch' dir Glück.“

Jetzt war es Ayame, die dich etwas eingeschnappt auf den Kommentar ihrer besten Freundin reagierte. „Jetzt tu nicht so als ob ich gleich an ihm interessiert wäre...“, meinte Ayame etwas beleidigt. „Ich bin ihm halt dankbar dass ich nicht überfahren worden bin. Mehr nicht.“, seufzte Ayame kapitulierend.

Sie blickte zu Mizuki rüber: „Ich hätte mich einfach gerne irgendwie richtig bedankt, nicht einfach so ein 'danke fürs retten, tschüss!', verstehst du?“ Und während sie so miteinander sprachen, war von weitem auch schon ihre Schule zu sehen.

Eine Menge Schüler und Schülerinnen gingen durch das Schultor in den Hof. So auch Ayame und Mizuki. Doch als sie auf den Hof gingen, konnte Ayame diesen Kaito nicht entdecken. Auch auf dem Weg zum Klassenzimmer war er nicht zu entdecken.

"Man sieht sich immer zwei Mal im Leben. Irgendwann wirst du ihn schon wiederfinden und die Chance haben, dich richtig bei ihm zu bedanken, glaub' mir.", antwortete Mizuki, das Thema damit beendend, als die beiden den Korridor zu ihrem Klassenraum hinuntergingen.
 

„Entschuldigung, wo ist das Lehrerzimmer?“, quatschte sie dann jemand von der Seite an.

Der Kerl war einen guten Kopf größer als die Mädchen und hatte etwas längere, dunkle Haare. Den obersten Knopf des Uniformhemds nicht geschlossen und die Krawatte eher locker um den Hals gelegt, einen Nietengürtel um die Hüfte tragend – man erkannte schnell, dass dieser junge Mann nicht gerade Vorlieb mit der Uniform nahm. Nichtsdestotrotz lächelte er freundlich und blickte beide Mädchen abwechselnd an. Eine Hand hatte er lässig in der Hosentasche, in der anderen Hand hielt er einen kleinen Zettel, auf dem zwar die Raumnummer des Lehrerzimmers war, jedoch nirgends stand, in welchem Stockwerk oder in welchem Gebäudetrakt das Zimmer denn zu finden war.

„Das Lehrerzimmer? Das ist ganz einfach. Du gehst den Gang hier runter, dann rechts, die Treppe rauf, dann wieder links und die Treppen runter. Den Flur gehst du dann bis zum Ende runter und dann stehst du davor. Alles mitgeschrieben?“, fragte Mizuki und wandte sich wieder Ayame zu.

Während das Mädchen ziemlich schnell den Weg zum Lehrerzimmer beschrieb, blinzelte der Schüler gegen Ende doch etwas verwirrt. So einfach schien der Weg wohl nicht wirklich zu sein - zumindest nicht wenn man hier neu war.

Das andere Mädchen hingegen wandte sich sofort empört an Mizuki, da sie den Kerl einfach nur unfreundlich mit Informationen zu überladen schien.

„Mizuki! Du kannst doch nicht einfach..!“, doch da wurde sie unterbrochen. Und zwar von dem Kerl neben ihnen.

"Schon gut, ich werd‘ mich einfach durchfragen. Trotzdem danke!“, versuchte er die dunkelhaarige zu beschwichtigen.

Er zog seine Hand aus der Hosen Tasche und setzte zum Winken an, während er sich bereits leicht wegdrehte und ging.

Ayame blitzte ihre Freundin an. „Das war wirklich unfreundlich! Du bist doch sonst nicht so griesgrämig!“, mit verschränkten Armen blickte Ayame Mizuki etwas tadelnd an.

„Ich und griesgrämig? Seit wann bin ich griesgrämig?“, meinte Mizuki, die dem Jungen noch eine Weile nachsah, bis er ganz verschwunden war. Danach wandte sie sich wieder Ayame zu. Mizuki seufzte schwer.

„Tut mir leid, heute ist wohl nicht ganz mein Tag.“ Eine Weile schwieg sie, bis sie etwas vor sich hin murmelte. „Wenn er mir wieder über den Weg läuft, sollte ich mich bei ihm entschuldigen. Er hat ja im Grunde gar nichts verbrochen und trotzdem hab' ich ihn angefaucht...“

Langsam bahnten sie sich den Weg zum Klassenraum. Dort angekommen stellte Mizuki ihre Tasche auf ihrem Tisch ab, der nahe den Fenstern stand, und holte ihr Mäppchen, sowie Heft und Schulbuch heraus. Sie ließ sich auf ihrem Platz nieder und seufzte ein weiteres Mal, bevor sie zum Fenster hinausschaute.

Ayame tat es Mizuki gleich und entledigte sich ebenfalls ihrer Tasche, machte jedoch noch keine Anstalten, die Bücher du Hefte herauszukramen.

„Alles klar, Mizuki?“, hakte Ayame dann doch mal nach. Mizuki sah in Ayames Augen heute irgendwie gereizt aus, und nun schaute sie teilnahmslos aus dem Fenster.

Auf eine Antwort wartend setzte sie sich hin und blickte weiterhin zu Mizuki, während an ihnen einige Mitschüler vorbeiliefen und freundlich grüßten.
 

Eine ganze Weile grübelte Mizuki über alles Mögliche nach. Gelangweilt trommelte sie mit den Fingern auf die Tischplatte, richtete ihren Blick jedoch unverändert nach draußen.

„Jaja, alles okay. Ich bin heute scheinbar mit dem verkehrten Bein zuerst aufgestanden.“, sagte Mizuki und streckte die Arme in die Höhe. „Anders kann ich es mir auch nicht erklären. Entschuldige.“

Sie klang deprimiert, ließ ihre Ellbogen auf dem Tisch ruhen und ihren Kopf auf ihrer Hand zu stützen.

Kapitulierend schüttelte sie den Kopf und blickte nach vorn, als die Lehrerin hineintrat und es dann auch klingelte. Irgendwie schien Mizuki heute eine Laus über die Leber gelaufen zu sein. Jedenfalls schieg irgendwie ihre Laune schief zu hängen.
 

Am Ende der Stunde läutete die Glocke.

„Und denkt daran, heute habt ihr wieder die Möglichkeit euch einem Club anzuschließen!“, gab die Lehrerin am Ende des Unterrichts bekannt, packte ihre Sachen und sofort wurde es laut in der Klasse.

Während die Lehrerin aus dem Klassenzimmer verschwand, suchte auch Ayame das Gespräch mit Mizuki.

„Gehst du dieses Schuljahr auch wieder einer Clubaktivität nach?“, hakte sie nach und stupste Mizuki von der Seite an.

„Ich weiß noch nicht. Eigentlich hab' ich so auch schon genug zu tun, aber eigentlich wäre es ja ganz schön.“, erwiderte Mizuki, als sie von ihrem Stuhl aufstand und sich reckte, um ihre schlafenden Glieder wieder aufzuwecken.

Kurz darauf begann sie, die Schulsachen wieder wegzupacken und nach ihrer Lunchbox zu suchen.

„Die Hauswirtschafts-AG soll sehr schön sein, aber die Kunst-AG wirbt auch noch um Mitglieder. Vielleicht gehe ich auch in den Literaturkurs, wobei der schon eine Warteliste eingeführt haben soll.“

Sie kramte die Bücher und Hefte wieder hervor und legte sie auf den Tisch.

„Wieso, hast du schon irgendwas Bestimmtes geplant?“

Wieder steckte sie ihre rechte Hand in ihren Ranzen, doch die Lunchbox blieb unauffindbar.

„Mist, ich hab' doch glatt mein Essen zu Hause liegen gelassen!“, fluchte sie, worauf sie traurig wurde. „Ayame, sag' mir bitte, womit ich so einen miesen Tag verdient habe!“

Deprimiert stopfte sie ihre Schulsachen wieder in die Tasche, bis auf ein Heft und ihr Federmäppchen. „Wie verhext ist das heute.“

„Ach Mizuki, jeder hat doch mal einen schlechten Tag.“, versuchte Ayame ihre Freundin zu beruhigen. „Geh doch eben zum Schulkiosk und hol dir etwas“, dabei sah Ayame auf ihre Armbanduhr. „Du hast noch 5 Minuten. Wenn du dich beeilst, schaffst du es noch bevor er zu macht!“, blickte sie wieder zu Mizuki auf und tippte mit dem Zeigefinger auf dem dünnen Glas der Uhr herum.

Nebenbei machte sich Ayame Gedanken um die Frage mit der Clubaktivität. Aber das würde wohl warten müssen, bis Mizuki eventuell von ihrem Kioskkauf wieder zurück war. „Soll ich dir Geld leihen?“

Mizuki fiel auf, dass Ayame Recht hatte. Der Schulkiosk hatte noch offen und die fünf Minuten würden locker ausreichen, wenn Mizuki einen Sprint einlegte. Hastig zog sie ihr Portemonnaie aus ihrer Tasche und zog den Reißverschluss auf.

„Nein, ich hab' genug Geld, schätze ich. Willst du auch was?“, fragte sie etwas hektisch.

„Nein, danke.“, schüttelte Ayame schnell den Kopf und huschte Mizuki mit eindeutiger Geste aus dem Klassenzimmer. „Na los, beeil dich, sonst musste du heute verhungern!“, kicherte Ayame und winkte ihr grinsend zu.
 

Ayame wusste heute nicht was mit Mizuki los war. Entweder sie war einfach nur katastrophal durch den Wind oder irgendwas war im Busch. Dann musste Ayame es nur noch irgendwie herausfinden.

Kaum war Mizuki aus dem Zimmer, dachte Ayame wieder an den Vorfall von vorhin an der Ampel. Ihr wurde wieder ganz flau im Magen, als ihr bewusst wurde, wie knapp die Situation gewesen war. Gut dass dieser.... wie hieß er doch gleich? Ayame hatte es vergessen… Aber der hatte doch die gleiche Schuluniform gehabt... sie würde später mal in der Mittagspause schauen, und nachsehen, ob sie ihn wiederfinden würde.
 

Währenddessen lief Mizuki schon in Richtung Türe, als sie auf dem Absatz kehrt machte und Ayame etwas zuflüsterte.

„Wenn Ishino-sensei vor mir zurück ist, sag', ich bin zur Toilette.“

Dann lief sie eilig aus dem Klassenzimmer, auf den Flur, wo eine ganze Traube aus anderen Schülern ihr den Weg versperrte. Ein wenig verzweifelt biss sie sich auf die Unterlippe.

«Müssen die gerade jetzt genau hier sein?», dachte sie und drängelte sich erfolgreich an vielen Schülern vorbei, weiter nach vorn zum Treppenabsatz, bis sie auf einmal einen starken Stoß in die Seite spürte. Da sie direkt an einer Treppe stand, verlor sie das Gleichgewicht und fiel. Sie streckte den Arm zum Treppengeländer aus, doch sie war zu weit von diesem entfernt, um sich daran festhalten zu können. Sie kniff die Augen zusammen, erwartend, dass sie gleich eine Etage tiefer auf dem Boden aufschlagen würde…



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu dieser Fanfic (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  May_Be
2015-01-06T22:46:40+00:00 06.01.2015 23:46
Die Geschichte finde ich jetzt bereits spannend :D würde mich freuen, wenn du bald weiter schreibst ^^


Zurück