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Eins plus eins macht drei!

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… und kompliziert

Kapitel 52: … und kompliziert


 

Ein paar Minuten, nachdem er Ino im Yakiniku Q sitzen gelassen hatte, schaute er sich um, doch zum Glück – ihrem Glück! – folgte sie ihm nicht.

Shikamaru verfluchte sich, dass er so einem theatralischen Abgang hingelegt hatte, aber wenigstens hielt es sie davon ab ihm nachzuspionieren.

Und er verfluchte den Tag. Egal, wo er sich aufhielt, irgendwer ging ihm auf die Nerven.

Er war froh, wenn die Prüfung endlich vorbei war und alles wieder seinen geregelten Ablauf hatte. Seine Mutter gab dann Ruhe, weil er pünktlich zu Hause war und Ino stellte ihre blöden Vermutungen ein, weil er ihr keinen Anlass zum Spekulieren gab.

Morgen in zwei Wochen hatte diese Heimlichtuerei ein Ende. Gott sei Dank.
 

Er setzte sich auf die nächste Bank und schaute in den Himmel. Das Weiß der Schleierwolken verliehen dem Blau einen schönen Kontrast. Die Farbkombination wirkte so leicht und unbeschwert und Shikamaru wünschte sich, dass sein Leben wenigstens im Ansatz so war.

Okay, es gab einen Platz, wo er der Realität entfliehen konnte und nicht darauf achten musste, was er tat oder sagte. Ironischerweise war dieser Ort bei der Person, die ihm diese Unannehmlichkeiten erst eingebracht hatte.
 

Die Wolken verselbstständigten sich vor seinen Augen und bildeten die Worte:

Ist es was Ernstes?
 

Er schüttelte den Kopf.
 

Nein, war es nicht. Absolut nicht.

Verfluchte Ino mit ihren verfluchten Fragen. Was dachte sie sich mit ihrer hoffnungslos romantischen Auffassung von Liebe eigentlich? Das echte Leben war so nicht. Nicht seins.
 

Er fluchte und stand auf.

Warum musste alles nur so verdammt kompliziert sein? Er hatte keine Lust, sich über so schwierige Dinge den Kopf zu zerbrechen.

Mist, warum musste er ausgerechnet heute frei haben?
 

Shikamaru ging einige Schritte und blieb stehen.

Was machte er hier überhaupt? Es hatte doch keinen Sinn, so ziellos durchs Dorf zu schlendern.

Zurück zum Lokal, um sich von seiner Teamkollegin zutexten zu lassen, wollte er allerdings nicht und seiner Mutter wollte er bei ihrem Kaffeekränzchen mit ihren Freundinnen auch auf keinen Fall Gesellschaft leisten.

Er wollte verdrängen, vergessen. Was er brauchte, war ein Ort, an dem er diesem ganzen unangenehmen Scheiß entfliehen konnte. Und wenn es nur für eine Weile war.
 

~~~
 

Er starrte auf die Tür. Sein rechter Finger lag auf dem Schalter der Klingel, doch er betätigte ihn nicht. Er verstand nicht so recht, warum er ausgerechnet hierher gekommen war, wenn es ein verspäteter Mittagsschlaf auf einer Wiese auch getan hätte.

In seinen Träumen konnte er wunderbar vergessen. Warum hatte er das nicht bedacht?

Nein, statt sich der Leichtigkeit des Schlafes hinzugeben, stand er nun vor ihrer Tür. Die Räume dahinter waren verlockend, wie eine andere Welt, in der er seinen Problemen entkommen konnte. Die Welt, die ihm die Probleme eingebrockt und die einfach und kompliziert zugleich war.
 

Shikamaru schüttelte den Kopf.

Seit wann machte er sich so poetische Gedanken? Das war doch alles Unsinn.

Seine Hand begann von der angespannten Haltung zu zittern und er ließ seinen Arm sinken. Was brachte es ihm, wenn er jetzt klingelte?

Sie machte ihm die Tür auf und er trat ein. Dann redeten sie und wenn sie vom Reden genug hatten, hatten sie Sex.

Gestern hatte es bis dahin vier Stunden gedauert. Über schlechte Filme hatten sie schwadroniert, über die Kindheit, die Jahreszeit, die sie am liebsten mochte. All so einen Kram, für die man sich nicht interessieren sollte, wenn man nur eine Affäre hatte.
 

Der Herbst.
 

Die bunten Blätter an den Bäumen, die Regenschauer und den damit verbundenen Wind. Sie liebte ihre Heimat, die Wüste. Doch wenn sie hier war, mochte sie den Herbst, der einen so krassen Kontrast darstellte. Sie bedauerte es, dass die Chuuninprüfung nicht in dieser Jahreszeit stattfand, hatte sie ihm gesagt und mit einem Lachen angemerkt, dass sie ein wenig neidisch war, dass er im zweitschönsten Monat im Jahr Geburtstag hatte. Der Schönste war für sie der Oktober, wenn sich der Herbst mit seinen prächtigen Farben von der besten Seite zeigte.
 

Er wunderte sich, dass er sich das alles gemerkt hatte. Seine Aufmerksamkeitsspanne war, was solche Kleinigkeiten betraf, nicht sonderlich lang. Aber er erinnerte sich an vieles, das sie ihm in den letzten Wochen von sich erzählt hatte. Seltsam.
 

Seine Hand wanderte wieder zur Klingel, doch er hielt in der Bewegung inne.

Die Moralpredigten seiner Mutter schwirrten ihm im Kopf herum. Und in den vergangenen Wochen waren es viele gewesen. Zu viele. Er war unvorsichtig geworden, seit die Vorbereitung zur Prüfung vorbei war.

Viele Eltern hatten wahrscheinlich kein Problem damit, wenn das fast erwachsene Kind nicht pünktlich zum Abendessen zu Hause war, aber er hatte sich in der Vergangenheit immer an die Regeln gehalten. Nun tat er es nicht mehr. Und das machte ihn verdächtig.

Er hatte Temari nicht einmal die Hälfte von dem erzählt, was seine Mutter deswegen für ein Theater veranstaltete. Klar, sie war der Grund dafür, aber er gab ihr keine Schuld daran. Es war seine eigene Entscheidung gewesen, dass er sich auf sie eingelassen hatte und von daher musste er allein mit den Konsequenzen leben. Nur leider reichte es ihm so langsam. Er hatte genug davon, jeden Abend aufs Neue mit dem Hausdrachen aneinander zu geraten.

Aber was hatte er für eine Wahl?

Er konnte den Ärger die verbliebenen zwei Wochen über sich ergehen lassen. Oder die Treffen auf ein Minimum reduzieren. Oder die beste Variante: Es ganz beenden.
 

Es beenden …

Das löste all seine Probleme mit einem Schlag. Seine Mutter beäugte ihn dann zwar immer noch einige Tage kritisch, aber irgendwann gab sie es auf. Doch dasselbe passierte auch, wenn Temari gegangen war. Dann pendelte sich der Alltag wieder ein.

Aber was, wenn er dem Drachen in den nächsten vierzehn Tagen noch mehr Anlässe gab, ihm zu misstrauen? War es das wert, dieses Risiko einzugehen?

Nein, war es nicht. Das Beste war es, wenn er mit dieser freundschaftlichen Bettgeschichte auf der Stelle Schluss machte.
 

Schluss machen …

Als ob er ihr mit dem Ende dieser Zweckgemeinschaft das Herz brechen würde … Das klang so lächerlich dramatisch.
 

Sein Arm schnellte vor und er betätigte die Klingel.
 

Es dauerte einige Sekunden, dann hörte er auf der anderen Seite Schritte. Die Klinke senkte sich und die Wohnungstür ging nach innen auf.
 

„Deine Mutter hat dich ja in einem Stück gelassen!“, schmetterte sie ihm zur Begrüßung entgegen.
 

Ihre offene Art war noch ein Punkt, den er an ihr mochte. Sie war sehr direkt und das machte den Umgang mit ihr … einfach war das falsche Wort, aber einfacher.
 

Da ihm keine schlagfertige Antwort einfiel, deutete er ein Schulterzucken an.
 

„Hat sie dich verwanzt oder was ist los?“, scherzte Temari und lächelte.
 

Ihr Lächeln …

Es war ihm schon früher aufgefallen, aber diesmal wünschte er sich, dass es nicht so einen Eindruck bei ihm hinterlassen hätte. Das erschwerte alles nur.
 

Als er wieder nichts sagte, verschwand es und machte einer neutralen Miene Platz.

Er versuchte sich vorzustellen, wie sie auf seine Bitte, das Techtelmechtel zu beenden, reagieren würde, aber es funktionierte nicht. Wahrscheinlich hatte sie Verständnis dafür, wenn er ihr seine Situation erklärte, doch es konnte genauso gut sein, dass sie wütend und enttäuscht sein würde. Warum auch immer, schließlich führten sie keine Beziehung.
 

„Du warst auch schon gesprächiger“, bemerkte sie mit einem Schmunzeln. „Wenn du weißt, warum du hier bist, kannst du ja reinkommen.“ Sie wandte sich ab und ging zurück ins Wohnzimmer. „Aber vergiss nicht, die Tür zuzumachen.“
 

Shikamaru starrte auf die Stelle, an der sie bis vor wenigen Sekunden noch gestanden hatte.

Warum sagte er ihr nicht einfach Es war nett mit dir, aber ich hab zu viel Ärger am Hals? Wie konnte es sein, dass er es nicht mal über sich brachte, das auszusprechen? Großartig, sein Plan bröckelte.

Er seufzte. Wahrscheinlich sorgte sein schlechtes Gewissen dafür. Es war wirklich nicht die feine Art, ihr das zwischen Tür und Angel zu sagen.

Er trat auf den Flur, zog die Wohnungstür hinter sich zu und folgte ihr.
 

Sie saß auf der Couch und blätterte in einem Buch. Es war ein Bildband mit Naturaufnahmen der Umgebung. Ein Andenken, das sich Touristen als Erinnerung an ihre Reise kauften. Und sie, weil sie die Vielfalt der Pflanzen im Feuerreich so sehr mochte.

Wieder so eine Kleinigkeit, die er sich gemerkt hatte.
 

„Und, wie hat sie reagiert?“, fragte Temari, ohne ihren Blick von der Fotografie einiger Ahornbäume abzuwenden.
 

Die Blätter auf dem Bild schimmerten gelborange und vereinzelt rot. Das Foto war im Herbst aufgenommen worden. Kein Wunder, dass es ihr gefiel.

Gab es eine günstigere Gelegenheit, um ihr zu erklären, dass es besser für ihn war, wenn sie aufhörten? Nein, wahrscheinlich nicht. Aber …
 

„Ging so“, sagte er. „Es hätte schlimmer sein können.“

„Wirklich?“, erwiderte sie überrascht. „Ich hätte eher damit gerechnet, dass sie dir ein Jahr Hausarrest aufdrückt.“
 

Ihre Mundwinkel zuckten zu einem Grinsen.

Sie zog ihn gerne damit auf, wie sehr er unter dem Scheffel seiner Mutter stand, aber sie wechselte nie auf die beleidigende und persönliche Ebene.
 

„Selbst wenn: Ich lass mich von ihr doch nicht wie ein ungezogenes Kleinkind behandeln“, gab er zurück, obwohl es nicht der Wahrheit entsprach.
 

Sie lachte, fragte aber nicht weiter nach. Noch eine Eigenschaft, die er an ihr schätzte.
 

Er betrachtete sie von der Seite. Er suchte nach den passenden Worten für den Anfang, doch ein anderer Gedanke drängte sich ihm auf.

Diese unangenehme Sache – dieses lächerlich klingende Schlussmachen – konnte noch etwas warten. Zwanzig Minuten, dreißig Minuten oder eine Stunde. Was machte da schon groß den Unterschied?

Dieser Anflug Egoismus schmeckte ihm nicht, aber er wollte sie ein letztes Mal. Einmal, dann war es gut. Dann konnte er diese komplizierte Traumwelt hinter sich lassen.
 

Tse, was für ein kitschiger und poetischer Schwachsinn … Ein weiterer Grund, das Ganze so schnell wie möglich ad acta zu legen und in den Alltag zurückzukehren.
 

„Temari?“

Sie blätterte eine Seite weiter und entgegnete beiläufig: „Hm?“
 

Shikamaru überlegte, ob es wirklich sinnvoll war, das zu tun, bevor er diese absurde Situation endgültig hinter sich brachte, aber …

Er bemerkte, dass sie ihn aus den Augenwinkeln ansah und verwarf seine Bedenken wieder. Einmal … Was sprach schon dagegen? Albern, dass er sich darüber überhaupt Gedanken machte.

Er beugte sich zu ihr herüber und küsste sie. Sie ließ das Buch los und es rutschte von ihrem Schoß zu Boden. Dann legte sie ihre Arme um seine Schultern, lehnte sich zurück und zog ihn mit sich.

Sie stellte keine Fragen, was das sollte und auch, wenn sie fertig waren, diskutierte sie nicht herum. Es war unkompliziert und – aus welchen Gründen auch immer – kompliziert zugleich.
 

Und während sie seinen Kuss erwiderte und seine Hände sich einen Weg unter ihr Top bahnten, wurde ihm etwas klar.

Er wusste, dass es nicht das letzte Mal war. Dass er es nicht beenden würde. Weil nicht nur der Sex den ganzen Stress wert war, nein, sondern sie war es irgendwie auch.
 

Was ist das hier eigentlich zwischen uns?, hörte er sie in Gedanken fragen.
 

Er hatte wirklich nicht die geringste Ahnung.
 

Shikamaru blinzelte.

Er hatte auch keine Ahnung, wie er damals die Antwort auf diese Frage gefunden hatte. Obwohl … Na ja, vielleicht doch. Zum Ende hin hatte sich das Ganze für ihn quasi von selbst erklärt, aber bis dahin hatte ihm dieser verwirrende Gefühlskram das Leben wirklich schwer gemacht. Dinge, die man nicht mit Logik und Verstand erklären konnte, waren nicht so seins. Damals nicht und heute auch nicht.


Nachwort zu diesem Kapitel:
So ganz zufrieden bin ich mit diesem Kapitel nicht. Hier und da kommt es mir ein wenig kitschig rüber und das vermeide ich normalerweise ja gerne. Ich hoffe aber trotzdem, dass es euch irgendwie gefällt.

Danke fürs Lesen! :)
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Kommentare zu diesem Kapitel (5)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Temari_Sabakuno
2015-04-30T09:51:43+00:00 30.04.2015 11:51
So, mal wieder Zeit gefunden ein weiteres Kapitel zu lesen!
Und es ist wie immer super geworden!
Shikas Gedankengänge sind in höchstem Maße interessant und gleichermaßen doch so sinnlos, da er am Ende eh auf dem gleichen Stand wie vorher ist!
Nämlich das er keine Ahnung hat, bzw. doch keine Antwort hat!

Aber wie gesagt trotzdem höchst interessant!
Und irgendwie passt es zu ihm!^^

Freue mich schon auf das nächste Kapitel!^^
Hoffentlich komm ich bald dazu weiter zu lesen!

PS: Ich liebe Ironie
;-)
Antwort von:  Rabenkralle
01.05.2015 15:48
Wie Recht du hast! Er versteht nicht wirklich, was da gerade mit ihm passiert und versucht es, mit Logik zu lösen, obwohl er eigentlich weiß, wie zwecklos das ist. :D

Liebe Grüße,
Rabenkralle
Von:  TheLueija
2015-01-22T20:44:15+00:00 22.01.2015 21:44
Yee, Shikamaru-Flashback :D
Es ist ja irgendwie Ironie des Schicksals, dass sich Shikamaru in so eine komplizierte Geschichte, eine (natürlich nur platonische ;D *hust*) Beziehung mit Temari, verwickelt hat.
Interessant zu sehen, wie du es handhabst und ich muss sagen, dass die Handlungen gut zu ihm passen! Ich hätte es mir glaube ich nicht arg viel anders vorgestellt ^^
Freu mich auf das nächste Kapitel! (wenn ich denn mal von Animexx benachrichtigt werde -.-)
Antwort von:  Rabenkralle
24.01.2015 13:21
Dankeschön für dein Kommentar! :)
Das freut mich natürlich sehr. Shikamarus Charakterdarstellung ist in dem Punkt nicht ganz einfach. :D
Updates kommen hier momentan wieder alle zwei Wochen. Aber wenn du magst, kann ich dir auch eine ENS schicken, sobald das nächste Kapitel freigeschaltet wird. :)

Liebe Grüße,
Rabenkralle
Antwort von:  TheLueija
24.01.2015 17:23
Das wäre natürlich super lieb von dir!! <3
So ein wenig Fanfic lesen ist zur Zeit wahnsinnig entspanned.. da kann man mal dem ganzen Alltag und Schulstress entfliehen ^^
Von:  Stef_Luthien
2015-01-18T22:51:48+00:00 18.01.2015 23:51
Richtig schönes Kapitel, ich finds gut, dass du jetzt auch mal etwas aus der "Vergangenheit" erwähnst. Es ist nämlich auch ein wenig lustig die Gedanken von Shika zu verfolgen XD
Antwort von:  Rabenkralle
19.01.2015 13:11
Dankeschön für dein Kommentar! :)
An Shikamarus Gedankengängen hatte ich beim Schreiben auch sehr viel Spaß. Über was er so alles nachdenkt und dann doch zu dem Schluss kommt, dass er keine Ahnung hat.
Jedenfalls ist es schön, dass der Flashback so gut bei dir angekommen ist.^^

Liebe Grüße,
Rabenkralle
Von:  fahnm
2015-01-16T22:09:38+00:00 16.01.2015 23:09
Spitzen Kapitel.
Mach weiter so^^
Antwort von:  Rabenkralle
19.01.2015 13:09
Danke!


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