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Mondkind

von

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Eine neue Welt

Entgegen ihres ausdrücklichen Wunsches blieb Kibo nicht über Nacht. Deswegen hatte Shizukesa einen sehr leichten Schlaf. Unruhig warf sie sich von einer Seite auf die andere. Vergeblich; die Aufruhr in ihrem Herzen legte sich nicht. Immer wieder öffnete sie die Augen. Würde er kommen oder sich fernhalten? Seine Reaktion konnte man beidseitig deuten. „Oh bitte…komm zu mir“, flehte sie gedanklich.

Nach einer scheinbar endlos langen Weile erklang ein seltsames Rauschen. Shizukesa erschrak, sprang jedoch aus dem Bett und eilte zum Fenster. Am Horizont sah sie einen schwarzen Schatten, welcher allmählich näher kam. Die junge Frau unterdrückte gewaltsam den Impuls, freudig zu quietschen. Sie kam sich vor wie ein pubertierender Jugendlicher, doch ihre Seele schäumte vor Freude. Endlich betrat der Vampir ihr Zimmer; dieses Mal trug er eine einfache Stoffhose mit einer hautengen Lederjacke, was seiner eleganten Erscheinung jedoch keinen Abbruch tat. Ohne an mögliche Konsequenzen oder gar Etikette zu denken, stürzte Shizukesa sich in seine Arme. Nur mit Mühe konnte sie die Tränen zurückhalten, was war nur mit ihr los?

Der Vampir erwiderte die Umarmung, war aber nicht minder überrascht. „Du bist die einzige Sterbliche, welche sich ernsthaft über meinen Besuch freut“, sagte er unbeholfen. Mit Hilfe der Schreibtafel erwiderte die junge Frau: „Warum?“ Für sie schien es völlig normal zu sein, einen Vampir in ihrem Zimmer zu haben. Camui legte sein dämonisches Grinsen auf, seine Augen leuchteten in einem unheimlichen Gelb. Dabei entblößte er ohne Scham seine Fangzähne: „Weil ich dich töten könnte?“

Statt des erwarteten Schreckens kicherte Shizukesa hinter vorgehaltener Hand und warf ihre Haare mit einer eleganten Bewegung zurück. Ihr milchweißer Hals lag einladend frei und unwillkürlich wich Camui einen Schritt zurück. Die lebendig pulsierende Halsschlagader und der erotische Duft ihres Blutes raubten ihm beinahe den Verstand. Himmel! Wusste diese Frau eigentlich, wie verführerisch sie war? Der Vampir stieß ein animalisches Knurren aus, während er Shizukesas Worte hörte: „ Tue es! Wenn es das ist, was du willst, so tue es! Ich werde mich nicht wehren!“ Ihre Stimme klang fest und ohne jede Angst.

Camui schaute sie an und zog sie grob in seine Arme. Doch anstatt die langen Zähne in ihren Hals zu schlagen, presste er seine Lippen auf ihre. Es war ein brutaler – leidenschaftlicher Kuss, den Shizukesa ohne Zögern erwiderte. Hungrig drang seine Zunge in ihre Mundhöhle ein und sie begegnete dem wilden Spiel. Camui krallte sich in ihr Nachthemd und es war offensichtlich, dass er es ihr am liebsten vom Körper gerissen hätte. Auch Shizukesas Reaktionen deuteten auf Begierde hin, wenn gleich sie sehr unerfahren war.

Nach einigen unendlich langen Minuten löste der Vampir den Kuss und nahm ihr Gesicht in beide Hände. In Shizukesas Augen glänzten Freudentränen. „Was willst du?“, fragte Camui und entließ sie aus seinem Griff. Die junge Frau schritt an ihm vorbei zum Fenster und schaute hinaus. Im fahlen Mondlicht wirkte ihr kindliches Gesicht beinahe elfenhaft. „Du kennst den Grund für meine Stummheit wie so viele andere auch“, sagte sie und ihre Handschrift bekam einen melancholischen Hauch, „doch im Gegensatz zu dir reduzieren sie mich nur auf meine Krankheit. Ich als Person habe mich für sie ins Nichts aufgelöst, der Fokus liegt einzig – allein auf der baldigen Heilung. Aus diesem Grund sperren meine Eltern mich ein, nur Kibo darf zu mir. Aber dabei übersehen sie, das ich auch Wünsche, Träume habe und diese verwirklichen möchte. Die Welt da draußen ist mir völlig fremd. Deswegen möchte ich dich bitten“, sie drehte sich wieder zu Camui um und streckte ihm vertrauensvoll die Hand entgegen. In ihren Augen strahlte ein warmer Glanz, „zeige sie mir!“

Der Vampir lächelte und machte einen Schritt auf sie zu: „Ich werde dir gerne die Möglichkeiten und Facetten dieser Welt offenbaren, sofern dies in meiner Macht steht!“ Er bat die junge Frau, sich anzuziehen und ergriff danach zärtlich ihre Hand. Gemeinsam stiegen sie auf die Fensterbank und Shizukesa musste den Affekt unterdrücken, in die Tiefe zu schauen. „Vertraust du mir?“, klang seine betörende Stimme an ihrem Ohr. Sie nickte ohne Zögern. Der Vampir umfasste ihre Taille wie ein Schraubstock und flüsterte: „Dann schließ die Augen!“ Die junge Frau folgte dem Befehl und im nächsten Moment verlor sie den Boden unter den Füßen. Doch anstatt der erwarteten Furcht hatte sie das Gefühl zu schweben.

Als Shizukesa die Augen wieder öffnete, befand die Welt sich unter ihr und sah aus wie kleines Spielzeug. Ein überraschter Laut entwich ihrer Kehle; man konnte ihn nicht mit einem Wort vergleichen, doch es war immerhin ein Anfang. Die Sterne glitzerten wie kleine Diamanten am Firmament. „Ob ich sie wohl berühren könnte?“, fragte die junge Frau sich und lächelte; die neu gewonnene Freiheit legte die absurdesten Gedanken frei. Der Vampir grinste; diese neuen Empfindungen durchströmten ihn wie ein warmer Hauch, so vertraut und trotzdem beinahe vergessen. Es bestand kein Zweifel mehr; er hatte sich unsterblich in Shizukesa verliebt. Das untote Herz in seiner Brust sagte es klar und deutlich. Doch, würde sie seine Gefühle erwidern? Gegen die Küsse und Berührungen hatte sie sich nicht gesträubt, aber konnte man deswegen von Liebe sprechen? Wohl kaum und selbst wenn; wie würde es weitergehen? Diese Frage hing wie ein dunkler Schatten über ihren Köpfen, denn Camui würde ewig leben, während Shizukesa sterblich war.

Der Vampir stieß einen kaum hörbaren Seufzer aus und hob die Überlegungen zur Seite; heute war schließlich eine Nacht des Glücks. Ein Blick nach oben sagte ihm, dass sie ihr Ziel fast erreicht hatten und der Vampir setzte vorsichtig zur Landung an. Nachdem sie wieder festen Boden unter den Füßen hatten, verschlug es der jungen Frau die Sprache und ihr Mund öffnete sich zu einem lautlosen Schrei; sie waren am Meer, jedoch nicht am Strand, sondern auf einer Klippe. Die Wellen sangen ihr düsteres – aggressives Lied, während sie an den robusten Felsen zerschellten. Aber dort, wo das Wasser friedlich – ruhig war, spiegelte sich der Vollmond und hauchte einen violetten Schimmer auf die Oberfläche. Es war atemberaubend und Shizukesas Augen weiteten sich vor Staunen. Wenn sie gekonnt hätte, würde ihr Mund etwas rufen, was dieser Vollkommenheit auch nur ansatzweise Ausdruck verlieh.

Sie spürte, wie der Vampir sich ihr von hinten näherte und die Arme um ihre Taille schlang. Die junge Frau sträubte sich nicht gegen die Umarmung, sondern genoss sie in vollen Zügen. Derartiges war ihr gänzlich fremd gewesen, doch hier, in dieser magischen Nacht, entflammte die Hoffnung aufs Neue. Unbewusst intensivierte Shizukesa den Körperkontakt und fühlte Camui weiche Lippen auf ihren Haaren und im Nacken. Die Stellen, welche er geküsst hatte, prickelten wie unter Strom und ließen sie wohlig schauern. Würde er weitergehen? Seine Zähne gierig in ihren Hals stoßen? Selbst das Letztere war der jungen Frau momentan gleichgültig, denn ihr Herz kannte die Wahrheit längst; sie war rettungslos in Camui verliebt, ungeachtet seiner dunklen Natur. Shizukesa biss sich auf die Lippe, wie gerne würde sie ihm jetzt ihre Zuneigung. Aber ihre Stimme formte die Laute einfach nicht.

Sie hörte den Vampir flüstern: „Kirameku nami to tawamurete ita mujaki na kimi no sono yokogao.Hadashi de sunahama wo kake nukeru kimi ga itoshii.Suna ni kaita kimi no namae to kazari duketa kaigara wa.Kata wo yoseta bokura no mae de nami ni sarawareta. Aoi sora wa iki wo hisomete akai yuuhi ni dakarete yuku. Boku mo kimi wo dakishime nagara hitomi wo tojita.Ikutsumono yorokobi ya kanashimi mo kazoe kire nai deai ya wakare mo. Ano goro to kawarazu yasashiku miteru Orenji no taiyou. Eien wo yume miteta ano goro no bokura wa.Itsumademo hanarezu ni daki atte waratteta.Akireru hodo kimi wo omou yo, Soredakede boku wa mita sareru.Naka naide, itsudatte aeru yo. Hitomi wo tojireba...“ Je mehr er sprach, deso formten die einfühlsamen Worte sich zu einem Lied.

„Es ist lange her, seit ich das letzte Mal gesungen habe, denn es ist ein Teil der schmerzhaften Erinnerung an meine Vergangenheit“, seine geschickten Hände rieben über ihre Schultern, streiften das Nachthemd leicht nach unten. Die Lippen brannten auf der nackten Haut, „aber für dich…für dich tue ich es…Geliebte!“ Das Gesagte rührte Shizukesa zu Tränen, ruckartig drehte sie sich um und überwand den letzten Abstand zwischen ihnen. Ihre Lippen trafen aufeinander. Sie legte ihre ganzen Empfindungen in diesen einen Kuss und hoffte, das Camui ihre Botschaft verstand. Ihre Hände krallten sich in seinen Mantel und wollten niemals wieder los lassen; die Welt hatte sich unwiderruflich gedreht.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Alisaera
2010-11-02T11:52:02+00:00 02.11.2010 12:52
Die Stelle ist so schön romantisch~
<3
Die beiden sind wirklich süß zusammen!^^
*ggg*
Von:  Vanilla_Coffee
2010-10-23T20:04:56+00:00 23.10.2010 22:04
Oh man die beiden sind echt ein voll süßes Pärchen ^.^
Und das Kappi war voll süß *.*

LG Amalia


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