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Sieben Raben

[Schottland x England]
von

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„... hinterhältig und ohne Rücksicht auf Verluste. Sie sind eine Bedrohung, die gestoppt werden muss und wir werden alles daran setzen eben das zu tun. Wir werden nicht ruhen, ehe wir die Bedrohung zerschlagen haben.“
 

Aus dem kleinen Radio drang die laute Stimme des schottischen Ministerpräsidenten und kurz darauf war Applaus zu hören. Scott kniff die Augen zusammen und krallte seine Hände noch fester in Arthurs Oberteil. Sein Kopf fühlte sich an, als würde er jeden Moment explodieren. Tausende Stimmen schienen auf ihn einzureden, und ihm sagen zu wollen, was richtig war.
 

„Arthur...“
 

„Ssssh“, kam es nur leise zurück und kurz wandte sich der Engländer zur Tür in der immer noch ein Soldat stand und stocksteif Wache hielt. „Es ist alles in Ordnung. Beruhig dich einfach.“ Das war wirklich einfacher gesagt, als getan. Diese Schmerzen waren wirklich unerträglich... Noch Schlimmer war nur die Angst. Ja, er hatte Angst. Denn er wusste genau, dass es noch nicht vorbei war. Er merkte genau, wie er langsam wieder seinen klaren Kopf verlor. Er wollte das nicht. Er musste es doch irgendwie aufhalten können. Es musste einfach einen Weg geben.
 

„Ja, es stimmt, dass die Patienten entführt worden sind. Aber das ist nur ein kleiner Rückschlag. Wir werden alles tun, um sie zu retten. Noch während wir hier reden, laufen die Verhandlungen mit der Rebellion...“
 

All diese Stimmen schwirrten in seinem Kopf umher und wollten ihn von irgendetwas überzeugen. Noch wusste er, was richtig war und was nicht. Noch wusste er, was ihn zu dem machte was er war. Aber er wusste auch, dass es nur eine Frage von Stunden war, bis ihn die Zweifel vollständig gepackt und zu einem anderen Mensch gemacht hatten.

„Arthur. Du musst... Krieg...“

„Es wird alles gut Scott. Wir brauchen keinen Krieg.“ Arthur wurde noch ein wenig leiser, sodass Scott ihn kaum über das Stimmgewirr in seinem Kopf verstehen konnte.
 

„Wir werden versuchen Kompromisse mit der Rebellion zu schließen. Aber trotz allem werden wir uns nicht mit Entführungen erpressen lassen. Die kürzlich verabschiedeten Gesetze spielen eine wichtige Rolle in unserem Zusammenleben und sind nicht verhandelbar mit Kriminellen.“
 

„Bleib stark, Scott. Ich... Dein Volk braucht dich. Du musst dagegen ankämpfen. Du...“

Er sagte noch mehr. Irgendetwas... Aber Scott verstand kein Wort mehr. Je länger die Stimme seines Bosses aus dem Radio drang, je öfter die Menge ihm applaudierte, desto näher war Scott einer Niederlage. Er wollte das nicht. Er versuchte zu kämpfen, krallte sich an den Stimmen fest, die gegen die Gesetze schrien. Nur sie wurden von Sekunde zu Sekunde immer weniger und immer leiser.

Er würde verlieren. Er konnte es nicht aufhalten, nur heraus zögern und das auch nur, wenn er sich vollkommen darauf konzentrierte. Aber wenn das die letzten klaren Momente waren, die er vielleicht in Jahren oder Jahrzehnten haben würde, dann wollte er sie nicht an einen aussichtslosen Kampf verschwenden.
 

Mit einem traurigen Lächeln sah er zu Arthur, ließ dazu die Stimmen los, die seinen Verstand noch mühsam zusammenhielten. „Ich liebe dich.“ Er beugte sich nach vorne. Noch ein letzter Kuss. Noch einmal diese Lippen spüren. Nur noch Momente trennten sie voneinander, da verstummte alles in seinem Kopf und es war als hätte jemand einen Schalter umgelegt.
 

Sofort zuckte er nach hinten und sah angewidert zu Arthur. Was war da gerade mit ihm geschehen? Er musste den Verstand verloren haben, eine andere Erklärung gab es einfach nicht. Er hasste diese unklaren Momente, wenn er an allem was ihm wichtig war zweifelte.

„Entschuldigung. Dieses widerliche Pack hatte gerade mehr Einfluss als mir lieb ist. Ich bin wirklich froh, wenn wir sie endlich los sind.“ Arthurs geschocktem Ausdruck nach zu urteilen, war der genauso entsetzt über dieses Verhalten. Aber es war ja auch einfach abartig die Vorstellung, dass er ihn beinahe... „Das nächste Mal, wenn so etwas passiert, musst du das sofort melden, dann wird es nicht noch einmal passieren“, meinte Scott noch und wandte sich dann dem Soldaten zu, der in der Tür stand.

„Melde dem Boss, dass die Gefangenen nicht mehr im Land und auch kein anderer Angriff stattfindet im Moment. Ich bin wieder hundertprozentig klar, also war seine kleine Ansprache erfolgreich.“ Der Soldat zögerte nur einen kurzen Augenblick, ehe er salutierte und den Raum verließ. Jetzt mussten sie sich nur noch um die Entkommenen Gedanken machen. Nur das er nicht glaubte, dass sie da im Moment viel Erfolg haben würden. So schön es auch wäre, die Rebellion war nicht dumm. Sie würden die Gefangenen bestimmt über die Grenze schaffen. Aber das würde ihnen auch nur ein wenig zusätzliche Zeit verschaffen. Denn es würde sicher nicht lange dauern, bis seine Brüder einsahen, wie man mit diesen widerlichen Kreaturen umgehen musste. Und irgendwann würde die ganze Welt auf seiner Seite sein. Dann gab es keinem Ort mehr, an dem sie sich vor dem Gesetz verstecken konnten.
 

„Scott? Ist wirklich wieder alles in Ordnung?“ Arthur sah ihn besorgt an, was ein Lächeln auf seinem Gesicht erscheinen ließ. Ja einen seiner Brüder hatte er glücklicherweise schon auf seiner Seite. „Es ist wirklich alles in Ordnung. Bei so etwas Wichtigem würde ich nie lügen. Es tut mir leid, dass ich dir Sorgen gemacht habe. Aber das nächste Mal lass mich liegen und hol irgendjemanden. Selbst wenn sie mich angreifen ist es wichtiger die Situation unter Kontrolle zu bringen.“

Arthur nickte nach kurzem Zögern. „Da Wales sicher auch unter den Verschwundenen ist. Irgendeinen neuen Plan Irland auf unsere Seite zu ziehen?“ Waljan war der perfekte Köder gewesen. Noch einmal würden sie sicher nicht an ihn ran kommen, aber es gab noch andere mittel und Wege.
 

„Im Moment nicht. Sobald ich mich dir offiziell anschließe gehört Wales ja auch dir. Aber ich bezweifle, dass Waljan freiwillig zu uns kommen wird. Und wenn wir ihn nicht direkt überzeugen können müssen wir es über sein Volk versuchen. Sobald dort genug einsehen, was richtig ist wird Waljan es einsehen müssen. Wenn er dann auf unserer Seite ist wird Ian uns vielleicht nicht mehr bekämpfen. Er könnte ja seine ‚große Liebe‘ verletzen“, erwiderte Arthur mit einem Schulterzucken. Und in dem Moment war Scott wirklich dankbar ihn auf seiner Seite zu haben.

„Also warten wir ab. Nur wie lange, Arthur? Wann wollen deine Politiker endlich das Bündnis unterzeichnen und die Gesetze einführen?“

„Ich weiß es nicht. Bald hoffentlich. Es sind eben leider noch nicht alle überzeugt. Ich kann versuchen ein wenig mehr Druck zu machen, aber garantieren kann ich nichts.“
 

Scott nickte leicht und sah zu dem kleinen Radio aus dem immer noch die Stimme seines Bosses drang. „Dann versuch das. Ich habe jetzt noch etwas zu erledigen. Vielleicht bekomme ich dort einen guten Rat, der uns weiterbringen kann“, meinte er schließlich und verließ nach kurzer Verabschiedung den Raum. Eine Stunde war er unterwegs, ehe er durch die Bäume sein Ziel erblickte: Loch Ness. Wenn ihm jemand helfen konnte, dann war es Niseag. Sie hatte ihn noch nie enttäuscht und auch dieses Mal sollte es nicht anders sein. Kaum war er am Ufer angekommen, erhob sich aus den Tiefen des Sees ein langer Hals und große schwarze Augen sahen zu ihm.
 

„Niseag?“
 

Für eine Weile blieb das Wese wo es war und blickte ihm tief in die Augen. Doch schließlich schwamm es aufs Ufer zu, wo es sich nach und nach in eine junge Frau verwandelte.

„Scott. Was bringt dich hierher?“ Die Frage wirkte distanziert, genauso wie das Fehlen einer Umarmung oder eines Kusses.

„Ich wollte mit dir reden. Es ist… kompliziert und du hast immer die besten Lösungen für komplizierte Lagen.“ Tatsächlich lächelte Niseag daraufhin, doch es sah traurig und gezwungen aus. „Wenn du eine Lösung für dein Regierungs-Problem suchst, helfe ich dir gerne.“

„Mein Regierungs…? Ich habe kein Problem mit meiner Regierung. Ich hatte schon lange keine mehr, die so gut war. Es geht um die Aufstände. Sie müssen aufhören und ich weiß nicht wie. Ich bin jedes Mal so unsicher. Ich will doch nichts weiter als einen klaren Kopf behalten, Ich dachte immer, ich wüsste was richtig und was falsch ist, aber in den Momenten zweifle ich alles an. Nichts ist dann richtig…“, erklärte Scott und sah Niseag dann fragend an. Sie musste einfach eine Antwort haben. Doch die Antwort ließ auf sich warten.
 

Niseag kämmte ihre grünen Locken mit ihren Händen und gab ab und an einen nachdenklichen Laut von sich. „Erinnerst du dich an den zweiten Weltkrieg?“ Scott nickte nur, auch wenn er sich nicht so sicher war, wie das nun zu einer Lösung führen sollte. „War das was in Deutschland geschah richtig?“

Nun hatte er doch eine Vorahnung, was kommen würde. „Nein, aber das ist etwas ganz anderes als…“

„Scht. Du bist hergekommen für eine Lösung, also hör mir zu und antworte nur auf meine Fragen verstanden?“

Scott nickte nur stumm.

„Also gut. Es war nicht richtig. Was hat Ludwig damals geglaubt?“

„Das es richtig ist, aber…“

„Scht!“ Niseag hob eine Hand und sah ihn nun tatsächlich finster an. Was sollte dieser Vergleich nur? Das alles hatte überhaupt nichts mit ihm zu tun, auch wenn sie das sicher damit sagen wollte. „Und jetzt? Glaubt Ludwig jetzt, dass es richtig war, was er getan hat?“

„Natürlich nicht. Er wird sein schlechtes Gewissen wohl nie wieder loswerden, aber…“

„Scht!“ Also so langsam wurde dieses Gespräch wirklich frustrierend. Er war hierher gekommen um Hilfe zu erhalten, nicht um sich wie ein kleines Kind den Mund verbieten zu lassen. „Warum hat er dann damals geglaubt, dass es richtig ist?“
 

„Niseag. Ich habe dir doch gesagt, dass mir meine Regierung keine Probleme macht. Ich werde nicht…“

„Bitte, Scott… Bitte antworte mir einfach nur. Warum?“

Natürlich wusste Scott die Antwort darauf und wusste auch, dass es das war, was Niseag hören wollte. Aber das alles hatte nichts mit ihm zu tun. Allein der traurige Blick seiner Freundin brachte ihn dazu zu antworten. „Seine Regierung und ein großer Teil seines Volkes hat es für richtig gehalten. Er hat sich verändert. Er und sein Bruder. Sie waren nicht mehr sie selbst.“ Scott erinnerte sich nur zu gut an diese Zeit. Er hatte damals kaum mit Gilbert geredet, weil der plötzlich nur noch versucht hatte ihm seine Politik und Gesetze aufzudrängen.
 

„Siehst du den Zusammenhang?“

„Ich sehe, warum manche Leute denken könnten, da wäre einer. Aber meine Regierung und mein Volk haben nichts damit zu tun. Ich weiß, dass das was ich tue richtig ist. Ich werde es auch noch für richtig halten, wenn sich meine Regierung ändert.“ Niseag seufzte leise und er war sich sicher, dass sie lieber etwas anderes gehört hätte. Aber es entsprach nun einmal der Wahrheit. Er verachtete dieses Gesindel. „Was wäre, wenn ich dir sage, dass ich eine Frau liebe? Würdest du mich dann auch hassen?“

„Du… Was? Du und… Du hast eine Freundin?!“, rief er entsetzt, was Niseags Blick nur noch etwas trauriger werden ließ. „Nein. Das war rein theoretisch. Aber ich hatte schon Beziehungen mit Frauen. Wenn man so lange lebt wie ich merkt man irgendwann, dass der Körper nur eine Hülle ist und dass die Seele das ist was zählt. Und…“

„Nein!“ Scotts Hände waren zu Fäusten geballt und sein Körper zitterte vor unterdrückter Wut. „Das ist nicht wahr. Du bist wie ein Teil von Schottland, wie ein Teil von mir. Das ist unmöglich. Es kann nicht sein, dass ein Teil von Schottland existiert, der so denkt.“ Er wusste genau, dass es so einen Teil nicht geben konnte. Es hatte ihn nie gegeben und es würde ihn auch nie geben.
 

„Es ist traurig, dass du so denkst und ich hoffe du weißt, was das bedeutet.“

Erst jetzt bemerkte Scott, dass Niseags Körper durchscheinender wurde, während sie aufstand und langsam ins Wasser schritt. Ihre Haut wurde grün und schuppig aber gleichzeitig auch immer durchsichtiger. Als sie fast verwandelt war, drehte sie sich noch einmal um. „Leb wohl, Schottland. Ich hoffe, eines Tages werden wir uns wieder sehen. Wenn du wieder gelernt hast auf dein Herz zu hören…“

„Was…?“ Doch bevor er überhaupt fragen konnte hatte sie sich in Luft aufgelöst. „Niseag?“ Nein, das konnte nicht sein. Das konnte einfach nicht passieren. „Aber ich weiß doch, dass es dich gibt. Ich glaube doch an dich! Ich muss dich sehen können!“
 

Scott lief ans Wasser, ein paar Schritte in den See und sah sich um. „Niseag!“ Er glaubte… Er wusste, dass es sie gab. Er glaubte doch nur nicht, dass sie einer von denen war. Das war etwas vollkommen anderes, als ihre Existenz zu verleugnen. Doch egal wie oft er auch nach ihr rief und wie tief er in den See ging, nichts rührte sich. Am Rand standen ein paar Angler, die ihn kopfschüttelnd beobachteten. Und nachdem er es einige Stunden versucht hatte und die Angler schon lange kein Interesse mehr an dem Verrückten zeigten, gab er auf.

Erschöpft setzte er sich ans Ufer und sah auf das trübe Wasser. „Was soll ich nur machen, Niseag?“

Was nun? Er war sich doch so sicher, dass das was er tat richtig war. Er würde sich nie so leicht von einer Regierung kontrollieren lassen. Er war einfach nur derselben Meinung wie seine Politiker. Es war doch nur ein Zufall, dass er diese Meinung erst seit Kurzem hatte. Jeder kam irgendwann zu einem Punkt an dem er seine Meinung änderte. Und Arthur war auch seiner Meinung, ohne dass sich etwas in seiner Regierung verändert hatte. Arthur verstand ihn und war für ihn da.
 

Das was er tat war richtig… oder etwa nicht?
 

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A/N:

Mal wieder seit langem ein Kapitel aus Scotts Sicht. Ich denke das bin ich euch schuldig, einen kleinen Einblick in seinen Kopf zu geben.
 

Es tut mir leid, dass ihr alle so lange warten musstet. Mein Privatleben hat mich leider etwas zu sehr eingenommen :(

Ich kann auch nicht versprechen, dass Updates jetzt wieder regelmäßig kommen, aber ich werde mich bemühen und hoffe, dass ich noch nicht alle meine Leser verloren habe.

Eine freudige Nachricht gibt es allerdings: Das nächste Kapitel ist auch schon fast fertig :)



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Loki-chan
2013-01-06T11:28:15+00:00 06.01.2013 12:28
Wow, ich hab deine FF erst gerade gefunden...
Ok eigentlich gestern Abend xDD
Und hab sie sofort durch gelesen
Und ich muss sagen dein Schreibstil gefällt mir wirklich sehr gut.
Er ist schön flüssig und man kann sich alles sehr gut vorstellen
Vor allem die letzten Kapitel mit Schottland gefallen mir, da man wirklich merkt wie er sich verändert hat, etc.
Haha merkt man irgendwie, dass ich mich in deine FF verliebt habe?
Naja sie ist ja auch toll *__*
Also muss ich dich um eins bitten:
bitte schreib weiter, ich will nämlich wissen wie es weiter geht ó_ò

glg


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