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Wolfskinder - Sternenwege

von

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Nereide

»Sie werden uns auslachen«, prophezeite Slyk.

»Sie werden uns für völlig verrückt halten«, lachte Lif.

»Und ihr seid gemein«, fand Ahkuna und warf ihrem Bruder und ihrem Vetter einen bösen Blick zu.

»Wir sind nicht gemein, wir sind realistisch. Denkst du wirklich, irgendeiner hier wird sein Schiff dafür Opfern, ins Nichts zu fahren? Noch dazu ohne irgendetwas als Gegenleistung zu erhalten? Sei ehrlich, du würdest auch lachen«, fand Slyk mit gerunzelter Stirn.

Ahkuna biss sich auf die Lippe. Ihr Bruder hatte natürlich voll ins Schwarze getroffen, doch das wollte sie so direkt nicht zugeben.

»Es ist aber gemein, wenn sie Mana auslachen würden«, fand sie trotzig. Die kam in diesem Augenblick wieder zurück, Fylgien an ihrer Seite.

»Und? Haben sie dich für verrückt erklärt?«, wollte Lif sogleich wissen.

»Das… ist noch nett ausgedrückt«, seufzte die und kletterte auf eines der Fässer, auf denen auch ihre Freunde schon saßen.

»Keine Mitfahrgelegenheit also. Wie konnte und das bloß passieren, bei solch einer Reiseroute«, Slyks Stimme war voller Sarkasmus und ein Grinsen konnte er sich auch nicht verkneifen.

»Wieso, wo wollt ihr hin?«

Mana zuckte so heftig zusammen, das sie von dem Fass rutschte und auf Fylgien landete, der zu ihren Füßen gelegen hatte. Auch die anderen zuckten erschrocken zusammen, denn niemand hatte damit gerechnet, angesprochen zu werden, doch keiner von ihnen so sehr, wie Mana.

»Ganz ruhig, junge Dame… was tut ihr überhaupt hier?«, ein Mann mit dem typisch rotem Jarek-Haar trat an sie heran und musterte sie mit gerunzelter Stirn.

»Verdammt, Red! Musst du mich so erschrecken?«, fauchte Mana ihn an und versuchte aufzustehen, ohne dem goldenen Wolf noch mehr weh zu tun.

»Wissen eure Eltern, das ihr hier seid?«, der Onkel von Mana und Lif ließ sich nicht beirren.

»Nein, wissen sie nicht«, antwortete Lif und stand auf, um seiner Cousine aufzuhelfen.

»Und wieso seid ihr es dann? Ich denke nicht, das Lugh so erfreut sein wird, wenn er davon hört. Vermutlich terrorisiert er schon irgendwelche Leute, weil du nicht da bist, Mana«, Red runzelte vorwurfsvoll die Stirn.

»Wir sind alle freigesprochen worden, ihm kann es egal sein, wo ich bin, ich bin nicht mehr seine Schülerin«, erklärte sie, während sie besorgt nachsah, ob sie Fylgien verletzt hatte, doch der wirkte nur benommen.

»Dann gratuliere ich dazu, aber es ändert nichts daran, dass er noch immer dein Vater ist. Und verdammt, ich habe nie einen Mann gesehen, der so um das Wohl seiner Tochter besorgt war«, fand Red.

»Papa weiß, dass wir hier sind. So mehr oder weniger zumindest. Er weiß, dass wir fortgezogen sind, um unser Schicksaal zu finden und er weiß, dass ich nicht alleine bin. Ich bin mit seinem Segen gegangen«, erklärte sie fest.

»Und ihr?«, der Rotschopf schaute sie alle so ernst an, das Lif zögernd einen Schritt zurück machte, um Slyk zwischen sich und seinen Onkel zu bekommen.

»Wir auch«, erklärte Ahkuna mutig. »Mama und Papa wissen, dass wir hier sind. Sie… wissen nicht, was wir vorhaben, aber sie wissen, wo wir sind. Und mit wem und auch warum.«

»Und sie haben es euch erlaubt?«, Reds Stirnrunzeln wurde noch tiefer.

»Ja«, bestätigte Slyk. »Wieso auch nicht?«

»Weil das hier kein Ort für Kinder ist… hier treibt sich so viel Gesindel herum, das es mich wundert, das ihr überhaupt noch lebt, Zauberer hin oder her«, fauchte er und stieß Mana grob in eine Richtung. »Mitkommen. Alle und ohne Widerrede.«

Und das taten sie, erstaunt über die heftige Reaktion des Rotschopfes. Sie wussten, das gerade der Süden Navarres gefährlich war, da hier sehr viel Handel unter der Hand und mit verbotenen Gütern getrieben wurde, aber so gefährlich konnte es nun auch wieder nicht sein. Zumal Zauberer überall in der bekannten Welt mit Respekt behandelt wurden.

Red trieb sie in ein Gasthaus. Eines der besseren, teuren Gasthäuser der Hafenstadt. Dort deutete er Wortlos auf eine Ecke, um dann selbst erst zum Wirt zu gehen und mit ihn zu sprechen. Dann setzte er sich zu ihnen.

»So, jetzt können wir reden«, erklärte er.

»Warum machst du so einen Aufstand?«, wollte Lif wissen.

»Weil es hier sehr gefährlich ist. Es gibt kaum eine Stadt, in der ein Leben weniger wert ist. Ice versucht sein bestes, aber Navarre ist viel größer als Altena, deswegen hat er fast keinen Einfluss auf die entlegensten Winkel. Und als er die Slaverei verboten hat, hat er sich mehr Feinde gemacht, als vielleicht gut ist. Was meint ihr, was geschieht, wenn nun die Falschen erfahren, das zwei von seinen Kindern und dazu Verwandte seiner Frau hier durch die Stadt strolchen, und noch dazu ohne Eskorte oder Leibgarde?«, Red schaffte es, sie anzuschreien, ohne dabei nennenswert lauter zu sein, als wenn er leise spräche.

»Aber wir sind Zauberer, warum sollten wir angst vor gewöhnlichen Menschen haben?«, wollte Lif wissen.

»Weil euch alle Magie der Welt nicht mehr helfen kann, wenn euch jemand hinterrücks die Kehle durchschneidet. Zauberer können etwas, was Menschen nicht können, aber so unterschiedlich sind wir trotzdem nicht«, antwortete Red bissig. »So, und jetzt erklärt ihr mir bitte, was ihr hier tut.«

Daraufhin gingen die Augen zu Mana, die sich unsicher auf die Lippen biss.

»Also um es kurz zu machen: Wir wollen zum Südpol.«

Red schaute sie an, als wartete er auf den Rest ihrer Erklärung. Als nichts kam hob er eine Augenbraue an und schüttelte sprachlos den Kopf. Doch seine Stimme fand er schnell wieder.

»Hat euch Hope diesen Floh ins Ohr gesetzt? Dann muss ich euch leider auf den Boden der Tatsachen zurückholen, den Südpol gibt es nicht, das ist nur eine Geschichte aus seinen Büchern.«

»Bist du etwa über das Meer in die andere Richtung gesegelt? Oder wieso bist du dir da so sicher?«

»Niemand ist je auf die offene See hinausgesegelt, es wäre dumm«, antwortete Red verächtlich.

»Und woher weißt du dann, was dort liegt? Woher weiß es überhaupt jemand, wenn nie jemand diesen Weg gesegelt ist?«, argumentierte Mana. Da stutzte ihr Onkel. Er wirkte nachdenklich, dann nickte er langsam.

»Ich gebe es nicht gerne zu, aber du hast recht… aber das ändert nichts daran, dass du dennoch nicht weißt, was dich dort erwartet. Vielleicht kommt man nie wieder ans Festland, weil dort alle nautischen Mittel versagen und du den Rückweg nicht mehr findest. Vielleicht gibt es dort Wesen, die wir hier nicht kennen, die mächtiger sind, als wir. Vielleicht ist dort das Wasser von tausenden Graten durchsetzt und du reißt dir den Rumpf auf, bis du kenterst. Niemand weiß, was dort ist.«

»Genau deswegen ist es unser Ziel«, antwortete Lif darauf und lächelte mit leuchtenden Augen. Eine Welt, die zuvor wohl noch nie jemand erblickte weckte seinen Abenteuergeist.

»Ihr habt kein Schiff.«

»Und niemanden, der es führt. Keine Mannschaft, kein Kapitän. Nur den Mut für eine Reise ins Unbekannte und das Wissen, das wir es schaffen können«, meinte Ahkuna.

»Wir werden einen Weg finden. So dauert es vielleicht länger, aber auf kurz oder lang treffen wir jemanden, der genauso neugierig auf die unbekannte Welt ist, wie wir. Wer weiß, vielleicht finden wir ja einen neuen Kontinent. Etwas, was viel phantastischerer ist, als Altena, Navarre und die Grenzreiche«, Slyk seufzte sehnsuchtsvoll.

»Irgendwoher müssen die Mythen doch kommen. Die Geschichten über Drachen und Einhörner, über Greifen und Nixen, sie alle müssen einen Ursprung haben, irgendwo. Vielleicht ja dort«, überlegte Mana und lächelte.

»Nein, einige Ursprünge könnte ich dir nämlich so erklären… Aber okay. Ihr wollt übers Meer. Nach Süden. Einfach mal schauen, was hinter dem Horizont liegt…«, Red wirkte nachdenklich.

»Ja. Würdest… du uns helfen?«, Lif schaute seinen Onkel so bittend an, wie es ging. Jeder Hundewelpe wäre auf seinen Blick neidisch gewesen, doch Red ignorierte den Blick, starrte stattdessen nachdenklich vor sich hin.

»Wisst ihr, ihr habt mich… neugierig gemacht. Ich glaube, ich muss mal mit… einem alten Bekannten sprechen, vielleicht kann er euch ja weiterhelfen«, Red stand wie in Trance auf.

»Du willst uns helfen? Du weißt, das Lugh dich binnen Sekunden erledigt hat, wenn Mana etwas geschieht und er erfährt, das es deine Schuld ist?«, warf Lif ein.

»Erstmal… muss ich mit meinen Bekannten sprechen, danach kann ich mir über meinen Schwager Gedanken machen. Vor ihm hätte ich übrigens nicht mal am meisten angst… ihr habt Nea nämlich noch nie wirklich wütend erlebt…«, Red schwelgte noch einen Moment in Tagträumen, dann schüttelte er jedoch den Kopf. »Egal. Ihr bleibt hier, ich will nicht hören oder gar sehen, dass ihr euch wieder draußen herumtreibt. Oben im ersten Stock, die beiden Zimmer am Ende des Ganges sind eure. Ruht euch aus, esst von mir aus was, aber verhaltet euch still. Und sagt niemandem eure Namen, auch dem Wirt nicht.«

»Als wenn wir so dumm wären, unsere Schülernamen zu verraten«, schnaubte Lif verächtlich.

»Ich rede von euren gewöhnlichen Namen. Dass ihr die Schülernamen niemanden verratet hoffe ich für euch, aber im Moment sind eure normalen Namen fast genauso schlimm. Denkt euch von mir aus welche aus, aber am Liebsten wäre es mir, wenn ihr zu gar keinem irgendwelche Namen sagt. Auch nicht untereinander oder wenn ihr gefragt werdet, aber da kenne ich ja zumindest einen von euch nur zu gut«, sein amüsierter Blick ruhte auf seinem Neffen, der ganz genau wusste, das er gemeint war.

»Gut, wir werden uns still verhalten. Dafür kommst du so schnell du kannst mit Neuigkeiten zurück, okay?«, bot Mana an.

»Du glaubst doch nicht wirklich, dass ich euch auch nur fünf Minuten länger als nötig alleine lassen würde…«, rief Red ihr über die Schulter noch zu, dann ging er. Und die anderen warteten brav. Sie diskutierten leise, wie sie nun weiter vorgehen sollten, bis der rothaarige Mann eine Stunde später wieder auftauchte. Er deutete ihnen von der Tür aus, mitzukommen und so standen sie Wortlos auf und folgten ihm.

Er führte sie auf die Docks, zu einem kleinen Segler. Mana verstand nicht viel von Schiffen, aber sie erkannte dennoch, dass es nicht dazu ausgelegt war, schwere Lasten zu transportieren. Es sollte schnell sein, nichts anderes.

»Niedliches Schiff«, kommentierte Lif.

»Eure Fahrkarte zum Südpol… falls es ihn gibt«, antwortete Red.

»Ist es hochseetauglich? Es wirkt viel zu leicht…«, fand Slyk.

»Dieses wunderschöne Schätzchen ist schon öfter auf hoher See gewesen, als ihr vier zusammen. Sie hat sogar schon den einen oder anderen Sturm durchsegelt. Sie ist schneller, als jedes Schiff hier im Hafen«, Reds Augen leuchteten vor Stolz, als er das Schiff betrachtete.

»Wie heißt sie?«, wollte Lif wissen.

»Nereide«, lächelte sein Onkel. Dunkel erinnerte sich Mana daran, das Hope einmal irgendetwas erzählt hatte, das Nereiden den Seeleuten halfen, aber sicher war sie sich nicht. Doch der Name gefiel ihr.

»Und wir dürfen mit ihr raus fahren?«, hakte sie noch einmal nach und Red nickte.

»Allerdings komme ich mit euch«, eröffnete er. Während Lif alles andere als begeistert aussah, war Mana das nur recht.

Red war anders, als seine Geschwister, denn obwohl er nach Nea der Begabteste war, hatte er sich schon früh dazu entschlossen, nicht den üblichen Weg eines Zauberers zu gehen. Er war Seemann, mit Leib und Seele. Er nutzt seine magische Begabung nur selten, er lebte weitestgehend wie ein Mensch, und dennoch war kaum jemand so willkommen auf nahezu jedem Schiff, wie er. Doch Mana wusste, das er am Liebsten auf der Ocean segelte, denn er war mit dem Kapitän gut befreundet und dass das Schiff den Namen einer seiner Schwestern trug, tat ein Übriges.

»Was bitte hast du eigentlich getan, das man dir so einen Gefallen schuldet?«, wollte Slyk neugierig wissen.

»Das geht dich nichts an. Aber es war nichts kriminelles, weder in Altena, noch hier in Navarre«, lächelte Red, deutete dann auf das Schiff. »Wollt ihr es euch nicht ansehen? Eigentlich dachte ich, das ihr gleich losstürzen würdet.«

Das ließen sich Lif und Slyk nicht zweimal sagen und stürzten los.

»Können wir es denn überhaupt nur zu fünft segeln? Auf den anderen Schiffen sind immer so viele nötig«, gab Ahkuna zu bedenken.

»Mit Magie geht das«, lächelte Red.

»Wann wollen wir auslaufen?«, erkundigte sich Mana.

»Sobald wir genug Proviant haben. Dann jederzeit.«

Mana nickte. Sie betrachtete erst das Schiff, dann schaute sie auf Fylgien hinab. Er wirkte nachdenklich, und auch ein wenig wehmütig, aber sie wollte ihn nicht nach dem Grund fragen. Stattdessen nickte sie Ahkuna zu und gemeinsam folgten sie den Jungen an Bord.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Seelentraeumerin
2010-11-13T16:19:14+00:00 13.11.2010 17:19
Eine frage ist offen... mit wem hat Red gesprochen er ist der 'Bekannte'?
Und das die beiden Jungs plötzlich losstürmen finde ich super xD
wie zwei kleine Kinder die ein Spielzeug ergattert haben was sie gleich testen müssen XD
Bin gespannt wie es weitergeht*_*
Von: abgemeldet
2010-10-30T09:52:42+00:00 30.10.2010 11:52
Uii, sie treffen mal einen von Hopes Brüdern^^ Aber was macht ein Zauberer in solch einer Hafenstadt oO
Apropos Schülernamen: Ich find den von Mana toll *.* Überhaupt mag ich deine Schülernamen meistens sehr gerne :D Bei Lichtertänzer hab ich eine Idee, wie Lugh zu dem gekommen sein könnte, bei Cinder weiß ich es^^ Von Hope den find ich auch total geil und auch von Ice :D Nur den von Nea find ich einfallslos und bei dem von Soul fehlt irgendwie die Melodie :/ Die Beiden würde ich nochmal überarbeiten, wenn ich du wäre^^ Dafür schlägt der von Mana wieder alles, der ist so toll *.* Bringst du jetzt die Schülernamen mal ein bisschen mehr ein? Bisher hatten zwar alle einen, aber so der Hintergrund, warum die so wichtig sind hat mir irgendwie gefehlt.
Okay, sie haben jetzt ein Schiff. Eigentlich könnte das jetzt ganz entspannt weitergehen, aber irgendetwas kommt da noch, stimmts?^^


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