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Úso

Keine Lüge währt ewig...
von

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Shitsúbo - Enttäuschung

Kalte Wut lag in der Luft. Erdrückend und schwer. Sogar für Hinata selbst war sie so allumfassend, so niederschmetternd, dass sie ihr den Atem raubte. Zitternd hielt sie inne und stützte sich auf ihrem Schreibtisch ab, an dem sie so viele Stunden mit ihren Studien verbracht hatte. Gequält schloss sie die Augen und holte tief Luft. Doch es gab keine Linderung für ihre Pein. Nichts und niemand konnte ihr diese maßlose Enttäuschung nehmen. Sie hatte das Gefühl, in diesem unendlich schweren Brei aus Enttäuschung, Wut und Verzweiflung zu ersticken.

Warum hatte er ihr das angetan? Wieso hatte er das Wichtigste zwischen ihnen verborgen? Er hatte doch gewusst, wie lange sie seinetwegen auf der Suche gewesen war. Sogar ihre Heimat hatte sie seinetwegen verlassen. Wenn sie daran dachte, wie zerrissen sie sich Monate lang gefühlt hatte, wie viele Gewissensbisse sie geplagt hatten… Hinata wurde ganz schlecht vor Wut.

„Hinata, willst du nicht noch mal darüber nachdenken?“

Sofort richtete sich die junge Frau auf und blitzte Kaori an, die an der Tür stand und besorgt zu ihr blickte. Sie war auch nicht besser. Keiner hier war besser. Renji, Tenji, sogar Fürst Enoi. Sie alle hatten Hinata belogen. Dabei waren sie doch Hinatas neue Familie gewesen.

„Worüber sollte ich denn noch nachdenken, Kaori?“, fragte Hinata kalt. „Habt ihr denn jemals nachgedacht, was ihr mir mit euren Lügen antut? Oder habt ihr tatsächlich gehofft, ich würde dieses Versteckspiel ewig mitmachen?!“

„Hinata, glaub’ mir, es tut uns allen Leid. Besonders Mú-, ich meine Naruto.“

Spöttisch lachte die jüngere Frau auf, ehe sie ihrer angeblichen Freundin einen hasserfüllten Blick zuwarf und drohend zischte: „Davon kann ich mir auch nichts kaufen. Ihr seid genauso verlogen wie Tsunade und meine angeblichen Freunde in Konoha.“

„Hinata, diese Anschuldigung ist nicht fair!“, rief Kaori empört.

„Das Leben ist selten fair“, fauchte Hinata und wandte sich wieder ihrer Tasche zu.

Schnell aber sorgsam packte sie alle Schriftrollen ein, die sie sich von ihrem Sold gekauft hatte. Die Anspannung in ihr ließ etwas nach, als Kaori den Raum wieder verließ. Die Schriftrollen aus der Bibliothek stapelte sie neben dem Rucksack. Die Uniform der Hofgarde, die festlichen Kimonos und den eleganten Hochzeitskimono ließ sie im Schrank liegen. Sie benötigte keine unnützen Platzhalter, um sich an ihre Schmach zu erinnern…
 

„Kann man seine Freizeit vielleicht noch langweiliger verbringen?“

Amüsiert lächelnd blickte Hinata von ihrem Buch zum Sohn ihres Fürsten auf. Wenn man sich erst einmal an Músukos Kaltschnäuzigkeit und Taktlosigkeit gewöhnt hatte, lernte man sie lieben. Zumindest war das bei Hinata so. Sie hatte gelernt, ihm seine Macken nicht übel zu nehmen und in gewisser Weise hatte sie sein eher frostiges Gemüt sogar lieben gelernt.

„Herr, Ihr lest selbst oft genug. Warum sollte ich es also nicht tun?“

Ein genervtes Brummen erklang hinter der glatten Maske des Fürstensohnes: „Vater und ich haben dir nun schon tausende Male gesagt, dass du es beim Du lassen sollst.“

„Ich weiß, Ihr fühlt Euch sonst alt“, lachte Hinata und klappte ihr Buch zu.

„Du bist entschieden zu emanzipiert“, war der trockene Konter.

„Ich weiß“, seufzte Hinata zufrieden und ließ sich nach hinten fallen.

Sie war zufrieden mit ihrem neuen Leben. Es ließ sie endlich Ruhe finden. Etwas, was sie in ihrer alten Heimat nicht vermocht hatte. Dort hatte ihre gesamte Umgebung sie immer wieder dazu gezwungen, sich nach Naruto zu verzehren. Nur ihre Freunde nicht. Die hatten das Gegenteil zu erreichen versucht. Nach fünf Jahren scheinbar unendlicher Suche hatten sie die Hoffnung aufgegeben, Naruto jemals zu finden. Unmöglich für Hinata, für die jeder noch so kleine Stein in Konoha nach Naruto geschrieen hatte.

„Du denkst schon wieder an Konoha.“

„Músuko, Ihr seid der taktloseste Mann, der mir je begegnet ist!“

„Hast du Tenji vergessen?“

„Der ist außer Konkurrenz“, erwiderte Hinata leichthin.

Es entstand eine der vielen Gesprächspausen, während der sie einfach nur nebeneinander saßen und ihren eigenen Gedanken nachhingen. Das war typisch für ihre Gespräche, da sie Beide nicht unbedingt die Redseligsten waren. Aber zumindest war es eine friedliche Stille zwischen ihnen. Nicht mehr so kalt und abweisend wie früher…

Hinata konnte sich noch gut daran erinnern, wie wütend sie anfangs auf Músuko gewesen war. Dabei hatte er ihr damals das Leben gerettet, als sie während einer Mission einen Alleingang gestartet hatte, weil sie eine Chance gewittert hatte, etwas über Narutos Verbleib zu erfahren. Ein dummes, einfältiges Mädchen hatte er sie geschimpft, als sie im Krankenhaus seines Landes wach geworden war. Kein Mann sei es wert, für ihn sein Leben zu riskieren. Sie sollte nach Konoha zurückkehren und diesen Naruto vergessen. Das war der Moment gewesen, in dem sie zum ersten Mal in ihrem Leben richtige Wut verspürt hatte. Ohne über die Konsequenzen nachzudenken, hatte sie dem Fürstensohn eine schallende Ohrfeige verpasst. Kein besonders guter Start.

„Warum denkst du so viel nach?“, unterbrach Músuko die Stille wieder.

„Denkst Ihr denn gar nicht nach?“

„Stell mir keine Gegenfragen“, brummte er genervt. „Warum beschäftigst du dich so viel mit diesem Naruto?“

„Wart ihr jemals verliebt, Herr?“

„Nur oberflächlich und das ist schon sehr lange her. Frauen interessieren mich nicht wirklich.“

Interessiert öffnete Hinata die Augen wieder und betrachtete den jungen Mann von der Seite. Er hatte sich etwas von ihr abgewandt. Offenbar sprach er nicht gerne über dieses Thema. Oder es interessierte ihn wirklich nicht. Das würde zu ihm passen... Er musste etwa in ihrem Alter sein, war muskulös, geschickt und sehr gebildet. Und obwohl diese kalte, nichts sagende Maske zu jeder Zeit seine Gesichtszüge verbarg, übte er auf viele Frauen eine geheimnisvolle Anziehungskraft aus, die Hinata bis zu einem gewissen Maß sogar selbst nachvollziehen konnte.

„Was ist?“

„Verzeiht Herr“ - ein belustigtes Lächeln umspielte Hinatas Lippen, als sie wieder in den strahlendblauen Himmel blickte – „Es fällt mir schwer, zu glauben, dass Ihr noch nie eine Frau gehabt haben sollt.“

„Vielleicht warte ich auch nur auf die Richtige“, erwiderte Músuko schroff und stand auf. Als Hinata leise kicherte, wandte er sich noch einmal zu ihr um: „Was ist?“

„Ihr seid verlegen, gebt es ruhig zu, Herr.“

„Wie kommst du denn darauf?“

„Nur so ein Gefühl“, schmunzelte Hinata.
 

Zitternd fuhr Hinata mit einem Finger über das Glas eines Bilderrahmens. Auf dem Foto waren sie und Músuko abgebildet. Beide trugen sie zeremonielle Kimonos – für Músuko, der stets seine Rüstung oder aber bequeme Alltagssachen trug, ein ungewöhnliches, aber imposantes Bild. Hinatas Haare waren elegant nach oben gesteckt worden. Eine grazile Blume steckte in der dunklen Haarpracht. Sie hatte sich leicht an ihn gelehnt und strahlte in die Kamera. Er selbst hatte einen Arm um die gelegt. Damals hatte Hinata in diesem Moment wirklich gespürt, dass er glücklich war. Das hatte ihr eigenes Glück noch verdoppelt.

Gequält klappte die junge Frau den Bilderrahmen um, um dieses verlogene Bild nicht mehr sehen zu müssen. Es tat nur weh, riss immer neue Wunden in ihre Seele, hielt ihr vor Augen, wie dumm sie gewesen war.

Hastig fuhr sie sich über die feuchten Augen und ging mit ihrem Waffengürtel und einem letzten Buch zurück zum Schreibtisch, um ihren Rucksack endlich fertig zu packen. Sie war für ihren Geschmack schon viel zu lange hier. Als sie sich sicher sein konnte, alles Wichtige beisammen zu haben, schulterte sie die Tasche und nahm die Schriftrollen der Bibliothek an sich. Wortlos verließ sie ihr Zimmer, in dem sie sich einst so wohl gefühlt hatte. Nicht ein einziges Mal drehte sie sich um. Aus ihrem Heim war eine heimtückische Falle geworden, die sie von Sekunde zu Sekunde mehr zu foltern schien.

Ganju, der bärbeißige Bibliothekar, nahm die Schriftstücke mit bestürzter Miene von Hinata entgegen. Hinata sah zu, dass sie die Bibliothek und Ganju so schnell wie möglich hinter sich brachte. Der alte Mann konnte nichts dafür, aber sie musste unwillkürlich daran denken, dass sie oft für Músuko Bücher oder Schriftrollen ausgeliehen hatte, weil dieser sich nicht so gut mit Ganju verstanden hatte. Sie mochte nicht daran denken.

Eri, die herzensgute Köchin, kam Hinata auf halbem Weg durch den Flur entgegen und drückte ihr ein großes Lunchpäckchen in die Hand. Sie krächzte nur ein schwaches „Für die Reise“, dann verschwand sie wieder in Richtung Küche. Es traf sie besonders hart, dass die junge Frau das Fürstentum verlassen wollte.

Es tat Hinata im Herzen weh, diese guten Menschen durch ihren Aufbruch zu verletzen, aber sie hielt es hier nicht mehr aus – und sie wusste, dass die Beiden das mit der Zeit verstehen würden.

Unruhig sahen ihr die zwei Wachen vor dem Büro des Fürsten entgegen, als sie darauf zu steuerte. Verbissen starrte die junge Frau durch sie hindurch. Sie wusste, dass weder die Beiden noch ihre anderen ehemaligen Kollegen bei der Wache etwas für all die Umstände konnten. Doch sie konnte nicht hier bleiben. Nicht bei all der Schmach, die ihr zugefügt worden war.

Langsam wurden die mit Lack und goldenen Ornamenten verzierten Türflügel geöffnet. Ohne zu zögern trat Hinata durch die Tür und auf den Schreibtisch des Fürsten zu. Respektvoll, doch knapp verbeugte Hinata sich. Sie wollte es kurz fassen.

„Mein Herr Enoi, hiermit quittiere ich meinen Dienst“, erklärte sie kühl.

Fürst Enoi seufzte schwer: „Ich weiß, dass er dich verletzt hat, Hinata, aber du liebst ihn doch… Zweimal sogar…“

„Und genau dazu hätte es nie kommen dürfen, mein Herr…“
 

Erschöpft lehnte Hinata sich gegen eine Wand. Hier war es schon viel ruhiger. Der Lärm des Festes – die vielen Stimmen, die feierliche Musik, das gelegentliche Gelächter, die vielen Schritte, das Rascheln der Kimonos und Yukatas -, alles lag hinter ihr. Endlich konnte sie wieder einen ruhigen Kopf bekommen.

Seit nun fünf Wochen war sie blind. Das Gift, das ihr im Kampf gegen einen Attentäter, der es auf Enoi abgesehen hatte, injiziert worden war, hinderte sie daran, Chakra zu bündeln. Dazu zählte auch jenes Chakra, das sie zu jeder Zeit in ihren Augen hatte. Zwar war ihr Körper bereits wieder dabei, dieses Gift abzubauen, aber laut dem Heiler des Fürsten würde es noch einige Wochen dauern, bis sie ihr Chakra – und damit auch ihre Sehkraft – wieder erlangen würde. Bis dahin musste sie mit ihrer Blindheit umgehen. Um ihre Augen zu schützen, trug sie immer eine Augenbinde, die mit geruchslosen Ölen getränkt worden war, welche den Abbau des Giftes beschleunigen sollten. Damit keine Feinde auf die Idee kommen konnten, diesen Schwachpunkt auszunutzen, hatte Hinata lernen müssen, sich nach wie vor zu bewegen, als würde sie sehen können. Es war eine anspruchsvolle Übung gewesen, aber nicht unmöglich…

Hinata blickte auf, als sie Schritte hörte. Ein wissendes Lächeln schlich sich auf ihre Lippen, als sie die Schritte erkannte.

„Kannst du nicht mehr?“

„Ihr seid viel zu laut, mein Herr“, erwiderte Hinata schmunzelnd, statt auf seine Frage zu antworten, und wandte sich in die Richtung, aus der die Stimme des Fürstensohnes gekommen war. „Wenn Ihr Euch immer so anschleicht, hört Euch sogar ein Akademieschüler.“

„Du bist echt anstrengend“, knurrte Músuko beleidigt und entlockte Hinata ein glockenhelles Lachen.

„Ihr lasst Euch viel zu schnell aus der Reserve locken.“

„Hättest du wohl gern!“

Hinatas feine Nackenhaare richteten sich auf, als sie die gehauchten Worte vernahm und spürte, wie Músuko sie mit seinem Körper vorsichtig gegen die Wand drückte. Sie hatte ihn gar nicht kommen hören. Er war ein exzellenter Shinobi, das wusste sie schon lange, aber sie war dennoch überrascht. Mit den Händen stützte er sich zu beiden Seiten ihres Gesichts an der Wand ab und beugte sich noch etwas mehr zu ihr. Schlagartig beschleunigte sich Hinatas Herzschlag und auf ihre Wangen schlich sich ein sanfter Rotschimmer.

„Mein Herr?“ – In ihrer Stimme klang ihre Unsicherheit nur zu deutlich mit.

Sie spürte seine raue Hand an ihrer Wange. Das Prickeln jagte einen wohligen Schauer durch ihren Körper. Hinter der Maske konnte sie seinen leisen Atem hören. Sein Körper drängte sich mit sanfter Bestimmtheit gegen den ihren, um ihr jeden Fluchtweg zu nehmen. Mit ihren wackeligen Knien hätte sie ohnehin keinen Schritt machen können. Hinatas Körper erzitterte, als Músukos Hand ihren Hals hinab strich, ehe er sie auf Hinatas Taille legte und ihr noch näher kam…

„Hinata-san?“

Der prickelnde Zauber verpuffte schlagartig. Músuko ließ von Hinata ab und entfernte sich einige Schritte von ihr. Sie setzte sich schnell ihre kunstvolle Maske wieder auf, die ihre Augenbinde verbergen sollte. Dann wandte sie sich in die Richtung, aus der die Stimme eines der fürstlichen Gäste drang.

Es war ein junger Mann mit einer großen Vorliebe für Kendo, Sake und Frauen. Sehr ungestüm, aufbrausend und mit den Regeln bei Hofe bei weitem nicht ausreichend vertraut. Zudem war er sehr besitzergreifend und herrisch.

Sein Vater dagegen war ein großer Liebhaber von Strategie- und Knobelspielen, weshalb er von Hinata als Gesellschafterin so angetan war. In ihrer ANBU-Ausbildung in Konoha hatte Hinata nämlich während der Lektion über Missionsstrategien gelernt, dass Shogi den Geist schärfte, und sich selbst in diesem traditionellen Brettspiel geübt.

„Mein Herr?“, fragte Hinata mit einer ausgesucht höflichen Stimme, die sie sich für die Gäste ihres Fürsten angeeignet hatte, und verbeugte sich respektvoll.

„Ihr wart so plötzlich verschwunden, Hinata-san“, erklärte der Fürstensohn. In Hinatas Vorstellung verzog der junge Mann verärgert, fast schon schmollend das Gesicht. Ein Bild, das sie nur zu gut aus der Zeit vor ihrer Erblindung kannte. „Dabei wollte ich doch noch mit Euch tanzen.“

„Bitte verzeiht, mein Herr“, begann Hinata mit formvollendeter Höflichkeit. „Der Fürst und ich mussten etwas Wichtiges besprechen.“

Neben sich konnte Hinata eine Bewegung spüren. Unter ihrer Maske grinste sie verschmitzt in sich hinein. Sie wusste, dass Músuko dieses höfische Geplänkel nicht leiden konnte. Schon gar nicht bei solchen verzogenen Fürstensöhnen, die ihn nicht ernst nahmen.

„Seid Ihr jetzt fertig?“, fragte der junge Mann säuerlich.

Nur die wenigstens Fürstensöhne besaßen wenigstens noch den Anstand, Músuko voll und ganz wie einen der ihren zu behandeln. Die meisten von Ihnen sahen in ihm nur die Leibwache des Fürsten Enoi, obwohl allgemein bekannt war, dass Músuko der Nachfolger des Fürsten sein würde.

„Ja, mein Herr, aber ich fürchte, ich befinde mich nicht wohl“, erklärte Hinata, um einem Ständchen mit diesem furchtbar schlechten Tänzer zu entgehen. „Es war ein harter Tag. Ich denke, ich gehe lieber ins Bett…“

Wie es nicht anders zu erwarten war, versuchte der Fürstensohn, Hinata umzustimmen. Etwas, was Hinata nicht bloß aufgrund seiner mangelnden Tanzfähigkeiten tunlichst vermeiden wollte. Zwar konnte sie sich auch ohne ihren Sehsinn orientieren und sogar kämpfen, doch nicht lange auf dem festlichen Bankett ausharren. All die Sinneseindrücke – die Musik, die Gerüche von Speisen und Menschen, die vielen Gespräche –, das wäre zu viel für Hinatas Orientierungssinn. Glücklicherweise gelang es Hinata, den Fürstensohn auf das nächste Bankett zu vertrösten.

Seufzend nahm sie sich schließlich die Maske wieder ab, als die Schritte des jungen Mannes verklungen waren. „Dass Euer Vater mich auch ausgerechnet zu einer Geisha machen musste…“

„Hey, du musst ja wohl nicht mit diesen Typen ins Bett, also beschwer’ dich nicht“, rügte Músuko sie. „Ganz abgesehen davon verstehst du dich erstaunlich gut mit den ganzen Fürsten da drin, obwohl du sie angeblich nicht leiden kannst.“

„Ich hatte sehr viel Übung bei Euch, mein Herr“, schmunzelte Hinata.

„Also kannst du mich nicht leiden?“, fragte Músuko. Zu Hinatas Überraschung klang er angespannt.

„Ja, anfangs konnte ich Euch nicht leiden. Da hielt ich Euch noch für einen taktlosen, ungehobelten Rüpel.“

„Und was bin ich jetzt für dich?“

„Ein sehr ruppiger, aber doch freundlicher junger Mann, der sehr schüchtern ist“, antwortete Hinata prompt und grinste breit.

„Schüchtern?“

Hinata kicherte leise und trat auf Músuko zu, wobei sie sich daran orientierte, aus welcher Richtung seine Stimme gekommen war. Vorsichtig tastete sie nach seinem Gesicht und nahm ihm die Maske ab. Sie konnte hören, wie er die Luft scharf einzog, doch er unternahm nichts, als sie langsam sein Gesicht ertastete. Behutsam strich sie über seine Wangen, fuhr seine Augenbrauen nach und schließlich den Nasenrücken hinab. Als sie über seine Lippen strich, spürte sie, dass er lächelte.

„Was hast du vor?“, hauchte er.

„Auf das Du umsteigen, wenn Ihr gestattet“, wisperte Hinata zurück.

„Ich bestehe darauf!“, erwiderte Músuko und beugte sich zu ihr hinunter, während sie sich auf die Zehenspitzen stellte, um ihm entgegen zu kommen.

Zuerst war der Kuss sanft, ganz zaghaft, doch mit jeder Sekunde, die sie einander so nahe waren, wurden sie mutiger. Hinata ließ sich von ihren Gefühlen treiben, seufzte wohlig in den leidenschaftlichen Kuss hinein. Vor ihrem inneren Auge nahm Músukos Gesicht Gestalt an. Aus irgendeinem Grund stellte sie sich blaue Augen zu den blonden Haaren vor, markante Gesichtszüge und ein breites Fuchsgrinsen…

„Nein!“, keuchte sie entsetzt und stolperte zurück. „Músuko, ich kann nicht…“

„Warum nicht? Habe ich etwas falsch gemacht?“ Músukos Stimme ließ mehr über seine Aufgewühltheit erahnen, als ihm das wahrscheinlich lieb war.

„Ich kann nicht“, krächzte Hinata schwach. „Ihr bedeutet mir sehr viel, aber… Naruto…“

„Aber Hinata…“, begann Músuko heiser und ergriff ihre Hand.

Zitternd drückte sie ihm die Maske in die Hand, ehe sie sich von ihm zurück zog. Er folgte ihr nicht, sagte kein Wort. Vor ihrem inneren Auge blieb er ganz verlassen dort stehen und blickte ihr nach, wie sie sich einen Weg zu ihrem Zimmer bahnte…
 

Fest entschlossen stand Hinata wieder auf und blickte Enoi unverfroren in die Augen. „Obwohl er gewusst hat, wie ich mich gefühlt habe, hat er mich immer weiter belogen. Er hat mich absichtlich verletzt.“

„Hinata, was hättest du denn getan, wenn du es von Anfang an gewusst hättest?“

„Ich weiß es nicht, aber das ändert doch auch nichts an den Tatsachen. Ich habe mich mit einem Mann verlobt, der mir zwei Jahre lang ins Gesicht gelogen hat.“

Enoi seufzte verzweifelt und blickte die junge Frau geradezu flehend an. Hinata musste aufpassen, sich nichts davon anmerken zu lassen, wie sehr sie dieser Blick berührte. Der Fürst war wie ein Vater für sie geworden. Sie hatte ihn immer für seine Weisheit hoch geachtet und für seine Güte und seinen freundlichen Humor geliebt. Er war ein Fürst, wie man ihn sich für jedes Land gewünscht hätte. Und dennoch hatte Hinata nicht vor, sich von diesem Blick schwächen zu lassen. Sie wollte nicht länger in der Nähe seines Sohnes sein!

„Ich kann und will dich nicht dazu zwingen, hier zu bleiben, aber glaube mir: Wenn du jetzt gehst, wirst du es irgendwann bereuen. Du liebst ihn doch!“

„Im Moment empfinde ich nichts als Hass für ihn“, erwiderte Hinata kalt. „Und ich bereue nur, mich von ihm eingelullt lassen zu haben.“

„Einlullen? Hinata, er liebt dich!“

„Davon bemerke ich nichts“, zischte Hinata und holte ein Päckchen aus ihrer Tasche. Mit wieder gemäßigter Stimme fuhr sie fort: „Das sind die Würdenzeichen, die Ihr mir verliehen habt. Alle anderen Sachen, die ich nicht mehr benötige, habe ich im Zimmer gelassen.“

Enoi machte erst Anstalten, zu protestieren, besann sich jedoch. Resigniert seufzend nickte er.

„Ich hoffe, du kommst doch irgendwann zurück und gibst ihm eine neue Chance. Bis dahin pass’ gut auf dich auf, ja?“

Wortlos verbeugte Hinata sich, dann verließ sie das Büro wieder, um nicht doch noch ins Wanken zu geraten. Sie war Enoi dankbar, dass er sie hier aufgenommen hatte, und es zerriss ihr fast das Herz, ihre Heimat hier zu verlassen. Aber es war besser so…

Der Weg bis zum Stadttor war wie ein Spießrutenlauf für sie. Überall spürte Hinata bestürzte Blicke auf sich ruhen. Niemand wusste von dem, was Hinata hier widerfahren war, aber jeder hatte mitbekommen, dass sie das Land verlassen wollte. Viele kamen extra zur Hauptstraße, um sich von ihr zu verabschieden, aber Hinata hätte sie am liebsten allesamt fort geschickt. So rührend es auch war, es machte die ganze Sache für Hinata nur noch schwerer.

Am Tor sah Hinata schließlich ein letztes Mal zurück. Anders als in vielen anderen Hauptstädten, wo der Palast weithin deutlich zu erkennen war und all seinen Prunk regelrecht in die Welt hinaus schrie, war der Palast Enois von hier aus nur noch durch einen weiteren Wachturm auszumachen. Das hatte Hinata so sehr an diesem Land geliebt. Die Bescheidenheit und Güte, die sich jeder zur Pflicht gemacht hatte.

Gequält schloss Hinata die Augen. Vielleicht wäre es für alle das Beste gewesen, wenn sie für immer blind geblieben wäre. Vielleicht könnte sie Músuko dann immer noch vorbehaltlos lieben und ihn sogar heiraten. Vielleicht könnte sie dann noch mehr dieser wunderschönen Nächte mit ihm teilen…

Abrupt drehte sich die junge Frau wieder um und durchschritt das Tor. ‚Für immer fort von ihm’, dachte sie bitter, als ihr die Tränen über die Wangen rannen.

Und so würde es auch kommen…



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2011-07-15T16:21:31+00:00 15.07.2011 18:21
Hallo,
ich bedanke mich ersteinmal recht herzlich für deine Teilnahme an meinem Wettbewerb:)
Desweiteren, ich werde dir bei jedem Kapitel ein Kommentar hinterlassen, so kann ich die einzellnen Handlungen der Kapitel leichter auseinanderhalten und verwechsle sie nicht.

Ich finde das erste Kapitel schön. Du hast einen wirklich angenehmen Schreibstil und eine wundervolle Ausdrucksweise, man konnte sich richtig gut in diesem Kapitel verlieren, wenn du weißt was ich meine:). Desweiteren ist der Aufbau und die Rückblenden wirklich toll gestaltet. ich finde es meistens nicht so toll wenn Flashbacks kommen, aber bei dir passt das allein von der Stimmung schon einmal. Und auch, weil einen die Kurzbeschreibung der Geschichte neugierig macht und du nicht gleich zu viel verräst, passt es wunderbar.
Außerdem muss ich sagen, bin ich eigentlich kein so großer Fan von Eigenen Charaktern, aber hier stört es mich nicht. Du hast einen schönen Weg gefunden sie vernünftig miteinzubringen. Dadurch, dass Hinata in ein anderes Land gezogen ist.

Und noch was muss ich los werden: Ich bin also nicht die Einzige, die findet, man wirkt alt, wenn man Gesiezt wird>.< also mit Sie angesprochen wird statt mit du. Das konnte ich absolut nachvollziehen und darum mochte ich diese Stelle auch am Meisten.

Bis zum zweiten Kapitel:)


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