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Das Bild im Spiegel

Kaoru X Hikaru
von

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Prolog


 

Jahrelang war es nur ein Spiel gewesen.

Jahrelang hatten sie die Mädchen an ihrer Scheinliebe erfreuen lassen.

Jahrelang hatten sie es zur Schau gestellt, ohne auch nur den geringsten Hauch der Wahrheit zu erkennen.
 

Kundinnen-Diebstahl

„Hey, Haruhi!“, rief ein wütender Tamaki quer durch den Raum. „Ja?“, meldete sich die für einen Jungen hohe Stimme. „Hast du die Zwillinge gesehen?“, fuhr der Halbfranzose gereizt fort, als sich das als Junge verkleidete Mädchen auf ihn zubewegte. „Hikaru und Kaoru?“, entgegnete sie. „Ja, ich glaube, sie wollten mit ein paar Kundinnen nach draußen gehen. Sie sagte irgendwas von ihre Liebe komme unter den Kirschblüten besser zu Geltung.“, antwortete sie noch im gleichen Atemzug und beäugte den Jungen vor ihr mit einem undefinierbaren Blick.
 

Tamaki war sichtlich wütend. Es schien, als fielen ihm die Blitze aus den Augen, wenn er auch nur den Namen eines Zwillings vernahm. Im Grunde genommen wollte Haruhi gar nicht wissen, was die Zwillinge schon wieder angestellte hatten – Tamakis Bär bemalt, eines seiner Outfits zerschnitten oder irgendeine solcher Taten -, aber sie wollte den Wütenden beruhigen, sodass er nicht irgendeine Dummheit begann.
 

„Sag mal, Tamaki ...“, setzte sie an, woraufhin dieser sich für kurze Zeit beruhigte und in ihr Gesicht blickte. „Was haben sie denn angestellt? Du schaust so unsagbar wütend aus.“, fragte sie. „Was sie getan haben?“, fragte Tamaki und näherte sein Gesicht dem ihrigen, bis sie nur noch wenige Zentimeter voneinander getrennt waren. „Was sie getan haben, fragst du?“, wiederholte er und im selben Moment ergossen sich seine Augen und ein Wasserfall von Tränen lief seine Wangen hinunter.
 

„Diese verdammten Zwillinge stehlen mir mit ihrer verdammten Show all meine Kundinnen!“, jammerte er. Hätte sie sich ja denken können, dass der selbsternannte ′King′ keine wirklichen Probleme hatte, sondern nur wegen irgendwelcher Kundinnen jammern musste. „Man kann′s auch übertreiben.“, bemerkte Haruhi knapp, bevor er aufgrund ihrer Desinteresse erneut in sich zusammenbrach und sich nicht entscheiden konnte, ob er nun jammern oder wüten sollte.
 

„Sagt mal, Mädels, warum seid ihr nicht bei Tamaki?“, fragte Hikaru überrascht, als er merkte, dass ein paar seiner Stammkundinnen unter der Gruppe Mädchen war. „Ach, Tamaki redet sowieso immer nur das selbe...“, begann die eine. „Ihr seid eben abwechslungsreicher.“, vervollständigte eine andere.
 

„Abwechslung ist immer gut!“, bemerkte Kaoru und lächelte dabei, während Hikaru seinen Kopf dem von Kaoru näherte und ihm was ins Ohr flüsterte – gerade so laut, dass es die Mädchen noch mitbekamen. „Vor allem im Bett.“, fügte er der Aussage seines Bruders hinzu. Kaorus Wangen färbten sich langsam rot und mit beschämten Blick haspelte er die Worte „Doch nicht vor den Mädchen!“. Diese verfielen daraufhin in ihr Fan-Girl-Gekreische, währenddem sich die Zwillinge in ihrer Rolle eine Pause gönnten.
 

„Ihr solltet nicht so viel mit den Kundinnen von Tamaki spielen.“, bemerkte Kyoya, der die Zwillinge kurz beiseite genommen hatte. „Was heißt hier Tamakis Kundinnen?“, fragten die Jungs wie aus einem Mund. „Sie dürfen gehen zu wem immer sie wollen und wenn wir nun mal mehr auf die Bedürfnisse der Mädchen eingehen, ist das doch wohl nicht unser Problem.“, fuhren sie gleichzeitig fort. „Aber bedenkt bitte, dass wir den Raum noch ein wenig brauchen.“, fügte der Ältere im Gehen hinzu, während sich die Zwillinge erst über den Stand der Lage klar wurden.
 

Das gesamte Musikzimmer 3, in dem sie ihren Club aufgebaut hatten, stand sozusagen in Trümmern – umgeschmissene Stühle und Tische, ein abgerissener Leuchter und sämtliche andere Dinge waren zu Bruch gegangen oder umgeschmissen worden. Haruhi saß mit Tamaki in der Ecke und versuchte, die aufgebrachte Person zu beruhigen.
 

Die Zwillinge wechselten einen uninteressierten Blick, machten auf dem Absatz Kehrt und verließen den Raum, etwas später auch das Schulgebäude.

Dein Typ?

„Mann, wie kann man nur derart ausrasten...?“, fragte Kaoru noch während des Heimweges. Sie hatten sich entgegen dem Üblichen gegen die Fahrt in der Limousine entschieden und schlenderten gemütlich durch die Straßen.
 

Kaoru erwartete gar keine Antwort auf seine Frage, sondern richtete seinen Blick gen Himmel. „Meinst du, der kriegt sich wieder ein?“ Hikaru seufzte auf. „Und wenn schon. Ist ja nicht unser Problem.“ Ein weiterer Seufzer folgte. „Aber Haruhi scheint das Probleme zu machen.“, fügte Kaoru dem Satz seines Bruders hinzu. Dies bescherte ihm einen Blick des Zwillings. „Haruhi?“ Kaoru nickte.
 

„Hast du sie nicht gesehen? Hast doch sonst deine Augen immer bei ihr.“, entgegnete er, woraufhin er großes Abstreiten erwartete, doch Hikaru blieb still. „Na ja... vielleicht.“, gab er nur von sich. „Vielleicht gefällt es ihr ja, sich um ihren King zu kümmern.“
 

Kaoru fiel wie aus allen Wolken. „Was ist denn in dich gefahren?! Warst es nicht du, der es überhaupt nicht abhaben konnte, wenn sie auch nur neben ihm stand?“, stotterte der Zwilling verwirrt. „Und jetzt scheint es dir egal zu sein?“ Hikaru murmelte zustimmend. „Vielleicht... Ich weiß auch nicht.“
 

Während sie durch die mit Kirschbäumen gesäumten Gassen gingen, wurde es um sie herum langsam dunkler. „Sieht nach Gewitter aus.“, meinte Hikaru unbeeindruckt und schloss das Thema damit ab. „Allerdings...“, griff er es selbst dann doch wieder auf. „Was ist mit dir? Hattest du nicht auch einmal ein Auge auf Haruhi geworfen?“
 

Hikaru ließ sich auf eine Bank am Straßenrand nieder und bedeutete Kaoru, sich zu ihm zu setzen. „Nicht so richtig.“, wehrte der Bruder ab. „Klar habe ich sie gerne, aber wer von uns hat das nicht? Aber mehr...? Nein, ich glaube, dafür ist sie nicht die Richtige.“ Hikaru nickte ohne Worte. „Und vielleicht eine deiner Kundinnen?“
 

Kaoru schüttelte erneut den Kopf. „Da ist niemand dabei, den ich wollen würde. Sind alle nicht mein Typ.“ Ein Weile herrschte Schweigen. Die Zwillinge hingen beide ihren Gedanken nach, kamen dennoch auf ein Ergebnis. Tatsächlich hatten sie keine Ahnung, wie es bei dem jeweils anderen bezüglich Liebe aussah.
 

„Und... wie ist dein Typ?“, fragte Hikaru also seinen Bruder. Konnte ja nicht angehen, dass man als Zwillingsbruder nichts über den anderen weiß. Was heißt nichts. Es war ja nicht Nichts, was er wusste, aber irgendwie schien es ihm zu wenig, Er wollte mehr wissen. „Mein Typ?“, wiederholte Kaoru. „Na ja, auf jeden Fall keine von den aufgedrehten Mädchen in unserer Schule. Aber auch nicht so Möchtegern wie Haruhi.“
 

„Möchtegern?“ Hikaru schaute irritiert. „Wie meinst'n das?“ Kaoru stupste einen Stein mit einem seiner Füße an und betrachtete die Bahn, die er nahm. „Na, du weißt schon...“, begann er und stieß den Stein mit dem anderen Fuß wieder zurück. „So schlampig mit dem Äußeren und so. Du weißt doch, wie sie in die Schule gekommen ist.“ Hikaru lachte auf. „Also geht es bei dir nur ums Äußere?“
 

Entsetzt sprang Kaoru auf. „So ein Schwachsinn!“, keifte er Hikaru an. „Was hältst du denn von mir?!“ Damit drehte er sich um und ging weiter den Weg entlang. „Hey!“, rief ihm sein Bruder hinterher. „Was kann ich dafür, wenn du das so sagst?!“ Kaoru seufzte und wartete, bis Hikaru ihn eingeholt hatte. „Okay, vielleicht habe ich mich falsch ausgedrückt, aber... ich weiß halt nicht so recht, was ich will, aber ich weiß halt, was ich nicht will und warum ich das nicht will.“
 

„Aber genug von mir...“, meinte Kaoru nach einer Weile Schweigen. „Jetzt bist du dran!“ Hikaru überlegte kurz, schaute dabei zu den Kirschbäumen um sie herum, scheinbar auf der Suche nach Antworten. „Was ich will...?“, fragte er mehr oder weniger sich selbst als eine Art Anstoß. „Vielleicht so jemanden wie dich...?“
 

Kaoru zuckte zusammen, woraufhin Hikaru los prustete. „Jetzt schau doch nicht, wie'n Auto! Ich meinte ein Mädchen wie du, das wäre doch nicht schlecht.“ Kaoru nickte. „Ein Mädchen...“

Erste Anzeichen

Blubb.
 

Kaoru schreckte auf, als direkt vor ihm eine Blase stinkend zerplatze. „Hikaru~“ Das Drohen in seiner Stimme war klar erkennbar. „Das ist eklig!“ Der Angesprochene lachte nur und nahm sich einen Schwamm, den er mit Seife einschmierte. „Dann vertief dich nicht so in deinen Gedanken oder teile sie mir mit!“
 

Kaoru hatte nachgedacht. Die Worte Hikarus diesen Nachmittag hatten ihn nicht mehr losgelassen. »Ich will ein Mädchen wie dich!« Was hatte denn das zu bedeuten? So besonders war Kaoru doch auch nicht, dass sein Bruder sich ein Mädchen zur Freundin wünscht, dass genauso war wie er.
 

„Nicht so wichtig... Rentiert sich nicht, dir das zu sagen.“, wehrte Kaoru also ab und nahm sich seinerseits auch einen Schwamm, mit dem er sich wusch. Während dieser Tätigkeit ließ er seinen Blick zu Hikaru schweifen. Wie es wohl war, mit jemand anderem in der Badewanne zu sein? Wie es wohl für Hikaru sein würde, wenn Kaoru das tägliche Bad nicht mehr mit ihm nahm, sondern alleine oder gar mit einer anderen Person?
 

Mitten in diesem Gedankenwirrwarr betrachtet Kaoru genauer den Körper seines Bruders. Nein, sie waren beide keine Kinder mehr, doch war es ihm nie wirklich aufgefallen. Doch jetzt, bei genauerem Betrachten... Der Körper Hikarus zeigte eine gewisse Reife und damit verbunden auch Männlichkeit. War sein eigener Körper auch schon so weit oder war es auch diesmal Hikaru, der in allem schneller und besser war.
 

Vorsichtig senkte er seinen Blick nach unten, um sich selbst auch einmal genauer zu betrachten. Viel Unterschied gab es nicht, würde Kaoru sagen, sofern er gefragt werden würde. Ein Seufzer entkam ihm, welcher die Aufmerksamkeit seines Bruders auf Kaoru lenkte. „Was ist los mit dir?“, fragte er in der Annahme, dass es irgendetwas gab, das seinen Bruder bedrückte. Kaoru hob seinen Blick wieder und schaute in die Augen seines Zwillings. „Ach, ich weiß auch nicht...“, murmelte er. „Vielleicht...“ Er machte eine Pause, die er zum Nachdenken nutze. „Vielleicht bin ich es, der sich nach einer Beziehung sehnt.“
 

„Wie bitte?!“, platzte es überrumpelt aus Hikaru heraus. „Was ist denn in dich gefahren?! Ich mein, so plötzlich?!“ Kaoru nickte leicht mit dem Kopf. „Ich habe gerade geschaut... also, ich mein, wir sind keine Kinder mehr.“, entgegnete er. „Es ist doch nur natürlich, sich jetzt in unserem Alter nach einer Person umzusehen, die man lieb haben, küssen und anfassen kann... Und von der man geliebt und angefasst wird...“
 

Kaorus Wangen färbten sich rot. Es war eigentlich nicht seine Art über derartige Dinge einfach mal so während dem Baden zu reden, dennoch fühlte er, dass es gesagt werden musste. „Sag bloß, du hast Druck?“, kam es von seinem Bruder, welches Hikaru einen fragenden Blick bescherte. „Wenn das so ist, das kann man auch anders klären.“ Kaoru verstand nicht ganz. „Wie meinst du...?“, fragte er daher, da er wirklich nicht nachvollziehen konnte, worauf Hikaru hinaus wollte. „So rechte Hand und so?“, versuchte der ältere der Zwillinge also, seinen Bruder auf die richtige Bahn zu bringen. „Kannst dir ja einen runter holen, dann ist der Druck weg.“
 

„Idiot!“ Hikaru hatte definitiv nicht verstanden, was Kaoru eigentlich sagen wollte. Mit einem Ruck stand er auf und wollte gerade aus der Badewanne steigen, als ihn Hikaru aufhielt. „Was soll das?!“, keifte Kaoru ihn an. „Du hast nichts von dem verstanden, was ich dir sagen wollte!“ Sein Bruder schüttelte den Kopf. „Nein, du bist derjenige, der nicht verstanden hat, was er will. Aber wenn du dich nicht traust, ich kann das auch für dich übernehmen.“, bot er an.
 

Kaorus Körpertemperatur stiegt mit einem Mal derartig an, sodass er gar nicht mehr realisierte, was genau Hikaru damit sagte. Allein die Vorstellung, irgendjemand würde ihn anfassen, ließ ihn einen Hitzeschauer verspüren. „Da du nichts sagst, nehme ich an, es ist okay.“, meinte Hikaru knapp, nachdem sich Kaoru ohne ein weiteres Wort in die Wanne zurück begeben hatte.
 

Keine zwei Sekunden später spürte Kaoru die Hände seines Bruders zwischen seinen eigenen Beinen, wie sie dies taten, was Hikaru angekündigt hatten. Der jüngere Zwilling reagierte sehr schnell auf die Berührungen – schneller, als er selbst es sich jemals ausgemalt hatte. Die Hitze, die sich in ihm ausbreitete, begann seinen Geist zu umnebeln, sodass jeglicher klare Gedanke beiseite geschafft wurde.
 

„Hikaru...“, versuchte Kaoru einen Widerspruch einzulegen. „Lass... das!“ Doch Hikaru dachte nicht daran. Es lag weniger daran, dass es ihm gefiel, als dass er seinem Bruder lediglich einen Gefallen tun wollte. Kurz war Kaoru davor, sich dem angenehmen Gefühl hinzugeben, jegliche Vernunft zum Teufel zu jagen und sich verwöhnen zu lassen, doch dann erinnerte er sich an die Sache vom Nachmittag. »Ich will ein Mädchen wie dich!«

Hilfe!

Die Nacht hatte Kaoru nicht im gemeinsamen Bett mit Hikaru verbracht.
 

Zu seinem Bruder sagte er, er wolle noch ein wenig auf bleiben und etwas für die Schule vorbereiten. Doch eigentlich saß er lediglich auf dem Fensterbrett in einem dunklen Wohnraum, in dem neben einem Klavier auch eine große Couch und ein Wohnzimmertisch standen.
 

Sein Blick war starr nach draußen in das regnerische Dunkel der Nacht gerichtet. Seine Gedanken waren genauso wirr wie die einzelnen Regentropfen, wenn sie in eine Pfütze mündeten. Nachdem Kaoru aus dem Bad verschwunden war und Hikaru unvollendeter Taten zurückgelassen hatte, hatten die Beiden fast kein Wort mehr miteinander gewechselt.
 

Kaoru war das mehr als unangenehm gewesen, wie Hikaru ihn verwöhnte. Es war eigentlich weniger die Tatsache an sich, sondern mehr der Gedanke, dass Hikaru sich eben für ein Mädchen interessierte, das war wie er. Und dann wollte er seinem Bruder einen runter holen? Was hatte dies nun in Hikarus Kopf für eine Bedeutung. Wollte er ausprobieren, wie seine Kaoru-Freundin reagieren würde, sollte er sie mit seinen Händen verwöhnen? Aber einem jungen Mann einen runter zu holen ist doch was gänzlich anderes, als eine junge Frau zu fingern..., kam es Kaoru in Gedanken.
 

Honey und Mori waren eigentlich mitten im Abschlussstress, konnten es sich aber nicht nehmen lassen, dennoch im Host Club vorbei zu schnuppern. Dies hatte Kaoru beinahe prophezeit, denn sobald die Beiden einen Fuß in das Musikzimmer 3 setzten, schnappte er sich jeweils eine Hand der Beiden und zog sie in ein leeres Klassenzimmer.
 

„Was...?“, stammelte Honey verwirrt und ließ dabei beinahe seinen Hasen fallen. „Was ist los, Kaoru?“, fragte Mori in einem ruhigen Tonfall, mit dem er beabsichtigte, Kaoru ein wenig zu beruhigen. Schwer atmend und unsicher auf seinen Beinen stand der Zwilling nun vor zwei seiner besten Freunde. Er wusste eigentlich gar nicht so genau, was er wollte, aber schon seit Tagesanbruch verspürte er den Drang, irgendjemandem von den Geschehnissen des Vorabends zu erzählen.
 

Kaoru atmete einmal tief ein, in der Hoffnung, er würde sich tatsächlich ein wenig beruhigen, und begann dann zu erzählen. „Also...“, setzte er an. „Ich... ich brauche eure Hilfe.“ Mori nickte darauf lediglich, da er vermutete, sein Freund würde ihnen gleich den Grund verraten. Doch Honey dagegen sprang auf wie ein junges Rehkitz und fuchtelte wild mit seinem Hasen vor Kaorus Gesicht herum. „Was ist denn? Hat dich der böse Tama-chan wieder geärgert?“
 

Der Fuchsbraunhaarige verneinte dies lediglich leise. „Es geht um mich und meinen Bruder...“ Wieder nickte Mori nur und diesmal hielt auch Honey seinen Mund, als er den giftigen Blick seines Freundes sah. „Wir hatten gestern eine eigentlich ganz normale Unterhaltung über Liebe und so... Aber irgendwie hat das ganzen eine vollkommen falschen Weg eingeschlagen.“ Kaoru zögerte. Er war sich nicht sicher, ob er das wirklich erzählen konnte, denn war dies eine schon recht intime Sache. Noch dazu, da die Beiden Brüder waren.
 

Aufmunternd legte Mori seine Hände auf die Schultern des Jüngeren. Er schien ein Gefühl dafür zu haben, im richtigen Moment das richtige zu tun. Gleich fühlte sich der Zwilling besser und ermutigt genug, um von diesem peinlichen Zwischenfall zu erzählen. „Hikaru meinte, er würde gerne ein Mädchen wie mich haben. Und als ob das nicht Verwirrung genug war, wollte beziehungsweise hat er beim gemeinsamen Bad gestern angefangen, mir einen...“ Er musste Schlucken. „... einen runter zu holen...“, flüsterte er mit rotem Kopf.
 

Beinahe gleichzeitig mit dem Ende seiner Erklärung nahm Mori die Hände von den Schultern des Jungen. „Was soll ich denn jetzt machen? Ich mein, wie soll ich seine Handlung verstehen...?“, fragte Kaoru schließlich und kam sich aus unersichtlichen Gründen wahnsinnig schlecht dabei vor. „Nun...“, brummte Mori distanziert. „Ich weiß auch nicht, wie wir dir dabei helfen können...“ Kaoru nickte. „Ich glaube, ihr habt mir insoweit schon geholfen, dass ihr mir ein Ohr geliehen habt...“
 

„Und was willst du?“, fragte Honey schließlich. „Ich mein, du hast zwar gesagt, Hikaru wolle ein Mädchen, das wie du ist. Und dann hat er eben das getan, was du gesagt hast und du? Du hast mit keinem Wort irgendeine Wertung vorgenommen.“ Kaoru schwieg einen Moment. „Was ich will?“, wiederholte er dann und schaute mit fragenden Augen in die des Kleinwüchsigen. „Na, willst du lieber, das Hikaru ein Mädchen wie dich findet oder... willst du nicht, dass es jemand anderes gibt in seiner Nähe, der ist wie du?“ Darauf fand Kaoru keine Antwort.

Ungewissheit

„Was war denn das?“, kam es verwundert von Haruhi, als das Dreiergespann bestehend aus Honey, Mori und Kaoru wieder in das Musikzimmer kam. „Kaoru ist ja wie vom Blitz getroffen mit den Beiden verschwunden...“ Ihre Frage richtete sich eigentlich an Hikaru, der neben ihr stand und ebenfalls beobachtete, wie die Drei durch die Flügeltür kamen.
 

„Keine Ahnung... Kaoru ist schon seit gestern Abend seltsam drauf. Er hat sich sogar geweigert, in unserem gemeinsamen Bett zu schlafen.“, berichtete er unbeeindruckt und ließ das Mädchen kurz darauf alleine stehen, um sich etwas zu trinken zu holen.
 

„Vielleicht wäre es das Beste, mit Hikaru Mann zu Mann zu reden?“, schlug Honey vor, bevor er einen Erdbeerkuchen erblickte, den Haruhi aus dem Supermarkt mitgebracht hatte. „Denk mal darüber nach!“, verkündete er noch, dann stürzte er sich auch schon auf die Süßigkeit.
 

Mori folgte ihm unschlüssig. Wusste wohl selbst nicht so genau, was er eigentlich wollte. Und wo war Kaoru wieder alleine. Für gewöhnlich würde er jetzt sein Ebenbild aufsuchen, um ein paar Kundinnen an ihrer Scheinliebe zu erfreuen. Doch heute war er nicht in Stimmung dazu.
 

Seufzend ließ er sich auf eine der gepolsterten Bänke nieder und nahm eine Tasse Tee an sich. In Gedanken versunken bemerkte er nicht, wie sich eine weitere Person zu ihm setzte. „Seit gestern bist du nicht mehr ansprechbar gewesen. Was ist los mit dir?“ Ein Arm legte sich um die Schultern des Jungen und zogen ihn zärtlich an den Körper des Anderen. Kaoru war klar wer das war. Kein anderer hatte die gleiche Stimme wie er selbst. Kein anderer fühlte sich genauso warm an wie er selbst. Es war Hikaru, der ihn in eine zärtliche Umarmung schloss.
 

„Hat es mit dem zu tun?“, fragte er vorsichtig. Kaorus Wangen färbten sich mit der Erinnerung sofort rot und am liebsten würde er sich ein wenig von seinem Zwilling entfernen, allerdings machte er keinerlei Anstalten. „Du hast nie gesagt, dass du das nicht willst...“, stellte Hikaru nüchtern fest und schaute dabei die Tasse an, die sein Bruder in der Hand hielt. „Aber Hikaru... Es ist doch ganz natürlich, dass man nicht einfach so angefasst werden will...“ Er machte eine kleine Pause. „Aber...“ Zögerlich hob er seinen Kopf und schaute in sein Spiegelbild.
 

„Aber vor allem nicht, wenn man vorher noch gesagt bekommen hat, dass sich der eigene Bruder ein Mädchen wünscht, das ist wie sein Zwilling.“ Hikaru schien zu verstehen. Oder vielleicht interpretierte er es auch anders, jedenfalls nahm er den Arm von seinem Bruder und ließ ihn wieder aufrecht sitzen. „Das heißt, du hättest es mit dir machen lassen, wenn ich dir nicht gesagt hätte, dass ich mir ein Mädchen zur Freundin wünsche, das ist wie du?“
 

Ganz leicht nickte der jüngere Zwilling darauf. „Ich mein, es hat sich... nicht falsch angefühlt. Und du hast dich angeboten... Und...“ Nun zog er es vor zu schweigen. „Sag mal...“ Hikaru räusperte sich.
 

Während ihres gemeinsamen Zusammenleben war es ihm schon öfter aufgefallen. Er hatte sich bloß noch nie getraut, Kaoru darauf anzusprechen. Es war nicht nur bei deren gemeinsamen Spiel für die Mädchen der Schule, sondern auch in anderen Bereichen. Wenn man Kaoru getrennt von seinem Bruder betrachtete, fiel es stärker auf. Die Art wie er ging, die Art wie er mit anderen Menschen umging, die Art wie er sprach... Es war nicht so, wie Hikaru es eigentlich erwarten würde. Es war mehr so, als würde sich Kaoru anders entwickeln als er selbst.
 

„Was ist...?“, hakte Kaoru nach, als nach einer Weile nichts weiter kam. Doch anstatt, dass Hikaru seine Frage endlich stellen würde, schüttelte er nur den Kopf. „Ach, es ist nichts...“, wehrte er ab und verschob damit das Gespräch auf wann anders. Sollte er nämlich falsch liegen, könnte es zu einem gehörigen Streit kommen und das war definitiv das letzte, was er wollte.
 

So stand Kaoru also auf und ging aus dem Raum und schließlich in den Garten der Schule, die man vom Fenster des Musikzimmers aus sehen konnte. Hikaru folgte ihm mit seinem Blick und bemerkte bald, wie sich ein Junge aus ihrem Jahrgang auf Kaoru zu bewegte. Die Beiden scheinen sich gut zu unterhalten, bestimmt kennen sie sich schon länger..., schoss es dem Zwilling durch den Kopf. Mit diesem fröhlichen Gesicht, mit dem er ihn begrüßt hat...?

Eifersucht...

„Du kommst spät.“, bemerkte Hikaru trocken, als sich die Tür zu deren gemeinsamen Zimmer öffnete.
 

Hikaru hatte bereits gebadet. War sowieso der Meinung, dass das gemeinsame Bad jetzt für die Beiden eher unwahrscheinlich war. Kaoru würde sich vermutlich viel zu sehr schämen, sich so sehr hingegeben zu haben.
 

„Ich war noch verabredet. Hatte ich dir nicht davon erzählt?“, meinte Kaoru, während er seine Tasche auf einen Sessel legte und begann, sich auszuziehen. „Mit wem?“, hakte Hikaru nach. „Ist das denn so von Bedeutung? Willst du auch noch wissen, was wir gemacht haben?“, erwiderte Kaoru leicht lachend. Doch er hielt inne, als Hikaru völlig kalt ein „Ja.“ von sich gab.
 

„Meinst du das gerade ernst?!“ Der nun nackte Kaoru schlüpfte in seinen Bademantel, in der Absicht, sich nun ins Badezimmer zu begeben, um sein Bad zu nehmen. „Ich war mit einem aus unserem Jahrgang was Essen, dann haben wir noch ein paar andere getroffen und sind zusammen in eine Karaoke-Bar gegangen.“ Hikaru schien das nun einigermaßen zufrieden zu stellen. Doch etwas gab es noch, das ihn wurmte. „Wieso durfte ich nicht mitgehen?“, fragte er. „Durfte...? Du hast nie gefragt.“
 

Hikaru stand von dem Bett auf, auf dem er bis eben noch gelegen hatte. „Wir haben doch bis jetzt alles gemeinsam gemacht. Wieso auf einmal ein Treffen in trauter Zweisamkeit?“ Kaoru verschränkte die Arme vor der Brust und schaute seinen Bruder fragwürdig an. „Er kam auf mich zu und hat mich gefragt, ob wir zusammen was Essen gehen wollen. Wenn er mich schon alleine aufsucht, wieso sollte ich dich dann mitschleppen. Es war ja wohl mehr als offensichtlich, dass er nicht uns beide haben wollte.“
 

„Wer ist dieser Kerl? Der von heute Mittag?“ Der jüngere Zwilling verstand nicht ganz. „Ihr habt euch doch im Garten der Schule getroffen.“ Jetzt ging ihm ein Licht auf. „Ja, genau der.“, bestätigte Kaoru. „Was ist das für einer? Mit einem Kerl verabredet man sich doch nicht zum Essen!“ Hikarus Stimme hatte einen bissigen Ton bekommen. Ihm schien es mehr als unrecht gewesen zu sein, dass sein Bruder sich ohne ihn mit irgendwelchen Leuten trifft.
 

„Meine Güte!“, seufzte Kaoru theatralisch auf. „Wir waren in einem Fast-Food-Restaurant in der Nähe, weil wir uns ein wenig unterhalten haben. Und falls es dir nicht entgangen ist, war es uns nicht möglich, uns einfach nur auf eine Bank zu setzen, denn es hat am Nachmittag - wie gestern schon - begonnen zu regnen.“, berichtete der Zwilling. „Und in eben dieses Restaurant ist auch die Karaoke-Gruppe gekommen, die uns gefragt haben, ob wir nicht mitkommen wollen. Und wir haben »Ja.« gesagt.“
 

„Dieser Kerl...“, begann Hikaru zögernd. „Was genau will der von dir?“ Kaoru seufzte erneut „Was genau willst du hören?“ Scheinbar ist das doch der Zeitpunkt zum Fragen, dachte Hikaru bei sich. „Hör mal... ich hab euch beide schön öfters zu zweit gesehen. Und du bist auch irgendwie... anders.“ Der Jüngere überlegte, schien aber nicht zu verstehen, worauf Hikaru hinaus wollte. „Du weißt schon, die Art, wie du dich verhältst. Wie du dich bewegst, wie du sprichst, wie du auf Berührungen reagierst... Explizit auf die von Männern – mich mal ausgeschlossen...“ Hikaru schwieg einen Moment. „Und auch die Tatsache, dass du mir nicht erklären konntest, auf was für einen Typ Frau du stehst.“
 

Kaorus Gesicht färbte sich rot. Weniger aus Scham über die Worte seines Bruders, sondern mehr aus Wut auf selbigen. „Versuchst du mich gerade als Schwuchtel ab zu stempeln?!“, brach es aus ihm wie ein Vulkan aus. „Nur weil ich mich ein paar Mal mit einem Klassenkameraden in der Schule getroffen habe? Nur weil ich dir nicht genau sagen konnte, was mein Typ Mädchen ist? Und was ist mit dir?! Warst du nicht derjenige, der mir – einem Mann – einen runter holen wollte?!“

Erkenntnis

„Was? Das hat er nicht ernsthaft gesagt, oder?!“, kam es entsetzt von Honey. „Doch...“, seufzte Kaoru, nachdem er Honey und Mori von den Geschehnissen in der letzten Nacht berichtet hatte. „Er wirft mir doch tatsächlich vor, ich sei schwul, nur weil ich mich mit einem aus unserem Jahrgang getroffen habe.“, wiederholte er ein weiteres Mal.
 

„Aber war er nicht derjenige, der...“, begann Mori, stockte aber dann, da er es nicht unbedingt aussprechen wollte. Der Zwilling verstand ihn aber auch so. „Das habe ich ihm daraufhin auch gesagt. Aber er schwieg darauf und ich habe es nicht mehr mit ihm in einem Zimmer ausgehalten...“ Kaoru seufzte erneut. „Und selbst wenn etwas Wahres dran wäre... wäre das doch sicherlich nichts, was er mir vorwerfen könnte...“
 

„Ist es denn...?“, setzte der Kleinwüchsige an. „Also, ich mein, magst du Männer...?“ Nachdenklich setzte sich Kaoru auf eine der gepolsterten Bänke und schaute zu seinen beiden Freunden. „Wenn es so wäre...?“, fragte er zögerlich. Honey zuckte mit den Schultern. „Sind wir Freunde, oder was?“, kam es fast schon empört. „Es wäre sicher ungewohnt, aber wie Mitsukuni schon meinte, wir sind Freunde.“ Ein sanftes Grinsen huschte über sein Gesicht, welches Kaoru Mut gab.
 

„Nun...“ Er zögerte einen Moment. „Um genau zu sein, bin ich mir selbst noch nicht ganz sicher...“, gab er zu. „Ich mein, ich habe schön öfters gemerkt, dass ich mich generell mehr zu Jungs hingezogen fühle, als zu Mädchen.“ Kaoru stand wieder auf und begann, unruhig im Klassenraum auf und ab zu gehen. „Deswegen habe ich mich ja auch öfters mit diesem Kerl aus unserem Jahrgang getroffen. Ich hatte irgendwie gemerkt, dass er etwas... etwas anderes will, als sich nur mit einem Klassenkameraden zu treffen.“
 

„Und? Wie war es?“, fragte Honey aufgebracht. Es schien ihn wahnsinnig zu interessieren, fast schon wie ein Liebesroman. „Ich kann nicht wirklich was dazu sagen. Klar, es war schon schön, aber... es war ja kein Date oder so und ich hege auch keinerlei solcher Gefühle für ihn...“ Kaoru seufzte und blieb an einem der Fenster stehen, um in das verregnete Draußen zu schauen. Mori trat an seine Seite und legte ihm die Hand auf die Schulter. „Gibt es denn jemanden für dich, für den du solche Gefühle hegst?“, fragte er vorsichtig.
 

Niedergeschlagen schloss Kaoru die Augenlider, atmete einmal tief ein und wieder aus. Er merkte, wie sich auf diese Frage hin ein dicker Klos in seinem Hals bildete. Eigentlich hätte er es schon lange merken müssen, aber scheinbar wollte er es einfach nicht wahrhaben. Es gab diese Person, doch er würde sie nie mit seinen Gefühlen erreichen können. Er war ihm einfach viel zu nahe, als dass man eine Liebesbeziehung aufbauen konnte.
 

Ein Glänzen machte Mori auf die Augen des Jüngeren aufmerksam. Bei genauerem Hinsehen fielen ihm die Tränen auf, die leise seine Wangen hinunterliefen. Mori wusste sich nicht zu helfen und auch keinen Weg, Kaoru zu trösten, also hielt er es am Besten, den Fuchsbraunhaarigen in seine Arme zu schließen. Dem Zwilling tat diese Berührung mehr als gut, denn fühlte er sich so verstanden und konnte eben sein, wie er war. Seine Tränen kamen nun in größeren Schüben und sein Körper begann zu beben.
 

Honey indessen kam sich ein wenig fehl am Platz vor. Er wusste nichts, was er tun könnte, um seinen Freund aufzuheitern. Erst wollte er ihm ein Stück Kuchen anbieten, aber wie er Kaoru kannte, würde er sich damit nur ein paar böse Sätze einholen. Auf leisen Sohlen verließ er also den Raum und lies die anderen zwei somit alleine zurück.
 

Doch hatte er nicht damit gerechnet, noch beim Schließen der Tür Hikaru auf der anderen Seite anzutreffen. „Wo ist Kaoru?“, fragte er ohne irgendeine Begrüßung. Honey fühlte sich ein wenig überrumpelt und konnte erst gar nicht darauf antworten. „Gestern seid ihr schon in diesem Raum verschwunden. Heute eben auch schon wieder. Was macht ihr mit ihm?!“ Hikarus Augen hatten ein böses Glänzen, welches Honey sogleich unwohl werden ließ. „Kaoru brauch auch mal Menschen mit denen er über Dinge reden kann, über die er mit dir nicht reden kann.“, erläuterte der Kleine.
 

Hikaru hatte genug. Wieso sollte Kaoru nicht mit ihn reden können? War er nicht sein Zwilling – sein Spiegelbild? Was könnte es denn geben, was man seiner anderen Hälfte nicht sagen könnte?!
 

Knurrend stieß er die Tür auf und trat in den halbdunklen Raum. Das Bild, was sich ihm bot, war nun alles anderes als normal. Sein Bruder lag weinend in den Armen von Mori?!

Streit...

„Halt einfach die Klappe!“ Kaorus wütende Schreie waren im ganzen Hitachiin-Anwesen vernehmbar. Stampfenden Schrittes versuchte er seinem Zwilling zu entkommen. Sein Ziel war das Zimmer, was er für eine Weile bezogen hatte.
 

„Bleib doch einfach mal stehen!“ Hikaru war sichtlich genervt von dem kindischen Verhalten seines Bruders. Wenn er was mit Mori hatte, wieso konnte er es ihm dann nicht sagen? Und einfach so traf man sich doch nicht in einem halbdunklen Raum zu zweit, um sich in die Arme zu schließen.
 

„Ich hab aber keine Lust mit dir zu reden! Mit dir kann man nicht reden!“
 

Bumm.
 

Kaoru hatte die Tür zu seinem Zimmer zugeknallt und von innen abgeschlossen. „Und jetzt lass mich in Ruhe!“, konnte man noch vernehmen, ehe Kaoru sich scheinbar auf sein Bett geschmissen hatte.
 

Hikaru wusste sich nun nicht weiter zu helfen. Er setzte sich auf den Boden vor Kaorus Zimmertür und wartete einfach. „Nun gut, wenn es das ist, was du willst...“, fügte er seiner Handlung hinzu. „Ich werde vor deiner Tür warten, bis der holde Prinz sich dazu entschließt mir mir zu reden.“
 

Keiner der Beiden weiß, wie viel Zeit vergangen war, als sich die Tür zu Kaorus Zimmer schließlich doch öffnete. „Komm rein, du Sturkopf.“, verlangte er. Hikaru gehorchte der Bitte ohne Worte, stand auf, ging in den Raum und setzte sich auf das Bett.
 

„Was genau willst du jetzt eigentlich hören?“, fragte Kaoru. „Was hast du mit Mori?“ War ja klar, dass diese Frage kommt, dachte sich der Jüngere. „Nichts.“, antwortete er. „Zumindest nichts in der Art, wie du es dir vielleicht vorstellst.“ Hikaru hob seinen Kopf, um in das Gesicht seines Bruders zu schauen, welches seines wie ein Spiegel reflektierte. „Mori hat mir lediglich ein Ohr geliehen und mich getröstet.“ Der Blick seines Bruders wurde fragend. „Wieso getröstet? Warst du unglücklich?“
 

„Es gibt halt auch Dinge in meinem Leben, mit denen ich nicht zu dir kommen kann.“, erklärte Kaoru. „Und...“, setzte der Ältere eine weitere Frage an. „Was ist nun... mit dem anderen Thema...?“ Kaoru ahnte, worauf er hinaus will. „Was interessiert dich das eigentlich?“ Hikaru stand auf und nahm seinen Zwilling bei den Händen. „Ich bin dein Bruder, ist doch klar, dass mich dein Leben interessiert!“
 

Kaoru senkte den Kopf. Irgendetwas an seinen Worten rührte ihn und seine Wangen bekamen einen leichten rosafarbenen Ton. „Und was ist mit dir? Wir sind doch Zwillinge, sind wir dann nicht auch in der Hinsicht gleich?“, fragte der Jüngere zögerlich, woraufhin Hikaru zu überlegen schien. „So genau habe ich mir darüber noch keine Gedanken gemacht.“, gab er zu. „Ich war viel zu sehr damit beschäftigt herauszufinden, ob du diese Neigung hast.“
 

„Und wie kamst du auf den Gedanken, mich... zu...“ Er konnte es nicht in Worte fassen. „Ich wollte es einfach.“ Hikaru selbst hatte keine wirkliche Erklärung dafür. „Vielleicht habe ich dich angelogen... Oder vielleicht auch mich selbst...“ Hikaru ließ die Hände seines Zwillings los, nur um ihn dann in eine Umarmung zu ziehen. „Vielleicht will ich ja gar kein Mädchen wie dich, sondern eher... dich alleine.“
 

Kaoru verstand nicht ganz. Oder vielleicht verstand er es schon, aber konnte es schlicht und einfach nicht wahr haben. Er selbst wollte doch nichts mehr als Hikaru in seine Arme schließen und ihn mit niemanden teilen müssen. Zwar hat er dieses Gedanken immer wieder beiseite geschoben, weil es einfach unmöglich für die Beiden wäre, aber er war immer präsent.
 

„Kaoru...?“, setzte der ältere Zwilling an. „Es wird nicht leicht sein, aber warum...“ Er traute sich kaum, es in Worte zu fassen. „Vielleicht könnten wir...“
 

Zum Teufel mit den Worten!, fluchte Hikaru innerlich und gab es auf, nach passenden Phrasen zu suchen. Kaoru schien dies zu merken, hatte aber augenscheinlich verstanden, was sein Ebenbild von ihm wollte, denn sein Gesicht näherte sich dem von Hikaru, bis sich ihre Lippen trafen und ein Kuss entstand.

Sehnsucht...

„Kaoru, wie lange brauchst du noch im Bad?“, fragte Hikaru drängend. Eigentlich ist es doch egal, ob ich reingeh, wir sind doch Geschwister, dachte er bei sich, als er die Badezimmertür öffnete.
 

Nun wusste er allerdings nicht, was er sagen sollte. Dass er seinen Bruder in der Dusche vorfinden würde, wunderte ihn nicht, immerhin hatte er an vorherigen Tag das Zimmer nicht mehr verlassen, geschweige denn die Tür, vor der Hikaru eine gefühlte Ewigkeit gesessen war, geöffnet.
 

Doch das, was Kaoru da tat, war definitiv nicht normal duschen. Er stand mit dem Rücken zu Hikaru, seine Vorderseite war einem in der Dusche angebrachten Spiegel zugewandt. Er stand da in leicht gekrümmter Haltung, seine Hände befriedigten sich selbst, während seine Lippen sein Spiegelbild unter Stöhnen wild küssten.
 

Hikaru blieb der Mund offen stehen, als er seinen Bruder so erregt sah, sein eigenes Spiegelbild küssend. Schnell, aber ohne irgendein verräterisches Geräusch zu machen, verschwand der Ältere wieder aus dem Badezimmer.
 

„Oh mein Gott!“, war das einzige, was ihm dazu einfiel. Moment, Spiegelbild?!, schoss es ihm durch den Kopf. War ich nicht genau sein Spiegelbild? Bedeutete das...?
 

Hikaru hatte sich in eines der anderen Badezimmer begeben und saß bereits am Frühstückstisch, als ihm auffiel, dass Kaoru immer noch nicht da war. Mit einem „Entschuldigung...“ erhob er sich vom Tisch und lief die Treppen zum Badezimmer hoch, um Kaoru zu suchen.
 

„Kaoru, bist du da drin?“, fragte er, als er an die Badezimmertür klopfte. „Ich komm jetzt rein.“, warnte er ihn noch, bevor er die Tür öffnete und eintrat. Kaoru war tatsächlich noch in dem Raum. Zusammengekauert saß er in der Dusche und vergrub sein Gesicht in den Knien, während das Wasser unabdingbar auf ihn herab fiel.
 

Der Ältere erschrak und eilte zu seinem Bruder. Fast schon grob erfasste er ihn bei den Schultern und zwang ihn, ihn anzusehen. „Was ist passiert?!“, rief Hikaru panisch aus. Kaorus Blick war leer und tränenreich. Allein der Anblick seines Bruders schnürte Hikaru das Herz zusammen. Mehr um nicht selbst anfangen zu weinen, aber auch, um Kaoru eine Art von Trost zu spenden, nahm er ihn in die Arme und streichelte ihm beruhigend über den Kopf.
 

„Was ist denn los...?“, versuchte Hikaru noch einmal seine Frage zu stellen. Leicht bewegte sich Kaoru, um die Umarmung seines Zwillings zu erwidern. „Ich...“, begann er. „Ich bin wohl... unglücklich verliebt.“, erklärte er. Hikaru erwiderte nichts darauf, sondern versuchte seinen Bruder dazu zu bewegen, aus der Dusche zu gehen.
 

Schlafend lag Kaoru in seinem Bett, neben ihm saß Hikaru und blickte besorgt auf seinen Bruder. Was war nur mit ihm los? Hatte der Kerl von neulich ihm etwa einen Korb gegeben? War Kaoru denn überhaupt in ihn verliebt gewesen? Und was hatte die Szene zu bedeuten, die er zufällig beobachtet hatte?
 

Ein schlaftrunkenes Murmeln zog Hikarus Aufmerksamkeit auf Kaoru und ließ seine Gedanken Gedanken sein. „Wieder wach?“, fragte er sanft und streichelte ihm über die Wange. Der Jüngere schien erst nicht ganz zu wissen, was passiert war. Er setzte sich langsam auf und schaute in die Augen seines Bruders.
 

„Habe ich...“, stotterte er noch etwas unsicher. „Habe ich irgendetwas blödes gesagt?“ Hikaru schüttelte den Kopf. „Nein, du hast nur gesagt, du seist unglücklich verliebt.“
 

„Ich habe dich weinend in der Dusche gefunden. Du hast keinerlei Anstalten gemacht, sich von dort wegzubewegen, sondern bist in meinen Armen eingeschlafen. Also habe ich dich in dein Zimmer getragen und ins Bett gelegt.“ Kaoru bemerkte, dass er scheinbar wirklich direkt aus der Dusche kam – sein Bett war an manchen Stellen feucht und sein Körper unbekleidet.
 

„Ich bin unglücklich verliebt...“, wiederholte er den Satz, den er zuvor schon einmal zu Hikaru gesagt hatte. „Ja, das stimmt...“ Der Ältere horchte auf. „Hat dir der Junge, mit dem du neulich weg warst, einen Korb gegeben?“, fragte er, woraufhin Kaoru den Kopf schüttelte. „Nein, mit dem hat das nichts zu tun... Es ist viel komplizierter.“
 

Er merkte, wie sein Verlangen immer größer wurde, sich an Hikaru zu schmiegen, ihn zu küssen und sich von ihm auch an anderen Stellen als dem Kopf streicheln zu lassen. Als er dann aber merkte, wie sich seine Hände ohne Erlaubnis auf die Schenkel seines Zwillings niederließen, mit der Absicht seinem Verlangen nach zu geben, zog er sich die Decke über den Kopf und bat Hikaru, sein Zimmer auf der Stelle zu verlassen.

Scham...

„Kaoru, wieso...?“ Zögerlich formte Hikaru diese Worte, nachdem er von seinem Bruder aus seinem Zimmer geschmissen wurde. Bis jetzt hatte er noch keinen Fuß in Bewegung gesetzt, schaute sein Ebenbild lediglich verwundert an.
 

„Wieso versteckst du dich vor mir?“, fragte er und zog vorsichtig an der Decke, um wenigstens Kaorus Gesicht wieder zu entblößen. „Was gibt es denn, was du nicht einmal mit mir besprechen kannst?“ Kaoru schüttelte wild den Kopf. „Es geht einfach nicht! Es geht nicht...“
 

„Ich werde dir auch keine Vorwürfe machen oder dich auslachen.“, versprach der Ältere. „Ich will doch einfach nur wissen, was mit dir los ist. Ich mache mir schlicht und einfach Sorgen um dich!“
 

Kaoru schien ernsthaft zu überlegen, ob er seinem Bruder davon erzählen sollte, aber wie könnte er? Wenn Hikaru von den abgründigen Geheimnissen beziehungsweise seinem Verlangen seinem eigenen Bruder gegenüber erfährt, wie könnten sie dann noch normal miteinander umgehen?
 

„Aber...“ Die Hoffnung hatte Kaoru allerdings noch nicht aufgegeben. „Es ist wirklich...“ Er schüttelte erneut den Kopf. Er schämte sich so sehr für seine Gefühle. „Nur Mut.“, flüsterte er dem Jüngeren zu und versuchte sich ihm erneut wieder ein wenig zu nähern, indem er ihm den Arm um die Schultern legte.
 

„Bist du dir sicher, dass du das willst?“, fragte Kaoru noch bevor er seinen Arm ablegen konnte. Sein Blick war zweifelnd. „Ich glaube nicht, wenn du weißt, was wirklich mit mir los ist.“ Hikaru zuckte mit den Schultern und legte seinen Arm ab. „Jetzt schieß schon los!“, forderte ihn auf.
 

„Du hast mich gefragt, ob ich auf Männer stehe. Ich habe es für mich selbst noch nicht endgültig herausgefunden. Aber ich bin eindeutig in einen Jungen verliebt.“, begann Kaoru mit seiner Beichte, woraufhin Hikaru ausnahmsweise nur stumm nickte. „Aber leider ist das nicht irgendein Junge, dem ich einfach meine Liebe gestehen und dann – vielleicht – mit ihm zusammen sein könnte. Denn...“ Der Jüngere atmete tief ein. „Denn dieser Junge ist mir leider viel zu nahe, als dass eine Liebesbeziehung möglich wäre...“, gab er beim Ausatmen zu.
 

„Zu nah...?“, fragte Hikaru nach. Er konnte zwar eins und eins zusammen zählen, allerdings nicht daran glauben. Die Tatsache, dass er in der Dusche sein Spiegelbild geküsst hat und dass ihm sein Schwarm viel zu nahe für eine Liebesbeziehung war, ließ doch nur einen Schluss zu.
 

„Herrgott, du wirst doch wohl verstehen, wen ich damit gemeint habe!“ Kaorus Stimme war schneidend. „So blöd kannst du doch gar nicht sein!“, warf er seinem Bruder vor. Er streifte sich die Decke von Körper und setzte sich über seinen Bruder. „Wer ist denn der einzige, der mit zu nahe ist und ich deshalb mit ihm keine Liebesbeziehung eingehen kann?“
 

Kaoru wartete nicht auf eine Antwort seines Bruders, sondern warf all seine Vernunft weg und berührte die Lippen Hikarus mit den seinen.
 


 

ENDE!!
 



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Kommentare zu dieser Fanfic (2)

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Von:  YuriUsagi
2012-06-12T22:15:44+00:00 13.06.2012 00:15
Neiiiin!! T__________T Das kann doch nich das Ende sein!! Die Story is so gut!!! Ich will bitte wissen wies weitergeht!!! Fortsetzung folgt? @.@ ( <- Hikaru x Kaoru Fangirl^^)
Von:  Chiochan
2010-12-29T20:44:45+00:00 29.12.2010 21:44
also bis jez find ich das toll x3
schreib schnell weiter *___*


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