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I hate that I love you

L x Light
von

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Krankheit

Kapitel 6: Krankheit
 

„Nun, Herr Yagami… Ihre äußeren und inneren Verletzungen sind soweit verheilt. Daher können Sie das Krankenhaus wieder verlassen. Dennoch muss ich Sie eindringlich warnen: Wir konnten immer noch nicht herausfinden, ob dieser seltsame Wirkstoff Veränderungen in Ihnen hervorruft und wenn ja, welche. Es mag in den letzten Tagen keine Vorkommnisse dieser Art gegeben haben, was aber nicht heißen muss, dass nicht doch irgendetwas passiert. Laut den Unterlagen von Ikagu dauert es etwa 40 Tage, bis sich der Wirkstoff im ganzen Körper bemerkbar macht, daher werden wir sie in ungefähr einem Monat noch einmal untersuchen. Sollten Sie bis dahin irgendwelche Veränderungen feststellen oder Beschwerden haben, kommen Sie bitte sofort her! Geben Sie auf sich acht!“
 

Die Worte des Arztes verfolgten Light sogar in den Schlaf. Seit dem Vorfall in dem geheimen Labor fiel es ihm ohnehin sehr schwer, Schlaf zu finden. Schuld daran war dieser Horrorwirkstoff, der ihm injiziert wurde. Er konnte den Gedanken nicht abschütteln, dass er auf grässlichste Weise mutierte oder eines qualvollen Todes starb.

Daher reagierte er auch dementsprechend panisch, als er dieses seltsame Stechen in seiner Brust zum ersten Mal spürte. Es kam in Schüben, unregelmäßig. Und es verursachte einen nie gekannten Schmerz in Light’s Brust.

Mit jedem Tag wurde der Schmerz schlimmer und schlimmer. Sein Appetit ließ mittlerweile nach, seine Konzentration ebenso. Zum ersten Mal, seit er denken konnte, hatte er in einem Test nicht die volle Punktzahl erreicht. Der Dozent hatte ihn zwar mit den Worten beruhigt, dass jeder mal einen schlechten Tag haben konnte, aber Light war sehr beunruhigt. War das schon ein Zeichen dafür, dass er sich veränderte? Nahm sein Intellekt etwa ab? Er musste Gewissheit haben!

Dass ein Dozent kurzfristig krank wurde, kam Light gerade recht. Er wimmelte Misa und Takada ab, die ihn beide - getrennt voneinander - fragten, ob er Lust auf ein Date habe, und suchte sofort den Dr. Ashimoto auf. Der hatte ihn, trotz vollem Terminplan, sofort untersucht. Nun saß Light nervös im Büro des Arztes und wartete auf die Ergebnisse. Er betete im Stillen darum, dass er nicht bald sterben möge – oder dass sich sein Verstand teilweise verabschiedet.

Nach einer quälend langen halben Stunde tauchte dann Dr. Ashimoto auf. Mit einem tiefen Seufzer ließ er sich auf den bequemen Chefsessel hinter dem Schreibtisch nieder und warf die Akte auf den Tisch.

Light schluckte schwer. „Und… Herr Doktor? Wie… wie schlimm ist es?“ stammelte Light ängstlich. Er rechnete mit dem Schlimmsten. Dabei waren die 40 Tage doch fast rum gewesen!

Doch was der Arzt ihm dann sagte, hatte Light wohl nicht erwartet. Ashimoto beugte sich vor, faltete die Hände zusammen und sagte ruhig: „Sie sind kerngesund, Herr Yagami.“

Light riss die Augen auf. „Wie bitte?!“

„Wir haben Sie gründlich untersucht und wir können nun endgültig sagen, dass der Wirkstoff keinerlei Schäden bei Ihnen verursacht hat. Sie sind offiziell kerngesund.“

„A- aber… es sind doch noch 7 Tage… Wie können Sie da jetzt schon sagen, dass…“ Light brach ab. Er konnte nicht fassen, was hier gerade passierte.

Dr. Ashimoto legte ihm beruhigend eine Hand auf den Arm. „Beruhigen Sie sich. Sicher, es sind noch 7 Tage Zeit, aber ich denke nicht, dass da noch etwas passiert. Auch wenn es 40 Tage dauert, bis der Wirkstoff sich voll entwickelt, müsste man dennoch jetzt schon etwas entdecken können. Sie sind gesund, glauben Sie mir ruhig.“

Light schüttelte nur den Kopf. „Das kann nicht sein…“, murmelte er nur, erhob sich und verließ umgehend das Krankenhaus.

Wenn er nicht krank war, was war denn dann mit ihm los?
 

Der junge Mann stand nun seinem Engel gegenüber. Gerade noch rechtzeitig hatte er sie erreicht. Sie wollte heute zurück gehen. Zurück in den Himmel. Ihre Mission hier auf Erden war erfüllt, jetzt wurde sie nicht mehr gebraucht, hatte Gott gesagt. Aber er irrte sich. Sie wurde gebraucht. ER brauchte sie.

Schwer atmend trat er näher an den Springbrunnen, vor dem sie stand. Sie trug ein traumhaftes rosafarbenes Seidenkleid, ihre blonden Haare schmückte eine Blumenkrone. Sie war so schön… Wären da nicht die großen, weißen Engelsflügel gewesen, er hätte sie immer noch für einen Menschen gehalten.

„Bitte…“, flüsterte er atemlos. „Bitte geh nicht fort. Meine Liebste, ich verspreche dir, ich werde für dich sorgen! Gott mag allmächtig sein, dennoch hat er nicht das Recht, dich mir zu entreißen! Bleib bei mir…“ Er berührte sie sanft an den Schultern, beugte sich zu ihr hinunter, um sie zu küssen…

Doch kurz, bevor seine Lippen die ihren berührten, drehte sich das Mädchen weg und rief: „Herr Regisseur, können wir die Liebesszene nicht streichen? Ich hab nämlich einen Freund!“

Der fette Mann mit Sonnenbrille und Baskenmütze warf den Kopf genervt in den Nacken und ließ sein Megaphon in den Schoß fallen. Dieses Mädchen trieb ihn noch zur Verzweiflung!

„Hör zu, Misa“, mischte sich Yosshi, Misa’s Managerin, ein. „Ich weiß, dass der Job als Schauspielerin dir einiges abverlangt, aber so ist das in der Filmbranche! Auch, wenn es dir nicht gefällt, du wirst dich fügen müssen.“

Hideki Ryuga, der Sänger, rieb sich müde die Augen. Weder er noch Misa Amane hatten jemals einen Film gedreht. Und für beide könnte dieser Streifen den internationalen Durchbruch bedeuten! Aber dieses schwierige Frauenzimmer stellte sich mal wieder quer. Ihretwegen mussten sie schon alle bisherigen Liebesszenen streichen, aber auf die hier konnten sie nicht verzichten! Wie sollten die Zuschauer denn sonst glauben, dass der Held und der Engel ineinander verliebt sind? Kapierte diese Diva das nicht?!

Misa warf ihre offenen Haare nach hinten und verschränkte die Arme vor der Brust. „Ist mir völlig egal, Yosshi!“, fauchte Misa, ihre grünen Augen blitzten arrogant auf. „Du bist meine Managerin, also sorg gefälligst dafür, dass meine Wünsche erfüllt werden! Entweder, diese blöde Kussszene wird gestrichen, oder ich drehe den Film nicht weiter, kapiert?! Ich werde jetzt in meinen Wagen gehen und mich kurz ausruhen und du kannst inzwischen das hier klären. Und du solltest besser erfolgreich sein.“

Hoch erhobenen Hauptes stolzierte Misa in den Wohnwagen, der als ihre Umkleidekabine diente, und knallte die Tür zu. Drinnen ließ sie sich auf die Couch plumpsen und warf die Engelsflügel in eine Ecke.

„Warst du nicht ein bisschen zu streng?“, erkundigte sich Rem.

„Ach was, Yosshi verträgt das“, winkte Misa müde ab und öffnete eine Flasche Cola-Light. „Ich finde diesen Film ohnehin total dusselig! So eine blöde Handlung, wer hat die sich bloß ausgedacht?! Mir doch egal, ob der Film fertig gedreht wird!“

Rem musterte Misa nachdenklich, was dieser natürlich nicht entging. Sie merkte es immer, wenn man sie ansah – sie genoss es, bewundert zu werden.

Zumindest in Rem’s Fall war der Grund für die Blicke nicht erkennbar.

„Was ist los, Rem? Du hast doch was auf dem Herzen.“

„Kann ich dich etwas fragen, Misa?“

„Klar.“

„Warum hast du Light dein Death Note gegeben?“

„Weil er es haben wollte, darum“, antwortete Misa schlicht und trank einen Schluck Cola.

„Aber warum tust du nur das, was er will? Du könntest dein Death Note für dich benutzen, stattdessen verwendest du es, um Light Yagami auf dich aufmerksam zu machen. Auch danach benutzt du es nur dann, wenn er es dir erlaubt. Und jetzt hast du es ihm auch noch übergeben!“

„Ich weiß nicht, was du willst! Solange ich mein Besitzrecht daran nicht aufgebe, werde ich meine Erinnerungen nicht verlieren. Das ist doch richtig, nicht wahr Rem?“

„Ja, das ist richtig.“

„Na also. Nach der Sache mit den Ikagu-Typen hatte Light Angst, dass L mir auf die Schliche kommt, wenn ich weiterhin Menschen töte und hielt es daher für besser, wenn ich ihm mein Death Note zur Aufbewahrung überlasse. Wäre ja echt blöd, wenn L hinter unser kleines Manöver käme, nachdem wir den Verdacht so erfolgreich von Light abgewandt hatten.“

Rem wandte sich von Misa ab, sah aus dem Fenster hinaus.

Misa musterte ihre Gefährtin nachdenklich. Eigentlich hatte sie Rem sehr gern, betrachtete sie als ihre einzige, richtige Freundin. Aber wenn es um Light ging, war Rem etwas zu besorgt. Wie konnte Misa ihr nur verständlich machen, dass sie Light liebte und sie sich keine Sorgen zu machen brauchte?

„Rem? Warum ist dir die Sache mit dem Death Note so wichtig? Ich weiß ja nicht mal, warum du es mir gegeben hast.“

„… Ich hielt es für richtig.“

„Woher hast du eigentlich das zweite Death Note her? Ich weiß, dass Ryuk sein zweites Death Note, das er Light gegeben hat, einem Todesgott namens Shidoh geklaut hat. Aber woher hast du meins? Hast du es auch gestohlen oder vielleicht jemanden dafür getötet?“

„Ich habe niemanden getötet. Ich war nur zufällig dabei, als ein Todesgott starb und hab sein Death Note an mich genommen.“

„Ich dachte, Todesgötter können nicht sterben.“

„Doch, können sie. Ein Todesgott stirbt… wenn er sich in einen Menschen verliebt.“

„… Das ist aber eine schöne Art zu sterben“, hauchte Misa beeindruckt.

„… Gut, ich erzähle es dir. Dein Death Note gehörte früher einem Todesgott namens Jealous. Jealous verliebte sich eines Tages in ein Menschenmädchen. Er beobachtete sie jeden Tag von der Welt der Shinigami aus. In jedem Moment ihres Lebens war er bei ihr. Und eines Tages… kam der Tag, an dem ihre Lebenszeit abgelaufen war. Ich wollte wissen, wie es passieren würde und gesellte mich zu ihm. Das Mädchen kam gerade von ihrer Abendschule, an der sie ihren Schulabschluss nachholte, da tauchte dieser Mann auf. Er hatte ein Messer bei sich. Er schrie sie an »Ich liebe dich! Ich will dich doch nur beschützen!«. Das Mädchen kannte den Mann aber nicht. Sie hatte Angst und floh. Der Mann verfolgte sie und bedrohte sie mit dem Messer. Und dann tat Jealous etwas, was uns Todesgöttern nicht gestattet ist: er schrieb den Namen des Mannes, der das Mädchen töten wollte, in sein Death Note. Wir Shinigami können mit unserem Death Note das Leben von Menschen verkürzen. Es zu benutzen, um es zu verlängern, ist uns nicht gestattet. Den Tod verhindern ist nicht möglich, jedenfalls nicht ohne Konsequenzen. Jealous starb sofort. Die Lebenszeit, die ihm noch geblieben wäre, wurde zu der Lebenszeit des Mädchens.“

Misa stellte ihr Glas ab. „Verstehe“, murmelte sie leise. „Dann war es also ein Todesgott namens Jealous… der mich damals vor dem Stalker gerettet hat.“

„Richtig. Du kannst dank Jealous weiterleben. Und da er sein Leben für dich gegeben hat, hielt ich es für richtig, dass du sein Death Note bekommen solltest. Daher… finde ich, du solltest nicht leichtfertig mit deinem neuen Leben umgehen… oder mit dem Death Note.“

Misa lächelte und stand auf. „Mach dir keine Sorgen. Ich weiß, was ich tue.“

„Aber…“

„Was auch immer passiert, ich kümmere mich nicht darum. Light wird mich beschützen, da bin ich mir sicher. Eigentlich… hätte ich ja schon längst tot sein sollen.“ Misa öffnete die Wohnwagentür und ging hinaus.

„Ah, Misa! Da bist du ja wieder! Dann können wir ja weiterdrehen!“ rief der Regisseur ihr zu.

Rem sah ihr nach, dann sah sie wieder hinaus aus dem Fenster.

Hast du wirklich dafür dein Leben gegeben… Jealous?
 

Zur selben Zeit tischte Sachiko ihren beiden Kindern das Abendessen auf.

Ihr Mann, Soichiro, war seit Tagen nicht zuhause gewesen, aber das war in der Vergangenheit schon öfters der Fall gewesen. Sachiko machte sich keine Sorgen deswegen.

Es gab auch Wichtigeres: Sayu, ihr kleines Kücken, hatte endlich ihren ersten, festen Freund.

Ein Jahr älter als sie war er und ging in ihre Klasse. Sie hörte gar nicht mehr auf, von ihm zu reden.

„Oh! Und… und an übermorgen, da kommt er zu meiner Geburtstagsparty. Dann lernt ihr ihn auch mal kennen!“

„Das ist schön, Sayu. Wir würden uns freuen, deinen Freund kennen zu lernen. Nicht wahr, Light?“

„Ja“, brummte Light mit vollem Mund und stocherte missmutig mit den Essstäbchen in seinem Essen herum.

Sachiko sah ihren Sohn überrascht an. „Aber Junge, was ist denn los?“

„Weiß ich auch nicht“, zischte Sayu verärgert. „Eigentlich hat er keinen Grund, sich zu ärgern. Schließlich hat er doch jetzt auch eine Freundin!“

Light stöhnte auf und knallte seine Essstäbchen auf den Tisch. „Bist du immer noch sauer auf mich? Es tut mir leid, das habe ich doch schon gesagt! Ich kann doch nichts dafür, dass Misa sich nur mit dir angefreundet hat, weil sie auf mich steht! Und nur zu deiner Information: sie ist NICHT meine Freundin! Ich mag sie nicht!“

Sayu wandte sich bockig von ihrem großen Bruder ab und aß weiter.

Wütend widmete sich Light wieder seinem Teller. Es war aber nicht das – berechtigte – Verhalten seiner Schwester, dass ihn so wütend machte, sondern die Enttäuschungen des heutigen Tages. Nachdem er Dr. Ashimoto’s Klinik verlassen hatte, besuchte er noch fünf weitere Ärzte, die aber alle dieselbe Diagnose verkündeten: Light war kerngesund.

„Shinji ist ja so süß!“, säuselte Sayu munter weiter.

Das konnte doch nicht wahr sein! Die konnten sich doch nicht alle irren!

„Wenn er lacht, hat er so zauberhafte Grübchen in seinen Wangen!“

Oder irrt er sich?

„Ich wuschle so gerne durch seine Haare…“

Aber was ist das dann für ein stechender Schmerz in seinem Herzen?

„Ich liebe es, wenn wir zusammen sind!“

Der Schmerz war ja auch nicht die ganze Zeit über da.

„Er gibt mir Halt, vertreibt all meine Sorgen und meinen Ärger…“

Eigentlich nur dann, wenn er Namen ins Death Note schreibt oder darüber nachdenkt…

„Shinji ist so anders, als alle, denen ich begegnet bin!“

Das waren doch nicht etwa Gewissensbisse?

„So habe ich noch nie gefühlt!“

Aber warum konnte Light dann keine Namen aufschreiben?

„Wenn er nicht bei mir ist… habe ich solche Sehnsucht nach ihm, dass mein Herz schmerzt.“

Moment mal… „Was?“ Light sah von seinem Teller auf und sah seine Schwester fragend an. „Dein… Herz schmerzt?“

„Ja. Das ist die Sehnsucht. Die Tatsache, dass er nicht bei mir ist, schmerzt mich. So ist das eben, wenn man verliebt ist. Kennst du das etwa nicht, Light? Du warst doch drei Jahre mit Romy zusammen! Dann müsste es dir doch auch so ergangen sein, wenn du sie nicht gesehen hast. Oder hast du sie etwa nicht geliebt?“

„Sayu! Sag so was nicht! Natürlich hat Light Romy geliebt! Und jetzt iss auf!“, schimpfte Sachiko.

„Hab doch bloß gefragt…“, nuschelte Sayu und schnappte sich ein Stück Fleisch von ihrem Teller.

Light starrte auf seinen Teller. Der Appetit war ihm gründlich vergangen.

Das konnte doch nicht die Antwort sein! …Oder etwa doch?

Noch Stunden später in seinem Bett konnte Light seine Gedanken nicht zum Schweigen bringen. Er lag hellwach unter seiner Decke und stierte die Zimmerdecke an.

Liebe…

War wirklich Liebe die Antwort auf sein Problem?

Das Gefühl, das Sayu vorhin beschrieben hatte, war haargenau das, was Light fühlte: Sein Herz schmerzte und er fühlte eine starke Sehnsucht. Doch wonach? Oder besser: nach wem?

Hatte er sich wirklich in jemanden verliebt, ohne es zu merken?

Doch es gab etwas, das Light noch mehr störte, als die Tatsache, dass er jemanden liebte, ohne zu wissen, wer es war. So, wie jetzt, hatte er noch nie empfunden – nicht mal bei Romy! Sie waren fast drei Jahre zusammen gewesen und seit dem Sandkasten befreundet, dennoch hatte Light nicht einmal so empfunden, wie er es jetzt tat.

Wenn er genauer darüber nachdachte, hatte er auch nie das Bedürfnis verspürt, mit Romy zu schlafen. Und nicht nur bei ihr war das so gewesen. Vor Romy hatte Light noch drei andere Freundinnen gehabt: Yuri, Shiho und Emi. Auch mit ihnen hatte Light nicht geschlafen, geschweige denn das Bedürfnis verspürt. Er hatte sie nicht einmal geküsst.

Romy war die erste Frau, die Light geküsst hatte – oder besser gesagt, war SIE es, die IHN geküsst hatte. Fast immer eigentlich. Und er hatte sich das gefallen lassen.

Nicht, dass Light generell keinen Sex wollte. Nur eben nicht mit diesen Frauen.

Die Erkenntnis, die sich zwangsläufig daraus ergab, war für Light ein schwerer Schock: Sayu hatte recht. Er hatte Romy nicht geliebt. Als seine beste Freundin, ja. Aber nicht als Frau.

Aber wenn das nicht Liebe war, wie man sie für eine Frau empfinden sollte, was sollte das Ganze dann? Warum war sie dann seine Freundin geworden? Warum hatte er seine Zukunft mit ihr geplant?

Light vergrub seinen Kopf in seine Hände. Seine ganze Welt stand auf einmal auf den Kopf. Seine Gefühlswelt war das reinste Chaos.

Was passierte hier nur?

„Light?“

Light ließ die Hände sinken und wandte den Kopf.

Takada saß neben ihm und musterte ihn besorgt.

Erst jetzt kehrte Light langsam wieder in die Realität zurück und registrierte allmählich, dass es mittlerweile Tag war und er sich in der Uni befand.

„Geht es dir gut, Light? Du siehst so aus, als hättest du große Sorgen“, flüsterte Takada.

Light schüttelte den Kopf und versuchte, zu lächeln. Mehr brachte er im Moment nicht zustande.

Takada spürte, dass das gelogen war, aber sie wollte ihn nicht zwingen, sich zu öffnen. Aufmunternd strich sie ihm über die Hand, dann widmete sie sich wieder der Vorlesung.

Light schielte unauffällig zu Takada rüber und überlegte, ob er vielleicht mit ihr schlafen würde. Sie war hübsch, ohne Zweifel. Aber die Vorstellung von ihnen beiden im Bett wollte Light einfach nicht gelingen.
 

Obwohl die Erkenntnis des Tages ihn völlig geschlaucht hatten, schaute Light nach der Uni noch bei dem Ermittlungsteam vorbei. Sein Vater hatte ihn heute Mittag angerufen und ihm mitgeteilt, es gäbe neue Erkenntnisse im Fall Kira.

Light fragte sich, worum es dabei wohl gehen könnte. Es war eigentlich nichts geschehen, womit er sich hätte verraten können. Misa’s Death Note befand sich in seinem Besitz, sie konnte also nichts angestellt haben. Vielleicht erschien es Ryuzaki einfach nur merkwürdig, dass Kira schon seit einigen Tagen keine Morde mehr begangen hatte.

Light betrat den Fahrstuhl des Hotels und fuhr in den fünften Stock hoch. Vor dem Zimmer hielt er kurz inne und betete, dass nichts Schlimmes geschehen war, dann klopfte er an und trat ein.

Ryuzaki, der in einem Sessel vor einem großen Bildschirm saß, drehte sich zu ihm um. „Ah, hallo Light! Da bist du ja!“

Light seufzte erleichtert. Ryuzaki’s Anblick fegte sofort alle Sorgen weg. Wie schaffte er das nur jedes Mal?

Er stellte seine Tasche auf der Kommode ab und trat näher an den Sessel. „Und? Was gibt es denn Neues?“

Ryuzaki nahm sich einen Teller mit einem Stück Erdbeertorte vom Tisch und inspizierte diesen wie ein Beweisstück. Dann nahm er sich die Kuchengabel und schaufelte die Sahne vom Kuchen. „Ich hab nicht oft mit dem japanischen Polizeisystem zu tun. Dafür bin ich sogar ganz froh. Dieser alberne Papierkrieg und diese ewigen Verzögerungen sind Gift für die laufenden Ermittlungen. Es hat drei Monate gedauert, bis wir die verdammten Videobänder von Sakura-TV ausgehändigt bekommen haben!“

„Drei Monate? Klingt nach einer Menge Papierkrieg und Nerven. Und? Was war drauf?“

„Nun, die ersten beiden Bänder kannten wir ja schon. Auf Band drei befand sich eine Nachricht für die Polizei von Japan. Darin wurden wir aufgefordert, mit Kira zusammen zu arbeiten. Kira 2 teilte uns auch mit, was geschehen würde, wenn wir eine Zusammenarbeit verweigern. Auf Band vier ist eine Botschaft an den ersten Kira. Er bittet um ein direktes Treffen mit ihm und dass sie sich dabei… ihre Shinigami zeigen könnten.“

Light schluckte. Misa!! Die spinnt wohl! Wie kann sie das nur verraten!

„Das war schon ein Schock für mich“, fuhr Ryuzaki fort. „Ich hätte nie gedacht, dass es die gibt… Aber dann kam ich auf die Idee, dass er mit »Shinigami« wahrscheinlich ihre Fähigkeit meint, Menschen ohne große Mühe zu töten. Aber das ist nicht weiter relevant. Viel wichtiger ist das, was die Videobänder uns noch verraten haben.“

Light zog überrascht die Augenbrauen hoch. „Das da wäre?“

„Wir haben Fingerabdrücke auf den Videobändern gefunden. Offenbar war der Typ, der sie abgeschickt hatte, nicht besonders clever.“

Fingerabdrücke also… Kein Problem. Misa hat mich bereits darüber in Kenntnis gesetzt.
 

Rückblick

Es war an dem Abend, als sich Misa als Kira 2 zu erkennen gegeben hat.

Light fiel etwas ein. „Was ist eigentlich mit den Videobändern, die du an den Sender geschickt hast? Da sind vielleicht Spuren zu finden, die auf dich hindeuten. Das war ganz schön leichtsinnig.“

„Mach dir da mal keine Sorgen. Da sind höchstens Fingerabdrücke zu finden. Und die sind nicht von mir. Selbst ich weiß, wie solche Dinge funktionieren. Die Fingerabdrücke sind von einer Freundin. Wir waren früher Nachbarn. Ich besuche sie manchmal in Osaka. Meine Freundin interessiert sich für okkultistische Dinge und so. Ich hab sie überredet, vier Videobänder an den Sender zu schicken, auf denen angeblich ein Geist zu sehen ist. Diese Bänder habe ich mit meinen Nachrichten überspielt und natürlich darauf geachtet, dass ich keine Spuren hinterlasse. Dann habe ich sie an den Sender geschickt.“

„Nicht schlecht. Aber dein Plan hat einen Haken: Kira 2 war an dem Tag des Festivals vor Ort. Wie willst du das erklären?“

Misa kicherte und stupste sich wissend gegen die Nase. „Keine Sorge. Meine Freundin arbeitet bei einem Caterer. Und der hat für das leibliche Wohl beim Festival gesorgt! Sie war also sehr wohl vor Ort! Na? Wie hat Misa das gemacht?“

Rückblick Ende
 

„Wie auch immer.“ Ryuzaki nippte an seinem Kaffee. „Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass Kira und Kira 2 längst Kontakt zueinander aufgenommen haben.“

Light war überrascht. „Wie kommst du darauf?“

„Hattest du nicht den Eindruck? Ich dachte eigentlich, du wärest auch zu dem Schluss gekommen. Als die Mitarbeiter von Ikagu von Kira getötet wurden, ist mir das klar geworden.

Wie hätte Kira die Namen der Mitarbeiter wissen sollen? Er konnte sie nicht kennen. Daher gibt es nur eine Möglichkeit: Kira 2 hat diese Menschen getötet. Nur er kann Menschen töten, indem er nur ihre Gesichter ansieht.“

„Wieso hätte er das tun sollen?“, warf Matsuda ein. „Kira 2 tötet doch nur weibliche Verbrecher; Verbrechen, in denen Frauen die Opfer sind oder Menschen, die Kira diskriminieren!“

„Genau das habe ich mich auch gefragt. Und es kann dafür nur einen Grund geben: Kira hat Kira 2 die Anweisung dazu gegeben. Vermutlich, um den Verdacht von sich abzulenken.“

Soichiro trat geschockt näher. „Ryuzaki, was soll das heißen? Wollen Sie damit sagen, dass Sie Light immer noch verdächtigen, Kira zu sein?!“

„Ich dachte, dass hätten wir hinter uns! Traust du mir immer noch nicht, Ryuzaki?“, fragte Light aufgebracht.

Ryuzaki rührte in seinem Kaffee. „Nein, Light ist nicht Kira. Das wünsche ich mir zumindest. Immerhin ist Light… der erste, echte Freund, den ich gefunden habe“, erwiderte er leise.

Light klappte die Kinnlade runter. Er hatte nicht mehr zu hoffen gewagt, dass sie beide noch Freunde werden würden.

Ryuzaki wandte sich zu ihm um und musterte ihn. Sein Gesicht war wie immer ausdruckslos, doch seine Augen schimmerten erwartungsvoll. Ob Light nach all dem noch sein Freund sein wollte?

Light schenkte ihm ein sanftes Lächeln, kam noch näher und legte ihm eine Hand auf die Schulter. Sofort spürte Light ein angenehmes Kribbeln im ganzen Körper. „Du bist auch ein sehr guter Freund für mich, Ryuzaki.“

„Danke.“

„Es ist schade, dass du nicht mehr in die Uni kommst. Du fehlst mir. Wir müssen mal wieder Tennis spielen.“

„Ja, auf jeden Fall. Das wäre schön.“

Ein paar Sekunden lang herrschte ein angenehmes Schweigen zwischen den beiden jungen Männern. Dann fiel Light ein, dass sie ja nicht alleine waren und er löste sich wieder von dem Meisterdetektiv. „Gut. Dann… verabschiede ich mich mal für heute. Wir sehen uns“, sagte Light hastig, schnappte sich seine Tasche und verließ verlegen das Hotel.
 

Das Gespräch mit Ryuzaki hatte Light richtig gut getan. Voller Elan machte er sich daheim an die Hausaufgaben. Namen ins Death Note schreiben wollte er aber auch heute nicht.

Nach einer Weile klingelte Light’s Handy. Es war Ryuzaki.

„Hallo. Was gibt es denn?“

„Sieh mal nach draußen.“

Light war verwirrt, schaute aber dennoch aus dem Fenster. Ryuzaki stand unten auf der Straße und sah zu ihm hinauf. Freudig legte Light auf und lief zu ihm nach draußen. „Hey, was machst du denn hier?“

„Ich muss unbedingt mit dir reden.“ Ryuzaki schien nervös. Er scharrte ständig mit den Füßen auf dem Boden. „Wegen dem, was du vorhin sagtest… meintest du das ernst?“

Light lächelte. „Klar. So etwas sage ich nicht einfach so.“

Ryuzaki wirkte immer noch unsicher. „Weißt du, ich… ich hatte noch nie einen Freund… und ich mag dich wirklich… aber wenn du mich nicht magst, dann…“

Sofort legte Light dem Älteren einen Finger auf die Lippen, damit dieser schwieg. Wieder verspürte Light dieses Kribbeln… „Sag jetzt nichts mehr…“ flüsterte Light, strich Ryuzaki ganz sanft eine Strähne aus dem Gesicht und küsste ihn zärtlich…

Das Klingeln des Weckers ließ Light hochfahren und beendete seinen süßen Traum.
 

~ Fortsetzung folgt ~



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Kommentare zu diesem Kapitel (5)

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Von:  emotional_chaos
2011-02-28T19:25:48+00:00 28.02.2011 20:25
Ich werde ab jetzt jeden tag reingucken ob du weiterschreibst
denn ich bin süchtig nach der story O~O
AUSSERDEM will ich auch dass die beiden sich näher kommen XD
logischerweise^^
naja, dass ich deinen stil mag, hab ich schon erwähnt. ....
hmmm ich finde dass du spannend schreibst, ich könnte fast nicht
aufhören zu lesen <3
Da ich ein riesiger L x Light fan bin freu ich mich dass es nicht
alles zu schnell geht. Denn ich hab es bei dem Paaring lieber wenn
es langsam geht oder sie sich auch z.B necken oder ärgern^^
*will mal erwähnt haben*
dass die beiden nicht gleich von heute auf morgen knutschen oder gar
im bett landen finde ich super, das regt zum weiterlesen an^^
was mich jetzt aber mega neugierig macht, wie es nach diesem Traum
weitergeht =D kann also ziemlich interessant werden~

das mal für heute von mir <3

Vivii
Von:  emotional_chaos
2011-02-27T20:25:49+00:00 27.02.2011 21:25
wahh!! <3
so suess, echt toller still
du schreibst super =)
deshalb hoffe ich dass es bald weiter geht!~
*will noch mehr lesen*
Von:  Ryuura
2011-02-22T18:38:17+00:00 22.02.2011 19:38
Weiste was? Ich poste jetz hier gleich nochmal, weil ich will endlich, dass die beiden sich näher kommen..... ;)

Oder vielleicht NOCH näher....? *__*

Aber nicht zu nah xD
Von:  Ryuura
2011-02-22T18:36:11+00:00 22.02.2011 19:36
WHUJUUUUUUU!!!!

Bin hergeflogen, von der einen FF zur nächsten, denn ich bin... Ryuzaki/L-SUCHTIIIIIII xD

Hach, nett wie er langsam seine "warme Ader" für sich entdeckt^^ Und die ganzen Besuche beim Doc, schlimmer als meine Oma :D
Das war doch mal ein herrlicher Traum, den ich mir so richtig vorstellen kann... Hab mir die Stelle 2x durchgelesen und ich glaub, ich flieg gleich nochmal rüber u tu's nochmal ;)

WUHUJUUUUU!!! *baibai*
Von:  Rajani
2011-02-02T20:44:02+00:00 02.02.2011 21:44
JUHU erste ^^

hach herrlich, das war so schön... wie du das beschrieben hast, wie er erkennt dass er romy eigentlich gar nicht so richtig geliebt hat, wie er immer gedacht hat... und wie ihm dann letztendlich klar wird... hach herrlich ^^

mach weiter, ich will mehr davon ^^

LG Raj*


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