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Unerwartete Versuchungen

von

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Der Umzug

"Hier, das ist der letzte.", sagte Yuka als sie Rin den vollgepackten Karton reichte. Unter dem Vorwand noch etwas an der frischen Luft bleiben zu wollen, blieb sie noch kurz vor dem mittlerweile leeren Umzugswagen stehen um Rin nachzuschauen: Ihre Hüfte neigte sich geschmeidig mal zur einen dann wieder zur anderen Seite, unter ihren seidigen, locker hochgesteckten Haaren konnte man einzelne Schweißtropfen ihren Nacken hinunterlaufen sehen. Sie war schlank, daher fielen ihre eher kleinen Brüste einem nicht so direkt ins Auge wie Yukas, dennoch waren sie wohlgeformt trugen sehr zu Rins Attraktivität bei.

Solche Gedanken hatte Yuka schon öfter gehabt, nicht nur in Bezug auf Rin. Sie liebte ihren Freund über alles, doch mittlerweile war sie sich bewusst, dass sie bi war. Bisher hatte sie niemandem davon erzählt, weder ihrer besten Freundin noch Daiki. Ihren Eltern erst recht nicht, die waren streng gläubig und hielten jede Form gleichgeschlechtlicher Liebe für eine Sünde. Religion - wieder so etwas wofür Yuka überhaupt kein Verständnis hatte. Wenn es wirklich ein höheres Wesen gab, dass sie alle liebte, warum passierten dann so schreckliche Dinge? Vieles hatte sie am eigenen Leib erfahren, sie war bereits in der Grundschule verprügelt worden. Es war sogar einmal so weit gekommen, dass man sie an einen Baum fesselte und mehrere Stunden auf sie einschlug, doch niemand hatte den Vorfall ernst genommen, "Es sind doch nur Kinder...". Zum Glück hatte Yuka Rin gefunden, ihre erste wahre Freundin. Die beiden hielten zusammen wie Pech und Schwefel und setzten sich für einander ein. Es schien Yuka noch fast wie gestern, dass Shun und seine Bande meinten Rin auf dem Schulhof rumschubsen zu müssen. Wie immer wurde es von jedem "übersehen" - bis auf Yuka. Sie konnte ihre Seelenschwester doch nicht solchen Bakas überlassen! Also ging sie dazwischen...

"Hey, was soll das?", Takeru war es nicht gewohnt bei seiner Arbeit unterbrochen zu werden, "Siehst du nicht das wir zu tun haben?", setzte Shun mit einem fiesen Lächeln hinzu. Das war genug, Yuka packte sich Takumi von hinten und schleuderte ihn zur Seite, der erste Platz im Kreis war freigeräumt. Sie ließ den Jungen keine Zeit die Lücke zu schließen und stellte sich selbst hinein. Eigentlich hätte sie sich jetzt Rin schnappen und verschwinden können, aber das ließ ihr Ehrgefühl nicht zu. Sie musste zumindest noch den Anführer besiegen. "Was machst du denn da?", schrie Rin als sie sah wie ihre Retterin auf Shun losging, "Hol mich lieber hier raus!" Doch Yuka stellte ihre Ohren auf Durchzug, sie war zu stolz um jetzt einfach abzuhauen. Es war die Zeit gekommen ein Zeichen zu setzen, wer ihre Freunde angriff sollte sich das beim zweiten Mal nicht mehr trauen. Ein angetäuschter Schlag aufs Kinn wurde zu einem festen Hieb in die Magengrube, der Shun niederschmetterte. Als sie ihr Vorbild sich auf dem Boden krümmen sahen, nahmen auch die anderen aus der Bande reißaus. Yuka verspürte den Drang noch einmal nachzutreten, doch sie hielt sich zurück, um Rins Willen. Rin war nicht für Gewalt, selbst wenn sie nur zu ihrem Schutz diente.

In ihren Erinnerungen schwelgend hatte Yuka völlig die Zeit vergessen, es war bestimmt schon eine Viertelstunde vergangen. "Yuka-cha~n!", hörte sie jemanden von drinnen rufen. Es war Katsumis Stimme. Sie hätten ihn sich am liebsten sofort geschnappt und in den noch leeren Medienblock gesperrt: er wusste, dass sie es hasste, wenn er sie chan nennt. Sie war zwar nach Makoto die größte der WG - aber auch die Jüngste. Rin durfte sie chan nennen, Daiki durfte sie chan nennen, und bei Makoto hatte sie meist auch nichts dagegen, aber NICHT Katsumi, schließlich war er doch derjenige von der Größe eines Gartenzwergs. Wobei Yuka übertrieb, Katsumi war locker so groß wie zwei Gartenzwerge. Die große gläserne Schiebetür stand offen und Katsumi erwartete sie schon, lachend. "Ich wusste, dass du so sofort kommst.", erklärte er ihr grinsend, dann drehte er sich um, lief ins Wohnzimmer und setzte sich zu den anderen auf die Couch. Als Yuka sich neben Rin setzte sagte Kouhei: "Wir haben deine Kartons schon in dein Zimmer gestellt, aber auspacken musst du sie schon selbst.", er lächelte. Yuka mochte dieses Lächeln. Warm und freundlich vermittelte es einem immer das Gefühl willkommen zu sein. "Mhm, danke... Mach ich morgen.", antwortete sie und gähnte gespielt, "Aber jetzt ist erstmal ausruhen vom Kartonschleppen angesagt." "Na dann, ab ins Bett mit dir!", das war Daiki. "Aber nur wenn du mitkommst.", erwiderte die Angesprochene und lächelte verführerisch. "Jetzt wo du's sagst", gähnte er, "werd ich auch ganz müde." "Das sieht euch beiden ähnlich, die Kartons sind noch nicht ausgepackt, schon denkt ihr nur noch an das eine!" Kouheis Einwurf brachte alle sieben zum Lachen.

"Okay, dann bleiben wir halt noch ein bisschen hier und helfen mit den Kartons, oder Schatz?", Yuka verstand sich gut darauf sich einer neuen Situation schnell anzupassen, dabei konnten ihre Meinungen und Launen sich übergangslos verändern. Daiki war davon genervt. Auch wenn er gerade noch mitgelacht hatte, hatte er sich eigentlich auf ein bisschen Spaß mit seiner Freundin gefreut. "Warum lässt sie sich nur so schnell umstimmen?", dachte er, "Es war doch schließlich ihre Idee." Seine Antwort jedoch war ein freundliches "Natürlich, Hun¹."

Als Rins und Yukas Blicke sich daraufhin trafen, war ihnen beiden klar, dass sie ihre Zimmer gemeinsam einrichten würden. Froh endlich wieder mehr Zeit miteinander zu verbringen stürmten sie sofort nach oben, um zuerst einmal Rins Zimmer einzurichten. Die Rufe der Jungs, dass man sich doch nicht so hetzen müsse, ignorierten sie dabei.

Makoto hatte mal wieder für seine Freundin gesorgt und ihre Kartons ganz allein direkt in ihr Zimmer, das letzte auf der rechten Seite, gestellt, ohne sich von den anderen helfen zu lassen. Yuka war ein bisschen eifersüchtig darauf, dass Rins Freund so fürsorglich war, aber das tat der Mädchenfreundschaft zwischen ihnen keinen Abbruch. Beim Schränke Einräumen tratschten sie ein bisschen, über neue Anziehsachen, die schicken Boutiquen in der Stadt, den glücklichen Umstand die Bakas aus der Schule loszusein - und natürlich auch über ihre Freunde und Sex. Nachdem sie alles zu ihrer Zufriedenstellung eingerichtet hatten und das Bett - aus für Yuka unverständlichen Gründen - pink bezogen hatten, war es schon später Abend; Die Jungs hatten nicht so lange gebraucht und sich schon wieder zum zocken ins Wohnzimmer gesetzt, die Kartons mit den Spielen waren einfach offen in die Gegend gestellt, sodass bei Bedarf darin herumgewühlt werden konnte.

Es blieb den Mädchen nicht mehr genug Zeit um auch das zweite Zimmer so schön einzurichten, also sparten sie sich das für den nächsten Tag auf und bezogen nur das Bett - pechschwarz, wie auch sonst? - bevor sie sich schlafen legten.
 

Nach etwa zwanzig Minuten klopfte es an Rins Tür. Als sie aufstand um zu öffnen, sah sie Yuka vor ihrem Zimmer stehn, Bettdecke und Kopfkissen in der Hand. "Ich kann nicht einschlafen.", sagte sie mit ihrem niedlichsten Welpenblick, "Kann ich bei dir schlafen?" "Klar, komm rein." Rin konnte Yuka keinen so simplen Wunsch abschlagen. Nachdem sie die Tür hinter ihrer Freundin geschlossen hatte, ließ Rin sich einfach auf ihr Bett fallen; mit der rechten Hand klopfte sie auf den freien Platz neben sich um Yuka zu signalisieren sie solle es ihr gleich tun. Als diese sich neben sie gelegt hatte umarmten sie einander. "Ich hab die Zeit mit dir vermisst", flüsterte Yuka. "Und ich die Zeit mit dir", erwiderte Rin.

Sie lagen bereits einige Zeit in dieser Umarmung, waren fast schon eingeschlafen, als ein seltsames Geräusch ertönte; eine Mischung aus Kettenrasseln und qualvollem Stöhnen, wie aus einem alten Horrorfilm. Rin zuckte zusammen. "Hey, was ist?" "Ich weiß nicht... aber... irgendwie macht mir das Angst.", Rin klang ehrlich beunruhigt. "Ach, die Jungs haben bestimmt nur vergessen die Konsole vorm Schlafengehn auszumachen, die spielen doch dauernd solche Horrorspiele." "Gehst du die eben aus machen? Bitte, sonst krieg ich kein Auge zu... Aber komm schnell wieder!" "Klar, bin gleich wieder da, Süße", nach wenigen Minuten stand Yuka wieder in der Tür, leichenblass "Da unten ist nichts an..." Noch während sie das sagte drehte sie den Schlüssel im Schloss um und nahm ihn heraus. Dann legte sie sich so eng neben Rin, dass sie den Atem der jeweils anderen spüren konnten und drückte sie fest an sich. "Jetzt hab ich auch Angst", flüsterte sie. Auf einmal bewegte sich etwas an der Tür, ein blasser Schemen kam ins Zimmer, jegliche physikalischen Gesetze missachtend. Mit weit aufgerissenen Augen richteten sich die beiden zukünftigen Studentinnen auf und starrten in seine Richtung - oder ihre, wie sie nach wenigen Sekunden feststellten. Es war eine Frau, altertümlich gekleidet und mit einer Ausstrahlung, die an ein verblichenes Gemälde erinnerte. Den Kopf hielt sie nach unten, so als würde sie auf die stachelige Kugel starren, die mit einer schweren Eisenkette an ihrem rechten Fuß befestigt war. Ruckartig blickte sie hoch, ihre Iriden waren leuchtend rot. "Frischfleisch", flüsterte sie mit einer Stimme, die ein wenig so klang wie das Kratzen von Fingernägeln an einer Schultafel. Plötzlich wurden ihre Augen wieder normal und sie murmelte mit trauriger und deutlich weniger grauenhafter Stimme: "Warum geb' ich mir eigentlich solche Mühe? Die können mich doch eh weder sehen noch hören... Aber sie gucken schon irgendwie entgeistert... Entgeistert hehehe"

Daraufhin räusperte sich Rin und nahm ihren ganzen Mut zusammen. "Weil... weil wir dich sehen können", sie schluckte schwer. Yuka saß mit offenem Mund da, unfähig auch nur einen Muskel zu rühren. "Ich bin begeistert!! Hihihi begeistert... aber das bin ich wirklich!", die unbekannte Gestalt begann zu Jubeln als hätte sie gerade den Nobelpreis gewonnen. Das gab Yuka Zeit sich wieder zu fangen. "Sag mir bitte nicht, dass du dein Leben... äh deinen Tod lang nach Wortspielen mit dem Wort Geist gesucht hast.", sagte sie in einem gespielt coolen und genervten Tonfall. Als Antwort darauf kicherte Rin: "Jetzt sag bloß, du findest ihre Witze nicht geistreich?", und fügte nach einem gereizten Blick ihrer Freundin mit gesenktem Kopf, aber immer noch lächelnd hinzu "'tschuldigung, hab mich irgendwie mitreißen lassen..."

Da Yuka ihre Überraschung mittlerweile komplett überwunden hatte, wandte sie sich an den Geist und fragte kess: "Wer bist du eigentlich?" Ihr Tonfall schien dabei hinzuzufügen "Und was zur Hölle hast du in unserem Haus zu suchen?!" "Ich bin Hisa." Kein Nachname, keine Erklärung warum sie ein Geist war oder aus welchem Grund sie in gerade diesem Haus ihr Unwesen trieb. Nur dieser eine Satz. Über diese Unverschämtheit sichtlich empört riss Yuka ihren Mund weit auf, doch bevor sie auch nur Luft holen konnte sagte Rin mit einem süßen, kindlichen Lächeln "Hallo Hisa!" und reichte der (Un)Toten die Hand. Hisa machte Anstalten sie zu ergreifen, doch sie fasste hindurch; Rin zuckte zurück. "Au, du fühlst dich ganz komisch an", sagte sie. "Lass mich auch mal", Yuka griff ungefragt durch Hisas Hand; auch sie zuckte zurück: "Das fühlt sich nicht einfach komisch an, das ist 'n Stromschlag. Bist du 'n echter Geist oder hat dich jemand irgendwie programmiert um uns zu verarschen?... argh du würdest ja so oder so sagen du bist echt..." Frustriert ließ sie sich nach hinten aufs Bett fallen. "Ach komm Yuka, sei nicht immer so misstrauisch. Wer sollte uns mit einem elektrischen Geist aufziehen wollen? Und vor allem wie? Die Technik heutzutage ist zwar weit, aber doch nicht so weit."

"Wenn es euch nichts ausmacht", mischte Hisa sich ein, "geh ich erstmal wieder. Hab schließlich ein paar Herzinfarkte zu planen." Mit diesen Worten wurden ihre Augen wieder blutrot und sie schwebte irre kichernd durch die Wand neben dem Bett.

"Whow, das war... krass." sagte Rin und ließ sich nun auch nach hinten fallen. "Naja, sie scheint aber cool drauf zu sein", schmunzelte sie dann.
 

¹) Abkürzung für den englischen Kosenamen Honey



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