Schattentanz
Es standen ihr mehrere Möglichkeiten zu Verfügung:
Erstens: Sie würde sich einfach in ihrem Haus verschanzen und sich nie wieder der Öffentlichkeit zeigen.
Zweitens: Aus Konoha ziehen und nie wieder ihre Freunde sehen.
Drittens: Den Uchiha einfach ignorieren¬ - Was natürlich nicht funktionieren würde, weil sie eben Sakura Haruno war und er ihre große Liebe.
…Eindeutig Vorschlag 1! Als alte Oma im Schaukelstuhl kleine Kinder erschrecken… Sie sah sich jetzt schon! Und sie fand Gefallen daran. ….Nein!
Sie musste endlich lernen, dass er nun wieder da war. Einfach da. Aber sie konnte damit nicht umgehen. All die Jahre hatte sie damit gelebt, dass er weg war, weit fort. Da war es einfach sich zu sagen sie liebt ihn und würde alles für ihn tun. Nicht, dass es jetzt nicht so wäre, nur es war so schwer. Früher hatte sie jedenfalls noch eine Hoffnung gehabt. Jetzt, ja jetzt wurde ihr klar, dass sie ihm nie nahe stehen würde. Zumindest nicht in der Realität. Schon alleine ihm zu begegnen kostete sie viel Mühe. Sie musste immer daran denken, dass er sie fast umgebracht hatte. Sie wollte ihn ja auch töten, aber sie konnte es nicht. Und hier fing das Problem an. So stark ihr Wille war, so konnte sie ihn einfach nicht umbringen. Sie könnte nie damit leben, ihn getötet zu haben. Ihn. Sasuke Uchiha. Die Person, die sie über alles liebte. Aber ihm… ihm schien es nichts auszumachen. Sie konnte sterben, ohne dass es ihn jucken würde.
Er könnte sie auch umbringen.
Schon eine ganze Weile versuchte sie ihm zu verzeihen und wieder vor Gesicht zu treten. Doch scheiterte sie, sobald sie in seine Augen sah. Sie träumte von diesen toten, blinden, hasserfüllten Augen. Die Augen so schwarz und kalt, sodass sie immer wieder ihren knappen Tod vor sich gespiegelt sah. Sie liebte ihn - das war Fakt. Sie hatte Angst vor ihm - das war auch ein Fakt. Es war zum Verzweifeln. Als Kind wollte sie immer bei ihm sein. Egal, wie oft er sie weggestoßen hatte, sie kam immer wieder. Nun jedoch, war die Grenze zu hoch und sie traute sich nicht sie zu überschreiten. Ihr Blick glitt auf die Mauer, die ihr genau gegenüber war. Sie war weiß und die Schatten der Bäume waren auf ihr gut zu erkennen. Es sah aus wie ein Tanz, ein Tanz zwischen Dunkelheit und Licht. Sie beobachtete das Spiel so gedankenverloren, dass sie nicht spürte, dass sie seit geraumer Zeit beobachtet wurde.
Schon seit er wieder im Dorf war, machte er sich Vorwürfe. Er hat versucht Sakura und seinen besten Freund umzubringen. Er hat versucht sein Heim zu zerstören. Und das obwohl es doch das einzige war, was er wollte - ein Zuhause. Ein Zuhause ist da, wo jemand ist, der an dich denkt. Das sagte Naruto zu ihm und es öffnete seine Augen. Sakura und Naruto waren unschuldig. Sie verdienten nicht, dass er mit ihnen so umging. Sie verdienten den Schmerz, die Trauer und das Leid nicht. Sie liebten ihn, sie waren all die Jahre sein Zuhause. Und sein Hass, ja sein Hass hatte ihn blind gemacht. Im wahrsten Sinne des Wortes. Er griff sich an seine Augen. Und musste bei dieser Ironie lächeln. Seine Augen?! Nein, es sind die Augen seines Bruders. Seine Augen waren im Hass verloren gegangen, sie waren blind vor Rache. Der Wind wehte. Und seine Aufmerksamkeit glitt auf eine Sakura-Blüte, die sich vor seine Sicht im Wind drehte. Er beobachtete sie und blieb an einer anderen Kirschblüte hängen. Da saß sie. Sakura. Sakura Haruno. Sie saß auf der Bank. Auf diese Bank hatte er sie gelegt, nachdem er sie niedergeschlagen hatte und er verschwand. Hier hatte sein Rachezug angefangen. Hier verließ er sein erstes Heim, das Herz von dem Mädchen, das ihn wirklich liebte. Und er spürte seine Brust zusammenziehen, als ihm bewusst wurde, dass er sie verloren hatte. Wie sollte sie ihn noch lieben können? Er hätte sie getötet. In seinem blinden Moment, wäre sie tot, wenn Kakashi oder Naruto nicht gewesen wären. Auch wenn er jetzt wieder sehen konnte, so war es unverzeihlich und sie hatte Recht ihm aus dem Weg zu gehen. Naruto konnte ihm verzeihen, aber Naruto war auch nicht so verletzt worden wie sie. Naruto war und blieb naiv. Er hatte ihm verziehen. Sakura war klug, emotional und könnte ihm unmöglich verzeihen.
Erst jetzt bemerkte Sakura den komischen Schatten an der Wand. Sie sah ihre Umrisse und dann die von Sasuke. Spann sie jetzt? Bildete sie sich jetzt schon ein, der Tanz von Licht und Dunkelheit, den die Blühten aufführten, galt ihr und Sasuke? Sie schüttelte den Kopf. Es war sinnlos. Aber sie sah sich den seltsamen Schatten an. Vor ihm hatte sie keine Angst. Diesen Schatten liebte sie. Sie stand auf und ging auf die Mauer zu. Ihre Hand strich über den rauen Putz, bis sie die Umrisse der Wange des Schattens erreichte. Dort verweilte sie. „Sasuke.“
Ein Schmerz durchfuhr ihn. Sakura… Sakura… Sakura…. Er wollte ihren Namen rufen. Aber er konnte nicht. Er sah ihre Pein, wenn sie ihn sah. Selten streifte ihr Blick ihn. Sie wich ihm aus, sie wich den Augen aus.
Der Schatten, der war surreal. Und in der Illusion, da könnte Sakura ihn lieben und er, er kann ihre Liebe erwidern. Aber die Realität erlaubte es ihnen nicht. Viel zu viel stand zwischen ihnen. Er streckte seinen Arm aus. Die Schatten umschlangen sich und verschmolzen zu einer schwarzen Fläche. Die Blüten tanzten den letzten Akt und gingen von der Bühne. Es stand sich nur noch ein Kontrast gegenüber. Schwarz und weiß. Dunkelheit und Licht. Sasuke und Sakura. Der eine Schatten teilte sich wieder in zwei auf. Sakura seufzte. Sie spürte die Wärme wieder entgleisen, die sie eben gefühlt hatte.
„Ich liebe dich.“
„Danke.“
Sie drehte sich um, doch im Geäst des Baumes war niemand. Eine Träne rann ihre Wangen herunter. „Sasuke-kun.“
Sakura… Sakura… Sakura… und schon wieder wollte er ihren Namen rufen. Doch vorerst musste sein Schatten reichen.
Sie drehte sich wieder zur Mauer. Und da kam der Schatten wieder zum Vorschein.
„Sprichst du mit mir, wenn ich die Mauer ansehe?“
Der Schatten nickte. „Sasuke?“ Wieder ein Nicken.
„Warum?“ „Blindheit?“
„Sasuke?“ Nicken.
„Setzt du dich zu mir?“ Sasukes Umriss verschwand und tauchte knapp neben ihrem auf. Sie spürte seine Präsenz. Sah zum Boden. Sie spürte Angst aufkeimen. Aber dann richtete sie ihren Blick wieder gegen die Mauer. Ihre Angst verschwand wieder. Sie sah einfach auf die Umrisse.
„So habe ich es mir immer vorgestellt.“ Sie wusste, dass er alleine nicht weiter auf ihre Äußerung einging, also erzählte sie weiter. „Ich habe mir immer eine Zukunft mit dir ausgemalt. Ich wollte immer bei dir sein. “ Sein Schatten verriet ihr, dass er seinen Blick abwendete. „Schau uns an.“ „Es tut weh.“ Sakura war erstaunt. Er äußerte Gefühle. „Sakura, wäre ich nicht so blind gewesen, ich schwöre dir, es wäre unsere Zukunft gewesen.“ Sie nickte. „Ich weiß, aber bitte sag es nicht.“
Wieder stiegen ihr die Tränen in die Augen. „Sag mir nicht, was deine Blindheit uns genommen hat.“
Er nickte. „Ich habe einen Fehler begangen.“ „Nein! Sasuke-kun, es ist kein Fehler gewesen. Ich mach dir keine Vorwürfe. Aber ich habe Angst. Ich habe Angst vor deinen Augen. Sie erinnern mich, wer du warst. Sasuke, wir wollten uns töten.“ „Sakura, du hast es nicht tun können. Dich trifft keine Schuld, ich hatte mich verloren. Ich habe mich verloren.“
„Sasuke.“
Und schon wieder Sakura… Sakura… Sakura…. Er wollte sie spüren, er wollte sie sehen. Nicht ihre Illusion, sondern sie. „Sakura?“ Nun nickte ihr Schatten. Sie sah, dass seine Gestalt sich zu ihr wendete. Er sah sie an. Und sie verspürte den Drang sich zu ihm zu drehen, hatte aber Angst. „Bitte… Sasuke, ich … ich… ach, egal. “ „Schließ deine Augen, wenn du Angst hast. Ich will dich nur mal wieder sehen. “ Sakura drehte ihr Gesicht, hatte dabei die Augen geschlossen und dann spürte sie seine Lippen auf ihren. Der sanfte Druck löste sich. Ihre Augen öffneten sich und sie sah in keine blinden, grausamen, kalten, tötenden Augen, sondern in die Augen, die sie geliebt hatte. „Deine Augen? Sie jagen mir keine Angst ein.“ „Es sind nicht meine, es sind Itachis.“
Es waren nicht Sasukes richtigen Augen, aber diese Augen hatten nicht verlernt zu sehen und zu lieben.