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Erijel

Stern von D'Hara
von

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Schwestern des Strafers

Ich ging einen der langen Gänge hinauf. »Du wirst sie in den Badesaal bringen, wenn du mit ihr fertig bist!«, herrschte ich die Heilerin an und betrat den edlen Marmor des von wohlriechenden Dunstschwaden durchzogenen Raumes. Meine Schritte hallten an den ebenen, makellosen Wänden wieder. Mit einem kalten Lächeln voller Vorfreude legte ich meinen Strafer an den Rand des Beckens und entledigte mich meiner Lederkluft, die einen Wimpernschlag später klatschend zu Boden fiel. Die Tür schlug auf.

Noch ehe ich in das Becken mit heißem Wasser gestiegen war, machte ich auf dem Absatz kehrt und sah mich mit tödlichem Blick in den Augen um. Bevor ich mich versah, schleuderte der Eindringling- eine Mord-Sith- den leblosen und Blut überströmten Körper der Heilerin vor die Füße. Wer wagt es , dachte ich und sah in das von Schatten verhüllte Gesicht meiner Schwester Tabrett, die in der einen Hand ihren Strafer hielt und in der anderen Erijel brutal an ihren langen Haaren hinter sich her zerrte.

»Du wirst sie sofort loslassen!«, zischte ich zwischen meinen Zähnen hindurch und mit einer tödlichen Ruhe in der Stimme.

»Sie gehört mir«, entgegnete sie mir, machte einen selbstgefälligen Schritt auf mich zu und riss dabei an Erijel's Haar, »sie hat schon immer mir gehört!«

Ich ignorierte ihre Blicke auf meiner nackten Haut und ging auf sie zu. Mit honigsüßer Stimme und einer Ruhe darin, die mich selbst erschaudern ließ, legte ich meine Lippen flüsternd an ihr Ohr:

»Sie gehört Master Rahl!«

Sie zog die Schultern hoch, warf Erijel mitsamt ihrer Kleidung ins heiße Wasser und sah sie herabwürdigend an.

»Nur eine weitere Hure!«, sie spie die Worte förmlich aus. Die Tatsache, dass sie sich der Gefahr nicht bewusst war, in der sie in diesem Augenblick schwebte, zauberte mir ein breites Grinsen ins Gesicht. Ich ließ sie nicht aus den Augen und begann in meinen Sachen zu kramen. Voller Genugtuung fuhr ich mir mit der Zungenspitze über die Lippen, als ich gefunden hatte, wonach ich suchte. Pures Entsetzen stand Tabrett ins Gesicht geschrieben als ich den metallenen Halsreif in die Luft hielt: das Rada'Han.

»Ich habe ihr vorhin das Rada'Han abgenommen, weil sie meine Schülerin ist und keine Novizin«, mein Lächeln wurde breiter, »sie hat mich darum gebeten ihr unsagbaren Schmerz zuteil werden zu lassen«

Das Entsetzen wich aus ihrer Mine und ein kaltes Lächeln umspielte ihre Lippen. Tabrett sprang ins Wasser und zog Erijel an ihren Haaren empor, noch bevor ich reagieren konnte und bohrte ihr den Strafer in den Rücken. Was ich dann sah, ließ mir das Blut in den Adern gefrieren. Als Erijel die Augen öffnete, begannen sie in einem strahlenden blau zu leuchten. In diesem Augenblick schien sie die Grundfesten der Welt zu ergründen. Ich spürte wie die Zeit an Bedeutung verlor, Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zu einer einzigen magischen Energie verschmolzen und die Geliebte meines Herren durchströmte. Dunkles Blut sickerte ihr aus Augen, Mund und Ohren. Der ultimative Schmerz. In einer Bewegung, die schwerelos und zeitlos zugleich war, erhob sie sich und packte Tabrett an der Kehle.

»Eure Zeit schwindet«, sprach sie mit kristallklarer Stimme, die mir fast den Verstand raubte, »bald schon wird Cara's Hand Euch den Tod bringen, Tabrett!«

Meine Augen waren vor Schrecken geweitet, ich konnte mich nicht rühren. Keuchend, zitternd und mit Schmerz verzerrtem Gesicht sank Tabrett vor ihr auf die Knie. Hatte Erijel sie gewandelt? , fragte ich mich und verwarf den Gedanken wieder. Sie wäre bereits tot gewesen. So etwas hatte ich noch nie zuvor gesehen. Erijel ließ von der wimmernden Mord-Sith zu ihren Füßen ab und ließ sie liegen.

Der Bann, der mich hielt, verschwand und ich eilte zu der Konfessor, die in diesem Augenblick dem Schmerz, den ich ihr deutlich ansehen konnte, erlag und reglos zu Boden fiel. Ich hielt sie in meinen Armen und strich ihr durch ihr weißes Haar. Was war da gerade geschehen?...
 

Reiß dich zusammen, Cara! , maßregelte ich mich. Ich war mir darüber im Klaren, dass eine Mord-Sith niemals etwas für jemand anderen empfand, schon gar keine Zuneigung, außer der Verbundenheit mit einer anderen Schwester des Strafers, doch aus irgendeinem, mir unbekannten, Grund sorgte ich mich um Erijel und entschloss mich dazu der Heilerin den Atem des Lebens zu schenken. Allein konnte ich mich unmöglich um Erijel kümmern, denn ich verstand mich nur im Schmerz. In diesem Moment wurde mir bewusst, dass ich Erijel's Beweggründe nun kannte. Ich verstand nun, warum sie sich mir, und nur mir, anvertraut hatte. Wie unvorstellbar musste der Schmerz für sie gewesen sein, noch bevor ich ihr beigebracht hatte ihn zu kontrollieren?

Ein freudiges und zugleich grausames Lächeln umspielte meine Lippen. Sie hatte gelernt einen Teil ihres Schmerzes auf Tabrett zu übertragen. Ich empfand beinahe so etwas wie Stolz.
 

Ich konnte mir nicht erklären, warum ich so lang auf einem schäbigen Stuhl neben Erijel's Bett Wache gehalten hatte, wahrscheinlich weil ich befürchtete Tabrett könnte wieder zu sich kommen und ihr etwas antun. Dann wäre auch mein Leben verwirkt. Lord Rahl würde mir die Haut bei lebendigem Leibe vom Körper schälen und mich seinen hungrigen Schlächtern als Nachtisch servieren, bevor er mich von einem Konfessor wandeln ließe. Das musste es gewesen sein, einen anderen Grund konnte es nicht geben.

Endlich schlug sie die Augen auf. Ich beugte mich zu ihr herab, strich ihr eine Strähne aus dem Gesicht und lächelte sie erleichtert an. Weinend richtete sie sich auf, schloss mich in ihre Arme- was ein äußerst befremdliches Gefühl in mir hervorrief- und flüsterte in mein Ohr: »Ich danke Euch, Ich stehe in Eurer Schuld«

Sanft küsste sie mich auf die Stirn, so wie Lord Rahl es schon so oft getan hatte und ich spürte, dass wir verbunden waren, beinahe wie ich mit meinen Schwestern. Verbunden im Schmerz.



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