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Erdbeertörtchen

von

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Ich lächelte ihn an und fragte mit einem Funkeln in der Augen: „Erdbeertörtchen?“ Er nickte und lächelte zurück. Meine Erdbeertörtchen waren die Besten.

Ich räumte nun das Geschirr in die Küche und kam mit zwei frischen Tellern zurück; auf jedem stand ein Erdbeertörtchen.

Ich stellte ihm den einen Teller hin und sagte sanft: „Ich habe sie extra für dich gemacht, Liebling, weil du sie doch so gerne magst.“ Und als ich mich gesetzt hatte, nahm er es in die Hand und biss genüsslich hinein.

Ich beobachtete ihn lächelnd. Es dauerte nicht lange, bis sich seine Augen und Pupillen weiteten. Er griff sich an den Hals, röchelte, hatte offenbar auch Schmerzen am Herz.

Mit weit aufgerissenen Augen glotzte er mich an, konnte nicht Atmen.

Dann glitt er langsam vom Stuhl.

Und ich begann den Tisch abzuräumen.

Es war seine Schuld gewesen. Ich hatte ihm die Chance gegeben alles zu beichten und meine Absolution zu erhalten, aber er hatte die Chance nicht ergriffen.
 

Es fing alles damit an, dass ich vor einem halben Jahr Lippenstift an seinem Hemdkragen entdeckte. Schlampig war versucht worden es herauszuwaschen und man sah es auch kaum noch, doch das geübte Auge einer guten Hausfrau, wie ich eine war, fand jeden Fleck.

Ich bleichte ihn heraus.

Mich störte nicht die Tatsache, dass er mich betrog – sollte er doch – mich störte es nur, dass er sich nicht einmal wirklich Mühe gab es vor mir zu verbergen.
 

Ich fand immer mehr Indizien.

Eines Nachts kam er beispielsweise nicht nach Hause, hatte mir zuvor aber nicht bescheid gesagt. Für gewöhnlich war das nicht seine Art. So rief ich also bei seinem Freund Nummer eins an: „Ja, hallo ich bin’s… Ich wollte fragen, ob mein Mann da ist.“

„Dein Mann? Ach so… Ja… klar, der ist hier. Hat er dir nicht bescheid gesagt? Das tut mir jetzt wirklich leid.“

„Ach so, in Ordnung. Könnte ich ihn denn bitte mal sprechen?“

- Schweigen am anderen Ende der Leitung –

„Hallo? Bist du noch dran?“ Dann endlich: „Ja… ja, ich bin noch dran… du kannst ihn allerdings grad nicht sprechen… der ist… grad noch mal zum Supermarkt gelaufen, um Bier zu holen…“

„Oh. Na dann sag ihm bitte einen Gruß von mir und dass er das nächste Mal bescheid sagen soll.“

„Jo, mach ich. Bis dann, ciao!“

„Ciao.“

Natürlich war er nicht bei Freund Nummer eins gewesen, so eine schlechte Ausrede! Als würde ich darauf hineinfallen!

Ich lächelte in mich hinein und wählte die Nummer von Freund Nummer zwei: „Ja, hallo ich bin’s… Ich wollte fragen, ob mein Mann da ist.“

„Ähm… jaa, der ist da…“

Immerhin hatte er loyale Freunde – und ich hatte meine Bestätigung.

„Kann ich ihn dann bitte kurz sprechen? Er hat nämlich vergessen mir zu sagen, wo er ist und wann er wiederkommt.“

„Oh, das ist jetzt blöd… Der ist nämlich grad auf dem Klo. Aber wahrscheinlich bleibt er über Nacht hier.“

„Na dann sag ihm bitte einen Gruß von mir und dass er das nächste Mal bescheid sagen soll.“

„Okay, wird erledigt. Wiederhören!“

„Wiederhören.“

Erneut stahl sich ein Lächeln auf meine Lippen.

Er konnte doch nicht einfach vergessen mir ein Alibi zu liefern.

Als er am nächsten Tag dann nach Hause kam, erzählte er mir, er sei zuerst beim Einen, dann beim Anderen Freund gewesen und hätte bei Nummer zwei dann übernachtet. Ich nickte und lächelte ihn an.

Er hielt mich wohl für ziemlich dumm.
 

Ein anderes Mal passierte es, dass ich auf seinem Handy anrief.

Es meldete sich eine Frau. Ihre Stimme klang jung, fast eher wie die eines Mädchens – so hörte sie sich also an.

Doch im nächsten Moment hörte ich schon seine Stimme fragen, wer da sei. Als ich mich meldete, erklärte er, dass es seine Sekretärin gewesen sei. Ich kenne seine Sekretärin – sie ist dreiundsechzig und hört sich auch so an.

Doch ich antwortete ihm: „Oh, ach so. Ich wollte dich nur eben fragen, ob du zum Abendessen Spargel willst.“
 

Vor einigen Monaten geschah es dann, dass wir zum Essen geladen hatten.

Es waren noch zwei weitere Pärchen. Eigentlich war er mit den Männern befreundet, ich hatte mit diesen Leuten nicht sehr viel zu tun.

Doch auch mir fiel auf, dass sie mir merkwürdige Blicke zuwarfen und sich insgesamt sehr verdächtig verhielten.

Er hatte also selbst ihnen davon erzählt.

Ich dankte es ihm, denn meine kleine Soiree war die reinste Katastrophe.
 

Dann passierte es, dass er morgens aufstand wie gewöhnlich.

Er ging ins Bad, duschte, rasierte sich, frühstückte, las Zeitung, gab mir einen Kuss auf die Wange und verließ das Haus.

Ich kann mich noch genau daran erinnern, denn er hatte an diesem Tag etwas zu viel Aftershave aufgelegt. Es roch herb; ich hatte es ihm ausgesucht.

Doch als er am Abend wiederkam und mich mit einem Kuss auf die Wange begrüßte, bemerkte ich, dass das Aftershave kaum mehr wahrnehmbar war. Stattdessen haftete nun der Duft eines Übelkeit erregend süßlichen Frauendufts an ihm.

Dachte er denn wirklich gar nicht nach?
 

Doch den Entschluss fasste ich erst vor zwei Wochen.

Es war ein Mittwoch. Wir saßen abends im Wohnzimmer und lasen, beide ein Glas Wein neben unseren Sesseln. Er griff gerade nach seinem und führte es an seine Lippen, da bemerkte ich, dass er seinen Ehering nicht trug.

Und in dem Moment kochte die Wut in mir hoch.

Sollte er mich doch betrügen! Die Lippenstiftflecken nicht vollkommen herauswaschen, zwei Alibis haben, behaupten, seine Sekretärin ginge an sein Handy, seinen Freunden die ganze Geschichte auftischen und vergessen, dass er nach ihrem Parfüm roch. Es war mir alles gleich!

Aber wie konnte er es wagen mich für so dumm zu halten? Mir fadenscheinige Ausreden aufzutischen? Meine Soireen zu versauen? Sich nicht einmal Mühe zu geben es zu vertuschen? Und dann auch noch seinen Ehering bei ihr zu vergessen?

Doch ich schluckte meinen Ärger hinunter. Ich würde ihm eine Chance geben.

„Wo hast du denn deinen Ehering, Schatz? Du wirst ihn doch nicht verloren haben?“ Ich lächelte ihn an, suchte den Zorn nicht zu zeigen.

Etwas irritiert sah er auf und dann auf seine rechte Hand.

„Oh!“, rief er aus. „Oh tatsächlich! Weißt du, heute bei der Arbeit habe ich aus Versehen etwas Saft verschüttet und der Ring war ganz klebrig… also habe ich ihn ausgezogen, gewaschen und zum Trocknen auf den Schreibtisch gelegt. Ich muss ihn wohl vergessen haben, tut mir leid.“

Mir tat es leid.

„Hast du mir eigentlich etwas zu sagen?“, fragte ich. Nun war seine Chance gekommen.

Er überlegte tatsächlich eine Weile, doch dann lächelte er nur, ergriff meine Hand, drückte sie und streichelte mit dem Daumen darüber. Er sah mir fest in die Augen und sagte: „Ich wüsste nicht, was ich dir noch sagen sollte.“

Am nächsten Tag hatte er seinen Ehering wieder.

Und ich erledigte einige Besorgungen; unter anderem Atropin.

Ich plante den ganzen Abend genau durch. Beim Abendessen würde ich ihn vergiften.

Beim Dessert.

Durch meine Erdbeertörtchen die er so sehr liebte.

Es war seine Schuld gewesen. Ich hatte ihm die Chance gegeben alles zu beichten und meine Absolution zu erhalten, aber er hatte die Chance nicht ergriffen.
 

♣♦♠♥
 

Ja, ich habe eine Affäre.

Aber es war nicht meine Schuld.

Eigentlich habe ich diese Affäre nur aus einem Grund angefangen. Ich wollte ihr Interesse an mir wieder wecken.

Sie ist die einzige Frau die ich je geliebt habe und je lieben werde, aber in der Zeit unserer Ehe scheint sie wohl das Interesse an mir verloren zu haben und ich dachte, wenn ich sie eifersüchtig mache, würde sie um mich kämpfen. Aber entweder bemerkt sie es nicht, oder es ist ihr einfach egal. Ich persönlich vermute, dass letzteres zutrifft, denn sie ist nicht dumm.
 

Vor ungefähr einem halben Jahr habe ich meine Affäre dazu gebracht, einen Lippenstiftfleck am Kragen meines Hemdes zu hinterlassen. Vor ihr habe ich mich natürlich furchtbar aufgeregt und ihr gesagt, dass meine Frau das auf keinen Fall sehen darf.

So ist sie brav gelaufen und hat versucht den Fleck auszuwaschen. Sie hat es an und für sich auch nicht schlecht gemacht, doch ich wusste, dass meine Frau es gewiss sehen würde. Dann würde sie mich darauf ansprechen, ich würde es leugnen und irgendwann würden wir uns anbrüllen und das wäre der Anfang für eine neue Leidenschaft in unserer Beziehung.

Doch sie sprach mich nie darauf an.
 

Eines Nachts blieb ich dann einfach bei meiner Affäre, ohne ihr etwas davon zu erzählen. Sie würde sicher stinksauer sein und fragen wo ich gewesen sei. Wir würden uns streiten und endlich zu einer Aussprache kommen.

Doch als ich am nächsten Morgen erwachte, hatte ich lediglich zwei neue SMS von zwei meiner Freunde. Beide sagten mir, meine Frau habe bei ihnen angerufen und dass ich die Nacht deshalb bei ihnen gewesen wäre.

Meine Frau hatte also bei beiden angerufen?

Dann musste sie doch Verdacht schöpfen!

Doch als ich nach Hause kam und ihr meine lächerliche Ausrede auftischte, da war alles was sie tat nicken und lächeln!
 

Ich musste also eindeutiger werden.

Ich hatte zweien meiner Freunde die Affäre gebeichtet und sie ein paar Tage später mit ihren Freundinnen zum Abendessen zu uns eingeladen – natürlich mit der Bitte meiner Frau nichts zu verraten.

Ich hatte mir extra die zwei mit dem reinsten Gewissen ausgesucht, denn ihnen würde man es gewiss ansehen, dass sie sich unwohl fühlten.

Und das tat man.

Doch als ich nachts neben meiner Frau im Bett lag, da sagte sie nur: „Schade, dass die Beiden sich so merkwürdig verhalten haben, es hätte ein netter Abend werden können.“

Ich seufzte.

Nicht einmal das fiel ihr auf.

War ich ihr wirklich so egal?
 

Ein anderes Mal passierte es, dass sie mich auf dem Handy anrief, während ich bei meiner Affäre war.

Es geschah eher spontan, aber sie griff nach meinem Handy – sie musste es verwechselt haben, denn wir hatten denselben Klingelton – und meldete sich. Ich nahm es ihr aber gleich aus der Hand und es war tatsächlich meine Frau die da anrief.

Erneut lieferte ich ihr eine sehr unglaubwürdige Ausrede und hoffte, dass sie diesmal nicht darauf hereinfallen würde, aber sie fragte mich nur, ob ich mit Spargel zum Abendessen einverstanden sei.

Als ich aufgelegt hatte, hätte ich vor Verzweiflung schreien können. Was sollte ich denn noch alles tun um ihre Aufmerksamkeit zu bekommen?
 

Eines morgens dann legte ich absichtlich etwas mehr Aftershave auf als gewöhnlich. Ich wusste, dass sie ein feines Näschen hatte und es bemerken musste. Doch sie sagte nichts dazu.

In meiner Mittagspause dann arrangierte ich ein Treffen mit meiner Affäre. Ich duschte danach und als sie dann im Bad war, holte ich ihr Parfüm aus der Handtasche, tat einen Tropfen davon auf meinen Finger und verstrich es an meinem Hals.

Bis zum Abend, wenn ich nach Hause kam, würde es sicherlich fast verflogen sein, aber sie musste es einfach bemerken!

Als ich dann heimkehrte, küsste ich sie wie gewohnt auf die Wange. Ich beobachtete ihre Reaktion und tatsächlich sah es für einen Augenblick so aus, als kräuselte sich ihre Nase ein wenig, doch dann war da wieder diese distanzierte Mimik zurück.
 

Nun musste ich drastische Maßnahmen ergreifen.

Ich machte wieder etwas mit meiner Affäre aus und nahm diesmal meinen Ehering ab.

Und als ich ging, zog ich ihn nicht wieder an.

Es war meine letzte Waffe. Ich würde ihn so lange nicht mehr anziehen, bis sie es bemerkte und ich ihr Rede und Antwort stehen musste.

Aber es dauerte diesmal gar nicht so lange wie ich gedacht hatte: Noch am selben Abend, als wir bei einem Glas Wein im Wohnzimmer saßen und lasen, bemerkte sie, dass mein Ehering fehlte.

Diesmal erzählte ich ihr eine wirklich abwegige Ausrede. Und die würde sie niemals glauben! Ich erzählte ihr einfach, ich hätte Saft darüber verschüttet, hätte ihn gewaschen, weil er klebrig gewesen sei und ihn dann zum Trocknen auf meinen Schreibtisch gelegt.

Das konnte sie nicht glauben!

Kein normaler Mensch legte seinen goldenen Ehering zum Trocknen auf den Schreibtisch im Büro und vergaß ihn da!

Doch ihr Gesichtsausdruck blieb kühl.

Es interessierte sie wirklich nicht.

In dem Moment fühlte ich mich wie gebrochen.

Aber ich fasste einen Entschluss. Ich würde die Affäre beenden. Dann würde ich eben den Rest meines Lebens neben ihr verbringen. So war es nun einmal.

Doch da fragte sie mich: „Hast du mir eigentlich etwas zu sagen?“

Ich überlegte einen Moment. Das war die Frage, auf die ich seit einem halben Jahr, seit dem Beginn meiner Affäre gewartet hatte. Doch nun war es zu spät und es schien sie auch vollkommen kalt zu lassen. So lächelte ich sie an, ergriff ihre Hand, drückte sie und streichelte mit dem Daumen über ihre zarte Haut. Ich sah ihr fest in die Augen und sagte: „Ich wüsste nicht, was ich dir noch sagen sollte.“
 

Das war nun zwei Wochen her. Die Sache mit der Affäre hatte ich beendet. Ich hatte mich meinem Schicksal ergeben.

Wir saßen gemeinsam beim Abendessen und hatten gerade aufgegessen, da lächelte sie mich an und fragte mit einem Funkeln in den Augen: „Erdbeertörtchen?“ Ich nickte und lächelte zurück. Ihre Erdbeertörtchen waren die Besten!

Sie räumte nun das Geschirr in die Küche und kam mit zwei frischen Tellern zurück; auf jedem stand ein Erdbeertörtchen.

Sie stellte mir den einen Teller hin und sagte sanft: „Ich habe sie extra für dich gemacht, Liebling, weil du sie doch so gerne magst.“ Und als sie sich gesetzt hatte, nahm ich es in die Hand und biss genüsslich hinein.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  dasy
2023-03-18T06:49:45+00:00 18.03.2023 07:49
Und ich sage es immer wieder: Redet miteinander, nicht über einander!
gefällt mir, die Geschichte, sie liegt so nah am echten Leben.
Schönes Wochenende, Dasy
Von: abgemeldet
2010-08-11T12:28:12+00:00 11.08.2010 14:28
Soooo da melde ich mich mal, mit einem neuen Acc. Und ja ich bin endlich mal zum Lesen gekommen xD zu aller erst...Super Titel, ich dachte erst "öh, was dat denn?!" dann gelesen und dachte "geil!" xD Top story, super erzählweise (gerade aus beider sichten) und joa...nix zu meckern, nä =D xD


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