Verbot...
„Er ist der Kronprinz!“, erzählte Teana aufgeregt, als sie wieder zuhause angekommen war.
„Wer ist was?“, fragte Taisa verwirrt.
„Teana hatte gestern einen kleinen Zusammenstoß mit so einem Typen. Er war wohl recht niedlich und Teana wollte ihm unbedingt helfen, weil es ihm nicht gut ging“, erklärte Athala kurz.
„Wie hast du herausgefunden, dass er der Kronprinz ist?“, wollte Kiki wissen.
Teana grinste.
„Ein Verwandlungstrick“, sagte sie nur.
„Ich bin ihm gefolgt und er hat mich praktisch aufgenommen“
„Wie bist du denn auf diese Idee gekommen?“, fragte Athala nach.
„Nun ja, ich dachte mir, wenn ich ihm als Mensch nicht helfen kann, so kann ich es vielleicht als Tier“.
Teana freute sich immer noch sehr, denn sie hatte den ganzen Mittag mit Atemu verbracht und er hatte ihr allerlei Dinge erzählt und sich mit ihr beschäftigt, wenn er nicht arbeiten musste.
„Du wirst ihm gar nicht helfen! Du wirst dich von ihm fernhalten!“, riss Taisa Teana plötzlich aus ihren Träumen.
Die Art wie sie es sagte lies die Mädchen sofort aufmerksam werden. Es war ein Befehl gewesen und ein sehr Energischer noch dazu. Auf jeden Fall war klar, dass Taisa solch einen Ton nicht oft anschlug.
„Wieso?“, war das erste, was Teana dazu einfiel.
„Weil ich es so sage!“
„Aber…“
„Keine Diskussion mehr Teana! Setz dich und iss etwas!“
Widerwillig tat Teana das, was man ihr sagte.
„Kätzchen? Wo bist du? Hallo?“
Atemu verstand die Welt nicht mehr. Er war doch bloß zu einer Besprechung gegangen und als er wieder gekommen war, war die kleine schwarze Katze verschwunden gewesen.
Atemu kratze sich am Kopf und sah sich um. Dann lies er sich auf sein Bett fallen und seufzte tief.
„Dann hattest du wohl doch jemanden, der auf dich gewartet hat“.
„Ich verstehe das einfach nicht! Warum soll ich denn nicht zu ihm“
„Taisa wird schon ihre Gründe haben. Sie hat immer ihre Gründe“, entgegnete Athala und wandte sich wieder ihren Aufgaben zu.
„Dann soll sie sie mir doch verraten“.
„Du hast sowieso keine Wahl. Wir müssen immer tun, was Taisa sagt, schon vergessen?“, steuerte Kiki bei.
Teana ließ sich auf den Stuhl fallen und seufzte.
„Das weiß ich doch. Es ist nur… Ich spüre, dass er meine Hilfe braucht, versteht ihr?“
„Deshalb kannst du es trotzdem nicht ändern“, gab Athala zu bedenken.
„Mana, hast du hier vielleicht eine kleine schwarze Katze herumlaufen sehen?“
Atemu blickte Mana hoffnungsvoll an.
„Klein schwarze Katze? Nö! Wieso denn? Vermisst du eine?“
„Kann man so sagen“.
„Soll ich dir beim Suchen helfen?“
„Nein, danke. Ich gebe es jetzt sowieso auf. Sie ist wahrscheinlich wieder zurück zu ihrem Besitzer gegangen“.
Mana merkte, dass Atemu sich leicht traurig anhörte. Sie wusste ja auch nicht, dass er die kleine Katze in den paar Stunden, die sie bei ihm gewesen war, sehr lieb gewonnen hatte. Er hatte gemerkt, dass er ihr alles erzählen konnte. Sie verriet nichts weiter und verstand ihn. Jedenfalls meinte Atemu das. Sie sah ihn immer so verständnisvoll und sanft an.
„Ich kann dir eine eigene Katze besorgen“, schlug Mana vor.
Atemu lächelte. Es war wieder ein Versuch seiner besten Freundin ihn aufzumuntern.
„Nein, Mana. Schon gut. Aber danke“.
„Dann eben nicht. Aber dafür lenk ich dich jetzt ein bisschen ab. Komm, wir gehen zum See“.
Ihr Stimme lies kein Nein zu.
Als Atemu an nächsten Morgen erwachte erschrak er fürchterlich. Da saß doch tatsächlich ein kleiner schwarzer Klumpen auf seiner Brust und sah ihm mit zwei großen blauen Augen an. Atemu atmete hörbar aus, als er erkannte, dass es sich um die kleine Katze handelte.
„Was machst du denn hier?“, entkam es ihm.
Er nahm sie in die Hände und setzte sie ein Stück zurück, damit er sich aufsetzen konnte. Dann lächelte er und strich der Katze über den Kopf.
„Ich dachte schon, du wärst einfach so gegangen, ohne dich zu verabschieden!“, sagte er. Als wollte sie Antwort geben schmiegte sie sich in seine Hand und schnurrte genüsslich.
„Du lässt mich also nicht allein?“
„Miau!“
„Das ist ein Versprechen oder?“, lachte Atemu.
Aufmerksam sah sie mit großen Augen in die seinen.
„Wenn du jetzt öfter vorbei kommst, dann muss ich dir einen Namen geben. Ich kann dich ja nicht immer Kätzchen nennen! Was hältst du von…“
Atemu dachte einen Moment nach.
„Was hältst du von Teana? Ist doch ein schöner Name, oder nicht? So hieß das Mädchen das ich einen Tag getroffen habe bevor du mir hinterher gelaufen bist. Ihr habt beide so tiefe blaue Augen und ich finde es ist ein schöner Name. Geht das in Ordnung, wenn ich dich Teana nenne?“
„Miau!“
„Also abgemacht!“
Atemu lächelte Abermals und hielt ihr die Hand hin. Es wurde ihm gerade bewusst, dass er mit einer Katze sprach, als diese ihre Pfote erhob und versuchte damit Atemus Hand zu fangen. Es war wie, als hätte die Katze eingeschlagen und Atemu wunderte sich, wie menschlich ein solches Tier doch wirken konnte.
„Na komm, Teana“, sagte er schließlich.
„Ich hatte schon wieder einen Alptraum. Von dem Krieg, von dem ich dir erzählt habe, weißt du? Und jetzt bin ich ganz verschwitzt und muss unbedingt baden. Kommst du mit?“
Ohne eine Antwort zu erwarten nahm er sie hoch und lies sich von den Bediensteten Badewasser einlassen. De kleine Katze setzte er vor dem Steinbecken ab, in das er stieg, nachdem er sich ausgezogen hatte.
„Willst du auch herein kommen?“, fragte er und lachte, als Teana die Pfote ins Wasser hielt und doch gleich darauf zurückschreckte.
„Magst wohl kein Wasser, oder?“, meinte Atemu und beobachtete wie Teana anfing mit der Seife zu spielen. Diese flutschte ihr immer wieder weg und der Kronprinz amüsierte sich köstlich über sie.
„So verspielt war ich auch einmal. Aber weißt du, irgendetwas hat sich in mir verändert“
Auf einmal wurde Atemu ernst und sah an die Decke.
„Ich weiß, dass ich darüber hinweg kommen kann. Ich könnte es einfach so hinnehmen. Aber würde mich das nicht zu einem schlechten und grausamen Menschen machen, wenn ich einfach so über diese Ereignisse hinweg sehen würde? Wenn ich die Alpträume verschwinden lasse, was wird dann aus mir? Ich möchte kein grausamer Mensch werden!“
Teana hatte aufgehört mit der Seife zu spielen und saß nun bei Atemu, hörte ihm aufmerksam zu.
Atemu holte seine Hände aus dem Wasser hervor und sah sie sich an.
„Können diese Hände, die so grausam getötet haben, je wieder sanft sein?“
„Miau“, machte Teana.
Es war ein wehmütiger Laut und Atemu streckte seinen Arm aus, um sie zu streicheln.
Sofort schnurrte Teana, sah ihn aber dabei an. Plötzlich traf es Atemu wie ein Blitz. Diese kleine Katze hatte ihm eben klar gemacht, dass er doch schon die ganze Zeit zärtlich war. Zu ihr. Teana konnte nun wirklich nicht von der Grausamkeit seiner Hände zeugen! Sie war der Beweis, dass Atemu noch menschlich war. Und dass er es immer bleiben würde, denn sein Herz würde immer dasselbe sein.
Es würde immer das Herz sein, das Teana so gern hatte. Das Herz, indem sich Atemus Vater und seine Freund befanden. Egal wie grausam er sein würde. Er hatte doch immer einen Rückhalt. Alle waren da und würden ihn immer Unterstützen. Außerdem würden ihn die anderen niemals unmenschlich werden lassen.
Jetzt erst verstand der Kronprinz, wie wichtig seine Freunde waren, wie sehr er sie liebte. Jeden von ihnen, wenn auch auf verschiedene Weise.
Und plötzlich verstand er, dass Grausamkeit manchmal zu seinen Aufgaben, als Kronprinz gehörte, die Liebe aber, war seine Natur.
Wie gebannt starrte Atemu die kleine Katze an. Wie konnte ein so kleines Tier ihn zu einer solch überragenden Erkenntnis bringen? Oder war das alles nur Zufall gewesen?
Wie auch immer, es war passiert.
„Danke!“, flüsterte Atemu Teana zu und stieg aus dem Becken um sich anzuziehen.
Mana wartete schon in seinem Gemach auf ihn.
„Hi. Du, ich soll dir das hier von Mahado bringen“, erklärte sie und legte einige Papyrusrollen auf den Tisch.
„Sollst du fertig machen. Und… Noch irgendetwas. Aber das habe ich schon wieder vergessen. Tut mir leid!“
Betroffen sah sie zu Boden. Sie schalt sich nutzlos. Wieder einmal hatte sie nicht richtig zugehört und die Hälfte vergessen. Atemu war bestimmt sauer auf sie.
„Danke, Mana. Ich frage Mahado nachher selbst“.
„Du bist nicht sauer auf mich?“
„Wieso sollte ich das sein?“
„Weil du schon genug Arbeit hast und ich so dumm bin und wieder alles vergesse! Ich bin einfach nicht zu gebrauchen“, leierte sie die Vorwürfe herunter, die Atemu ihr schon unzählige Male gemacht hatte.
„ Unsinn, Mana. Du bist meine beste Freundin und ich danke Amun, das es dich gibt!“, erwiderte Atemu und als Mana ihm in die Augen sah, sah sie, dass seine Worte ehrlich gemeint waren.
„Ich freue mich auch, deine Freundin sein zu dürfen, Kronprinz! Gehen wir heute Mittag zum See?“, fragte Mana im Gehen.
„Nein, Mana, tut mir Leid. Ich habe noch einen Berg voller Arbeit vor mir“.
„Okay bis dann!“
Atemu sah ihr kopfschüttelnd hinterher. Dann drehte er sich um und erblickte Teana, die direkt hinter ihm gestanden hatte.
„Das ist alles dein Verdienst!“, lächelte er.
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