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Wahre Schönheit

grotesk
von

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Folge keinen Fremden

Der Toast war verbrannt. Kein Wunder – Reita hatte versucht ihn zu machen. Konnte ja nur schief gehen.

„Und deshalb koch ich lieber selbst, oder hol uns was“, stellte Uruha nickend fest.

„Ach was! Den kann man doch noch essen, stell dich nicht so an!“

Ruki blinzelte das verkohle Stück Brot an, versuchte es hoch zu heben, doch bevor er es 10 Zentimeter heben konnte, zerbröselte es in seine krebserregenden Einzelteile.

„Na sicher“, meinte Uruha ironisch, „das ist so gesund, wie zehn Jahre Kettenrauchen.“

„Leute!“

Als Miyavi die Küchentür aufschlug, fiel nicht nur das Bild von der Wand, sondern auch eine Tasse aus Uruha’s Hand. Klirrend verteilten sich die Scherben unter dem Kaffee am Boden.

„Sag mal spinnst du?!“, keifte er.

Ohne auch nur einem der kaputten Gegenstände Aufmerksamkeit zu widmen stürmte Miyavi zum Tisch. Die wären sowieso irgendwann in einem Streit zwischen Uruha und Reita kaputt gegangen.

„Hier, ich hab’s!“

Reita rettete ein Frühstücksei, bevor es unter den Unterlagen zerquetscht wurde, die der Schwarzhaarige auf die Tischplatte schlug.

„Dass du Augenringe und nicht mehr alle im Tassen im Schrank hast weiß ich bereits. Aber sonst noch was?“

„Nein, ehrlich, ich hab’s gefunden! Ich weiß, wo sich der zweite Akino Bruder aufhält!“

Nun waren alle Augen auf den vollkommen aufgebrachten Miyavi gerichtet.

„Wo?“, war Uruha’s entgeisterte Frage.

„Ziemlich weit weg von hier. In einer nicht mehr betriebenen Firma“, er machte auf dem Absatz kehrt und rannte in den Gang, „Ich muss sofort los, ich weiß nicht, wie lange er sich noch dort aufhält und ich hab keine Lust ihn noch mal untertauchen zu lassen!“

Übermütig hatte er sich seine Schuhe angezogen, schnappte sich den Koffer, den er aus dem Krankenhaus mitgehen hat lassen und wollte zur Türe hinaus rauschen, als Uruha sich plötzlich mitten in den Türrahmen stellte.

„Ey! Wo willst du denn so plötzlich hin?!“

„Hab ich dir doch gesagt“, knurrte Miyavi ihn an, „und jetzt mach Platz!“

„Und du hast dir gedacht, du gehst da so ganz alleine hin?“ Reita kam nun gemütlich hinter Miyavi angetappt und klopfte ihm mit einer Hand auf die Schulter.

Der Arzt wandte seinen Kopf zu ihm, „Ja?!“

Ruki schlüpfte unter Reita’s Arm hindurch und stellte sich mit verschränkten Armen neben Uruha. „Vergiss es!“

„Wir haben dir mehr als eine Woche geholfen diesen beschissenen Akino ausfindig zu machen, da kannst du es dir abschminken, dass wir jetzt aussteigen“, Uruha erhob warnend einen Finger, „außerdem, bin ich der einzige mit Führerschein.“

Der Schwarzhaarige blickte einmal in die Runde, gab sich aber letztendlich geschlagen. Wer weiß, alleine wäre das vielleicht doch gar nicht so einfach.
 

Es war inzwischen halb acht Abends und die Sonne war hinter den am Horizont aufragenden Wolkenkratzern verschwunden. Die große, belebte Innenstadt hatten sie seit Stunden hinter sich gelassen. Uruha parkte sein Auto neben einer alten, verfallenen Fabrik.

Hohe Laternen und Scheinwerfer standen rings in der Gegend, um die ehemalige Lager- und Anfahrtsfläche zu beleuchten. Doch funktionierten sie wohl schon lange nicht mehr. Manche lagen sogar umgekippt auf dem verkommenen, steinigen Boden.

Die Fabrik an sich selbst war ungenutzt. Sie entdeckten überall noch alte Fuhren von Ziegeln, mechanischen, verrosteten Einzelteilen und ein paar geschrottete Fabrikautos. Das Logo war vor Verwitterung und Vegetation nicht mehr erkennbar.

„So wie das aussieht ist hier seit hundert Jahren keiner mehr gewesen“, Uruha blickte sich um, „bist du sicher, dass wir hier richtig sind?“

„Ja“, Miyavi ging auf die große leere Firma zu, „ganz sicher…“

Reita und Ruki folgten ihnen, bis sie am Eingangtor angekommen waren.

„Vielleicht ist dieser Komplex ja verlassen. Und vielleicht ist dieser Akino auch wirklich da drin, aber“, Reita blieb vor der riesigen, eisernen Türe stehen, „wie kommen wir da rein?“

Miyavi fragte sich das auch. Bis Ruki einen Schritt nach vorne machte, gegen einen der Flügel drückte und der seinem Druck tatsächlich nachgab und sich öffnen ließ.

Uruha staunte nicht schlecht. „Sie ist offen?“

„Dann hatten wir ja noch mal Glück.“

Strom gab es keinen. Licht hätte durch die verstaubten, zum Teil gebrochenen Festern herein scheinen können, doch die Sonne war schließlich schon untergegangen.

Die Vier befanden sich nun in der großen, kalten, leeren Eingangshalle. Der gesamte Bau schien bald auseinander zu fallen. Alles war verstaubt, an manchen Stellen waren Löcher in der Wand, wenn nicht sogar die ganze Wand oder Decke eingebrochen waren.

„Gemütlich ist es hier ja nicht gerade.“ Bei genauerem Umschauen fanden sie eine alte, verkratzte Orientierungstafel. Allem Anschein nach gab es also noch sechs Stockwerke nach oben und zwei nach unten.

Uruha und Ruki studierten weiterhin die Tafel und versuchten zu entschlüsseln, was genau sich in den verschiednen Ebenen befunden hatte, während Reita ein paar Spinde genauer unter die Lupe nahm.

Trotzdem, irgendetwas war komisch bei der Sache. Das bemerkte Miyavi spätestens dann, als ein kleiner, roter Punkt dicht neben ihm am Boden erschien und kurz darauf wieder verschwand. Zwei Sekunden blieb er starr an Ort und Stelle. Dann mit einem Mal, weiteten sich seine Augen und mit einem Satz sprang er in letzter Sekunde zur Seite, bevor die Patrone in den staubigen Boden einschlug.

Ruckartig fuhren die anderen zu ihm herum. Weitere lasergezielte Strahlen fielen durch die Fenster in die Halle. Uruha’s ‚Deckung!’ ging in den darauf folgenden Schüssen unter. Glas splitterte, Dreck wirbelte vom Boden auf, die Tür wurde aufgetreten und bewaffnete Männer stürmten den Raum. Bewaffnet, aber ohne Schutzkleidung.

Die Typen verteilten sich, sahen sich nach der versteckten Beute um.

Einen Moment lang war es still, mit Ausnahme der klickenden Munitionsgeräusche. Bis plötzlich einer ein erstickendes Japsen von sich gab. Wie auf Kommando drehten sich die anderen herum, richteten ihre Waffen auf den taumelnden Mann. Doch da war nichts. Er röchelte, verdrehte die Augen und fiel nach vorne weg auf den Boden. Sie ließen ihre Waffen beunruhigt sinken, kamen näher. Zu spät bemerkten sie, das im Nacken des Toten steckende Skalpell. Da schoss auch schon Ruki hinter einer Ecke hervor, riss einen der Männer mit sich zu Boden, biss dessen Handknochen auseinander und schlug seinen Kopf dermaßen hart gegen den Boden, dass es ein widerliches ‚Krack’-Geräusch machte und der Kerl regungslos da lag.

Gleichzeitig verließ Uruha seine Deckung, rammte einem der Typen eine lange Eisenstange in den Magen, schlug ihn mit derselben nieder und schmetterte einem Zweiten die Stange an den Kopf. Ehe dieser bewusstlos umfallen konnte, wurde sein Körper als Schild, gegen die nun auf ihn eindonnernden Kugeln der verbleibenden drei Männer hergenommen. Den Augenblick, in den einer der Drei Munition nachlud nutze der Brünette, schlug ihm mit der Stange den Boden unter den Füßen weg, so dass er sich krümmend auf dem Rücken lag.

Doch die anderen Zwei schliefen nicht, bevor Ruki oder Miyavi auch nur daran denken konnten, sie aus zu schallten richteten sie ihre Waffen auf die beiden.

Zwei Schüsse fielen. Dann war es totenstill.

Nur langsam öffnete Miyavi seine Augen. War es der Schreck, oder fühlte er wirklich keinen Schmerz?

Die zwei Männer vor ihm kippten. Mit einem dumpfen Aufprall lagen ihre Körper am Boden. Das Blut, das aus ihnen lief, vermischte sich mit dem Staub und dem Dreck. Überrascht blickte der Schwarzhaarige auf. Reita stand mit zwei Pistolen in der Hand vor ihnen und sah selbst etwas gestresst aus.

„Ich bin ja beeindruckt von euren Kampftechniken, aber wenn’s drauf ankommt, würde ich auf die hier nicht verzichten!“ Damit warf er Miyavi eine der Pistolen zu. Geschickt fing er sie auf, blickte Reita jedoch fragend an. „Wo hast du die her?“

„Habe ich in dem Schrank gefunden“, ein kurzer Fingerzeig zu besagtem Möbelstück genügte, „da gibt’s noch mehr. Ich schlage vor, wir teilen uns auf, denn so wie’s aussieht, haben wir nicht relativ viel Zeit diesen Typen zu finden, bevor er uns noch mehr von denen auf den Hals hetzt.“

Die Übrigen nickten.

„Und ich bin dafür, dass du uns danach endlich einmal aufklärst, wieso genau du ihn unbedingt finden willst“, meinte Uruha.

Miyavi sah ihn an, warf einen Seitenblick zu Ruki und schüttelte leicht den Kopf. „Keine Soge, erfahrt ihr früh genug.“

Der Blonde seufzte, „okay. Uruha, schnapp dir eine Waffe, wir untersuchen die oberen Stockwerke. Die werden sowieso nur noch bis zum Zweiten begehbar sein, der Rest ist höchstwahrscheinlich zu baufällig.“

„Dann nehmen wir uns die Untergeschosse vor.“ Miyavi trat neben Ruki.

„Genau, also dann“, der Nasenbandträger pausierte kurz, „willst du ihm keine Waffe geben?“ Alle Aufmerksamkeit war Ruki gewidmet. Er blinzelte verwirrt.

Miyavi grinste darauf nur schief, „Ich weiß nicht, ob dadurch mehr unsere Feinde oder wir gefährdet sind…“
 

Nachdem sie die Treppe ins erste Untergeschoss hinter sich hatten, befanden sich Ruki und Miyavi in einem langen Gang, der in verschiedene Räume führte. Licht gäbe es hier keines, wären nicht etliche Löcher und Risse in der Decke über ihnen. So wurde der Komplex wenigstens in einem spärlichen, dreckigen Mondlicht-Blau beleuchtet.

„Wenn das hier einstürzt, besteht immer noch eine ziemlich große Chance, dass wir genau unter einem der Löcher in der Decke stehen“, stellte Ruki fest.

Da konnte ihm der Arzt nur zustimmen. Je weiter sie gingen, desto tiefer führte der Flur allerdings.

Ein paar der Räume hatten sie schon betreten. Nichts als abgewrackte Büro’s oder Hörsäle. Sie kamen gerade wieder durch eine der Türen in den Gang zurück, als Ruki auf einmal inne hielt. Sein Kopf schnellte nach rechts und seine weiße Pupille suchte unruhig in der Dunkelheit.

„Was ist?“, auch Miyavi war nun sofort aufmerksam. Sich hier auf seinen Freund zu verlassen war um einiges sinnvoller, als es auf primitiven Verfolgungswahn zu schieben. Dass Ruki’s Sinne um einiges schärfer waren, als die eines Durchschnitts-Menschen hatte er inzwischen begriffen. Einen Moment verharrte das Wesen noch. Doch seine Starre löste sich wieder. „Weiß nicht. Ich dachte da war was…“

Dass sie ab jetzt mit mehr Vorsicht vorgehen mussten, war beiden bewusst.

Trotzdem setzten sie ihren Weg fort. Stumm und leise schritten sie weiter. Bis zu einer abgeriegelten Türe. Miyavi besah sich die Sperre genauer. Eine Identifikationskarte war erforderlich. Oder ein Code. Seltsamerweise war das Schloss hochmodern, wogegen die Türe alt und kurz vor dem Verfall war.

„Wie kommen wir da jetzt rein? Wir haben kein Passwort.“ Der Rot-Schwarzhaarige stellte sich hinter seinen nachdenkenden Vordermann.

„Ganz einfach“, Miyavi machte einen Schritt zurück, „auf die alte Weise.“

Mit einem lauten Knall flog die rostende Tür aus den Angeln und prallte mit einem scheppernden Geräusch auf dem künstlich hergestellten, harten Kunststoffboden.

Wieso sich unnötig abtun, wenn es auch problemlos ging. „Die wäre sowieso bald verrottet.“ Mit dieser gleichgültigen Aussage stapfte der Schwarzhaarige über das Stück Metal. Sie befanden sich nun in einem dunklen Raum. Lediglich aus manchen Ecken blinkten ein paar elektrische Geräte und eine dauerhaft brennende Glühbirne spendete einsam flackerndes Licht für den relativ großen Raum.

Im Gegensatz zu Ruki weiteten sich Miyavi’s Augen sofort in Erstaunen.

„Das ist-“ er stolperte halb blind, aber aufgeregt durch die Fast-Finsternis auf den erstbesten, im Zimmer stehenden Tisch, zu. Darauf waren kompliziert aussehende Geräte platziert, durch deren lange und verworrene Glasrohre eine klare Flüssigkeit tropfte. Sie wurde von einem Gefäß aufgefangen, so viel konnte der Größere erkennen.

Ruki sah sich um. An den Wänden waren Schränke und Regale platziert, vollgestopft mit Flaschen, Reagenzgläsern und Pipetten. Eine Menge Bücher und Blockblätter lagen auf dem Boden. Weitere Tische mit Gerätschaften standen im dunkleren Bereich des Raumes. Durch fast alle tropften verschiedenfarbige Flüssigkeiten. Es war still bis auf das beruhigende Surren der Computer in den Ecken.

„Das ist ein Labor“, beendete Miyavi seinen Satz schließlich.

Ruki schritt zu einem anderen Tisch. Er stupste gegen eines der Gläser, worauf es sofort klirrend zerbrach. „Und was ist daran so interessant?“

Der Arzt tastete sich bis zu einem der PCs vor und bewegte die Maus. Der grell blaue Bildschirm erleuchtete den Raum wie ein Blitz. Der Schwarzhaarige überflog den Desktop, klickte sich dann zielgerichtet in die Dateien und Programme ein.

„Die Tür war zwar aus dem letzten Jahrhundert“, er sprach, ohne sich nach Ruki umzusehen, „aber die Sicherung war, wie gesagt, nagelneu.“ Ein paar Fenster öffneten sich auf dem Bildschirm. „Außerdem ist hier drinnen noch einiges am laufen. Das heißt, es muss erst kürzlich jemand hier gewesen sein. Oder wieder gekommen sein. Und hier ist bestimmt irgendetwas Interessantes zu finden.“

Just nach diesen Worten schlich sich unter seinen angestrengt suchenden Blick ein Grinsen. „Bingo~“

Ein Dokument flackerte über den Bildschirm. Die Protokollierung mehrerer Experimente. Gefunden im Ordner ‚Akino Experiments’.

Während Miyavi die Einträge studierte, streunte Ruki weiter umher und besah sich ein paar der Flaschen genauer. So interessant fand er es hier gar nicht.

„Ich dachte immer die Akino Brüder wollten sich in wirtschaftliche Richtung entwickeln. Aber das sieht hier ganz anders aus.“

„Vielleicht hatten sie ja ein Hobby“, witzelte das Wesen.

Die Augen des Arztes blieben an einem Eintrag hängen. „Stärkung des Immunsystems. Bekämpfung schädigender Parasiten. Versuche mit Sehrvermögen. Sie haben mit bestimmten Stoffen herumprobiert, ob man das nächtliche Sehvermögen verbessern kann“, las der Arzt vor. „Aber bisher hab ich noch keine Versuchstiere oder Käfige gesehen…“ Er blickte sich um. Sein Blick fiel schließlich auf Ruki, der mit verschränkten Armen dastand. „Ist das wichtig?“, nörgelte er.

Anstatt eine Antwort zu geben, verdrehte Miyavi genervt die Augen und widmete sich wieder dem Computer.

Hätte Ruki nicht zufällig die Spiegelung im Computerbildschirm gesehen, hätte er Miyavi nicht rechtzeitig wegreißen können, ehe der Schuss den Bildschirm zerstörte. Mit einem dumpfen Aufprall landeten die beiden auf dem Boden. Das zersplitterte Glas bröckelte klirrend neben ihnen hinunter.

Bevor der Arzt wusste, was los war stürmten weitere bewaffnete Männer den Raum.

Sie riefen etwas, schossen erneut, verfehlten die beiden jedoch glücklicherweise. Wahrscheinlich wegen der Dunkelheit. Ruki war der erste, der wieder auf die Beine sprang, Miyavi hoch zerrte und Richtung Ausgang zog. Doch anstatt sich retten zu lassen, versuchte der Arzt sich loszureißen und in den Raum zurück zu laufen.

„Wir müssen hier weg!“, rief Ruki eindringlich. Kurz darauf knalle eine Pistolenkugel an der eisernen Wand des Schrankes ab, die er gerade geöffnet hatte um etwas Feuerschutz zu haben.

„Aber ich brauch die Dateien!“, widersprach er, „die sind-“

„Vergiss diese verdammte Scheiße! Die nutzen dir gar nichts, wenn du tot bist!“

„Doch, das ist ein-“ Ehe er diesen Satz zu Ende sprechen konnte, zerstörten mehrere Schüsse auch das Gehäuse des PC und machten ihn somit vollkommen unbrauchbar. Gut, das hatte sich erledigt. Ohne weiteres Überlegen riss Miyavi den kleinen Koffer, den er mit sich geführt hatte auf, und drückte Ruki eine der Spritze in die Hand. Darauf trat der Schwarzhaarige gegen die Schranktür, welche aus den Angeln fiel. Er packte sie und warf sie willkürlich nach vorne, wobei er zufällig zwei der Männer erwischte.

Ruki machte einen Satz, Rollte sich ab Boden ab und rammte die kleine Spritze in die Wade eines Mannes. Nach seinem wütenden Aufschreien versetzte Der Rot-Schwarzhaarige ihm einen Tritt und der Mann brachte es nicht mehr fertig aufzustehen. Das Nervengift wirkte schnell. Fast zeitgleich erwiderte der Chirurg das Feuer, schaltete einen Weiteren aus und nütze den Zeitpunkt zur Flucht, als der in der Türe stehende Typ nachlud.

„Schnell, komm!“, er packte Ruki am Arm und zerrte ihn weiter den Gang hinunter. Weit kamen sie aber nicht. Schon bald mussten sie rechts in ein offenes Zimmer hasten, um dem Feuern der Männer nicht erliegen.

Der Schwarzhaarige stoppte auf den Punkt genau und presste sich links an die Wand neben die Tür, während Ruki dasselbe auf der anderen Seite tat. Sobald ihre Verfolger ungebremst in den Raum stürzten, schoss Miyavi einem der Aufschreienden in den Rücken, ein zweiter bekam von hinten das OP-Messer in die Kehle gerammt, das Ruki sich vorhin von Miyavi geklaut hatte. Keine Sekunde später rannten die beiden eilig wieder hinaus. Doch bevor sie um die Ecke verschwinden konnten, fühlte Miyavi einen stechenden Schmerz an seinem Arm, zeitgleich mit dem Geräusch einer der Waffen.

Jedoch war entweder der Schock oder der Fluchtreflex größer, denn der Arzt strauchelte lediglich, fing sich wieder und rannte weiter.

Der Rot-Schwarzhaarige war inzwischen schon weiter voraus. Wo genau wusste Miyavi nicht, er hoffte nur, dass sie sich nachher wieder finden würden.

Eine große, massive, dicke Wand am eEnde eines Zimmers ließ plötzlich all seine Gedanken verpuffen. Außer dem einen. Sackgasse.

Erschrocken fuhr er herum, nur um zu bemerken, dass es zu spät war umzukehren. Seine Feinde waren hinter ihm, hatten ihm den Weg abgeschnitten. Er schluckte trocken. Einer von ihnen erhob seine Waffe, zielte. Es tat einen Knall. Am anderen Ende des Raumes. Wie ferngesteuert schnellten die Köpfe aller Anwesenden in diese Richtung. Aus der Dunkelheit war ein Knarren wahrzunehmen und mit einem Schlag war das umkippende, schwere Regal sichtbar. Die Gläser und Instrumente fielen heraus und mit Klirren und Poltern begrub das Gestell die restlichen vier Verfolger. Zu guter Letzt sprang Ruki von oben herab, mitten auf die Männer in seiner Falle. Nur um sicher zu gehen, dass die scharfen Glasscherben ihnen keine Chance ließen. Erstaunt, aber immer noch schockiert blickte ihn der Arzt keuchend an.

„…Das war knapp.“

Miyavi nickte. „Aber ich glaube, die sind wir jetzt alle los.“ Er schnaufte aus. Sein Atem fing sich wieder. Je ruhiger er wurde und je besser sein Verstand wieder zu arbeiten begann, desto mehr fühlte er den zerrenden Schmerz an seinem Oberarm.

Der Kleinere schritt langsam auf ihn zu, bemerkte den Zustand des Arztes sehr wohl.

„Haben sie dich erwischt?“

Um das heraus zu finden begutachtete Miyavi die schmerzende Stelle selbst. Sein weißes Hemd war aufgerissen, ein paar vom Blut rot getränkte Stofffetzen hingen weg. Die warme Flüssigkeit schien gerade in dieser Region zehnmal stärker zu pulsieren, als wollte sie den Verlust ausgleichen.

„Nicht ganz“, er presste einen Arm auf die Stelle und versuchte das alles auszublenden, „nur ein Streifschuss. Hätte schlimmer kommen können.“

Ruki musterte ihn eine Zeit. Nickte dann langsam. Auch er sah mitgenommen aus. Seine Hände und Knie waren aufgeschürft. Die Kleider von beiden waren dreckig, ihre Haut an manchen Stellen von einer feinen Staub- oder Schutzschicht benetzt.

„Suchen wir weiter, bevor uns noch mehr zustößt“, meinte der Arzt und schritt auf den Gang zurück. „Außerdem sind diese Amateur-Schützen der beste Beweis dafür, dass hier was richtig faul ist!“

Nachdem Miyavi sich seinen Arm notdürftig mit seinem Hemd verbunden hatte, waren die beiden wieder auf dem langen Flur. Es blieb dunkel, gerade noch so hell, dass man weiter gehen konnte, ohne gegen eine Wand zu laufen. Ruki lief mit ein paar Schritten Abstand hinter dem Größeren. Sein Gang war langsam. Gleichsam, ob er in der Finsternis verhältnismäßig gut sehen konnte. Er ging langsam. Er wurde immer langsamer. Miyavi bemerkte das. Zwar waren seine Augen hier nicht so gut, doch deswegen sein Gehör umso besser. Schließlich blieb er ganz stehen, als Ruki dies ebenfalls tat.

„Was ist los?“, er drehte sich zu ihm um, „bist du doch verletzt?“

Schweigen. Der Schwarzrothaarige hob den Kopf, sah zu Decke. „Nein. Aber ich habe kein gutes Gefühl dabei.“

„Bei was?“. Miyavi hob unwissend eine Augenbraue.

Ruki seufzte leicht, „Dabei. Ich hab keine Ahnung weswegen du diesen Akino finden willst, aber ich glaube, dass ich es gar nicht wissen will.“

Miyavi’s Augen weiteten sich schlagartig, als er diese Worte aus Ruki’s Mund hörte. Der Kleinere schritt an ihm vorbei, wollte weiter gehen.

„Wieso“, der Arzt wandte sich ihm nach, „wieso kommst du dann trotzdem mit mir?“

Das Echo der Schritte verhallte. Ruki stand wieder still. Ganz still. Eine Weile.

„Vielleicht… weil ich weiß, dass du hier ohne mich nicht weiter kommst?“, ein amüsiertes Grinsen umspielte die Lippen des Rot-Schwarzhaarigen, auch wenn Miyavi es nicht wirklich sehen konnte. „Außerdem komm ich so einmal ohne deine Leine aus dem Haus, die Gelegenheit lass ich mir doch nicht entgehen!“

Der Arzt schnaubte nur leicht lachend und folgte seinem Freund.

„Du bist dumm, weißt du das? Es ist nicht gut, fremden Leuten einfach so zu folgen, ohne zu wissen, was einen erwartet.“

„Weißt du es denn?“, konterte er. „Man hat mir das eben nie beigebracht. Aber wenn du willst, kannst du gerne damit anfangen.“

„Vergiss es“, Miyavi grinste, „dafür ist es jetzt eindeutig zu spät.“

Sie standen erneut vor einer Tür. Nur diesmal war es das Ende des Flurs. Was sich dahinter befand, würden sie ja gleich herausfinden.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von: abgemeldet
2010-07-18T15:37:56+00:00 18.07.2010 17:37
die vorstellung, reita mit waffe, ist wirklich awesome. -giggles-
aber wieder zu geschichte.
ich kann mich eig. nur wiederholen, und wiederholen, und wiederholen ...
du hast es einfach perfekt geschrieben, super spannung aufgebaut, und ruki -wie immer- zucker süß dargestellt.

„willst du ihm keine Waffe geben?“ Alle Aufmerksamkeit war Ruki gewidmet. Er blinzelte verwirrt.

Miyavi grinste darauf nur schief, „Ich weiß nicht, ob dadurch mehr unsere Feinde oder wir gefährdet sind…“

<33
Von:  InspiredOfMusic
2010-06-20T18:01:06+00:00 20.06.2010 20:01
Ich weiß nicht wie, aber du schaffst es wirklich immer wieder totale Spannung aufzubauen..
Ich fand das kapitel mal wieder klasse...
Und Reita als Retter hat mir gefallen ^^
Ich freu mich aufs nächste... C:
Von: abgemeldet
2010-06-20T17:30:24+00:00 20.06.2010 19:30
awwwwwwwwwwwwwwwwww es ist toll *_________________*
aber ich bin immer noch gebannt. ich liebe deinen schreibstil, auch wenn ich immer noch geschockt bin XD.

ich hätte dir sowas nie zugetraut, ru, aber es fasziniert mich auch.


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