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Elementary Basics

Trilogie - Staffel 1
von

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Die mysteriöse Frau


 

… Kann ein Wesen der Dunkelheit auch das Licht kontrollieren?... Und kann die Kraft der Liebe und Zuneigung wirklich alles Dunkle vertreiben?
 

Kapitel 3 ~ Die Mysteriöse Frau ~
 

Diese Nacht war wieder einmal die Hölle für mich! Ich träumte, wie ich bewegungslos da stand, zwar alles um mich herum sehen und hören konnte, jedoch brachte ich kein Wort heraus, so sehr ich es auch versuchte! Ich konnte nicht reden. Auch meine Arme und Beine gehorchten mir nicht. Es war als sei ich versteinert. Aus Verzweiflung fing ich an zu weinen und als eine der Tränen auf meiner Hand landeten sah ich, dass es Blut war...

Kaffeeschlürfend und mit zitternden Händen saß ich an meiner kleinen Küchentheke. Aysha schlief noch seelenruhig. Ich fragte mich, sowieso sie die über Nacht schlief. Waren Vampire nicht eigentlich nachtaktiv und tagsüber müde?

Sie hatte also den Stein der Dunkelheit, wie wir ihn mal eigensinnig genannt hatten. Ob diese Steine nun einen Namen hatten oder nicht konnten wir ja nicht wissen. Wenn es also einen Stein der Dunkelheit gab... Wäre es dann nicht zu vermuten, dass es auch das Gegenstück – also den Stein des Lichtes gab? Irgendwo!

Und wenn, wer hat ihn dann? Eine Heilige aus dem Kloster? Zudem waren alle Besitzer solcher Steine des weiblichen Geschlechtes. Wirklich seltsam dieser ganze Verlauf.

Ich grübelte weiter, während ich verschlafen frühstückte. Endlich Wochenende und kein nerviger Schulbus, der mir Zeitdruck machen würde. Doch ich musste unbedingt meine Freundinnen sehen – sie warnen vor dem, was ich gestern gehört hatte. So beschloss ich sie gegen 11 Uhr morgens anzurufen um sie zu mir einzuladen.

„Kommen die Besitzerinnen der anderen Steine etwa heute vorbei?“, fragte Aysha mich neugierig. Sie hatte sich auch eine Tasse Kaffee genommen, was mich wieder einmal wunderte. Dieser Vamp war für mich ein einziges Rätsel.

„Ja, meine Freundinnen sollen erfahren, was wir gestern entdeckt haben.“ „Vielleicht besser so.“ „Aysha? Gibt es eigentlich auch einen Stein des Lichts? Und dazu eine Besitzerin?“ „Ja, ich glaube, die gibt es. Ich werde eine alte Bekannte von mir suchen gehen und sie auch mit zu unserem Treffen bringen. Ich verspreche – ich bin bald wieder zurück.“

Ich war sehr neugierig auf ihre „Bekannte“, denn so wie es schien gab es diesen Stein des Lichts wirklich.

Ich wurde aus meinen Gedanken gerissen, als es gegen meine Haustür klopfte, was mich schon wieder ziemlich nervte. Ich lag mit meiner Vermutung richtig, denn meine große Schwester Koshy stand davor. Na toll! Ich konnte ihr kaum in die Augen sehen.

„Hi Chann...“ „Hi... Und bis dann“, antwortete ich kühl und machte die Tür einfach wieder zu. „Heeey!! Das ist nicht fair, warte doch mal!“, rief sie von Draußen und klopfte weiterhin hartnäckig dagegen. Es brachte ja nichts sie nun einfach zu ignorieren, daher riss ich die Tür erneut und genervt schnaufend auf.

„Was?! Hat es Spaß gemacht!?“ „Dass du uns beide gerade in so einer Situation erwischt hast tut mir leid, Chann!“ „Ja sicher... Erst meckerst du über jeden Typen hier auf der ganzen Welt und dann machst du es gerade mit Diego!?!“ „Ja, Sorry, ich hab es halt auch mal gebraucht.“ „Bist du mit ihm zusammen?“ „Naja... Nicht wirklich.“ „Gut, du weißt nämlich bestimmt nicht, dass der liebe Diego mir grade mal zehn Minuten zuvor schwor mir alle Zeit der Welt zu lassen und dieses ganze Gelaber?“ „Was!? Der hat uns beide verarscht!?! Na warte, wenn ich den erwische!!“, drohte sie mit ihrer schwarzen Wolke über dem Kopf und machte sich mit geballten Fäusten auf den Weg zu Rico.

Endlich war ich nun wieder alleine in meiner Wohnung. War ja auch schon zuuu lange her! Naja, gestern eben... So beschloss ich in aller Stille meinen Kaffee weiter zu trinken. Es war zu schön! Keine Nervensägen um mich herum.

Doch wieder wurde ich dazu verführt über diesen Stein und das Geschehene nachzudenken. Aysha sagte, ich sollte die Energie mit Kraft meines Willens steuern und freisetzen. Aber wie!? So was kann doch gar nicht klappen! Jedoch war ich gerade eh alleine hier und niemand würde mich beobachten.

Mein Blick fiel auf die Blumenvase, die vor mir auf dem Tisch stand. Ihr Glas war durchsichtig und so konnte ich mir das Wasser darin genau anschauen. Etwa fünf Minuten starrte ich die klare Flüssigkeit einfach nur an, ehe ich meinen Zeigefinger darauf richtete und mir vorstellte, wie es zu einer Fontäne werden würde. Ich war so fest entschlossen dieses Wasser aus der Vase herausspringen zu lassen, dass ich alles um mich herum vergaß.

Plötzlich bekam ich das Gefühl dieses Wasser vollkommen unter meiner Kontrolle zu haben und ich schnipste reflexartig mit dem Finger. Umso mehr war ich daher überrascht, als das Wasser mit meinem Schnipsen anfing zu springen!

Wahnsinn! Total begeistert spritze ich auf und lachte die Vase an.

„Gleich nochmal!!!“

Wieder und wieder versuchte ich das Wasser zum Tanzen zu bringen. Und je öfter ich es versuchte, desto höher sprangen die Tropfen. Bis hin zur Decke, die letztendlich tropfte.

„Wow! Chann hat es echt drauf!“, bemerkte auf einmal eine Stimme, die von meiner Küchentür aus kam. Ich bekam einen halben Herzinfarkt, als ich mich umdrehte und Aysha mit ihrem fetten Grinsen sah.

„Wie bist du denn hier rein gekommen!?!“ „Tja, Süße... Du solltest die angewöhnen deine Tür abzuschließen, dann brauchst du dich auch nicht mehr wundern, wenn unerwarteter Besuch in der Wohnung steht“, erklärte sie hochmütig und zwinkerte mir dabei zu. Diese... Ihr Blick verriet mir jedoch, dass wir nun genug gescherzt hatten und es Zeit war für ernstere Dinge.

„Komm mit! Im Wohnzimmer wartet meine Bekannte schon. Man, hat die sich wieder angestellt, als ich sie herbringen wollte“, meckerte sie, als ich ihr ins Wohnzimmer folgte. Dort saß eine junge Frau auf meinem Sofa. Sie hatte blaue Augen und orangene Haare, fast so wie Diego. Könnte doch glatt als seine Schwester durchgehen.

„Können wir es bitte schnell hinter uns bringen? Ich will wieder nach Hause. Es ist mir heute verdammt noch mal zu sonnig, Aysha!“ „Ja und? Stell dich nicht so an! Ich verkrafte es immerhin auch. Das ist übrigens Chann. Sie hat den Stein des Wassers.“ „Hi Chann“, murrte die Fremde. Ich musste sagen sie war mir äußerst unsympathisch mit ihrem Gemecker. Dennoch versuchte ich freundlich zu bleiben und begrüßte sie ebenso.

„Chann, das ist Angel. Sie ist ein Vampir, genau wie ich.“ „Was!? Aber sie hat doch blaue Augen und ihre Zähne sehen auch völlig normal aus!“, platze es aus mir heraus. Diese Angel verschränkte die Arme.

„Eigentlich bin ich ein Vampir, ja... Aber seit ich vor Kurzem diesen dämlichen Stein bekommen hab, sind alle Merkmale die mich zum Vampir machen verschwunden! Ich könnte kotzen!!!“ „Verstehe... Vampir aus Leidenschaft...“ „Ich liebe mein Vampir-Dasein! Warum konnte Aysha nicht diesen blöden Stein bekommen!? Sie ist doch Diejenige, die nie ein Vampir sein wollte!“

Ich guckte mir Angels Stein genauer an. Er schimmerte leicht rosa, was ja überhaupt nicht zu ihr passte. Ich hob meine Augenbraue an.

„Sicher dass das nicht ein einfacher Rosenquarz ist?“ „Klar ist er ein Rosenquarz! Ein Rosenquarz mit dem ich so etwas machen kann...“ Angel riss mir den Stein aus der Hand und erschuf eine kleine Lichtkugel in ihrer Hand. Wie wunderschön sie aussah! Nun war ich doch richtig neidisch nicht selbst so etwas machen zu können!

„Ich gehe davon aus, dass Angel den Stein des Lichts kontrollieren kann, weil sie vor ihrem Leben als Vampir eine Nonne war.“ „MUSST DU ALLES VERRATEN?!?!“, schrie sie beschämt heraus und wirkte total aufgebracht. Es war ihr offensichtlich sehr peinlich.

Angel hatte also durch ihren Status als frühere Nonne und Dienerin Gottes die Kraft den Stein des Lichts zu benutzen. Und Aysha kann ihren Stein der Dunkelheit nur benutzten, weil sie ein Wesen der Dunkelheit ist. Ich fragte mich, ob Angel eventuell auch Aysha's Kräfte nutzen könnte. Sehr rätselhaft das alles.

Nun klingelte es auch schon an meiner Tür. Naga und Rachel waren sehr pünktlich! Sie musterten die beiden neuen Mädels in der Runde skeptisch.

„Licht und Dunkelheit also?“, fragte Naga nachdenklich, als sie sich längst schon auf dem Sofa breit gemacht hatte mit einer Dose Cola. Rachel saß auf dem Sessel mit überschlagenen Beinen. Sie hörte einfach nur zu.

„Wozu das alles, frage ich mich“, überlegte sie weiter. „Niemand von uns weiß es. Aber ich gehe davon aus, dass wir nicht umsonst mit diesen Dingern gesegnet wurden.“ „GESEGNET!?!“, schrie Angel Aysha ins Wort. Sie ließ sich davon nicht stören. „Feuer, Wasser, Erde, Luft, Dunkelheit und Licht... Das ergibt einen Sinn, aber da bleibt wirklich nur noch das große "Warum"? Und ein Element fehlt in unserer Runde! Luft!“ „Die Einzige, die noch zu unserem Quartett gehört, heißt Sheela, hat jedoch keinen Stein bekommen“, erklärte Rachel. Naga legte ihre Hand nachdenklich auf ihr Kinn. „Vielleicht bekommt sie ihn auch erst noch? Vielleicht muss sie ja erst irgendein Ereignis auslösen.“

Wir stimmten ihr mit ihrer Theorie zu. Aber dann wäre es wirklich mal Zeit dafür. Aysha und ich erklärten den Mädels, was wir gestern in der Lagerhalle vom Hafen gehört hatten. Nun wurden sie schon etwas unsicher.

„Vielleicht... Kann ich euch ja weiter helfen“, hörten wir auf einmal eine hallende Stimme sagen. Doch von woher kam sie!?

Hektisch schauten wir uns alle im Raum um, doch es war niemand zu sehen, weswegen wir uns allen fragende Blicke schenkten. Nach einigen Sekunden des Schreckens, erschien auf einmal eine Frau vor uns. Aus dem Nichts!!! Sie war relativ freizügig gekleidet und hatte lange braune Haare. Ihre Augen schimmerten Violett. Eine wirklich hübsche Frau! Fast wie ein... Engel!'

„WER SIND SIE!?!“, fuhr Angel sie aufgebracht an. Auch alle Anderen hielten sich bereit zum Kämpfen. „Keine Angst! Ihr braucht mich nicht anzugreifen, ich werde euch nichts tun. Ja, ich stehe sogar auf eurer Seite. Ihr habt viele Fragen und ich habe eventuell die Antworten. Mein Name ist Viki und ich bin eine heilige Gesandte.“ „Ja, sicher“, widersprach Naga arrogant, worauf diese Viki nur sanftmütig lächelte. „Ihr, die Trägerinnen der heiligen Elemente seid dazu auserkoren, den Kampf gegen die dunklen Mächte aufzunehmen. Ihr tragt die Geister der heiligen Göttinnen in euch. Jedoch – was sehe ich? Element Luft scheint zu fehlen?“ „Ja... Leider“, antwortete ich ruhig. Sie hatte so eine riesige Ausstrahlung die einfach nur respekteinflößend war.

„Was soll das heißen "Kampf gegen die dunklen Mächte aufnehmen"?“, fragte Rachel unbeeindruckt und mit verschränkten Armen. Viki setzte wieder ihr liebliches Lächeln auf. „Ihr habt vielleicht schon Bekanntschaft mit vier Frauen gemacht, die ebenfalls die Kraft der Elemente nutzen können. Sie handeln jedoch nicht mit reinem Herzen und können für euch zu harten Gegnern werden. Sie suchen euch... Ihr müsst dringend das Mädchen mit dem vierten Element finden! Nur mit ihrer Hilfe und gemeinsam seid ihr dem Feind gewachsen! Zudem gibt es noch eine Person, die über diesen vier Frauen steht. Sie hat ihre Seele der Dunkelheit verschrieben und muss dringend vernichtet werden, bevor die Welt dem Untergang geweiht ist!“

Wir alle staunten über so viele erschreckende Informationen. Ehrlich gesagt waren diese Worte alle zu hoch für mich... Dunkle Mächte, Feinde, heiliger Krieg...? Und wir mitten drin? Wir waren doch alle nur normale junge Mädchen...

„Was sollen wir jetzt als nächstes tun?“ fragte Aysha skeptisch. „Nun... Ihr müsst lernen eure Fähigkeiten zu benutzen und zu stärken. So lang ihr eure Kräfte als Assistants habt, werden eure Körper niemals das Alter von 25 Jahren überschreiten... Seid gewarnt! Das klingt für junge Mädchen wie euch vielleicht sehr anziehend, jedoch kann es schnell zu einer Last werden, Normalsterbliche die zu eurer Familie gehören langsam sterben zu sehen. Zudem solltet ihr euch vor den vier Gegenstücken in Acht nehmen. Sie sind stark und weitaus besser mit ihren Fähigkeiten trainiert als ihr es seid. Sucht das fehlende Element, dann werde ich euch erneut den Weg weisen.“

Mit ihren letzten Worten wurde ihre Stimme wieder hallender und sie verschwand schließlich wieder im Nichts. Wir hatten zwar noch viele Fragen, doch nun war erstmal unklar, ob wir ihr überhaupt vertrauen sollten.

„Oh Mann! Ich fühl' mich von der ganzen Welt verarscht!“ „Ich auch!“, stimmte Angel Naga zu. Sie hatten fast dieselbe Haltung angenommen und auch der Gesichtsausdruck ähnelte sich. Die Beiden passten wirklich gut zusammen.

„Ich glaube ihr.“ sagte Aysha selbstsicher. „Wieso?“ „Nun, Rachel... Ich spüre es! Ich vertraue ihr und versuche ihren Anweisungen zu folgen. Ich habe diese Mädchen gehört. Sie wollen uns finden und töten. Das dürfen wir nicht zulassen. Daher brauchen wir alle Hilfe die wir bekommen können. Also lasst uns die Besitzerin des Steines der Luft finden.“

Wir tauschten alle unsere Kontaktdaten aus, um einander immer schnell erreichen zu können im Notfall. Naga blieb bei mir, nachdem Aysha und Angel sich zurückzogen und Rachel noch eine Verabredung mit Sheela hatte. Ehrlich gesagt war ich richtig froh, dass Aysha nicht bei mir einziehen wollte. Naga nahm den letzten Schluck ihrer Cola und guckte mich herausfordernd an.

„Chann, lass uns mal diesen ganzen Elementkram vergessen! Es ist Samstag! Kommste mit mir in den Club?“ „Reicht mir schon, dass ich da immer arbeiten muss.“ „Heute wird einfach nur Party gemacht. Das würde dir auch mal gut tun! Mensch, Süße! Du brauchst endlich nen Kerl. Oder willst du mit 50 noch Jungfrau sein?“ „Ja setz mich doch unter Druck! Ich komm ja schon mit!“, antwortete ich trotzig, weil es mir peinlich war, dass meine Sexphobie so öffentlich behandelt wurde.

Sie hatte es mal wieder geschafft mich in den Club mitzuschleifen. Dabei wusste ich genau, wie das wieder enden würde! Letztes Mal als ich mit dabei war, stand ich letztenendes alleine da, weil Madame einen Typen nach dem Anderen aufriss.

Worauf hatte ich mich nur wieder eingelassen?

Meine Freundin ging über Mittag noch einmal nach Hause um ihr Make-Up aufzufrischen, so konnte ich auch erstmal etwas essen, es mir gemütlich machen und mich ausruhen.

Ich wollte nicht mehr über die Steine, diese Frau und unsere Aufgaben nachdenken, doch ich kam einfach nicht davon los. Ich hatte Angst vor dem, was mich erwarten würde. Kampf gegen die dunklen Mächte... Das klang nach gefährlichen Dingen auf die ich keine Lust hatte.

Vertieft in meine Gedanken bekam ich nicht mal mit, dass das Telefon mal wieder klingelte. Erst nach dem dritten Klingeln erschrak ich davon und nahm es hektisch an mein Ohr. „Hiwatari, im Irrenhaus, wie kann ich Ihnen helfen?“ „Lustig, Chann!! Meine Kleine, du warst ja nicht so gut drauf letztes Mal! Geht es dir denn wieder besser?“, fragte meine Mutter, die am anderen Ende der Leitung saß. Ich hasste es wenn sie anrief. Es klang immer so scheinheilig. Sie tat immer so, als würde sie sich so sehr für uns interessieren, jedoch war ihr jeder Schritt Richtung Flughafen zu viel. Die Wut kochte in mir hoch...

„Nein, mir geht es nicht wieder besser! Ehrlich gesagt geht es mir scheiße! Ma, ruf doch einfach lieber Koshy oder Rico an. Aber lass mich bitte in Ruhe, ja?“ „Aber Chann! Schatz! Ich liebe dich doch, du bist doch mein kleines Mädchen.“ „Ein Scheiß bin ich! Ich muss jetzt los. Tschüss.“

Und wieder stand ich kurz davor mein Telefon einfach gegen die Wand zu werfen, doch das hätte wiederum die Folge, dass ich keine endlosen Telefonate mehr mit meinen Freundinnen führen könnte. So ließ ich es bleiben und suchte mir hübsche Klamotten für den Abend raus. Die restlichen zwei Stunden verbrachte ich im Bad mit Schminken und Haare zurecht machen.

Diesmal kam ich sogar pünktlich! Naga wartete schon am Eingang des Club's auf mich. Mann, war die wieder aufgetakelt. Ausschnitt bis fast zum Bauchnabel, dafür bauchfrei, damit man ihr Bauchnabel-Piercing ja sehen konnte. Dazu knappe Hotpants.

„Chann!! Da bist du ja endlich! Bist du bereit für den Kampf?“ „Welchen Kampf...“ „Den Kampf gegen die Jungfräulichkeit! Heute finden wir einen Kerl für dich!“ „Im Club lernt man keinen Mann für die Ewigkeit kennen – nur Typen für eine Nacht.“ „Na, das wäre ja zumindest etwas. Aber wie du wieder aussiehst. Wie eine Klosterschülerin... Kein Ausschnitt, das geht ja mal gaaar nicht!“ „Süße... Lass einfach rein gehen.“ „Naaa gut“, , seufzte sie und dackelte voraus. Wie sie ihren Hintern schwang – sie war die geborene Lolita!

Ich folgte ihr genervt, denn eigentlich hatte ich weder Lust auf sie, noch auf den Club. Diese oberflächlichen Leute waren doch einfach nur zum Kotzen. Und unter der Woche musste ich eh oft genug hierher zum Arbeiten. Drinnen kannte mich natürlich jeder.

Verzweifelt hielt ich Ausschau nach Sheela, zu der ich flüchten wollte, jedoch konnte ich sie nicht finden und so versuchte ich bei Naga zu bleiben, was sich als schwierig erwies. Meine Freundin tanzte bereits nach fünf Minuten um einige Männer herum. Zwar gab sie mir Handzeichen, dass ich zu ihnen kommen sollte, doch ich ignorierte sie und setzte mich wütend an die Theke, wo ich mir ein Frustgetränk bestellte. Mit Naga würde ich nie wieder hierher kommen!!

„Na, Kleine? Siehst aber nicht wirklich nach Partylaune aus.“ „Ach... Lass mich in Ruhe, Typ“, antwortete ich barsch und wagte einen kurzen Blick zu dem Kerl, der auf dem Barhocker neben mir saß. Dieser Anblick... Hätte ich ihn doch nicht so dumm angemacht!!!

Er sah wirklich sexy aus! Ein locker sitzendes Hemd, kombiniert mit einer Sonnenbrille, die er auf seinen glänzenden hellbraunen Haaren trug. Seine Augen funkelten im Scheinwerferlicht Blau. Dieser Kerl hatte einen sportlichen Körperbau, der vermuten ließ, dass er mindestens vier mal die Woche trainiert. Wahnsinn! Er lächelte mich trotz meines gemeinen Umgangstones an.

„Ich wollte nicht unhöflich sein! Es sollte nicht wie eine dumme Anmache klingen. Entschuldige... Mein Name ist Yoshihiro Kanzaka.“ „Ehm... Chann Hiwatari.“

Wow!!! Er unterhält sich mit mir!!! Am liebsten hätte ich vor Aufregung einen Freudenschrei abgegeben, doch das wäre peinlich gewesen.

Yoshihiro und ich kamen nach anfänglichen Schwierigkeiten total gut ins Gespräch und wir beide tankten einen Drink nach dem Anderen ab. Wir tauschten schließlich sogar unsere Handynummern aus und tanzten miteinander. Mit ihm blühte ich richtig auf und bekam nicht das Gefühl, dass das gleich wieder mit Sex enden würde. Als die Nacht eintrat brachte er mich anstandshalber nach Hause, wo ich ihn mit rein bat.

Begeistert schaute er sich in meiner Wohnung um.

„Wow! Die ist ja viel sauberer als meine! Die ist ein richtiger Müllberg, haha!“ „Scheint bei euch Männern ja typisch zu sein“ , antwortete ich etwas sarkastisch und drückte ihm noch ein Glas Cola in die Hand. „Setz' dich ruhig noch etwas, bevor du nach Hause musst.“ „Danke. In dem Zustand kann ich echt nicht mehr fahren. Mal sehen, ob noch eine Bahn kommt.“

Mit Hilfe seines Handys rief er einen Fahrplan auf, doch ich hatte einen ganz anderen Drang. Er war so nett und charmant... Am liebsten wäre es mir ja gewesen, wenn er hier bleiben würde.

„Yoshihiro? Wenn du magst... Kannst du auch hier bleiben über Nacht.“ „Echt? Keine Angst, dass ich dich heute Nacht nicht irgendwie überfallen könnte?“ „Nein... Aus irgendeinem Grund vertraue ich dir einfach mal“, antwortete ich mit einem fetten Grinsen. Ja, vielleicht hätte ich an diesem Abend mehr von ihm gewollt, doch ich hatte mir fest vorgenommen mich nicht gleich am ersten Abend auf irgendetwas einzulassen!

So legte ich mich mit etwas Kopfweh alleine in mein Bett und ließ Yoshihiro auf meinem Sofa zurück. Ich träumte wieder... Wieder von Tränen aus Blut und meiner Bewegungslosigkeit. Ich träumte, wie ich auf dem Boden lag – in einer Blutlache. Das Blut war jedoch nicht Rot, wie es sein sollte, sondern rabenschwarz. Ich schrie und schrie... Doch niemand hörte mich, denn meine Schreie blieben stumm.

Ein grauenhafter Traum, der mich schweißgebadet und schreiend aus dem Schlaf riss. Noch während ich schwer schnaufend versuchte es zu verarbeiten, kam Yoshihiro aufgeregt ins Schlafzimmer geplatzt.

„Chann?! Was ist los?! Wieso schreist du so?“ „Oh... Äh... Ich hatte einen Alptraum. Hab ich leider oft in letzter Zeit. Alles in Ordnung!“ „Wirklich?“ „... Ja...“ „Na komm, du bist ja richtig durch den Wind. Beruhige dich erstmal“, antwortete er mit sanfter Stimme, als er sich neben mich aufs Bett setzte und seinen Arm um mich legte. Eigentlich wäre es mir unangenehm gewesen, doch der Traum nahm mich immer noch stark mit. Dennoch genoss ich es nach ein paar Minuten so in den Armen von ihm zu liegen. Ich kuschelte mich ängstlich an ihn und versuchte wieder ruhig zu atmen. Mit seiner einen Hand streichelte er mir übers Haar, was mir auch half mich zu beruhigen.

„Du musst ja einen echt schlimmen Traum gehabt haben. Was ist denn passiert?“ „Ich weiß es selbst nicht genau...Es war einfach gruselig.“ „Hmm... Dann brauchst du einfach etwas Ablenkung“, antwortete er und lehnte sich über mich. Ich wusste nicht genau wie mir geschah, als seine Lippen bereits auf meinen lagen. Mir wurde brennend heiß im Gesicht und mein Bauch kribbelte durchgehend. Ich konnte nicht anders – meinem Drang folgend legte ich meine Arme um ihn und küsste ihn leidenschaftlich.

Einige Minuten lang kam uns nichts Anderes in den Sinn, als uns wild und leidenschaftlich zu küssen, doch als er auf mir lag kehrte dieser eine Punkt zurück, an dem ich einfach nicht weiter gehen konnte.

Verzweifelt hielt ich mich an seinen Schultern fest und drückte ihn etwas weg.

„Hör auf!“ „Was?... Warum?“ „Bitte noch nicht jetzt...“ „... Verstehe. Noch Jungfrau, was? Haha. Kein Problem. Wir müssen das nicht unbedingt tun. Versuchen wir weiter zu schlafen, ja? Ich beschütze dich auch“, antwortete er zuversichtlich. Es wunderte mich, dass er das ohne Probleme hinzunehmen schien. Doch es machte mich auch glücklich, denn nun sah ich wirklich, dass nicht jeder Kerl gleich ein Arschloch sein muss.

Glücklich küsste ich ihn noch einmal, ehe ich mich an ihn schmiegte und wieder einschlief. Diesmal wurde ich endlich einmal von den Alpträumen verschont und so konnte ich richtig gut ausschlafen.

Sonntagmorgen, die Sonne schien, ich machte die Augen auf und es roch nach frischem Kaffee. Neugierig folgte ich dem tollen Geruch bis in die Küche, wo Yoshihiro schon mit einer Tasse saß.

„Guten Morgen, Kleine! Konntest du noch gut schlafen? Ich dachte, ich wecke dich besser nicht, damit du mal genug Schlaf bekommst.“ „Wow... Du bist echt klasse“, antwortete ich und rieb mir die Augen. Womit hatte ich ihn nur verdient? Doch ich fragte mich, wie es nun weitergehen sollte mit uns beiden.

„Ich werde nach der Tasse hier nach Hause gehen. Muss heute noch total viel lernen fürs Studium! Ich hoffe das ist okay.“ „Eh... Ja, klar! Du?... Sehen wir uns denn bald mal wieder?“, fragte ich hoffnungsvoll. „Hmm... Von mir aus gerne, ich mag dich. Allerdings muss ich noch vor Neujahr leider nach Japan ziehen... Wegen dem Studium halt.“

Unter mir schien die Welt zusammen zu brechen!!! Da fand ich schon einen richtig tollen Typen und dann müsste er auch gleich wieder weg!?! Was war das nur für eine grausame Welt?!!

Ungewollt schossen mir ein paar Tränen in die Augen, was er peinlicher Weise auch noch bemerkte.

„Süße, es tut mir so leid! Mist, was ich hab ich nur wieder angestellt?! Ich wollte nicht, dass du nun verletzt bist.“ „Wie lange bist du weg?“ „Zu lange, leider... Die nächsten zehn Jahre mit Sicherheit. Eigentlich wollte ich auch ganz dort bleiben... Doch nun kamst du und... Naja, ich kann das Studium nicht einfach aufgeben.“ „Ich verstehe das. Schade... Ich mag dich nämlich echt sehr.“

Mit einem leidenden Lächeln stand er auf und umarmte mich.

„Ich muss erst nächsten Monat weg. Wollen wir die restliche Zeit noch gemeinsam genießen?“ „Oh ja!! Gerne!“, antwortete ich glücklich und küsste ihn ein weiteres Mal. Durfte ich ihn nun als meinen Freund bezeichnen? Zumindest einen Monat lang? Trotz der kurzen Frist beschloss ich die Zeit zu genießen.

'Yosh ging nun aber erstmal nach Hause um für sein BWL-Studium zu lernen. Mir fiel ein, dass ich gestern überhaupt nicht nach Post geschaut hatte und so wagte ich mal einen Blick in den Briefkasten, in dem tatsächlich ein Brief lag. Von Dad konnte er diesmal nicht sein, denn der schrieb nur einmal im Monat.

Neugierig guckte ich mir den Absender an und musste diesmal grinsen. Mein Bruder Kyle aus Japan schrieb mir.
 

„Halli hallo, liebstes Schwesterlein! Ich weiß, ich hab euch schon lange nicht mehr besucht. Aber nächsten Monat ist ja Weihnachten und da werde ich euch doch glatt mal belästigen kommen! Jaja, du wirst jetzt die Augen verdrehen und mir den Arsch verfluchen, aber weißt du was? Nicht mein Problem, haha! Übrigens hab ich seit kurzem eine neue Freundin, die ich dir gerne vorstellen mag. Ihr werdet euch bestimmt super verstehen. Bis nächsten Monat! Dein geliebter und über geiler Bruder, Kyle!“
 

Yeah!!! Kyle würde zu Besuch kommen!!! Ich konnte es kaum erwarten!! Mit dem Brief in der Hand stürmte ich runter zu Koshy, bei der auch Rico gerade zu Besuch war.

„Juhuuuu!!!“ „Chann...? Was ist denn mit dir los? Zu viel Cola und Alkohol gestern?“, fragte Rico belustigt. „KYLE KOMMT HIERHER!!! NÄCHSTEN MONAT!!! WUHUU!“, jubelte ich und rannte dabei durch die ganze Wohnung. Meine beiden Geschwister guckten sich ausdruckslos an, doch dann verstanden sie endlich auch, was ich eigentlich meinte und fingen ebenfalls an sich zu freuen.

Ich liebte Kyle! Zwar hassten wir uns in unserer Kindheit, doch kurz bevor wir getrennte Wege gingen, waren wir ein eingefleischtes Team! Endlich könnte ich jemandem von allem erzählen was mich so bedrückte. Kyle war von meinen Geschwistern der mir Nahestehenste. Vor ihm brauchte ich keine Geheimnisse zu haben.

Koshy und Rico erzählte ich zum Beispiel auch nicht, dass ich mich in einen jungen Mann verliebt hatte, den ich gestern erst kennen lernte. Koshy würde mich für wahnsinnig erklären und Rico würde Yosh totschlagen wollen. Er akzeptierte keinen Kerl, der Interesse an mir zeigte, denn jeder Typ in meiner Nähe wäre immerhin ein potenzieller Herzensbrecher. Daher schwärmte ich den ganzen Tag still vor mich her. Es war ein typischer langweiliger Sonntag.

Meine ganzen Freundinnen waren anderweitig beschäftigt und keine von ihnen hatte Zeit etwas zu unternehmen. Nicht einmal zum Telefonieren hatten sie Zeit, weswegen ich mir ein paar Stunden nahm um meine Kräfte wieder einmal zu trainieren. Wie Yoshi wohl reagieren würde, wenn er von meinen Kräften wüsste?

Ob er es verstehen würde?

Gegen Abend bekam ich einen Anruf von ihm. Er fragte mich, ob er noch einmal bei mir schlafen könne, was ich natürlich niemals abgewiesen hätte! Am liebsten hätte ich nun jede freie Minute mit ihm verbracht. Als wir abends zusammen auf meinem Sofa lagen, erzählte ich ihm von meinem Leben, von meinen Geschwistern und von meinen Freunden. Und auch ihn durfte ich etwas besser kennenlernen. Seine Hobbys waren Feiern gehen und Faulenzen, denn das Studium beanspruchte ihn sehr. Meist lenkte er sich damit dann etwas ab.

Ich genoss den Abend sehr, denn er drängte mich zu absolut gar nichts. Ich wollte mir noch etwas Zeit lassen und ihn besser kennenlernen, bevor da mehr liefe. Doch zumindest bevor er abreisen würde, wollte ich ihm noch eine richtige Nacht mit mir schenken, das nahm ich mir fest vor.

Mit Erleichterung durfte ich ebenfalls feststellen, dass die Alpträume wegblieben, so lange er bei mir schlief. Für mich ein kleines Wunder, denn endlich konnte ich wieder richtig schlafen, im Gegensatz zu meinen beiden Freundinnen Naga und Rachel, denen ich am nächsten Morgen wieder im Schulbus begegnete. Auf Naga war ich etwas sauer, doch ohne ihre Hartnäckigkeit hätte ich Yoshi nicht kennen gelernt. Allerdings beschloss ich die Sache mit ihm für mich zu behalten – zumindest vorerst.

Beide Mädels sahen sehr verschlafen aus, als hätten sie das ganze Wochenende über kaum ein Auge zu bekommen. Wahrscheinlich auch wieder Alpträume! Sheela hingegen war hellwach und beäugte die Beiden skeptisch. Praktisch schwiegen wir den gesamten Weg über, doch unser Schweigen wurde gebrochen in der ersten Schulstunde... Als uns plötzlich eine neue Mitschülerin vorgestellt wurde, die genauso aussah wie ich! …

„Leute, darf ich vorstellen? Kaze Arroused, mein Name. Freut mich euch kennen zu lernen.“
 

~ Kapitel 3 ~ Die mysteriöse Frau ~ Ende ~ Fortsetzung folgt ~



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