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自主性

Unabhängigkeit (Minase x Sono
von

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Es begab sich zu längst vergangener Zeit, dass es nicht jedem vergönnt war, sein Leben in die eigenen Hände zu nehmen und einfach den eigenen Wünschen hinterher jagen zu können. Eine Zeit, in der engstirnige Eltern das Handeln ihrer Sprösslinge hinterfragten und in ihrem Sinne lenkten. Der Unmut der jungen Generation wuchs von Jahr zu Jahr und dennoch gab es für die wenigsten einen Ausweg aus den familiären und feudalen Verpflichtungen. Sie wurden von Geburt an so erzogen, dass es für keinen in den Sinn kam, sich dem elterlichen Willen zu widersetzen.
 

Genau in solch einer Gesellschaft lebte Sono ohne eine Möglichkeit, seiner eigenen miserablen Lage entfliehen zu können. Der junge Herr saß auf einer Treppenstufe, welche hinaus in ihren großzügig angelegten Garten führte. Sein dunkles, kurzes Haar lag vom Wind zerzaust auf seinem Kopf, sein blauer Kimono bedeckte seine blasse Haut und verlieh ihm ein zerbrechliches Aussehen. Zu seinen Füßen hüpften Spatzen nach Reiskörnern, die er verstreut hatte und sah ihnen nun dabei zu. „Sono-sama. Junger Herr“ Der junge Mann sah den aufgescheuchten Vöglein hinterher und beneidete sie um ihre Freiheit und Unabhängigkeit. „Junger Herr!“ Die Stimme des Dienstmädchens wurde eindringender. Schwer atmend stand Sono auf, streckte sich in die Höhe und drehte sich dann zum dem jungen Ding um. Sie war eine der Dienstmädchen in dem Haushalt seiner Eltern und schon seit ihrem zehnten Lebensjahr bei ihnen. Ihre Eltern hatten Geldnöte und sie an seine Eltern verkauft. Sie, Machiko war von zierlicher Statur, hatte langes, dunkel braunes Haar, das sich in den Spitzen leicht kringelte. Ihre großen Augen sahen ihn in diesem Moment besorgt an. „Die ehrenwerten Herrschaften warten auf Sie.“ Mit einer tiefen Verbeugung drehte sie sich um und ging ihm voraus ins Wohnhaus zurück. Widerwillig verschloss Sono seine Gefühle hinter einer Maske und folgte dem jungen Mädchen zurück zu seinen Eltern zurück. Das Zimmer war im Ostteil des Gebäudes, wo die Zimmer weiträumiger waren und einen Blick auf die Stadt im Tal hatten. Diesen Wohnsitz hatten seine Großväter auf dem erhöhten Teil der damals florierenden Stadt erbauen lassen. Sie stammten von einer wohlhabenden Kaufmannsfamilie ab, aber unter Samurai waren sich nicht sonderlich beliebt, denn sie befolgten nicht den Ehrenkodex der Samurai. Dennoch hatte Sono selten so strenge Eltern erlebt wie die seinen.
 

Sono verbeugte sich tief, als ihr Dienstmädchen vor ihm die Tür geöffnet hatte und über den Tatamimatten zur Seite gerutscht war. Der junge Mann schritt mit gesenktem Kopf in den Raum, nachdem er dazu gebeten wurde, und kniete sich, seinen Eltern gegenüber vor ein kleines Tischchen, auf welchem eine schönverzierte Teeschale stand. Eisiges Schweigen lag zwischen ihnen, was ihm zeigte, dass seine Eltern erst kurz zuvor über ihn geredet hatten. „Ihr habt nach mir verlangt?“ Sonos Stimme war belegt, ruhig und ein wenig rau. Jeder andere hätte seine Stimme als sehr männlich beschrieben, trotz seinen sehr jungen Jahren. „Das haben wir, in der Tat.“ Die kalte Stimme seines Vaters schnitt durch die Luft wie ein metallenes Klirren. „Wir haben etwas zu besprechen… Nein, eigentlich steht alles fest. Wir haben eine überaus vorteilhafte Ehe für dich vereinbart. Das junge Fräulein ist jung, schön und eine gute Köchin. Darüber hinaus stammt sie aus sehr gutem Hause und hat eine ausgezeichnete Ausbildung genossen. Du kannst dich also sehr glücklich schätzen!“ Sono hörte seinem resoluten Vater nicht mehr zu, der ihm doch glatt alle Vorzüge dieser fremden jungen Frau aufzählte, doch dass alles interessierte den jungen Herrn nicht. Er zupfte sich eine schwarze Strähne aus dem Gesicht, blickte auf, verbeugte sich vor seinen Eltern und verließ missmutig das Zimmer. Natürlich zeigte Sono das nicht, denn er hatte es früh gelernt, seine wahren Emotionen hinter einer harten Maske zu verbergen. Es war überlebenswichtig, dass er diese Fähigkeit hervorragend beherrschte. Auf leisen Sohlen stahl er sich durch die Gänge, kaum ein Geräusch war von ihm zu hören, denn er bewegte sich immer mit höchster Aufmerksamkeit und inneren Ruhe, die er nur zu gerne nach außen ausstrahlte und nicht selten auf seinen Gegenüber übertrug. Die Zimmer seiner Eltern hinter sich lassend ging er zu seinem Lieblingsplatz zurück, welchen er erst vor geraumer Zeit aufgegebene hatte, um von dem Untergang seiner minimalen Freiheit zu erfahren. Seufzend setzte er sich wieder auf die Treppen vor seinem Schlafgemach. Es lag noch eine hauchdünne Schicht Schnee auf ihrem schönen Garten, übersät mit kleinen, feinen Vogelspuren. Sonos Blick wanderte über ihren Zengarten, der seine innere Ruhe durchaus wiederspiegeln konnte, obwohl eine gewisse Unruhe in ihm aufstieg. Sono wollte nicht heiraten. Noch nicht. Nicht einfach so. Er wollte selbst bestimmen wen und wann er heiratete. Warum mussten das Eltern über die Köpfe ihrer Kinder hinweg bestimmen. Ob es seiner zukünftigen genauso erging, oder gar schlimmer?

Fröhlich zwitschernd landete ein kleiner Vogel auf Sonos Knie. Mit schwarzen Augen blickte dieser kleine Vogel in seine dunkel braunen Augen. Sono beneidete den kleinen, so hatte er alles, was Sono sich schon immer gewünscht hatte. Freiheit und Unabhängigkeit. Die Kälte spürte der junge Mann gar nicht mehr, zu oft und zu lange verbrachte er seine Zeit außerhalb gewärmter und windgeschützter Räume in der freien Natur. Als freie Natur konnte man ihren stillen Garten nicht bezeichnen, aber hier in der Ruhe und Einsamkeit fühlte sich Sono am wohlsten, besonders während dem Winter, wenn sie alle dicht an dicht im Wohnhaus die Zeit zusammen verbrachten. Des Vogels Krallen durchstachen den Stoff Sonos Kleidung und piekten in seinen Oberschenkel, doch es machte Sono nichts aus. Im Gegenteil. Auf seinem Gesicht breitete sich ein sanftes Lächeln aus; das erste seit vielen Wochen. Er spürte, dass er doch am Leben war und nicht taub und tot war.
 

~~*~~
 

Das Abendrot breitete sich aus, über Mensch und Natur und die leichten Wolken, welche am Horizont dunkler und dicker wurden, kündigten neuen Schnee an. Sono saß vor einer halbgeöffneten Tür und blickte über die Stadt im Tal. Es würde nicht mehr lange dauern, bis dick flockiger Schnee dicht aus den Wolken fallend die Landschaft neu zudecken würde. Der junge Mann erhob sich, schob die Tür weiter auf, trat auf den Umgang hinaus und schloss die Tür hinter sich. Draußen blies der Wind unter seinen Kimono und durch seine Haare und trug den Geruch von Leben mit sich. Sono schritt auf leisen Sohlen um das Gebäude herum und ließ sich vor dem Tor, die Schuhe anziehend, nieder. Sono schlug den Weg zu ihrem Stall ein, wo er seinem Pferd einen Besuch abstattete. Seinen schwarzen Hengst hatte er Yaza getauft. Ein Pfeil, welcher sein Ziel immer erreicht. „Na Yaza, mein alter, getreuer Freund. Lust auf einen Ausritt im Schnee?“ Sonos sanfte Worte flüsterte er in des Pferdes Ohr und streichelte ihm dabei über den Rücken. Ja, Yaza war sein Freund, vielleicht sein einziger Freund, den er in dieser Familie hatte. Der schwarzhaarige zog dem Pferd das Zaumzeug an und sattelte es für einen gemeinsamen Ausritt. Geschickt schwang er sich auf des Pferdes Rücken und ritt auf diesem dann aus dem Stall und von ihrem Grundstück die Straßen der Stadt entlang. Viele Menschen waren nicht mehr unterwegs, denn es dämmerte schon und der nahende Schneefall hielt die meisten Menschen davon ab, die sicheren Mauern der Stadt zu verlassen. Ihm machte es jedoch nichts aus, nach Einbruch der Dämmerung raus zu reiten und seine nervigen Verwandten zurück zu lassen. Sono lenkte sein Pferd nach links, dann nach rechts und wieder nach rechts. So lange bis er die äußerste Stadtmauer vor sich aufkommen sah. Die Rufe der Wachposten ignorierend galoppierte der junge Reiter durch das Tor hinaus in den Sonnenuntergang auf die ruhigen Felder zu, wo zu späterem Zeitpunkt im Jahr Reisangebaut werden würde. Zwischen den Feldern durchreitend spürte er das Leben und auch die Lebensfreude des Pferdes seinen eigenen Körper durchströmen. Eng an dessen Körper geschmiegt ließ er Yaza die Schritte beschleunigen und so setzten sie ihren Trip in Richtung Wald vor.
 

Im Schatten der Bäume stoppte er sein Pferd und stieg schwungvoll ab. Der Wald übte eine starke Anziehung und Faszination auf ihn aus. Sono griff nach den Zügeln und führte sein Pferd zwischen den Bäumen auf begehbaren Boden durch, sodass sich Yaza nicht verletzen würde. Mit einem Blick über seine Schulter erkannte, dass der Schneefall bereits begonnen hatte und diese Schneefront in Kürze auch ihn und sein Pferd im Wald erreichen würde. Seufzend wandte er sich wieder seinem Pferd und dem Pfad zu, den er zu beschreiten gedachte. Die Dämmerung spendete wenig Licht, welches bald vom starken Schneefall restlos geschluckt werden würde. Sono spürte wie das Yaza scheute und lag beruhigend seine Hand auf dessen Nacken, damit es ihm nicht davon lief. Selbstbewusst bahnte sich Sono den Weg durch die immer engerstehenden Bäume und zog seinen schwarzen Hengst mit sich. Er würde ihm ein guter Freund sein, doch der Schneefall erschwerte ihren Ausritt erheblich und vor allem schwerer, als es Sono zuerst gedacht hatte. Der Mann schwang sich auf den Rücken des Pferdes, sodass es sich völlig seinem Willen beugte, da es nun, da Sono auf seinem Rücken saß, die Wärme und Nähe des Menschen spürte, sich weniger nervös und ängstlich verhielt. Langsamen Schrittes stapfte das Pferd mit Sono durch den Wald in Richtung Stadt, wie Sono glaubte, doch es war beiden schier unmöglich, weiter als ein paar Meter zu sehen. Wenn es so weiter gehen würde, würden sie die Nacht draußen im Wald bei einem äußerst starken Schneefall frierend verbringen müssen. Widerwillig sah sich Sono wildumherblickend um. Kein Unterschlupf, der sie vor dem eisigen Winde schützen würde, zu erblicken, sodass sich Sono zwang, Yaza umzudrehen und langsam den Rückweg einzuschlagen. Er trieb sein Pferd etwa eine Minute lang an, dann erkannte Sono besorgte, dass ihre Spuren bereits von frischem Schnee bedeckt und somit nicht mehr zu sehen waren.
 

„So ein M…“ Sono war wütend auf sich selbst. Warum war er nur in den Wald reingeritten? Dazu bestand doch nun wirklich kein Grund. Jetzt würde er zusehen müssen, dass er seinen treuen Freund Yaza heil in den Stall zurück bringen kann. So schwang er sich seitlich vom Sattel, nahm die Zügel in die Hand und zog Yaza hinter sich her, in der Hoffnung, die richtige Richtung zurück eingeschlagen zu haben. Doch nach vielen, langen Minuten, in denen die Helligkeit immer mehr abgenommen hatte, musste Sono feststellen, dass er sich vollkommen verlaufen hatte und zu seinem Unglück die Nacht nun endgültig eingebrochen war.

Der junge Herr verlangsamte seine Schritte, bis er schließlich stehen geblieben war. Dunstschwaden seines und des Pferdes Atem stiegen schleierhaft neben ihnen auf. Beide Lebewesen begannen zu zittern, als sie nicht mehr in Bewegung waren. „Nicht stehen bleiben“ flüsterte Sono und so zog er Yaza mit sich nach einem Unterschlupf für die Nacht suchend. So irrten der tapfere Mann und sein tapferes Pferd Minute um Minute, Stunde um Stunde.
 

~~*~~
 

Dass er bei dem Schneetreiben überhaupt weit kam, wunderte Minase. Als Jäger kannte er den Wald um die Hauptstadt herum wie die Satteltasche seines Pferdes. Er stapfte mit seinen Taschen durch den Wald und bemerkte bald, dass dort, wo die Bäume dichter standen, Spuren im Schnee waren. Aber keine von Waldtieren, sondern, wie Minase glaubte, von einem Pferd stammten. Verwundert, trat der Jüngling näher ran und besah sich die Spuren genauer. Nun, da er nur wenige Zentimeter von diesen entfernt war, erkannte er sogleich, dass auch Fußspuren eines Mannes darunter waren. Beunruhigt blickte sich der junge Mann um. Diese Spuren waren noch nicht vollständig vom Schnee bedeckt, sodass sie noch nicht sehr alt sein konnten. Angespannt stand er auf, blickte hastig umher und spitzte seine Ohren. Von nicht allzu weit entfernt hörte er jemanden, oder etwas, röchelnd Atem holen. Vorsichtig, langsam Schritt für Schritt näherte er sich durch den leise knirschenden Schnee dem Geräusch. Minase blieb hinter einem breiteren Baum stehen, unter wessen Äste er vor dem Schnee geschützt war und besah sich dieses Etwas, das in etwa zwei Meter Entfernung im Schnee lag. Minase musste bei der Dunkelheit seine ganze Konzentration auf sein Sehvermögen lenken, damit er etwas erkennen konnte. Erschrocken stellte er fest, dass dort ein schwarzes Pferd im Schnee lag. Besorgt näherte er sich dem Tier, welches seinen Kopf auf ihn richtete, nachdem es seine Schritte gehört hatte, doch es schien nicht im Geringsten besorgt, nervös oder verängstigt. Langsam schritt er auf das Pferd zu und bemerkte erst, nachdem er nur noch eine oder zwei Fußlängen entfernt war, dass neben dem Pferd ein Mann im Schnee lag. Er sprang über das Pferd uns kniete sich zu dem jungen Mann runter. Dieser schien halberfroren und zitterte ganz schlimm. Mit zittrigen Händen drehte er den Mann auf den Rücken und sah, dass er dunkle Lippen und Augenringe hatte. Minase durfte keine Zeit verlieren, wenn der junge Mann, welche älter als er selbst zu sein schien, seinen Ausritt überleben sollte. Minase zog Sono hoch auf den Rücken des Pferdes, welches sich sogleich aufrichtete und sich von Minase am Zügel ziehen ließ. Der Wind heulte durchs Geäst und blies den dreien den Schnee um die Ohren.

Es dauerte nicht lange, da hatte Minase den Weg zurück zu den Reisfeldern zurück gelegt. Erleichtert klopfte er Yaza auf den Nacken und besah sich Sono, welcher wie Espenlaub zitterte. Sie mussten sich wirklich beeilen. Sie würden schneller voran kommen, wenn er nicht gehen, sondern auch reiten würde. Minase blickte in Yazas schwarze Augen. „Ich darf doch auf dir reiten, junger Freund?“ Minase änderte Sonos Liegeposition so, dass er selbst sich hinter den fremden Mann auf den Rücken des Pferdes schwingen konnte. Vorsichtig legte er einen Arm um den Mann, mit dem anderen griff er nach den Zügeln. Er ließ das Pferd über die Pfade galoppieren, sodass sie innerhalb kürzester Zeit ans Stadttor gelangt waren.
 

Dort dauerte es, bis ein Wachposten, welcher sicherlich eingenickt war, das Rufen Minases gehört hatte und auf die Absperrung trat. Dieser barbärtige Mann beäugte sie argwöhnisch, ließ sie aber dennoch passieren, nachdem Minase im seinen Namen und seinen Beruf genannt hatte. Jäger waren oft bis spät in die Nacht im Wald auf der Jagd, sodass der Wachposten keinen Grund zum Meckern gehabt hätte, doch er grummelte „Bei so Wetter bleibt man nicht so lange draußen im Wald, Jungchen!“. Das Klappern der Hufe war auf dem Straßenpflaster laut zu hören, sodass ihm sein alter Herr im Hausflur entgegen trat. „Was schaffst du bei so einem Unwetter solange im Wald? Und auf wessen Pferd bist du geritten gekommen?“ „Das weiß ich noch nicht.“ „Wie das weißt du noch nicht?“ Die Augen seines Vaters funkelten ihn zornig und besorgt zugleich an. „Ich habe diesen Mann im Wald gefunden. Sein Pferd hatte neben ihm gelegen um ihm Wärme zu spenden. Ich habe den Hengst erst einmal in den Stall gebracht, sodass ich mich später um es kümmern kann. Zuerst muss ich mich um ihn hier kümmern.“ Mit seinen letzten Worten legte Minase Sono auf die Tatamimatten zu Füßen seines Vaters. Besorgt beugten sich beide Männer zu Sono runter. „Ich kümmern mich um das Pferd. Kümmer du dich um den jungen Mann, mein Sohn.“ Damit stand er auf, ließ seinen Sohn alleine mit Sono zurück und schritt hinaus zu ihrem Stall. Auf dem Flur hinaus begegnete der Vater seiner Frau welche er gleich um heißes Wasser und frische Kleidung für den jungen Herrn bat. So machte sich die kleine Familie daran, den immer noch stark zitternden Mann zu versorgen. Minase trug Sono in ihr kleines Bad, wo er erst Sono entkleidete, dann mit heißem Wasser wusch. Minase fiel die helle, sanfte Haut des anderen auf und schloss dass er aus einem wohlstämmigen Hause stammen musste, denn sonst würde sich wohl die guten Pflegemittel nicht leisten können. Als er fertig war, Sono zu waschen, zog er ihm einen dicken Wollkimono an, sodass der fremde, junge Mann gegen die Kälte geschützt war. Erleichtert stelle Minase fest, dass Sono wieder an Farbe gewonnen hatte und nicht mehr so stark zitterte. Also hatten sie es geschafft. Sanft legte er seinen Fund auf einen Futon, welchen seine Mutter mit einer Bettpfanne voll heißer Kohle vorgewärmt hatte. Die gute Frau hatte Tee zubereitet, den sie nun gemeinsam tranken und auch ein wenig Sono einflößten. Minases Vater war auch damit fertig geworden, sich um das Pferd zu kümmern. „Der junge Mann muss aus reichem Hause stammen.“ Flüsterte der alte Mann. „Es scheint ihm besser zu gehen. Gut. Jetzt bist du dran, mein Junge. Du solltest dir auch ein warmes Bad gönnen.“ Minases Vater trank seinen Tee aus, stand auf und verließ ohne ein weiteres Wort das Zimmer. „Wir waren in großer Sorge um dich. Zum Glück bist du gesund wieder da. Nun nimm ein Bad. Ich werde so lange bei unserem Gast bleiben, bis du wieder da bist.“ Die Stimme seiner Mutter war sanft, hell und bewies, dass die gute Frau trotz der späten Stunde wach. Minase nickte ihr ergiebig zu, stand auf und schritt durch das Haus in sein Zimmer. Mit einem warmen Wollkimono bewaffnet schloss er die Tür zum Bad hinter sich. Minase entkleidete sich zügig komplett, setzte sich auf ihre Badehocker, schruppte sich von Oben bis Unten mit einfacher Badeseife, schüttete sich Wasser über Kopf, bis der Seifenschaum und Dreck gänzlich weg gespült war, und stieg dann in das noch heiße Badewasser. Die Hitze stieg ihm direkt zu Kopf, doch es war ein sehr angenehmes Gefühl und erleichtert seufzend legte er sich zurück und genoss die Wärme für ein paar Minuten. Er wollte seine Mutter nicht zu lange warten lassen, nicht weil er ihr es nicht zutraute, sondern weil er sie nicht so lange wach halten wollte. Der junge Mann stieg aus, bedeckte das Badebecken wieder und trocknete sich mit dem Stoff ab, der dazu bereit gelegt worden war. Seine Mutter war echt ein Schatz.
 

Sie hatte seine Schritte auf den Tatamimatten nicht gehört und war deswegen leicht erschrocken, als er ihr seine warme Hand auf die Schulter gelegt hatte. „Du kannst jetzt zu Bett gehen, Mutter. Ich werde meinen Futon neben ihm aufbauen und die Nacht über ihn wachen. Gute Nacht.“ „Gute Nacht.“ Er hörte sie noch leise den Flur entlang gehen und die Schiebetür auf und zumachen. Minase warf einen Blick auf den schlafenden Mann, ging dann, die Schiebetür offenstehend lassend, in sein Zimmer, um seinen eigenen Futon zu nehmen und diesen ins Wohnzimmer zu verfrachten. Dies erledigte der langhaarige in fast vollkommener Stille, sodass er Sono nicht aufwecken konnte. Als er neben dem fremden Mann lag besah er sich dessen Gesicht. Seine Nase und sein Kinn waren etwas spitzer als bei den meisten Menschen hier zu Lande, aber sehr ebenmäßig und seine Haut war etwas heller als üblich. Er war auf seine eigene Art und Weise echt hübsch. Minase würde die Nacht wohl wenig schlafen können, aus Sorge um den fremden, hübschen Mann der nun friedlich neben ihm schlief. Wie der wohl am nächsten Morgen reagieren würde, fragte sich Minase in Gedanken selbst und musste schmunzeln, als er sich das irritierte Gesicht des anderen vorstellte.
 

~~*~~
 

Leise Stimmen drangen bis zu seinen Ohren vor. Vereinzelte Geräusche von Füßen, welche schnell über die Tatamimatten schritten, gelangten zu ihm ins Wohnzimmer. Verunsichert und noch vollkommen verschlafen öffnete er die schweren Lieder seiner Augen. Sono nahm die ihm unbekannte Umgebung erst nur verschwommen war, doch der Nebel auf seinen Sinnen legte sich schnell und ihm wurde bewusst, dass er bei jemand völlig fremden sein musste. Nervös richtete er sich auf und sah sich in dem dunklen Raum genauer um. Er war voll mit Wandschränken und weißen Wänden. Die Tatamimatten sahen neu verlegt aus, was darauf deutete, dass diese erst vorkurzem ausgewechselt worden waren. Neben ihm standen ein kleiner, aus feinem Holz gearbeiteter Kotatsu und eine kalte Bettpfanne auf seiner anderen Seite. Sono war verwirrt. Er versuchte sich an die letzte Nach zu erinnern, doch alles was ihm ins Gedächtnis kam, waren der starke Schneefall, der Moment, als er zusammen geklappt war und der Moment in dem er wach wurde. Dazwischen war nur eine klaffende Leere, die es zu füllen galt. Mit dem Rücken zur Schiebetür und in Gedanken versunken merkte Sono nicht, wie Minase hinter ihm den Raum betrat und leise die Tür hinter sich schloss. „Sie sind also endlich wach.“ Sono bekam fast ein Herzinfarkt als er sich blitzschnell zu Minase umdrehte. Dessen plötzliche Worte hatten Sono erschreckt. „…ja….ja…“ Sono stammelte nur vor sich hin und hielt seine Hand auf seine Brust gedrückt. Minase missdeutete diese Haltung und beugte sich zu dem schwarzhaarigen hinunter. „Haben Sie Schmerzen? Fühlen Sie sich sonst irgendwie unwohl?“ „Nein, mir geht es sehr gut. Ich nehme an, dass ich das Ihnen zu verdanken habe?“ Minases Augen sahen den Fremden freundlich und warmherzig an. „Ja.“ „Vielen Dank, dass sie mich gerettet haben. Haben…“ Sono kam ein jäher Gedanke. Wo war Yaza? Hatte sich das Pferd von ihm getrennt und war nun irgendwo im Wald? „Ihr Pferd haben wir, also mein Vater, auch versorgt.“ Sonos Sorge musste ihm wohl ins Gesicht geschrieben gewesen, genauso auch jetzt, wie jegliche Sorge von ihm fiel. „Haben Sie vielen Dank. Wie kann ich das wieder gutmachen?“ Minase lächelte sanft, stellte erleichtert fest, dass der junge Mann vor ihm wirklich aus gehobenem Hause stammte. Das hörte er an seiner Sprechweise und sah es an seiner gesenkten Haltung. „In dem Sie mir Ihren Namen mitteilen und mich über Ihren Wahnsinn aufklären, der sie dazu trieb, bei solch einem Wetter auszureiten und dann auch noch bei Nacht.“ Sono sah sein Gegenüber nicht an. Zu peinlich waren ihm seine Beweggründe und seine Tollheit, auch noch in den Wald zu reiten. Im Nachhinein war es doch wirklich dämlich gewesen und eine große Gefahr für Yaza und ihn. „Mein Name ist Sono…“ Mehr wollte er nicht preisgeben. „Und mein Wahnsinn geht Sie nichts an. Ich bin Ihnen und Ihrer Familie aber sehr dankbar für das, was Sie für mich und mein treues Pferd getan haben.“ Mit einer tiefen Verbeugung berührte er den Boden mit der Stirn vor Minases Füßen. Minase war mit dem Ausgang ihrer Unterhaltung so gar nicht zufrieden. Natürlich verstand er die Distanz, die Sono zum ihm hielt und auch seine Erziehung verbot es ihm eigentlich weitere Fragen zu stellen. Dies wäre unerhört und unsagbar unhöflich gewesen, aber Minase war nun mal wie er war. „Ich heiße Minase und mein Beruf ist Jäger. Genau wie mein Vater und der Vater meines Vaters. Ich habe Sie letzte Nacht im Wald gefunden und mit hierher gebracht. Darf ich Sie fragen, aus welcher Stadt Sie stammen? Ihre Familie wird sich sicherlich schon arg um Sie sorgen.“ Aber auch nur weil sie, wenn ich fernbleiben würde, die arrangierte Hochzeit wieder annullieren müssten, dachte Sono, sagte es aber nicht. Diese Blöße wollte er sich vor Minase nicht geben, zumal dieser jünger als er zu sein schien.
 

„Aus der Hauptstadt.“ „Sehr schön. Dann beruhigt es Sie sicherlich zu hören, dass Sie sich in eben dieser befinden. Unser Laden, in welchem wir unsere erlegten Tiere verkaufen, befindet sich im östlichen äußeren Stadtbezirk, junger Herr.“ Von einem Fremden, der seine Stellung nicht kannte, nur erahnen konnte so genannt zu werden, bereitete Sono Unbehagen. Um sein Verstehen zu äußern, nickte er Minase zu. Insgeheim fragte sich der schwarzhaarige, wie alt der langhaarige war, denn er wirkte jünger als er und dennoch um so viele Erfahrungen reicher. Woran lag das nur? Seufzend fuhr sich Sono mit seiner Hand durch sein strubbliges Haar und blickte dabei seinen Gesprächspartner ununterbrochen an. Keiner der beiden konnte leugnen, dass das was sie sahen, ihnen sehr gefiel. „Sind Sie bereit, Ihren Rückweg anzutreten?“ Sono wollte nicht zurück, nicht nach Hause, nicht zu seinen Eltern. Er wollte weg von dort und war doch nicht in der Lage, für sich selbst und sein Pferd zu sorgen. Er war ein kleines verhätscheltes Kind im Körper eines erwachsenen Mannes. „Sie können aber auch noch einen Tag hier verbringen. Nur müssen Sie uns dann etwas zur Hand gehen…“ Minase schlug es nicht vor, weil er Sono helfen wollte, sondern weil er mehr über ihn in Erfahrung bringen wollte und dies würde mit direkten Gesprächen viel einfacher werden. „Was müsste ich den zum Beispiel machen?“ Sono klang nicht nur interessiert, sondern auch wirklich aufrichtig interessiert. „So dies und das, je nach dem, was anfällt. Vor allem aber Schreibarbeiten, zur Jagd sind Sie nicht geeignet und zu unerfahren, das kann nicht jeder machen.“ Minase grinste breit, denn er glaubte zu wissen, dass ihr Besucher wohl noch etwas länger zu verweilen gedachte und freute sich schon, auf die Reaktionen der alten Herrschaften, die gerade vorne im Laden die Jagdbeute verkauften. Nun ja, Minase hatte in der Nacht seine Beute zurückgelassen, um Sono und seinem Pferd zu helfen, sodass heute nur das bearbeitete Fleisch verkauft wurde, denn nur wenige wollten dies selbst übernehmen. Geschweige denn, dass es jemand gekonnt hätte. „Gut, in Ordnung. Wenn es für Ihre werten Eltern auch in Ordnung geht…“ „Warum sollte dem nicht so sein?“ „Jeder hat seine eigenen Umstände, in die kein fremder eintreten können sollte.“ Sonos Wortwahl nicht nur höflich, sein ganzes Gebären zeugte von großer Höflichkeit und großem Anstand. Seine Eltern hatten ganze Arbeit geleistet, dachte Minase, lächelte Sono höflich zu, flüsterte ein paar Worte und ging dann zu seinen Eltern, um ihnen die freudige Nachricht über den Verbleib Sonos zu berichten. „Schön, dass der junge Herr aufgewacht und wohlauf ist.“ Seine Mutter schien ernsthaft erleichtert und lächelte über das ganze Gesicht. „Weißt du Mutter, ich glaube, er stammt von der Kaufmannsfamilie auf dem Berg ab.“ „Was gibt dir den Grund dazu, dies zu glauben, mein Junge?“ „Seine höfliche Art zu sprechen und sein ganzes Verhalten.
 

Außerdem hat er einen sehr ungewöhnlichen Vornamen. Keine normale Familie würde ihren Sohn so nennen.“ „So etwas sagt man nicht, Minase!“ Ja, Minase hatte doch zeitweise vergessen, dass auch er einen eher ungewöhnlichen Vornamen hatte und dennoch aus einer normalen Familie stammte. „Tut mir leid, Mutter. Ich wollte dich nicht verletzen!“ Er verbeugte sich vor seiner Mutter, ließ sie alleine und ging zurück zu Sono. „Ich glaube, du nimmst heute besser noch ein heißes Bad. Das belebt dich wieder ein bisschen.“ Kichernd verbeugte er sich nun auch vor Sono. „In Ordnung.“ Sono verbeugte sich ebenfalls vor dem langhaarigen, stand auf und folgte Minase in ihr Bad. „Das Wasser ist noch schön heiß.“ Eine unnötige Information, wie Sono dachte, denn nachdem Minase die Abdeckung von der Wanne genommen hatte, dampfte es stark und ließ die Raumtemperatur augenblicklich ansteigen. „Dort liegen frische Baumwollstoffe. Die können Sie dann zum abtrocknen benutzen. Sie finden mich dann vorne im Laden.“ Damit schloss Minase die Tür hinter sich und ließ Sono sich selbst in dem kleinen Badezimmer. Sono sah noch einen Augenblicklang Minase hinterher auf die verschlossene Tür, wandte sich dann aber wieder dem heißen Badewasser zu. Der schwarzhaarige Mann entkleidete sich schnell, setzte sich auf den Badehocker, schäumte sich mit der Badeseife ein, welche einen ihm unbekannten Geruch verströmte, aber sehr angenehm roch und übergoss sich dann selbst mit einem Eimer Wasser, sodass der Seifenschaum von seinem Körper geschwemmt wurde. Danach stand er auf und stieg in das heiße Wasser ein. Als er die flüssige Oberfläche durchbrach durchströmten ihn neue Lebensgeister und sofort entspannte sich sein ganzes Nervenkostüm. Er hätte ewig in dieser wohligen Wärme verbringen können, doch er wusste, dass er unhöflich sein würde, wenn er länger als nötig in diesem göttlichen Wasser verweilte. Nachdem Sono das schöne Nass verlassen und abgetrocknet hatte, fiel sein Blick auf seinen eigenen Kimono, welcher sauber und trocken war. „Dieser junge Mann ist echt ein Goldschatz!“ Erleichtert, nicht mehr auf die Kleidung fremder angewiesen zu sein, zog er seinen Kimono an, welcher nun kalt, aber angenehm auf seiner Haut lag. Den Wollkimono, den er noch bis vor kurzem getragen hatte, legte er feinsäuberlich zusammen und nahm ihn mit, denn er wusste nicht wo er ihn hätte hinlegen sollen und noch mehr Umstände wollte er dieser Jägerfamilie nicht machen. Allein die Tatsache, dass er noch etwas länger zu verweilen gedachte, musste schon anstrengend genug sein, da musste er sie nicht auch noch hinter sich her putzen lassen.
 

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„Sie haben gute Arbeit geleistet!“ „Vielen Dank für Ihr Wohlwollen!“ Eine förmliche Floskel folgt der vorherigen. Darin war die Gesellschaft unschlagbar und doch lag darin ihr Schutz von innen. Wer sich an Regeln und Floskeln hält brauch nichts zu fürchten und ist in der Gesellschaft anerkannt. So war es schon immer und so wird es auch immer bleiben. Minase ging Sono voraus zu ihrem Stall, in dem nicht nur ihre Pferde sondern seit gestern Nacht auch Yaza stand. „Ihr schwarzer Hengst steht in unserem Stall, allerdings alleine. Wir wollten ihn weder zu unseren Hengsten dazu stellen, noch zu unseren Stuten, auch wenn daraus sicherlich prächtige Fohlen hätten entstehen können.“ Minase konnte ein Grinsen nicht unterdrücken und auch Sono nicht. „Vielen Dank!“ Sono verbeugte sich höflich, was Minase, der vor ihm ging, natürlich nicht sehen, aber er ahnte es. Der langhaarige öffnete das Tor zum Stall, dich die Aufmerksamkeit Sonos lag auf ein paar Vöglein, welche in dem Kirschbaum saßen, der in dem kleinen Hinterhof wuchs. Sie zwitscherten ein fröhliches Lied, dass Sonos Herz erfreute und gleichsam in Einzelteile zerriss. Was würde er dafür geben, so frei und unabhängig zu sein, wie diese Vögel. Während er so da stand und die Vögel beobachtete, vergaß er völlig wo er eigentlich war und dass da jemand auf ihn wartete. „Es bedrückt Sie doch etwas… Wollen Sie wirklich nicht mit jemandem darüber sprechen?“ „Mit wem denn?“ „Mit mir zum Beispiel.“ Überrascht und verlegen zu gleich sah er Minase an. Er hatte nicht zugeben wollen, dass er bedrückt war und doch freute ihn das Angebot Minases sehr. Sono schwieg. Sollte er Minase wirklich noch mehr vertrauen? Konnte er das überhaupt? Und womit sollte er anfangen? Würden dem anderen seine Sorgen nicht kindisch vorkommen? Wer würde Sono denn nicht beneiden? Um die Frau, die er heiraten wollte…sollte…musste. Minase schien zu ahnen, was in dem anderen vorging, schloss das Tor des Stalls wieder, schritt auf den älteren zu und nahm ihn bei der Hand. „Kommen Sie. Gehen wir an einen Platz, an dem uns keiner sieht und keiner hört.“ Ohne die Möglichkeit zum protestieren zu haben, wurde Sono von Minase geführt, wie ein kleines Kind. Darüber dass Sono rot geworden war und verlegen zu Boden starrte, verlor keiner der beiden ein Wort. Warum auch? Es wäre ja nicht nötig gewesen. Am Hinterhof entlang führte eine kleine Treppe einen steilen Hang hinunter, zwischen den Häusern armer Familien. Dem Gestank nach zu urteilen Gerberfamilien. „Wo führst du mich hin?“ Jetzt hatte Sono doch tatsächlich die vertraute Sprechweise benutzt und schämte sich zu gleich. „Es tut mir leid.“ Noch verlegener konnte er einzelner Mensch nun wirklich nicht mehr werden. Lächelnd blickte sich der jünger zum älteren um. „Es gibt nichts, was dir leid tun müsste. Ich führe dich zu meinem Lieblingsplatz, an dem ich viele einsame Stunden verbringe, wenn die Last des Lebens zu schwer für mich wird.“ Minases Lächeln war echt ansteckend. Sono nickte stumm und fragte sich insgeheim, warum Minase ihn so ins Vertrauen führte. Der junge Herr wusste nicht, wie lange er dem Jüngling gefolgt war, doch der Anblick, welcher sich nun ihm bot, war wirklich Atemberaubend. Sono verstand sofort, warum dies Minases Lieblingsplatz war. An dem kleinen Bach, welcher zu ihrer rechten entlang floss, stand eine winzige Baumgruppe, deren karge Kronen mit Schneebedeckt waren, aber viel Schatten und Ruhe spenden mussten, wenn sie in Blüte waren. Sono wurde in die Mitte dieser Baumkrone geführt, sodass er sich von den Bäumen umringt sah. „Hier wird uns niemand belauschen können und du kannst dir alles von der Seele reden, dass dich zu erdrücken scheint. Ich werde dich nicht unterbrechen.“ Diese vertraute Atmosphäre schenkte Sono sehr viel Wärme, aber auch ein winziges bisschen Unbehagen. Diese Wärme war ihm so unvertraut, aber so schön. Verlegen wandte er sein Gesicht dem von Minase zu. „Und du wirst mich nicht auslachen?“ „Nichts ist so dämlich, als dass es nicht irgendjemand im Ernst sagen könnte.“ Erleichtert seufzte Sono. Schon Minases Anwesenheit und sanfte Worte nahmen ihm viel von dem Gewicht auf seinen Schultern. „Danke.“ Lächelnd hielt Minase Sonos Hand. Eine Verbindung, die Sono während seinen Ausführungen nicht einmal versuchte zu lösen. Der kurzhaarige merkte erst während dem Reden, wie leicht es ihm um Herz wurde und dass Minase ihm wirklich zuhörte. Als er geendet hatte, herrschte noch eine Zeitlang Stille zwischen den beiden, aber eine angenehme.
 

„Verstehe….“ Minase war derjenige, der zum rechten Zeitpunkt das Schweigen brach. „Wenn man das als Bürde empfindet, ist es nur verständlich, dass man sich wie in einem goldenen Käfig fühlt. Aber dennoch bietet dir diese Ehe eine neue Freiheit und Unabhängigkeit.“ Sono verstand Minase nicht und auch dessen Lächeln nicht. „Empfindest du deine Eltern oder die geplante Ehe als Last? Sei bitte ehrlich!“ Sono glaubte zu wissen, worauf Minase hinauswollte. Es stimmte, die Ehe an sich war keine Last für ihn, eher die Tatsache, dass seine Eltern diese über seinen Kopf hinweg entschieden hatten. Seine Eltern und ihre Macht über ihn, machten ihn fertig. „Also, was ist nun?“ „Meine Eltern.“ „Genau. Somit bietet dir die Ehe eine neue Freiheit und Unabhängigkeit.“ „Wie meinst du das?“ Minase konnte ein Lachen nicht unterdrücken. Der ältere wirkte im Moment wie ein fünfzehnjähriger Junge, der zum ersten Mal verliebt war. „Nun, sieh es doch mal so: Wenn du deine zukünftige Frau gut behandelst, sie ehrst und immer für sie sorgt, wird sie dich genauso gut behandeln, dich ehren und sich um dich sorgen. Darüber hinaus musst du nach der Eheschließung nicht mehr mit deinen Eltern unter einem Dach wohnen. Du und deine Gemahlin werdet also in ein eigenes Haus ziehen, das sicherlich eins eurer Familienhäuser ist, aber nicht mehr euer Stammhaus. Somit bist du frei und unabhängig von deiner Familie. Die Ehe mit deiner Frau wird euer Schutz sein und ich bin mir fast sicher, dass sie sich deiner würdig erweisen wird.“ Was hatte Sono dem denn noch gegenüber zusetzen? Nichts. Minase hatte vollkommen recht. „Die Liebe kommt mit der Zeit, vor allem wenn deine Eltern dir nicht mehr im Nacken sitzen.“ Ein Zwinkern seinerseits und Sono musste wieder lächeln. Er war alt genug und seine Frau fühlte sicherlich genauso wie er. Somit hätten sie beide etwas gemeinsam, worauf sich aufbauen ließe. Sono wusste nicht wieso er so verbissen gewesen war, aber denk Minase fühlte er sich leichter. So leicht, als ob er jeden Augenblick in den Himmel abheben könnte, dabei hat sich seine Situation nicht im Geringsten geändert. Lediglich seine Sicht der Dinge. Dankend blickte zu dem anderen, der seine Hand immer noch festhielt. „Kann ich dich wieder sehen? Und wenn ja, wo?“ „Du weißt doch jetzt, wo du mich finden kannst!“ Mit einem Lächeln ließen sie ihre Hände los, verbeugten sich vor einander und gingen schweigend zurück zum Haus, von wo Sono mit Yaza davon ritt. Sono ritt mit leichtem Herzen und Zuversicht nach Hause, zu seinen Eltern, zu seiner zukünftigen Frau, in seine Freiheit und Unabhängigkeit.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2010-03-05T08:01:00+00:00 05.03.2010 09:01
coole idee^^
so mach ik dat au manchmal, ik mein paare auslosen^^


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