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Grimassen

Kankuro/Tenten
von

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Four

Four
 

Es war nun der zehnte Tag, an dem Kankuro in Konoha verweilte. Gaara hatte ihn am Morgen die Nachricht überbringen lassen, dass er sich nie wieder in Suna blicken lassen sollte, wenn er nicht sofort seine Mission erfüllte. Also musste sich Kankuro dem Willen seines Bruders fügen und packte missmutig seine Sachen zusammen. Bevor er aufbrach, wollte er dagegen unbedingt noch bei Tenten vorbeischauen. Er wusste, dass er seine Gefühle für sie nicht lange unterdrücken konnte. Jedoch wollte er ihr erst alles sagen, wenn er seinen Auftrag erfüllt und endlich mehr Zeit für sie hatte. Auch wenn die Verabschiedung am Vorabend ganz anders gewesen war, sollte es diesmal eine freundschaftliche werden. Jedoch kam es anders. Tenten öffnete ihm nicht die Tür und sie schien auch nicht zu Hause zu sein, denn alle Fensterläden waren verschlossen. Er spürte seine tiefe Enttäuschung und suchte im ganzen Dorf nach ihr. Sie war unauffindbar. Ob sie eine Mission hatte? Wiese hatte sie sich dann nicht bei ihm verabschiedet? Er fühlte sich gekränkt. Bedeutete ihr der Kuss vom Vorabend denn gar nichts?
 

Zufällig traf er dann auf Rock Lee, der ihm versicherte von keiner Mission seines Teams zu wissen. Die beiden rätselten, ob Tenten wohl eine geheime Mission alleine übernommen hatte. Doch das konnten sie sich kaum vorstellen. Da sich nun auch Lee Sorgen machte, fragten die beiden bei Shizune im Hokageturm vorsichtshalber noch einmal nach. Diese bestätigte, dass Tenten zurzeit nicht im Dienst war.

„Wo könnte sie bloß abgeblieben sein?“, nachdenklich kratzte sich ihr Teamkamerad am Hinterkopf.

„Ist sie vielleicht bei Hyuuga?“, fragte Kankuro und schon bei dem Gedanken daran zog sich sein Inneres krampfartig zusammen. Doch zu seiner Erleichterung schüttelte Lee den Kopf:

„Nejis Clan bestreitet im Moment ein besonderes Fest, das über mehrere Tage geht. Niemand Fremdes ist daher auf dem Anwesen erwünscht und ich bezweifle, dass Neji seine Familie verlassen würde, um sich mit einem von uns zu treffen.“

Kankuro seufzte und warf ein Blick auf seine Armbanduhr. Er hatte bereits vor einer halben Stunde aufbrechen wollen.

„Bist du sicher, dass sie nicht zu Hause war? Ich meine, hast du richtig nagesehen?“, fragte Lee.

„Hältst du mich für bescheuert?“, knurrte Kankuro.

„Nein, nein“, abwehrend winkte der Konoha-Ninja mit den Händen, „ich dachte nur, vielleicht war sie gerade einkaufen als du kamst. Wir sollten sicherheitshalber noch einmal nachschauen bevor wir alle Pferde wild machen.“

Kankuro nickte zustimmend. Da hatte er Recht.
 

Doch sie fanden Tentens Wohnung immer noch so verbarrikadiert vor wie am Morgen.

„Da stimmt doch etwas nicht“, murmelt Lee, „normalerweise sind Tentens Fensterläden immer geöffnet, selbst wenn sie auf einer Mission ist...“

Kankuro begann sich nach dieser Aussage wirklich Sorgen zu machen. Es nutzte nichts, er brauchte Gewissheit, sonst konnte er nicht aufbrechen. Kurzerhand brach er mit Gewalt die Tür auf bevor Lee auch nur erahnen konnte, was seine Begleitung vorhatte. Mit einem lauten Knall landete die schwere Tür auf dem Boden. Vor Schreck sprang die Kunoichi von ihrem Bett, auf dem sie bis eben noch gelegen hatte, spürte wieder einen stechenden Schmerz in ihren Rippen und ließ sich zu Boden sacken.

„Tenten, bist du okay?“, Kankuro rannte zu ihr hinüber. Doch sie schlug seine helfenden Hände weg und funkelte ihn wütend vom Boden aus an.

„Hau ab! Ich will dich nie wiedersehen, du elender Lügner!“

Kankuro war als hätte sie ihm ein langes Messer direkt ins Herz gerammt. Die Verachtung und der Hass in ihrem Gesicht sprachen Bände. Er wurde ganz blass als ihm Bewusst wurde, dass ihr Gedächtnis wiederzurückgekehrt war. Sie wusste, dass er sie angegriffen und verletzt hatte.

„Was ist passiert, Tenten? Geht es dir wieder schlechter?“, besorgt beugte sich Lee über seine Teamkameradin. Doch die junge Frau antwortete nicht, stattdessen starrte sie immer noch hasserfüllt auf den Sandninja. Kankuro wusste in diesem Moment nicht, was ihn mehr zu schaffen machte: Ihr Hass oder seine Schuldgefühle.

„Bitte, lass uns in Ruhe darüber sprechen. Ich kann dir das alles erklären“, meinte er schließlich ruhig.

„Verschwinde!“, wiederholte sie genauso hasserfüllt wie zuvor und griff nach einem Wurfstern, „verschwinde oder ich richte dich schlimmer zu als du mich!“

Lee, der bisher nur verwirrt zwischen den beiden hin und her gesehen hatte, riss nun erstaunt den Mund auf:

„Heißt das etwa…?“
 

Tenten antwortete ihm nicht. Das atmen fiel ihr von Sekunde zu Sekunde schwerer. Sie wollte aufstehen, aber ihre Beine knickten erneut ein und sie landete wieder auf dem Boden. Kankuro wollte ihr zur Hilfe eilen, doch Lee hielt ihn zurück:

„Ich glaube, es ist besser, wenn du wirklich gehst.“

Kankuro wollte widersprechen, aber er konnte nicht. Lee hatte Recht. Tenten war im Moment zu schwach als dass er ihr alles hätte erklären können.

„Kümmerst du dich um sie?“ Es fiel ihm schwer Lee das zu fragen, aber ihm blieb nichts anderes übrig. Er wusste, dass er dem jungen Mann im grünen Trainingsanzug vertrauen konnte. Es schien auch nicht so als würde das Wissen über Kankuros Tat etwas an Lees Haltung ihm gegenüber ändern. Konohas Wirbelwind schien im Gegensatz zu seiner Teamkameradin auf eine Erklärung für Kankuros Angriff gespannt. Daraus schöpfte der Sandninja neue Hoffnung. Wenn Lee ihm zuhören würde, könnte er Tenten davon erzählen und dann hätte er vielleicht noch eine Chance alles aufzuklären. Nun brach er allerdings erstmal auf um seine Mission schnell hinter sich zu bringen. Mit einem letzten schmerzvollen Blick auf Tenten, verließ er Konoha.
 

Tenten war froh als der Sandninja verschwunden war. Nicht einen Moment länger hätte sie diese falsche Sorge um sie ertragen. Erschöpft setzte sie sich auf ihre Bettkannte und stützte ihren Kopf auf ihre Hände.

„Ich glaube, du solltest ins Krankenhaus“, meinte Lee immer noch besorgt.

„Nein, es geht jetzt wieder“, murmelte sie.

„Bist du sicher? Du wirkst noch ziemlich geschwächt.“

„Glaub mir, jetzt wo dieser falsche Fünfziger weg ist, geht es mir gleich tausendmal besser“, knurrte sie.

„Bist du sicher, dass er es war?“, sprach Lee seine Bedenken aus. Er wollte einfach nicht wahrhaben, dass Kankuro nach allem, was zwischen ihren Dörfern geschehen war, für so schwere Verletzungen bei seiner Teamkameradin verantwortlich war.

„Ich kann mich an alles genau wieder erinnern. An unser Training, was wir getrennt durchgeführt haben. Er hat mich plötzlich einfach angegriffen und war dann noch dreist genug mich im Krankenhaus zu besuchen und mir vorzuspielen, er würde sich nur um mich sorgen“, sie schnaubte verächtlich.

„Genau das finde ich ja so seltsam“, Lee legte sich nachdenklich einen Zeigefinger ans Kinn, „wenn er dich mit Absicht angegriffen hat, warum hat er dich dann ins Krankenhaus gebracht und sich die Mühe gemacht sich um dich zu kümmern.“

Tenten funkelte ihren Freund wütend an:

„Willst du damit etwa behaupten, ich bilde mir das alles nur ein?“

„Nein, nein“, abwehrend hob er die Hände, „ich meine nur, dass ein mutwilliger Angriff auf dich doch unser Bündnis mit Sunagakure in Gefahr gebracht hätte.“

„Ja, deshalb hat diese falsche Ratte auch gehofft, dass meine Erinnerung nicht mehr zurückkehrt“, meinte Tenten, für die der Fall damit geklärt war. Lee hingegen stutzte immer noch. Doch er wusste auch, dass seine Teamkameradin sehr stur sein konnte. Er hoffte trotzdem, dass Kankuro nach seiner Mission zurückkehren und die Sache aufklären würde.

„Also gut, dann mache ich mich jetzt auf den Weg zu meinem Training mit Sensei Gai. Wenn irgendetwas sein sollte, dann melde dich bei mir. Neji dürfte zudem mit diesem seltsamen Familienfest auch durch sein.“

„Ja, ja“, murmelte sie genervt. Sie wollte eigentlich nach allem nur noch alleine sein. Vor allem Neji konnte sie mit seinem ich-habe-es-doch-gewusst-Gesicht an diesem Tag gar nicht ertragen.

„Ich meine es ernst, Tenten“, und Lees Bick bestätigte diese Aussage, „wag es ja nicht, dich nochmal so zu verbarrikadieren!“

Sie verdrehte nur die Augen und Lee verabschiedete sich endgültig von ihr.
 

***
 

Die nächsten drei Wochen schleppten sich für Tenten nur so dahin. Zwar hielt sie ihr Versprechen Lee gegenüber sich nicht weiter in ihrer Wohnung zu verschanzen und auch ihre körperliche Verfassung verbesserte sich von Tag zu Tag, aber ihre Seele war immer noch tief verletzt. Sie hatte gehofft, dass sie alles vergessen würde, sobald Kankuro aus dem Dorf verschwunden war, aber jeden Tag musste sie sich aufs Neue zwingen nicht an ihn und seinen Verrat zu denken. Er hatte sich in diesen drei Wochen auch nicht einmal bei ihr gemeldet. Eigentlich war es ja das, was sie sich gewünscht hatte, aber warum war sie damit nicht zufrieden?

Sie konnte die Gefühle, die in ihr herrschten, nicht wirklich beschreiben. Es war eine Mischung aus Hass, aber auch Sehnsucht. Eine sehr explosive Mischung. So etwas Starkes hatte sie noch nie im Leben gefühlt. Außer Lee wusste niemand, wer sie damals wirklich so zugerichtet hatte. Sie hatte ihn auch darum gebeten kein Wort darüber zu verlieren. Immerhin stand hier auch die gute politische Beziehung von Konoha und Suna auf dem Spiel. Diese Beziehung sollte durch die kommenden Chuunin-Prüfungen in Konoha noch verstärkt werden. Tsunade hatte aus der Wüstenstadt zusätzliche Shinobi als Unterstützung für die Organisation angeordnet.
 

So kam es, dass Tenten eines Tages plötzlich Temari gegenüberstand. Ihrer ehemaligen Konkurrentin bei ihren ersten Chuunin-Prüfungen und zudem Kankuros Schwester. Die beiden trafen sich zufällig in der Nähe des Hokageturms und Tenten konnte unmöglich so tun als hätte sie die andere Kunoichi nicht gesehen. Da Temari nicht ahnte, was zwischen ihren Bruder und der Kunoichi aus dem Reich des Feuers vorgefallen war, begrüßte sie Tenten wie eine alte Freundin. Tenten wiederum war viel zu überrascht, um sich Temaris plötzlicher Freundlichkeit entziehen zu können. Sie ließ sich sogar dazu breitschlagen einen Tee mit der Älteren zu trinken.
 

„Wie geht es dir? Hast du diesen Eisklotz aus deinem Team endlich mal zu einem Date rumkriegen können?“, Temari zwinkerte ihr vielsagend zu. Tenten verzog verärgert das Gesicht. Waren ihre Gefühle für Neji wirklich so offensichtlich gewesen? Und wie kam es, dass sie an Neji in den letzten Wochen überhaupt nicht mehr gedacht hatte? Das machte Tenten nur noch wütender.

„Das geht dich nichts an“, meinte sie nur knapp und versuchte dabei noch ruhig zu bleiben.

„Schon gut, schon gut“, abwehrend hob Temari die Hände, „ich bin eine ältere Schwester, weißt du. Ich würde mich auch gerne mehr in das Liebesleben meiner Brüder einmischen als in deines. Allerdings hat einer davon dank seiner Persönlichkeit nicht mal eines und der andere ein viel zu belebtes und wechselhaftes, wenn du verstehst, was ich meine…“

Sie lachte und Tenten spürte ein stechen in ihrem Brustkorb. Waren ihre Verletzungen vielleicht doch noch nicht ganz verheilt? Schnell nahm sie einen Schluck von ihrem Tee und versuchte teif ein und auszuatmen.

„Mein älteres Brüderchen müsste eigentlich auch vor kurzem hier gewesen sein“, plapperte Temari munter weiter, „es schien ihm hier ganz gut gefallen zu haben, ansonsten hätte er hier nicht solange verweilt und seine Mission vernachlässigt. Gaara war jedenfalls stinksauer. Ich vermute mal, dass wieder mal eine Frau dahinter steckte…“

Tenten verschluckte sich an ihrem Tee und musste ein paar Mal kräftig Husten. Temari blickte die Jüngere besorgt an und klopfte ihr hilfreich auf den Rücken:

„Alles klar bei dir? Du wirkst heute ein wenig neben der Spur.“

„Ja, alles okay“, meinte Tenten immer noch hustend, „ich muss nur gleich zum Training, weißt du.“

„Alles klar, ich wollte auch nicht zu viel deiner Zeit in Anspruch nehmen“; meinte Temari entschuldigend, „ich war nur so froh endlich mal ein Gespräch unter Frauen führen zu können.“ Sie verdrehte die Augen:

„Ich habe das Gefühl, ich bin in Suna zu viel unter Männern.“

„Wir können gerne ein anderes Mal miteinander sprechen“, schlug Tenten vor und fügte in Gedanken hinzu:

„Aber dann bestimmt über ein anderes Thema.“

Die beiden Mädchen verabschiedeten sich also wieder voneinander. Jedoch ließ Tenten dieses Gespräch keine Ruhe. Sie hatte geahnt, dass Kankuro vor ihr schon mit vielen Mädchen geflirtet hatte, aber dass er ein regelrechter Playboy war, hätte sie nicht gedacht. Das machte ihn nur noch unsympathischer, aber warum beschäftigte sie diese Tatsache so? Warum dachte sie immer noch so viel über ihn nach, wo sie doch versuchte das alles zu vergessen?

Am liebsten wäre sie zurückgegangen und hätte gefragt, ob Kankuro schon von seiner Mission zurückgekehrt war oder nicht. Doch das hätte sie in Temaris Augen wahrscheinlich sehr verdächtig gemacht.
 

***
 

Am nächsten Tag wurde Team Gai allerdings für eine Mission gebraucht. Somit hatte Tenten weder die Chance noch einmal mit Temari zu sprechen oder weiter über das, was gewesen war, nachzugrübeln. Sie war eine professionelle Kunoichi, die wusste, dass man auf wichtigen Missionen stets seine eigenen Emotionen unter Kontrolle haben musste. Jedoch benahm sich Neji in ihrer Gegenwart kälter als sost; schien sie sogar vollkommen zu ignorieren, und Lee, der ja bereits über alles im Bilde war, warf ihr während ihrer gesamten Mission immer wieder besorgte Blicke zu. Es schien als wollten die beiden jungen Männer ihr gerne helfen, aber wussten auch, dass ihre Teamkameradin in der Regel Probleme lieber mit sich selbst ausmachte. Tenten trieb dieser Eiertanz in den Wahnsinn und am dritten Abend ihrer Mission – sie saßen am Lagerfeuer und waren müde von der langen Reise- hielt Tenten dieses betretende Schweigen, was mittlerweile auch Gai erreicht hatte, nicht mehr aus und ihr platzte der Kragen.
 

„Verdammt nochmal! Ja, mir geht es nicht gut, aber trotzdem braucht ihr nicht so tun, als ob ich jederzeit zusammenbrechen könnte! Ich bin stärker als ihr denkt.“

Wütend stapfte sie zweimal ums Lagerfeuer herum und blieb dann mit den Händen an ihren Hüften vor ihren Teamkameraden stehen, die sie unsicher anblickten.

„Wir machen uns doch nur Sorgen um dich“, meinte Gai mit tränenüberströmten Gesicht, „eine jungen Frau mit gebrochenem Herzen ist verletzlich und hilflos…“

„Ich habe kein gebrochenes Herz!“, sie stampfte wütend mit dem Fuß auf und drehte sich dann wütend zu Lee um, der schon sicherheitshalber hinter Neji in Deckung ging:

„Was zum Teufel hast du schon wieder herumerzählt?“

„Ich habe ihnen nur von dem Zwischenfall mit Kankuro erzählt. Aber nur den beiden, ich schwöre. Immerhin sind wir ein Team und sollten über die Gefühle unserer Kameraden immer auf dem Laufenden bleiben“, versuchte Lee sich noch zu verteidigen.

„Ja, der Verrat der Liebe. Er macht Frauen und Männer nicht nur verletzlich, sondern bringt sie auch dazu der Wahrheit ihres verletzten Stolzes und ihrer Trauer entgehen zu wollen“, Sensei Gai nahm eine theatralische Pose ein, ohne auf das Zucken von Tentens Stirn zu achten.

„Ich bin nicht verletzt“, brüllte sie, „ich bin nur furchtbar wütend!“ Um ihren Ärger Luft zu machen, griff sie nach ihrem Morgenstern, sprang in die Luft und rammte die stachelige Kugel mit aller Kraft in den Boden. Danach atmete sie schwer ein und aus. Es tat gut endlich mal wieder etwas anderes zu spüren als die Trauer und den Scharm sich in einer Person so getäuscht zu haben.
 


 

„Und?“, ließ sich Neji nun das erste Mal vernehmen. Lässig wie immer, saß er mit verschränkten Armen auf einem Stein und blickte Tenten emotionslos an, „was willst du jetzt machen? Dich an ihm rächen? An seiner Familie? An seinem Dorf?“

Tenten biss sich auf der Unterlippe herum. Es störte sie ungemein, dass der Hyuuga auch dieses Mal eine versteinerte Miene aufgesetzt hatte, aber sie musste zugeben, dass er Recht hatte und das wurmte sie umso mehr. Sie konnte nichts mehr daran ändern hintergangen worden zu sein. Würde sie sich an Kankuro rächen, dann würde das zudem auch noch das Bündnis zwischen Konoha und Suna in Gefahr bringen, was sie im Moment wirklich nicht gebrauchen konnten. Selbst wenn im Dorf bekannt wurde, dass der Sandninja sie verletzt hatte, hätte das sicher weitreichende Konsequenzen. Nein, sie konnte deswegen kein Fass aufmachen. Sie musste ihre Wut und ihre Enttäuschung hinunterschlucken und versuchen die Sache zu vergessen. Auch wenn es schwerfiel.

Mutlos ließ sie ihre Schultern sinken. Sie war das Opfer und konnte sich noch nicht mal wehren. Zeitgleich wie dieser Gedanke sich in ihren Gedanken verfestigte, brachen auch alle Dämme und den Vorsatz ihre Gefühle für immer zu versiegeln wurde ironischerweise in diesem Moment zunichte gemacht. Stumm liefen ihr die Tränen übers Gesicht und sie konnte nichts dagegen tun. Für einen Moment glaubte sie so etwas wie Überraschung in Nejis Augen zu sehen, aber er drehte sein Gesicht einfach weg, sodass sie sich am Ende nicht mehr sicher war, ob dies nicht doch nur ein Wunschgedanke ihrerseits gewesen war.
 

Auch Lee und Sensei Gai schienen überfordert mit der Situation zu sein. Die beiden hatten die einzige Frau in ihrem Team noch nie weinen gesehen. Normalerweise war Tenten cool und taff. Gai kratzte sich verlegen am Hinterkopf und faselte etwas davon, dass er noch mehr Feuerholz suchen müsse, bevor er im Wald verschwand. Auch Lee ließ sich schnell eine Ausrede einfallen, um der Situation zu entgehen. Am Ende waren die schluchzende Tenten und der eiskalte Neji alleine auf der Lichtung. Tenten störte noch nicht mal, dass er sie so sah. Früher hätte sie sich sicherlich in Grund und Boden für ihr mädchenhaftes Auftreten geschämt.

Neji hingegen stocherte eine Weile lustlos im Feuer herum, bis er mit gelangweilter Stimme meinte:

„Was wirst du nun also tun, wenn du ihm das nächste Mal begegnest?“

Tenten wischte sich einige Tränen aus den Augen. Seltsamerweise fühlte sie sich ein wenig besser und ließ sich mutlos neben Neji auf den Boden sinken:

„Ich weiß nicht. Ich weiß nicht, ob ich ihm überhaupt nochml begegnen werde.“

„Du willst ihm also aus dem Weg gehen?“

Tenten zuckte nur mit den Achseln. Ihre Hände zitterten immer noch, aber langsam machte sich die Wärme des Feuers in ihrem gesamten Körper breit.

„Glücklicherweise ist er ein Sunaninja. Die Chance ihm zu begegnen ist sehr gering, oder?“

Neji schwieg. Tenten wusste selbst, dass sie sich etwas vormachte. Früher oder später würde sie Kankuro über den Weg laufen. Selbst wenn es nicht gleich Morgen war.

„Weißt du, warum er es getan hat?“, fragte Neji und hob fragend eine Augenbraue. Tenten schüttelte den Kopf:

„Nein, und es spielt auch keine Rolle. Er hat mich verletzt und damit das Bündnis in Gefahr gebracht.“ Neji nickte:

„Ja, das stimmt.“

Die beiden schwiegen sich dann wieder an bis Lee und Sensei Gai zurückkamen, die erleichtert feststellten, dass Tenten sich wieder beruhigt hatte. Der Ausbruch und über das ganze zu sprechen hatte ihr wirklich gutgetan. Sie konnte sich wieder besser auf ihre Mission konzentrieren und dachte jeden Tag weniger über den Verrat, der sie ereilt hatte, nach. Doch ein Gedanke ließ sie nach dem Gespräch mit Neji nicht mehr los: Wollte sie wissen, warum Kankuro sie angegriffen hatte oder nicht?
 

***
 

Kankuro lief nun schon seine vierte Runde durch Konoha. Vor zwei Tagen war er von seiner Mission zurückgekehrt und hatte sich auf eine Konfrontation mit der Frau vorbereitet, die ihm seit einigen Wochen schlaflose Nächte verursachte. Doch Tenten war mit ihrem Team auf einer Mission und ihm blieb nichts anderes übrig als auf sie zu warten. Unglücklicherweise befand sich gerade auch seine Schwester Temari im Dorf und ließ ihm keine Sekunde aus den Augen. Sie erahnte, dass es einen Grund gab, warum ihr Bruder seinen Aufenthalt in Konoha verlängern wollte. Immer wieder versuchte sie Informationen aus ihm heraus zu kitzeln und seine Nerven waren bereits so blank, dass er es in seinem Hotelzimmer mit seiner nervigen Schwester nicht mehr aushielt. Die frische Luft tat gut und außerdem konnte er so ganz zufällig an Tentens Wohnung vorbeischlendern.
 

Doch auch noch beim vierten Mal, als er an dem Haus vorbeikam, schien ihre Wohnung leer zu sein. Die Tür war notdürftig repariert worden und Kankuro tat es leid, dass er sich nicht mal mehr dafür hatte entschuldigen können. Er wollte schon enttäuscht weitergehen, als sein Blick zufällig auf den Schlafsack auf dem Dach fiel. Bewegte sich darin nicht etwas? Sein Herz begann schneller zu schlagen. War Tenten vielleicht zurück und hatte mal wieder dort oben übernachtet? Mit einem Satz war er auf dem Dach. Er wusste noch nicht mal, wie sie auf ihn reagieren würden und doch konnte er nicht länger warten.

„Tenten?“, fragte er vorsichtig. Der Schlafsack bewegte sich jetzt etwas mehr, aber etwas war seltsam. Tenten war nicht gerade groß, aber die Umrisse von der Person im Schlafsack war um einiges zu klein für eine erwachsene Frau. Im selben Moment wie ihm dieser Gedanke kam, schob sich ein heller Haarschopf aus dem Eingang des Schlafsacks, gefolgt von dem verschlafenen Gesicht eines kleinen Jungen. Er war sicher nicht älter als sieben oder acht und blickte jetzt mit seinen dunkelbraunen Augen ängstlich zu dem jungen Mann hoch. Kankuro erinnerte sich daran, dass Tenten davon erzählt hatte, dass auch die Kinder des Mietshauses hier oben von Zeit zu Zeit übernachteten.
 

„Hey, keine Angst. Ich will dir nichts tun“, lächelnd kniete sich Kankuro vor den eingeschüchterten Jungen.

„Bitte erzähle meiner Mama nicht, dass ich hier bin“, flehte der Kleine. Kankuro zog eine Augenbraue hoch und bemerkte dann den Rucksack, aus dem Nudelsuppenpakete und Wasserflaschen ragten.

„Verstehe, du bist von zu Hause ausgerissen, oder?“

Der kleine Junge nickte und verzog verärgert das Gesicht:

„Meine Mama möchte nicht, dass ich zur Ninja- Akademie gehe. Dabei habe ich mir das doch mein ganzes Leben lang so sehr gewünscht. Sie versteht mich einfach nicht. Sie meint, es sei zu gefährlich!“

„Ja, die Frauen“, dachte Kankuro so bei sich, „nie hören sie einem zu und wollen die Männer auch nicht verstehen.“ Dabei dachte er vor allem an seine eigene Situation, aber er konnte ja dem Jungen schlecht sagen, dass er in Zukunft noch viel mehr Konflikte auszutragen hatte als den mit seiner Mutter.

„Hör zu, deine Mutter macht sich doch nur Sorgen um dich“, meinte Kankuro, „so ist das nun mal bei Müttern. Du musst ich nur ruhig klarmachen, dass du felsenfest davon überzeugt bist ein Ninja zu werden.“

„Das bin ich“, die Augen des Jungen begannen zu leuchten, „ich will doch meine Mama und das Dorf beschützen können, wenn ich groß bin.“ Kankuro grinste. Der Kleine war wirklich unglaublich. Auch wenn er noch so jung war, waren seine Motive edelmütiger als es die von Kankuro jemals sein würden.

„Weißt du was wir machen?“, meinte er zu dem Jungen schließlich, „ich begleite dich nach Hause und dann sagen wir deiner Mutter, was du fühlst, okay? Ich bin mir sicher, dass sie dich irgendwann verstehen wird. Immerhin hast du die besten Chancen ein guter Ninja zu werden.“

„Wirklich?“ Die Augen des Jungen begannen zu leuchten.

„Klar. Und jetzt sag mir, wo du wohnst.“

„Na ja“, verlegen schabte der Junge mit den Füßen, „eigentlich wohne ich hier in dem Haus.“
 

Es stellte sich nicht nur heraus, dass der Junge in dem Haus wohnte, sondern auch, dass seiner Mutter das Haus gehörte und somit Tentens Vermieterin war. Sie war heilfroh, dass ihr Sohn wieder nach Hause gekommen war und hörte gar nicht mehr auf ihn zu umarmen und liebkosen. Dem Jungen schien das Theater vor dem jungen Mann sehr unangenehm zu sein, denn er lief knallrot an und versuchte sie von sich wegzudrücken.

„Vielen Dank“, meinte die Frau zu Kankuro, „ich habe ihn schon seit zwei Tagen vermisst. Eigentlich hätte ich mir denken müssen, dass er auf dem Dach ist.“

„Mama, Mama“, aufgeregt hüpfte der kleine Junge auf und ab, „ich werde auch die Ninja-Akademie gehen. Der Mann hat gesagt, dass ich mal ein guter Ninja werde.“

„Aber du weißt doch, dass das zu gefährlich ich“, liebevoll strich die Mutter ihrem Sohn durch die Haare, „bist du deswegen weggelaufen?“ Der Junge nickte. Ein trauriger Ausdruck trat in die Augen der Mutter:

„Du weißt doch, was mit deinem Vater damals passiert ist. Er ist bei einer seiner Missionen ums Leben gekommen.“ Der kleine Junge senkte den Blick und ballte seine Hände zu Fäusten. Kankuro wusste nicht so wirklich, was er machen sollte. Normalerweise mischte er sich nicht in die Privatangelegenheiten von anderen ein, doch diese Mal konnte er nicht anders,

„Ich kann verstehen, dass sie Angst um ihren Sohn haben“, meinte er, „und ich wie nicht, ob sie das von einem Ninja hören wollen, aber meiner Meinung nach, ist es besser, wenn man sich im Notfall verteidigen an. Ihr Mann hat bei seiner Mission sicherlich auch alles gegeben, um Sie und Ihren Sohn zu besitzen. Auch wenn es mir leid für Sie tut, ist es für uns Ninja immer eine Ehre für die, die wir lieben zu sterben. Und was hat ein Leben für einen Sinn, wenn man seine Liebsten nicht beschützen kann? Ihr Sohn möchte das gleiche. Als Shinobi würde er das sicherlich besser können als, als Zivilist.“
 

„Es ist sicher richtig, was sie sagen, aber er ist doch noch so klein“, meinte sie hilflos.

„Das bin ich nicht, Mama. Ich bin schon fast ein Mann und ich will dich beschützen“, es lag so viel Ernst in der Stimme des Jungen, dass Kankuro versuchte sein Lachen zu unterdrücken. Erstaunt blickte die Mutter ihren Sohn an und lächelte dann so, wie nur eine Mutter es konnte:

„Du bist großartig. Also gut. Ich werde mir das mit der Akademie nochmal überlgen, aber im Gegenzug möchte ich, dass du nie wieder wegläufst, in Ordnung?“

„Ja, Ehrenwort“, begeistert fiel der kleine Junge seiner Mutter in die Arme. Kankuro fühlte ein Stechen in seiner Brust. Der Junge hatte wirklich Glück mit seiner Mutter. Er selbst hatte nie so etwas erlebt: Eine Familie. Geborgenheit. Liebe.

Weil ihn der Anblick von Mutter und Sohn so schmerzte, drehte er sich um und wollte gehen, doch dann wurde er von einer Hand an seinem Mantel zurückgehalten.

„Vielen Dank, großer Bruder“, der Junge strahlte zu ihm hoch. Kankuro schmunzelte:

„Du musst auf deine Mama immer Acht geben, okay?“ Der Junge nickte und grinste dann:

„Willst du nicht bei uns bleiben und mich unterrichten: Du bist doch sicher auch ein guter Ninja.“

„Das geht leider nicht“, meinte Kankuro entschuldigend, „ich muss bald wieder nach Hause, aber ich bin mir sicher in Konoha wirst du die beste Ausbildung erhalten, die du dir wünschen könntest.“

Der kleine Junge verzog enttäuscht das Gesicht. Die Mutter hingegen lächelte Kankuro freundlich an:

„Sie kommen aus Sunagakure nicht wahr? Was halten Sie der von mit uns heute Abend zu essen? Ich bin Ihnen unendlich dankbar, dass Sie meinen Jungen nach Hause gebracht haben.“

Erst wollte Kankuro das Angebot ausschlagen, doch dann fiel sein Blick auf Tentens Wohnungstür und ihm kam eine Idee.

„Ja, ich würde gerne mit euch essen. Könntet ihr mir dann im Gegenzug auch einen Gefallen tun?“
 


 

© ぁキ



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Sagara-Ocean
2020-01-26T08:18:00+00:00 26.01.2020 09:18
Gets noch weiter?


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