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Himbeersorbet

Manchmal kommt es anders als man denkt
von

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Veronica saß bereits in dem kleinen, gemütlichen Café in der Nähe des Marktplatzes und hatte sich einen Espresso bestellt. Wie jeden Freitag wartete sie auf ihre Freundinnen Lisa und Maria. Es war ein altes Ritual, dass die drei nie hatten aufgeben können. Wie in alten Zeiten kamen sie zusammen, um über die Geschehnisse der vergangenen Woche zu berichten.

Sie blickte suchend aus dem Fenster, aber von ihren Freundinnen fehlte jegliche Spur. Veronica war immer die pünktlichste von ihnen. Normalerweise war sie mindestens fünf Minuten zu früh dran. Maria erschien immer zur angemessenen Zeit, aber Lisa verspätete sich gerne um mindestens zehn Minuten. Dennoch konnte Veronica es nicht leiden zu warten. Die Uhr an der Wand zeigte ihr, dass die beiden bereits eine viertel Stunde überfällig waren. Wo steckten sie bloß?

Veronica kramte in ihrer Handtasche nach ihrem Handy und warf einen Blick darauf. Keine SMS, kein Anruf. Sollte sie sich Sorgen machen? Oder hatten Maria und Lisa das Treffen gar vergessen? Das war nicht üblich, aber bei Lisas Schusseligkeit und Marias vollem Terminplan konnte es durchaus vorkommen. Aber das war es noch nie.

Sie wählte Marias Nummer. Frustriert musste sie allerdings feststellen, dass ihr Handy ausgeschalten war. Bei Lisa ging niemand ran. Das war nun aber doch seltsam.

Für Veronica war es das Zeichen, dass sie nur noch ihren Espresso austrinken und sich dann auf den Heimweg machen würde. Sie hatte sich wirklich auf das Treffen gefreut. Hoffentlich hatten ihre Freundinnen eine gute Ausrede parat.

„Entschuldigung, macht es Ihnen etwas aus, wenn ich mich zu ihnen geselle?“

Vor Veronicas Augen war ein gut gebauter Mann erschienen. Durch sein T-Shirt, das eng anlag, konnte man die Muskeln mühelos sehen. Es stand ihm wirklich gut. Sein Haar war rötlich und Veronica musste sofort an ihre Freundin Lisa denken, die ebenfalls rotes Haar hatte.

„Oder wollen Sie mich lieber anstarren?“, neckte der Mann sie nun und Veronica konnte nicht umhin rot zu werden.

„Nein, nein. Sie können sich ruhig setzen“, erwiderte sie schnell und ihr Blick blieb in ihrem Espresso hängen, der nun sehr interessant auf sie zu wirken schien.

Die Bedienung kam und er bestellte sich einen Himbeershake und ein Himbeereis.

„Was machen Sie an so einem schönen Tag allein hier?“, fragte er sie nach einer Weile.

Veronica blickte auf – direkt in seine leuchtend grünen Augen. Sie lief wieder rot an.

„Das Gleiche könnte ich sie fragen, nicht wahr?“, entgegnete sie und hoffte, dass er sie nun nicht mit einer Bemerkung wie „Ich hab Sie aber zuerst gefragt“ aus dem Konzept brachte.

„Die Hitze hätte mich fast erschlagen dort draußen. Der Sommer ist schlimmer als erwartet. Ursprünglich wollte ich mich ins Freie setzen, um ein wenig für mein Studium zu lernen. Aber mir ein bisschen Schatten zu suchen erschien mir als die klügere Wahl. Und als Lernersatz habe ich ja nun eine reizende Gesellschaft gefunden.“ Er war ein Charmeur. Veronica fluchte innerlich. Dieser Mann war wirklich hinreißend, aber es würde sicherlich nur bei einem Flirt bleiben. Das war irgendwie schade. Sie hatte schon lange keine Beziehung mehr gehabt.

„Nun, das Wetter ist wirklich nicht mehr allzu erfreulich, aber es ist Sommer. Was erwartet man? Lieber habe ich es warm als wie im Winter zu frieren. Was studieren Sie denn?“ Es fiel ihr nicht schwer auf ihn einzugehen. Es waren 0815-Themen. Nichts Außergewöhnliches und sie hätte sich mit fast jedem darüber unterhalten können.

„Archäologie, Soziologie und Geschichte. Und was machen Sie beruflich?“ Er musste sie für berufstätig halten. Da lag er aber falsch. Im Gegensatz zu Maria waren sie und Lisa immer noch Studentinnen.

„Ich beschäftige mich mit Germanistik und Philosophie.“

„Sie studieren auch? Ich habe Sie noch nie an der Universität gesehen“, stellte er fast schon bekümmert klingend fest.

„Nun, Sie scheinen auch eine ganz andere Fächerbelegung zu haben. Kennen sie vielleicht Lisa Richtner? Sie studiert ebenfalls Soziologie.“ Allerdings konnte Veronica natürlich nicht wissen in welchem Jahr der Mann sich befand – von dem sie noch nicht einmal den Namen wusste.

Seine Gesichtszüge veränderten sich. Er wirkte plötzlich viel nervöser als zuvor. „Wenn wir über die gleiche Lisa reden, dann kenne ich sie tatsächlich. Sie sitzt in Soziologie neben mir.“ So ein Zufall aber auch.

Veronica hob die Augenbrauen misstrauisch an und nickte. „Zufälligerweise war ich ursprünglich mit ihr und einer weiteren Freundin verabredet. Schade, dass sie nicht kommen konnte. Interessieren Sie sich für sie?“

Die Frage schien ihn völlig zu überraschen, denn er fing an zu lachen. „Mich für sie interessieren? Bei Gott nein!“

Sie verstand nicht, was ihn daran so amüsierte. „Darf ich fragen, wer Sie sind?“ Vielleicht würde ihr das genug Auskunft über ihn geben.

„Natürlich. Entschuldigen Sie. Mein Name ist Tobias Riedmann. Lisa und ich kennen uns seit dem Kindergarten. Ich denke, sie verstehen, dass mir eine Beziehung zu ihr damit unvorstellbar vorkommt.“ In der Tat, Veronica war völlig verblüfft – bis der Groschen fiel.

„Ach, Sie sind dieser Tobs, mit dem sie sich des Öfteren trifft? Wollten Sie sie hier auch antreffen?“ Das würde doch so einiges erklären. Lisa hatte ihr einiges über ihren Kindergartenfreund Tobs erzählt. Wie attraktiv, klug, gebildet und humorvoll er doch war. Aber Lisas Geschmack war ohnehin ein wenig seltsam. Deswegen hatte Veronica sich nie weiter für ihre Geschichten interessiert.

Tobias‘ Bestellung kam. „Könnten Sie uns vielleicht noch einen zweiten Löffel bringen?“, fragte er charmant die Kellnerin, die nach kurzem Nicken verschwand, um ihn ihnen zu bringen.

„Wozu brauchen Sie einen zweiten Löffel?“ Aber Veronica kannte die Antwort bereits. Es war offensichtlich. „Nein. Das ist wirklich nett von ihnen, aber unnötig.“ Das letzte Mal, als sie sich ein Eis geteilt hatte, war sie in einer Beziehung gewesen. Flirtete Tobias Riedmann mit ihr? Sicherlich nicht. Jemand wie er hatte wahrscheinlich eine Freundin und außerdem war er ja wegen Lisa hier – glaubte sie.

„Kommen Sie! An so einem schönen Tag sollte man sich doch ein Eis genehmigen. Und es ist noch dazu kostenlos für Sie. Außerdem haben Sie mir Ihren Namen noch nicht gesagt. Als Wiedergutmachung essen Sie das Eis mit mir.“ Er war wirklich zu charmant und brachte sie völlig um den Verstand. Nachdem die Kellnerin ihren den Löffel hingelegt hatte, nickte sie widerwillig.

„Na gut. Und mein Name ist Veronica Kress.“ Sie nahm den Löffel in die Hand und lud ein bisschen Eis auf.

„Freut mich, Veronica. Ich erinnere mich, dass Lisa mir schon einmal von dir erzählt hat.“ Er lächelte.

„Hat sie das?“, sie zog eine Augenbraue hoch, „Da wundert es mich ja direkt, dass Sie nicht schon zur Tür rausgerannt sind. Sie erzählt gerne die schlimmsten Schauermärchen über mich.“

„Eigentlich hat sie mir erzählt, dass Sie eine wundervolle, verständnisvolle Freundin sind, die ihr schon öfter in ihrem Leben bereits zur Seite gestanden ist. Und das ist nur die grobe Zusammenfassung.“ Kein schmutziges Geheimnis? Lisa konnte doch sonst auch nie ihre Klappe halten.

„Tatsächlich hätte ich mit allem gerechnet, aber nicht damit“, stellte Veronica skeptisch fest. „Sagen Sie, wollten Sie Lisa hier treffen?“

Es konnte kein Zufall sein, dass sie sich hier trafen. Ausgerechnet an dem Tag, an dem die drei Mädchen normalerweise ihre wöchentliche „Sitzung“ hatten.

Die Nervosität überfiel den Mann wieder. Was hatte das zu bedeuten? Irgendetwas war faul, aber Veronica kam einfach nicht drauf. „Sie müssen mir nicht sagen, weshalb Sie sich mit ihr treffen wollten. Ein „Ja“ oder „Nein“ genügt mir vollkommen.“

„Es ist nicht ganz so wie Sie denken, Veronica.“ Er nahm einen großen Schluck seines Shakes. Vielleicht wollte er seine Antwort hinauszögern. Er blickte sie von der Seite an und schien nachzudenken. Irgendwann wandte er sich ihr dann wieder zu.

„Ich hoffe, Sie werden es mir verzeihen, aber Lisa hat eine Art Kuppelversuch gestartet. Sie will mir schon lange eine Freundin suchen. Und nun hat sie dich als ihr nächstes Opfer auserwählt.“ Er sah sie entschuldigend an. „Es ist nicht gerade nett, ich weiß. Aber Lisa hätte mich tyrannisiert, wenn ich mich geweigert hätte. Sie sind wirklich sehr nett. Ich wollte Sie nicht belügen, Veronica.“

Sie musste diese Neuigkeit erst einmal verarbeiten. Dieser Mann war nicht wegen Lisa hier. Er war hier um ein hinter ihrem Rücken vereinbartes Date mit ihm zu haben.

„Das dürfte erklären, weshalb Lisa und Maria nicht aufgetaucht sind“, meinte sie trocken.

„Bitte seien Sie doch nicht sauer. Lisa hat sich um Sie gesorgt. Sie hat mir erzählt, dass sie schon lange keine feste Beziehung mehr hatten und bis auf Ihre Katzen keinen großen Kontakt zur Außenwelt haben. Und da ich ebenfalls ziemlich viel lerne und schon lange nicht mehr auf Partys, in Discos und dergleichen war, befand sie, dass ein Treffen zwischen uns nur perfekt werden könnte. Wenn Sie gehen wollen, steht Ihnen das natürlich frei.“ Er wirkte wirklich bedrückt. Das schlechte Gewissen sah man ihm sehr gut an.

„Ich denke nicht, dass ich Ihnen böse sein kann. Ich kenne Lisa gut genug, um Ihre Meinung zu unterstützen. Ich muss gestehen, dass ich von Verkupplung absolut nichts halt. Es ist erzwungen. Und außerdem kann Lisa nicht wissen, ob wir überhaupt zusammenpassen würden. Schlimmer als ein Blind-Date.“ Sie verzog die Miene.

Tobias fühlte sich sichtlich noch unwohler. „Tut mir Leid, dass Sie das so sehen.“

„Es ist nichts gegen Sie. Aber ich will mir meine Freunde selber suchen. Vielleicht haben Sie Recht. Ich sollte wirklich besser gehen. Es war mir eine Freude mit Ihnen zu reden. Vielleicht sieht man sich ja mal wieder…“ Sie rief die Bedienung zu sich und sammelte Geld aus ihrer Handtasche.

„Falls Sie es sich anders überlegen, hier ist meine Visitenkarte“, meinte Tobias noch schnell und schob sie in ihre Handtasche. Veronica schnaubte nur auf und verließ das Café so schnell wie möglich, nachdem sie bezahlt hatte. Jetzt brauchte sie erst einmal eine kalte Dusche, um wieder zu Verstand zu kommen. Dann würde sie sich bei Lisa mal so richtig beschweren. Wie konnte sie ihr nur ein Date aufbrummen? Ein Date mit einem zugegebenermaßen sehr attraktiven und netten Mann.

Ohne zu wissen, was sie tut, kehrte sie abrupt um, kehrte zurück ins Café und ließ sich wieder neben Tobias nieder. „Einen Versuch ist es wert“, seufzte sie und lächelte ihn an.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  RaspberryDevil
2010-05-31T19:03:12+00:00 31.05.2010 21:03
Schöne Story^^
ist mal was tolles für zwischendurch :)
schöner schreibstil, nette Charaktere und eine gute Idee^^
Ich hielt den typen erst für einen schürzenjäger, dachte dann aber, was es für zufälle gibt und das die beiden ja ganz niedlich zusammen sind... bis ich dann lachen musste, als er ihr den Kupplungsversuch gestand.
ihre erste reaktion darauf find ich auch passend und gut- das ende aber auch^^
alles in einem eine schöne, kleine story ^-^

Mach weiter so ^o^

Von:  lil_white_tiger
2010-02-12T17:16:18+00:00 12.02.2010 18:16
Ich find die Geschichte toll *__*
Und auch wie du schreibst, finde ich mal wieder super, aber das hab ich dir glaube ich schon häufiger gesagt! XD
die Beiden sind echt knuffig und ich hoffe seeeehr das das mit denen Klappt ;)
ich finde.. man könnte das Ganze auch noch schön ausbauen und was längeres draus machen XD
also, super gemacht *flausch*
Tigerchen (:


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