Kapitel 39 - Das Päckchen
Soo... Servus zusammen!
...Ja, es gibt mich noch O___o" Man mag es kaum glauben, aber... Unkraut vergeht ja bekanntlich nicht ^^"
Es ist schon gut drei Jahre her, seit ich das letzte Kapitel hochgeladen habe - es tut mir leid, dass ihr so lange auf die Fortsetzung warten musstet! In den letzten Jahren kamen mir immer wieder Sachen dazwischen, die mich am Abtippen des Kapitels gehindert haben (Ja, ich gehöre noch zum alten Schlag, der die Sachen erst mal per Hand vorschreibt... ihr wisst schon, damals, als man noch Papier und Stift statt Tastatur hatte ;) ).
Der zweite Grund, der mich so lange am weiterhochladen gehindert hat, ist der, dass ich mir Unbroken nochmal von Anfang an vorgenommen habe - mehrfach - und dabei festgestellt habe, was für eine Mary Sue meine Hauptfigur ist... O___o" Das hat mich ehrlich gesagt ziemlich geschockt, aber hey - als ich Unbroken angefangen habe war ich 14 ^^" Sünden meiner Jugend...
Ich hab mir auch noch überlegt, es komplett neu zu schreiben und zu überarbeiten, aber... das wäre dann nicht dasselbe gewesen. Schließlich steckt zu viel Herzblut in dieser Geschichte, die ich trotz allem noch fertigschreiben möchte ^^"
Deswegen werde ich nach und nach noch die weiteren Kapitel hochladen, in denen ich versuche, meine Hauptfigur "normaler" rüberkommen zu lassen. ...Gut, "normal" ist ein relativ dehnbarer Begriff. Ich bin mittlerweile handschriftlich bei Kapitel 48 (noch 2009 geschrieben) und ich gebe mir alle Mühe, einerseits meinem Stil treu zu bleiben, aber andererseits auch nicht mehr zu sehr zu übertreiben.
Vielen Dank an alle, die mir bisher die Treue gehalten haben... ich hoffe, ihr und alle, die sich noch hierher verirren, habt viel Spaß beim Lesen! =)
~*~
Kapitel 39 ~ Das Päckchen [Cleos POV]
Mit einem für mich ohrenbetäubenden Krachen bohrte sich seine krallenbewehrte Hand direkt neben meinem Kopf in das harte Felsgestein. Kleine Steinchen spritzten nach allen Seiten hin weg und ich wandte rasch den Kopf ab, um meine Augen vor ihnen zu schützen. Nichtsdestotrotz kassierte ich einige Kratzer auf der Wange.
Dann, als wieder Stille eingekehrt war, wagte ich, meine Augen zu öffnen. Sein Gesicht war nun in nächster Nähe und die Wut loderte in seinen braunen Augen.
„Warum hast du sie umgebracht?!“
Ich spürte, wie auch ich trotz meiner wahnsinnigen Angst wütend wurde. Vielleicht war es ja auch nur Verzweiflung. Was zum Henker faselte der da?!
„Ich weiß nicht mal, wovon du redest!“
„Lüg nicht. Du weißt genau, wen ich meine!“
„Und wen meinst du bitteschön?“
Der versuchte hier doch glatt, mir was anzuhängen...
„Meine Brüder Terior und Sanyor.“
Wen bitte? Terior... nie gehört. Aber Sanyor...
„Sanyor hieß der Youkai, der mich neulich umbringen wollte...“, murmelte ich, als ich mich an den massigen Erdyoukai zurückerinnerte, „Und zwar weil ich angeblich seinen Bruder auf dem Gewissen hatte... ist das dieser Terior?“
„Er war es.“, lautete seine finstere Antwort.
„Und was bringt dich auf die Schnapsidee, ich hätte sie umgebracht? Ich bin ein Mensch, das war ich schon immer und ich bin trotz Kampfsport nicht so stark, dass ich gegen einen Youkai eine Chance hätte!“
„Du bist kein Mensch.“. Der Youkai sah mir fest in die Augen.
„Wie?!“, was meinte er denn jetzt schon wieder? Doch dann fiel es mir wie Schuppen von den Augen: „Das Geheiligte Herz...“, murmelte ich frustriert und lehnte meinen Kopf an den kühlen Fels hinter mir. „Wenn ich gewusst hätte, wie viel Schwierigkeiten ich damit bekommen würde, hätt’ ich mich nie auf diese bescheuerte Wette eingelassen...“
Stille.
„...Was für eine Wette?“, der Youkai packte mich an der Schulter und ich unterdrückte einen Schmerzensschrei. Sein Griff war hart wie Eisen...
„Eine Chance, die Sesshoumaru mir gegeben hat, um freizukommen.“, presste ich hervor und erwiderte seinen Blick.
Abrupt wurde ich losgelassen und er stand auf.
„Du wirst mir alles erzählen.“
Sonst noch Wünsche? Aber gut, meinetwegen, Solange ich erzählte, konnte er mich nicht killen.
„Gut. Durch einen dummen Zufall bin ich hier in diese Gegend gekommen“, oh ja, sehr, sehr dummer Zufall... „Und wenn du denselben Youkai meinst, den ich meine, dann war er es, der mich auf seinen Speisezettel gesetzt hatte.“
„Möglich. Weiter.“
„Okay – es kam zum Kampf und ich wurde vergiftet.“
„Passt zu ihm.“, murmelte der Braunhaarige, behielt mich aber weiterhin misstrauisch im Auge.
„Ende vom Lied: Grad, als ich das Bewusstsein verloren hab, hab ich Geräusche gehört, wie von einem kurzen Kampf. Dann war ich weg – und als ich wieder aufgewacht bin, war ich wieder zusammengeflickt und kurzerhand von Sesshoumaru zu seiner Gefangenen erklärt worden.“
Eine Augenbraue des jungen Mannes wanderte nach oben.
„Zu der Sache mit dem Geheiligten Herz...“, fuhr ich fort,“ Nachdem ich von diesem gewissen Youkai eine hübsche Bannkette verpasst bekommen und genügend protestiert habe, hat er mir eine Chance gegeben, sie loszuwerden. Ich sollte ihm das Geheiligte Herz aus dem Labyrinth bringen.“
„Den Juwel?“
„Ist schon ein bisschen größer als ein Juwel“, sagte ich in Erinnerung an den mehr als faustgroßen Stein, „Aber jedenfalls gab’s Probleme. Ich hätte das Juwel nehmen können, hab es sogar berührt, aber ich hab’s nicht getan, sonst hätte der alte Wächter sterben müssen. Trotzdem war das Ende vom Lied, dass mein Leben seitdem mit dem Juwel verbunden ist.“
„Wie meinst du das?“
Irrte ich mich, oder war der Knabe neugierig?
„A) hab ich Heilkräfte. B) Ich hab angeblich ne verdammt lange Lebensdauer. C) Ich wollte das gar nicht, weil jetzt alle Welt hinter mir her ist.“. Ich wartete auf einen Einwurf. Als keiner kam, fuhr ich fort. „Kurz gesagt: Ich wurde gerettet, kam nach Hause, meine Eltern sind verschollen und ich ging mit Sesshoumaru zurück, als er mich holte – hatte ja sonst keinen mehr, den ich kannte. Mal abgesehen davon hätte ich sowieso keine Wahl gehabt... Na ja, nach ein paar Schwierigkeiten hatte ich die gütige Erlaubnis, einen Ausflug mit Rin und Jaken, die mich auch heute begleitet haben, zu machen. Da tauchte dann dein anderer Bruder auf, um mich zu killen.“
Kleidung raschelte, als der Youkai – Erdyoukai? – sich bewegte. Er sah mich nachdenklich an.
„Und wer hat ihn umgebracht?“
Mit einem leichten Schaudern erinnerte ich mich wieder an den Schuldigen.
„Ketsuei...“
„Etwa der Ketsuei?!“, entfuhr es dem Youkai erschrocken.
Wow... Ketsuei schien ja tatsächlich nicht unbekannt zu sein...
„Also, ich kenn bloß einen.“, gab ich zur Antwort.
„Ist er einer der Wächter aus dem Labyrinth?“, seine Stimme klang ernst.
„Ja.“
Mit einem leisen Seufzer fuhr er sich durch die Haare.
„Ketsuei tut nichts ohne irgendeinen Grund...“, murmelte er.
„Was... hast du jetzt mit mir vor?“, fragte ich, während ich versuchte, mein Blut mit reiner Gedankenkraft zurück in meine Hände zu schicken.
Der Youkai kam mit langsamen Schritten näher, sein Blick war auf einmal wieder eisig kühl. Dann kniete er sich vor mich, beugte sich vor und...
...begann plötzlich, zu lachen.
Mit einem Fingerschnipsen von ihm gab der Fels meine Hände frei und ich starrte ihn völlig verwirrt an. Was...?
„Oh Mann...“, immer noch grinsend setzte er sich im Schneidersitz hin. „Ein Glück, dass du mir sympathisch und zu allem Überfluss auch noch unschuldig bist.“
„...Hä?“
Hallo? Was ging denn jetzt ab?!
„Warte, ich erklär’s dir.“, geduldig wartete er ab, bis ich begonnen hatte, meine tauben Hände zu massieren, „In unserer Familie ist es Pflicht, vermeintliche und wirkliche Mörder von Blutsverwandten zu töten. Da ich der letzte meiner Brüder bin, war das meine Aufgabe.“
„Und warum lebe ich dann noch?“, Au, scheiße, meine Hände prickelten! Trotzdem ließ ich ihn nicht aus den Augen.
„Na ja, es können bei diesem Gesetz auch Ausnahmen gemacht werden – wenn der Rächer den Mord als gerechtfertigt ansieht, oder die Unschuld erklärt. Bonus-Regel: Der Rächer muss entscheiden, ob der Mörder das Weiterleben verdient... und da kenn ich einige von meinem Clan, die trotz Unschuld ihre Opfer umbringen. Kurzum: Du bist mir sympathisch und ich muss dich nicht töten.“, beinahe verlegen wuschelte er sich durch die Haare. „Ich töte ziemlich ungern...“
„Puh, da bin ich beruhigt...“, atmete ich auf. Wieder einmal in Gefahr gewesen und einmal mehr mit dem Leben davongekommen. So langsam gehörte das ja zum Alltag.
„Sag mal, wie heißt du eigentlich?“, fragte ich plötzlich.
„Hm? Oh, Verzeihung, ich hab mich noch nicht vorgestellt. Mein Name ist Chenyor, ich bin – oder eher: war – der Mittlere der drei Erdbrüder und mal unter uns gesagt bin ich froh, dass die beiden Idioten der Vergangenheit angehören. Und du heißt...?“
„Cleo.“, erwiderte ich mit einem leichten Lächeln auf den Lippen. Wow – es gab also tatsächlich Youkais, die nett sein konnten? Sah echt danach aus. So, wie er da vor mir saß und frech grinste, ging eine ungewöhnlich angenehme Ausstrahlung von ihm aus.
„Cleo? Das passt irgendwie zu dir!“
„Häh? Wieso das denn?“, wunderte ich mich.
„Nur so!“, Chenyor stand auf und wurde wieder ernst. Er schien auf etwas zu lauschen, das nur er hören konnte. „Oh... dein ‚Gastgeber’ ist im Anflug... ich sollte mich wohl besser aus dem Staub machen, hab keine Lust, zu sterben!“
„Sesshoumaru?“
„Da du ihn nicht mit seinem Titel ansprichst, musst du echt lebensmüde sein!“, Chenyor funkelte mich aus seinen braunen Augen belustigt an, „Dann mach’s mal gut!“
Ehe ich etwas sagen konnte, hatte er mir einen Handkuss gegeben.
„Warte bitte hier drin, er wird dich gleich hier rausholen.“
Hinter Chenyor teilte sich der Fels, formte einen Gang.
„Keine Angst“, fügte er beruhigend hinzu, „Dir passiert hier nichts.“
„O...kay...“, sagte ich zögernd und alles andere als überzeugt.
„Braves Mädchen.“, er grinste wieder, „So, und ich muss jetzt aber los – er ist gleich da!“, mit diesen Worten winkte er mir zu und rannte in den Gang. Doch er blieb noch einmal stehen.
„Ach ja, hätt ich fast vergessen! Solltest du mal in Schwierigkeiten stecken, ruf nach mir. Ich komme dann so schnell wie möglich!“
Und schon war er verschwunden. Hinter ihm schloss sich der Fels beinahe lautlos wieder. Jetzt war ich alleine in der stockdunklen Höhle ohne Ausgang.
Ohne... Ausgang...
Plötzlich bekam ich keine Luft mehr, ging in die Knie.
Um mich herum... so viel Fels... es erdrückte mich!
Was, wenn ich blieb? Hier konnte mir keiner helfen!
Ich war unter der Erde...
...wie in einem Grab.
Ich hatte Angst... so viel Angst, dass mir die Stimme versagte – und ich nicht einmal mehr schreien konnte...
Erschrocken fuhr ich zusammen, als ein ohrenbetäubendes Krachen ertönte und alles um mich herum zu beben begann. Was war das? Es kam näher... wurde lauter... ängstlich drückte ich mich gegen die Wand.
Plötzlich explodierte die Decke in einer Fontäne aus Staub, Erde und Steinchen. Hustend wartete ich ab, bis sich die Wolken gelegt hatten, ehe ich es wagte, die Augen zu öffnen.
Eine Gestalt schälte sich aus den letzten Staubschwaden, vom Licht von oben beleuchtet.
„Sess...hou...maru...“, murmelte ich wie gelähmt, von eisiger Kälte, aber auch angenehm warmer Erleichterung durchflutet.
„Wo ist er?“
Danke, ich freute mich auch, ihn zu sehen... aber das klang nicht gut – er wollte Chenyor umbringen, das hörte ich an seinem Tonfall.
„E-es ist alles in Ordnung!“, versuchte ich, ihn zu beschwichtigen, „Er hat mir nichts getan!“
„Er hat dich entführt.“
„Stimmt... aber es war eine Prüfung!“, verteidigte ich den jungen Erdyoukai.
„So, so. Und welcher Art war diese Prüfung?“, fragte Sesshoumaru eisig.
„Wegen seinen Brüdern... er wollte wissen, was ich mit ihrem Tod zu tun habe!“
„Die Erdyoukais.“
„Ja.“
Sesshoumaru schwieg kurz, dann streckte er den Arm aus. Rasch rappelte ich mich auf und stolperte zu ihm herüber.
„Er soll es nicht wagen, mir unter die Augen zu kommen.“, knurrte der Youkai-Lord.
„Wie süß – hast du dir etwa Sorgen um mich gemacht?“, fragte ich grinsend und wurde grob gepackt.
„Nein.“, zische Sesshoumaru wütend und in seinen Augen glomm ein rötlicher Schimmer auf.
Zeit, die Klappe zu halten...
Urplötzlich wurde ich auf den Arm genommen, Sesshoumaru schnellte hoch und es ging wieder aufwärts Richtung Freiheit. Tageslicht... eeeeendlich!
Memo: Ich hatte nicht nur Höhenangst, sondern auch noch Klaustrophobie...
Doch auch diese Gedanken vergaß ich wieder, als ich eine knappe halbe Stunde später von Rin umgeknuddelt wurde.
„Ich hab mir Sorgen gemacht, Cleo-nee-chan...“, murmelte sie den Tränen nahe und schmiegte sich an mich. Ich lächelte und legte meine Arme fest um sie.
„Entschuldige, Rin-chan“, sagte ich leise und strich beruhigend durch ihr weiches, langes Haar. „Noch einmal passiert so was nicht...“
„Wirklich...?“, das Schluchzen verebbte, aber Rin ließ mich immer noch nicht los.
Zufällig fing ich Sesshoumarus Blick ein, der ein „Versprich nichts, was du nicht halten kannst“ in sich trug.
Ich nickte leicht. „Wirklich, Rin.“
Wirklich, Sesshoumaru...
~*~
Drei Tage späte regnete es – und ich hatte schlechte Laune.
Die himmlische Dusche hatte einen Tag nach meinem neuerlichen Abenteuer beschlossen, sich übers Land zu ergießen und seither nicht aufgehört. Und es sah nicht danach aus, als würde sie das so schnell tun.
Nahezu wahnsinnig vor Nichts-tun-können tigerte ich unruhig auf und ab; obwohl ich heute bereits vier Stunden trainiert hatte, war ich so verdammt hibbelig! Ich wollte raus an die frische Luft, aber es ging nicht! Verflucht!
Sesshoumaru hatte anscheinend beschlossen, die Sache mit Chenyor auf sich beruhen zu lassen und ging mir – als der Gentleman, der er war – aus dem Weg. Das hatte Vor- und Nachteile.
Vorteil: Ich konnte mich nicht mit ihm anlegen.
Nachteil: Ich hatte zuviel Zeit zum Denken. Und genau das tat ich. Vor allem beschäftigte mich ein Satz von Chenyor ganz besonders: „Ketsuei tut nichts ohne irgendeinen Grund“. Was hatte das zu bedeuten? Dieser Kerl war doch nur ein oberflächlicher Idiot, oder? Aber warum war er dann so bekannt? Und er schien sogar respektiert zu werden. Nur... wieso?
Gut, ich kannte ihn kaum, aber konnte es nicht doch sein, dass mehr hinter ihm steckte?
„Aaaah, Cleo, du denkst zuviel!“, fluchend wuschelte ich mir durch die Haare. Ich musste mich ablenken! Nur wie?
...Sals Päckchen.
Das war die Idee!
Rasch holte ich es hervor und setzte mich damit aufs Bett. Zögernd strich ich über den Deckel. Sollte ich wirklich...?
Doch dann siegte meine Neugier.
Ich öffnete es und erstarrte.
„Sal...“, murmelte ich, als ich den Inhalt sah.
Ganz zuoberst lagen zwei Fotos. Auf dem einen waren Sal und ich zu sehen, wie wir in die Kamera lachten. Ich drehte es um.
‚Damit du mich nie vergisst. Sal’, stand da in ihrer leicht krakeligen Handschrift auf der Rückseite.
Das andere war ein Foto, auf dem meine Eltern und ich zu sehen waren. Ja, ich erinnerte mich... es war am selben Tag geschossen worden wie das erste... auf einem Ausflug von uns Vieren. Damals war es Sommer gewesen und wir waren dann einfach losgezogen – meine Eltern liebten solche Spontanaktionen. Oder... sie hatten sie geliebt...?
Vorsichtig legte ich die Bilder in den Deckel der Schachtel und widmete mich dem weiteren Inhalt. Jetzt lachte mich ein Buch an. Mein Lieblingsbuch. Mein gutes, altes, mitgenommenes, leicht zerfleddertes Lieblingsbuch, das ich bestimmt schon tausendmal gelesen hatte! Wo zum Kuckuck hatte sie es her und wie hatte sie es in die Schachtel getan?!
...Jedenfalls freute ich mich riesig darüber.
Desweiteren förderte ich nun eine Tafel meiner Lieblingsschokolade, ein Leeres Buch – ‚Vergiss deine Erinnerungen nicht, schreib sie lieber hier rein’ – mein Lieblingskuscheltier, ein Stofftiger, der auf meine beiden Handflächen passte, eine Packung Hustenbonbons, Tee, ein Halstuch und vieles mehr zutage.
So leerte ich nach und nach die Schachtel und erstarrte mit einem Mal. Wie gelähmt fixierte ich eine kleine Schachtel am Boden des Päckchens. Das konnte nicht sein. Oh nein, bitte niiiicht...
Aber so sehr ich es mir auch wünschte, die kleine Schachtel verschwand nicht.
„Arrgh, Sal!!!“, mit spitzen Fingern nahm ich sie heraus und musterte sie misstrauisch, als würde mich ihr Inhalt jeden Moment anfallen und beißen.
Schokolade. Okay. Buch. Toll. Stofftier. Super. Brief. Ungelesen, aber auch willkommen.
Aber warum zur Hölle hatte sie eine Packung Kondome eingepackt?!
„Das ist nicht wahr...“, stöhnte ich knallrot im Gesicht.
„Was ist nicht wahr?“
„UAAH!“, erschrocken fuhr ich zusammen und starrte zur Tür, von wo die ruhige Frage gekommen war. Sesshoumaru – wer sonst? Wie lange stand er schon hier in der Tür? Verdammt, warum war er nur immer so leise?!
„Also: Was ist nicht wahr?“, Sesshoumaru setzte sich langsam in Bewegung, kam auf mich zu.
„Ach nichts... ich... hab nur laut gedacht...“, so unauffällig wie möglich versuchte ich, die kleine „gewisse“ Schachtel beim Rest verschwinden zu lassen.
Großer Fehler.
Vor dem Bett blieb Sesshoumaru stehen. Ehe ich reagieren konnte, hatte er sich vorgebeugt und hielt mir nun die Schachtel mit den Kondomen unter die Nase.
„Was ist das?“
„N-nichts!“, stammelte ich, inzwischen wohl wieder knallrot.
„Sieht mir nicht danach aus. Also?“
„Ich sagte doch, es ist nichts Besonderes!“
Sesshoumaru beugte sich vor. Plötzlich und blitzschnell legte er seine messerscharfen Krallen an mein Kinn nahe der Kehle und drückte sanft zu, sodass ich gezwungenermaßen den Kopf heben und ihm in die Augen sehen musste. Rasch wich ich seinem Blick aus, so gut es eben in dieser Position ging.
„Sag mir, was es ist.“, verlangte er. Ich schwöre, er fand das Ganze hier auch noch witzig!
„N-nein! Es ist wirklich nichts!“, brachte ich hervor und schon drückten sich seine Krallen fester in meine Haut.
„Dafür, dass es nichts ist...“, Sesshoumaru beugte sich immer weiter vor, kam auf diese Weise langsam näher, „...reagierst du aber ziemlich emotional darauf. Dein Herz rast...“
Verdammt, seine Stimme jagte mir einen Schauer über den Rücken!
„Lass den Scheiß!“, murmelte ich und wich ein wenig zurück, um seine Krallen von meinem Hals wegzubekommen – vergeblich. Er ließ nicht locker, lehnte sich nun sogar vor und stützte sich mit der anderen Hand auf dem Bett ab.
„Na?“, sagte er nochmals amüsiert, „Ich höre?“
Ich nahm mir unklugerweise vor, nichts zu sagen, denn das war mir wirklich allzu peinlich. Doch der Druck gegen meine Kehle verstärkte sich und ich konnte nicht mehr weiter zurückweichen. Rasch versuchte ich, doch noch irgendwie nach hinten wegzurutschen, aber das Resultat war nur, dass ich schlussendlich unfreiwillig auf dem Rücken lag. Ich schluckte trocken. Dass Sesshoumaru wirklich nicht gewillt war, locker zu lassen, steigerte meine Zuversicht, hier lebend rauszukommen, auch nicht unbedingt ins Unermessliche.
Beinahe entsetzt hielt ich den Atem an, als er sich neben meinem Kopf abstützte und sich über mich beugte. Er kniete sogar auf dem Bett, was sollte das denn?! So nahe war er mir freiwillig doch noch nie gekommen!
„Also?“, fragte er nochmals, mit diesem trocken-amüsierten Unterton, der mich wieder einmal wünschen ließ, ich könnte diesem Dreckskerl einfach mal die Augen auskratzen. Statt dessen beschloss ich, dass es wohl klüger war, zumindest mal ein kleines Eingeständnis zu machen.
„Kondome.“, murmelte ich kaum hörbar. Scheiße, war mir das peinlich! Hochrot vor Verlegenheit schloss ich die Augen. Bitte bitte bitte, hoffentlich hörte er jetzt damit auf und beließ es einfach dabei...
„Das erklärt mir immer noch nicht, was genau das ist und wofür es gebraucht wird.“
ARGH! Das durfte doch wohl nicht wahr sein!
„Das... das weiß ich nicht!“, wehrte ich ab und versuchte nun, Sesshoumarus Hand von meinem Hals wegzubekommen. Vergeblich – ebensogut hätte ich versuchen können, mit bloßen Händen einen Stahlbalken zu bewegen.
„Du lügst mich schon wieder an.“, stellte der Youkai fest und zog eine Augenbraue nach oben. „Dein Puls wurde schneller, dein Atem flacher und deine Pupillen haben sich verengt. Nicht, dass die Lüge nicht auch so offensichtlich wäre.“
„Das...“, ich brach ab und versuchte weiter vergebens, seinem Blick auszuweichen.
„Sprich.“, forderte er ein wenig schärfer.
„Nei-“, ich zuckte leicht zusammen, als sich der Druck seiner Krallen an meinem Hals verstärkte. Eine falsche Bewegung und ich konnte durch ein Loch im Hals atmen...
„Ich warte, Mensch.“, erinnerte er mich gelassen. Bestimmt grinste sich dieser Vollidiot innerlich einen ab! Aber da konnte er lange warten, bis ich etwas sagte. Im Moment war ich viel zu sehr damit beschäftigt, Sal Pest und Cholera an den Hals zu wünschen, dafür, dass sie mir diese Dinger eingepackt hatte.
...Nur wurde meine missliche Lage hier zunehmend unangenehmer, seine Krallen an meinem Hals, mein pochender Herzschlag, der in meinen Ohren hämmerte und die Tatsache, dass ich mich nicht rühren konnte... wusste er eigentlich, wie dämlich ich mir hier gerade vorkam? ...Vermutlich schon – er genoss es wohl wirklich, mich leiden zu sehen.
„Sag es mir.“, ertönte seine tiefe, volle Stimme samtweich und ich schauderte leicht. Er ließ wohl wirklich nicht locker.
„Zur... Verhütung... einer Schwangerschaft...“, würgte ich irgendwie hervor. Mein Gott, das war so peinlich für mich verklemmte Jungfrau! Hoffentlich ließ er mich jetzt endlich in Ruhe...
„Und wie benutzt man sie?“
Fucking bloody Hell! Der Tag hatte sich gegen mich verschworen!!!
Entsetzt riss ich die Augen auf und versuchte nun wieder, Sesshoumaru wegzudrücken-
„D-das sag ich dir bestimmt nicht!“, verbissen versuchte ich, irgendwie freizukommen, aber egal wie sehr ich strampelte, es war vergeblich. Dass ich mir nicht selber die Kehle dabei aufschlitzte, grenzte wirklich an ein Wunder.
„Ich glaube doch, dass du es mir sagen wirst.“, war die ruhige Antwort. Hey – war das nicht der Anflug eines Grinsens auf Sesshoumarus Lippen? Nein, bestimmt nur eine Sinnestäuschung.
„Oder...“, Sesshoumaru beugte sich ein bisschen weiter runter. Seine langen, schneeweißen Haare fielen hier und da über seine Schultern, umrahmten sein schlankes Gesicht wie ein Kunstwerk, „...legst du es etwa darauf an, Kinder zu bekommen?“
„WAS?!“
Stopp, Moooomentchen mal, dicke Auszeit! Was zum Kuckuck...?!
Ob meines entsetzten Blickes legte sich tatsächlich ein leichtes Grinsen auf seine Lippen. Dieser Mistkerl amüsierte sich auch noch, während er mich verarschte! Zumindest betete ich, dass er das tat!
„Also – wie benutzt man sie?“, wiederholte er diese Frage und in meinen Gedanken starb er gerade tausend Tode. Warum konnte er die Sache nicht einfach auf sich beruhen lassen?
„Ich... sag's nicht...“, stammelte ich nur.
„Dann trägst du eben die gesamte Schuld.“, sein Tonfall veränderte sich, wurde irgendwie... weicher... verführerischer? „Mir bleibt dann wohl keine andere Wahl, als die Funktion dieser 'Kondome' selber herauszufinden.“
Aber dann bitte nicht bei mir! Das war doch wohl wirklich nicht sein Ernst?!
„Nein!“, stieß ich der Verzweiflung nahe hervor.
„Deine letzte Chance, mir zu erklären, was ich wissen will.“
„Nein...“, kam es beinahe verängstigt über meine Lippen. Sonnenklar – er verarschte mich aufs Übelste, aber warum... warum klang das so glaubwürdig?
„Tja...“, Sesshoumaru war nur noch ein paar Zentimeter von meinem Gesicht entfernt und in seinem Antlitz lag ein seltsamer Ausdruck, wie ich ihn noch nie zuvor bei ihm gesehen hatte, verlockend, verführerisch... „Dann kann ich dir auch nicht mehr helfen. Wenn du mir den Gebrauch dieser 'Kondome' nicht erklären willst, hast du eben die Konsequenzen zu tragen.“
Seine Krallen verschwanden von meinem Hals, doch dann strich er federleicht über diesen nach oben und über meine Wange. Während seine warmen Fingerkuppen auf meiner Haut ruhten, streifte sein Daumen sanft meine Lippen und jagte mir eine Gänsehaut über den Rücken. Unfähig, den Blick abzuwenden oder die Augen zu schließen, sah ich, wie er sich weiter zu mir hinunterbeugte, nur noch wenige Zentimeter trennten unsere Gesichter voneinander und sein Blick war fesselnd, so fesselnd als wolle er mich auf ewig gefangen halten...
Plötzlich grinste er leicht und hielt inne, nur wenige Millimeter von meinen Lippen entfernt.
„Ihr Menschen seid wirklich einfach aufs Glatteis zu führen.“, hauchte er leise, ehe er sich aufrichtete und von oben herab weiter grinste. „Du hast wirklich gedacht, ich würde...“
„Hab ich nicht!“, unterbrach ich ihn mit klopfendem Herzen und noch immer wie betäubt.
„Das sagst du zwar, aber was würdest du tun, wenn ich es ernst gemeint hätte?“, fragte er beiläufig und strich mit einer Hand beiläufig über das weiche Fell über seiner Schulter.
„Dann hätte ich dich persönlich zur Hölle geschickt!“, fuhr ich ihn an. Mein Herz ging so schnell...
„Ach ja?“, das Grinsen verschwand, nicht aber die Belustigung aus seiner Stimme.
„JA, verdammt!“
„Bist du dir da so sicher?“
„Klar bin ich das!“, fauchte ich erneut. Was dachte der sich?!
„Nun gut.“, Sesshoumaru ging langsam zur Tür. „Ach ja – hier.“, er warf mir etwas über die Schulter zu, das ich gerade noch reflexartig auffing, dann schloss sich schon die Tür hinter ihm.
Ich warf einen Blick auf das, was er mir zugeworfen hatte – und ließ es fallen, als hätte ich mich daran verbrannt. Die Kondome...
Mit den Nerven am Ende ließ ich mich zurück aufs Bett fallen, fuhr mir nervös durchs Haar. So ein Idiot... Wieso hatte er das getan?! Wohl nur, um mich wieder zu erniedrigen!
Doch dann fiel mir etwas auf, das ich plötzlich vermisste. Nur... was?
Wärme. Die angenehme Wärme, die von Sesshoumaru ausgegangen war, als er über mir gekniet hatte.
„So ein Idiot...“, flüsterte ich verwirrt und schloss die Augen.
„Bist du dir da so sicher?“, hörte ich seine Worte erneut.
...Nein. Nein, das war ich nicht... und eben dies machte mir ja so zu schaffen...
~Zwischenspiel~
Sesshoumaru lehnte sich an die Wand neben der Tür des Mädchens und schloss für einen Augenblick die Augen. Die kühle Wand in seinem Rücken half ihm, wieder einen klaren Gedanken fassen zu können.
Warum hatte er das eben getan? Es passte gar nicht zu ihm! Hatte er ihr wirklich damit „gedroht“, sie...
...Nein. Unvorstellbar. Er hasste Menschen und deswegen hatte er für einen Moment diese Rolle gespielt, um sie zu ärgern. Es machte aber auch einfach zu viel Spaß, sie auf den Arm zu nehmen...
Spaß?
Seit wann hatte er sich nicht mehr so amüsiert wie gerade eben? Es musste wohl schon eine ganze Weile her sein – er erinnerte sich nicht mehr an das letzte Mal.
Dennoch wurde ihm immer mehr bewusst, dass er dieses Spiel bremsen musste. Beinahe hätte er sie vorhin doch... geküsst? Oder was sonst?
Nein. Besser, er dachte nicht weiter darüber nach und hakte es einfach ab. Das war das Einfachste für alle.
Aber ihr Blick ließ ihn nicht los. Dieses verunsicherte Flackern in den Augen... sie hatte Angst gehabt, ja, aber eher nur Furcht vor etwas, das sie nicht kannte – keine Panik. Ihr Herz hatte schneller geschlagen als sonst und ihr Blut hatte ihre Unruhe verraten. Trotz allem was sie sagte, hatte sie sich von derselben Spannung fesseln lassen, von der auch er sich hatte einfangen lassen. Von derselben Spannung, von der sie sich nicht mehr hatte losreißen können – oder unbewusst vielleicht auch nicht wollen...?
Er musste vorsichtig sein. Denselben Fehler, den sein Vater gemacht hatte, wollte er nicht auch noch begehen. Das war für den Inu-taisho nicht gut ausgegangen, nur zu gut erinnerte Sesshoumaru sich an den Tod seines Vaters...
Also gut, Schluss damit. Er würde sie nicht mehr so nahe an sich heranlassen, ganz einfach. Obwohl er sie immer wieder hierher zurückgeholt hatte, würde er sich einfach weniger mit ihr befassen.
Nicht, dass er schlussendlich doch noch die Beherrschung verlor...
~*~
To be continued...
So, das war das 39. Kapitel, meine Lieben, ich hoffe, es hat euch gefallen =) Entstanden ist es um 2007 herum, also schon etwas älter ^^" Kapitel 40 ist grad in der Abtippe. Es kann sich aber ein wenig hinziehen - unter Umständen muss ich meinen PC demnächst einstampfen lassen. Ein einziges Trojaner-Nest... *drop*
Über Feedback und Kommentare aller Art freue ich mich wie immer herzlich ;)
Cleo