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Adolescence

RinxLen
von

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“Mach endlich den Wecker aus!”, murmelte eine verärgerte Mädchenstimme. “Mach du doch! Der ist eh auf deiner Seite!”, antwortete eine verschlafene Jungenstimme. “Gar nicht! Der steht doch direkt in der Mitte.” Wortlos einigten sie sich dann darauf, dass weder einer von ihnen den Wecker ausstellt, noch aufsteht. Doch ehe auch nur einer wieder einschlafen konnte, wurde die Tür aufgerissen.

“Macht, dass ihr aus den Federn kommt! Aber sofort, sonst gibt’s kein Frühstück!”, schrie eine gewaltige, vertraute Stimme, die selbst Tote wieder zum Leben erwecken konnte. Sofort schreckten die beiden hoch. Es war schon fast ein Morgenritual und doch immer so überraschend, dass sie nicht anders konnten, als plötzlich wach zu sein und zu beteuern, sie seien es schon lange. Nach einem kurzen Morgensgruß quetschten sie sich durch die Tür, wobei jeder versuchte als erster ins nahegelegene Badezimmer zu gelangen. Der zweite musste dann immer in das am anderen Ende des Flurs. “Ach herrjeh immer dasselbe mit den beiden.”, seufzte sie, machte das Bett und verließ dann das Zimmer um unten in der Küche das Frühstück vorzubereiten. Da war es bereits wieder zu hören. Die beiden waren schon wieder am Streiten. Diesmal wohl, weil in nicht viel mehr als einer halben Stunde die Schule beginnen würde und sie wahrscheinlich, wie so oft zu spät kommen würden. “...also beeil dich! Ich kann es mir nicht erlauben schon wieder zu spät zu kommen! Das wäre schon das dritte mal in dieser Woche und ich will nicht wieder nachsitzen!” “Dann musst du eben früher aufstehen!” Wem welche Stimme gehört war nicht immer so leicht auszumachen, denn sie waren Zwillinge, die mehr als nur ihr Aussehen teilten. Auch ihr Zimmer, Geheimnisse, ein Klassenzimmer... “Ihr werdet beide zu spät kommen und nachsitzen, wenn ihr so weiter macht. Mich würde es nicht wundern, wenn ihr es schafft jeden Tag Nachsitzen aufgebrummt zu bekommen, nur schade, dass Sonntag ein freier Tag ist.” “Gumi, das ist nicht witzig!”, anklagend und mit der Schleife ihrer Uniform beschäftigt stand Rin vor dem Hausmädchen. Sie trug wie immer ihr nicht einmal schulterlanges, blondes Haar offen, den Pony mit jeweils zwei Spangen pro Seite aus dem Gesicht und einen Haarreif, an dem oben eine große Schleife befestigt war. Len hatte ebenso langes, blondes Haar. Jedoch wie für die Jugend heutzutage üblich nach hinten zu einem kurzem Pferdeschwanz gebunden. Im Grunde glichen sie sich wie ein Ei dem anderen. Mit einem Was-soll-nur-aus-euch-werden-Blick richtete Gumi nicht nur Rins Schleife, sondern gleich darauf auch die Krawatte von Len, der sich währenddessen an einem Toast verging. Allerdings schnappte seine Schwester zu, klaute ihm den praktisch aus der Hand, nahm ihre Schultasche und verabschiedete sich mit einem unverständlichem “Auf Wiedersehen”. Entsetzt rannte ihr Bruder ihr gleich, mit dem zweiten Toast im Mund, nach. Weg waren sie.
 

“Hast du nun eigentlich die Lektüre schon gelesen, Brüderchen?” “Welche Lektüre?” Entnervt verdrehte Rin ihre Augen. “Welche Lektüre wohl! Die, die ich letzte Woche für dich mit besorgt habe und fast eine Erkältung bekommen hätte! ‚Die Leiden des jungen sowieso‘ !” “Ach, die meinst du? Ne, hab ich nicht, als ob ich so etwas lesen würde.” “Wa-wir schreiben darüber nächste Woche eine Arbeit! Wenigstens reinschauen solltest du! Ich werd dir sicher nicht-”, als ihr Blick auf die Armbanduhr fiel, rannte sie noch schneller und ihrem Vortrag wich eine Reihe an Schimpfwörtern.
 

Gerade als die beiden Zwillinge im 2. Stock des Schulgebäudes angekommen waren, läutet es zur ersten Stunde. “Oh nein”, stöhnte Len schon auf, als Rin noch hoffte, “Vielleicht ist Frau Sakine noch nicht da!” Leise öffneten sie die Klassenzimmertür. Keine Spur von der Lehrerin, allerdings lag die gesamte Aufmerksamkeit der Klasse auf ihnen. Erleichtert und peinlich berührt, wollten die Zwillinge nun zu ihrem Platz, als hinter ihnen die Tür geschlossen wurde und ein vergnügtes “Kagamine Zwillinge! Ihr seid Fünf Minuten zu spät! Das heißt Nachsitzen. Und nun wollen wir mit dem Unterricht beginnen”, ertönte. Ihre Lehrerin stand hinter der Tür und hatte auf sie gewartet. Sie war durchschnittlich groß, hatte kurze, braune Haare und war eigentlich immer elegant gekleidet. Nach außen hätte man gedacht, sie würde in einer Bank oder als Kellnerin in einem noblen Restaurant arbeiten. Tatsächlich aber bestanden ihre Hobbys darin, sich kleinere Kämpfe mit den Jungen der Sportclubs zu liefern oder am Wochenende mit Frau Yowane in eine Bar zu gehen. Darum mochten sie auch alle. Sie war offen und manchmal launisch, mochte aber die Schüler wie sonst kein Lehrer an dieser Schule, es war immer Verlass auf sie.

Nach Unterrichtsschluss begaben sich Rin und Len zum Nachsitzen. Auf dem Weg hörten sie eine Durchsage. Frau Sakine sollte wegen einer dringenden Angelegenheit ins Lehrerzimmer. “Fällt dann das Nachsitzen aus?”, fragte Len hoffnungsvoll in den Gang voller Schüler, als besagte Lehrerin auf ihn und seine Schwester zu kam und meinte, sie sollen schon mal hin gehen. Die Aufgaben lägen auf dem Pult und sollte sie die beiden dort spätestens zum Stundenende nicht vorfinden, würde es richtigen Ärger geben.
 

“Glaubst du, es ist etwas passiert? Frau Sakine ist noch immer nicht zurück”, nachdenklich musterte Rin ihren Bruder, der noch immer mit den Aufgaben zu kämpfen hatte. “Keine Ahnung, vielleicht hat sie sich auch festgeredet. Wär ja nicht das erste Mal. Wenn etwas geschehen wäre, wüssten wir bereits davon. Sowas verbreitet sich in null Komma nichts.” “Mh...stimmt du hast Recht.” “Was ist denn los?”, fragend schaut Len auf. Mit Rin stimmte irgendetwas nicht. Das fällt ihm immer als ersten auf, nicht mal ihre beste Freundin, Neru, bemerkte das so schnell, wie er. Eigentlich logisch, schließlich waren sie schon ein Leben lang immer zusammen, durch nichts auf der Welt zu trennen. Auch nicht durch die fortwährend kleinen Streitereien. Und immer wieder war seine Schwester erstaunt darüber, dass ihm das auffiel. Nicht jedoch heute. Weiterhin, als würde sie durch ihn hindurchschauen, musterte sie ihn. “Was willst du eigentlich nach der Schule machen?” Er hätte mit allem gerechnet. Nur nicht mit so einer Frage und antwortete ebenso entrüstet simpel, “Eh...Was?” “Na was du für einen Beruf ausführen willst. Mir ist aufgefallen, dass ich gar nicht weiß, was du einmal werden möchtest, obwohl wir immer zusammen sind.” Das stimmte. Bisher hatten sie noch nie darüber geredet, vielleicht als kleine Kinder. Da war es dann sowas wie ‚Feuerwehrmann‘ und ‚Tierärztin‘ oder auch eher ein ‚Ich weiß es noch nicht‘. So verfielen die beiden in ein nachdenkliches Schweigen, das Rin als erste durchbrach, “Ich möchte Sängerin werden! Oder vielleicht Künstlerin. Auf alle Fälle einen guten Mann haben und ihm eine gute Frau sein.” Den Kopf auf den Armen, lächelte sie ihn unbeschwert, ja glücklich an, dass er in Verlegenheit geriet. “Eine gute Ehefrau? Bist du dir sicher? Haha...Wissenschaftler. Ich möchte Dinge erfinden, die den Alltag erleichtern. Vielleicht eines Tages sogar einen Roboter erschaffen, der ein Gedächtnis hat, Gefühle, ein eigenes Leben.” Wieder versanken sie in ein Schweigen. Ein bedrückendes, trauriges Schweigen.

“Haha, das ist ja genauso kindisch wie mein Traum! Len der große Wissenschaftler! Dann räumst du ein paar Preise ab, bekommst den Nobelpreis und ich halte dein ehrfürchtiges Antlitz in einem wunderbaren Gemälde fest, das selbst in hundert Jahren noch berühmt ist.”, sagte Rin todernst bis sie los prustete und mit ihrem Bruder so lange lachte, dass ihnen beiden der Bauch schmerzte. Ihr Lachen zerbrach die verhängnisvollen Fesseln der Gedanken über die Zukunft.

Noch ehe es zum Ende dieser Stunde läutete kam Frau Sakine wieder. Sie entließ die Zwillinge, nahm die Blätter und bemerkte, dass Lens Aufgabenbogen ab der Hälfte von Rin geschrieben worden war.
 

Zuhause wurden sie bereits von Gumi mit einem leckerem Abendessen erwartet.

“Eure Eltern kommen heute wieder aus dem Ausland zurück. Sie meinten gegen Zehn Uhr dürften sie hier sein.” Gumi beobachtete die Reaktionen der Kinder, die wie so oft im Grunde ausblieb. Ihre Eltern waren oft unterwegs und kamen nur selten nach Hause. Kein Wunder bei so einem großen und erfolgreichen Unternehmen wie der Kagamine-Corp. Daher war auch das Haus größer, nobler, wie auch Gumis Gehalt höher als das vieler anderer. Darum war sie als Hausmädchen auch erst von Nöten. Für die Kinder war sie eine Art große Schwester und Mutter in einem. So stimmte sie die Rückkehr der Eltern auch etwas traurig, weil sie sich dann nur noch um den Haushalt kümmern sollte. Ebenso wie die Zwillinge dann nur noch lernen sollten, um den Konzern eines Tages zu übernehmen. “Sie werden einige Wochen hier bleiben. Urlaub, soweit ich weiß”, fügte Gumi seufzend noch hinzu. “Urlaub?!”, kam es von beiden gleichzeitig. Das passte ihnen gar nicht. Alle Pläne, die sie bereits für das Wochenende gemacht hatten fielen somit ins Wasser. “Ja...auf unbestimmte Zeit, die Firma führt derweil dieser...ihr wisst schon, der, dessen Namen ich mir nicht merken kann, weil ich ihn nicht ausstehen kann”, komisch verzog Gumi das Gesicht, doch es half nichts, noch immer schauten sie unglücklich drein. “Dann...Len, lass uns für den Test nächste Woche lernen!” Len antwortete lediglich mit einem nicken. Ohne weitere Worte begaben sie sich gleich nach dem Essen in ihr Zimmer, lernten und gingen noch vor der Ankunft der Eltern zu Bett. Jedoch nicht ohne, dass sie die Trennwand in ihrem Zimmer wieder zuzogen. Denn ein Junge und ein Mädchen in einem Zimmer. Das ist, was ihre Eltern seit sie in die Mittelschule kamen, nicht sehen wollten. Es gehörte sich einfach nicht.
 

Am nächsten Morgen stand jeder von ihnen früher auf als bisher. Zu spät kommen konnten sie sich nun nicht mehr erlauben. Das würde mehr Ärger geben als das bisherige Nachsitzen. So verließen sie das Haus auch mehr als pünktlich, nachdem sie ihre Eltern begrüßt hatten. Der Schulweg verlief nun auch mehr als ruhig. Abgesehen von dem ein oder anderem ‚Hallo‘ an bekannte Gesichter gerichtet, sprachen sie kein Wort. Bis zum Schuleingang. Dort kam ein Mädchen mit etwas dunkleren blonden Haaren, als die der Zwillinge, die sie als einen seitlichen Pferdeschwanz trug, auf sie zugerannt.

Neru, Rins beste Freundin.

“Hallo, ihr zwei!”, rief sie glücklich und voller Energie. “Wie geht’s? Tut mir Leid, Rin, dass ich gestern nicht da war, wirklich! Aber ich hab dir ja auch von dem Arzttermin erzählt, also wusstest du es ja. Aber Len nicht, tut mir Leid, dass du mich so vermisst hast! Warum hast du mich gestern nicht mehr angerufen, Rin? Ich hab so darauf gewartet! Jetzt hab ich ja dieses neue Handy allerdings eingeweiht! Du hättest wirklich anrufen können, besonders, wo doch nächste Woche dieser Test ist und...”, wie ein Wasserfall erzählte sie vor sich hin, immer wieder durcheinander, mal an den einen, dann wieder an den anderen gerichtet und tippte nebenbei auf ihrem neuem Handy rum, wie sie es immer machte. Nach einigen Minuten verabschiedete sich Len und ging schon mal voraus. “Weiber...”, murmelte er dazu nur. Rin folgte ihm mit ihrem Blick geistesabwesend.
 

“Willkommen zurück, meine Lieben”, wurden die beiden Zwillinge von ihrer Mutter empfangen.

Ihr Vater saß am Tisch und faltete gerade seine Zeitung zusammen. Wie immer sah er ernst und beherrscht aus. Er ging auf sie zu, während die beiden ihrer Mutter gerade Fragen über die Schule beantworteten. “Len, wie alt bist du jetzt?”, schallte eine klare, aber doch tiefe Stimme zu ihnen. Verdutzt blickten jedes einzelne weibliche Wesen, wie auch der angesprochene selbst, den Kopf der Familie an. “Er ist 16, Schatz”, antwortete ihm seine Frau nachsichtig. Stumm nickten Len und auch Rin, um diese Aussage zu bestätigen. “Dann wird es Zeit, dass du dich nach einer Verlobten umschaust. Wenn du das Unternehmen eines Tages übernimmst, brauchst du eine ordentliche Frau, die dich dabei unterstützt. So wie mich deine Mutter unterstützt. Einen klugen Kopf und sie sollte auch hübsch sein. Zufälligerweise ist ein Freund mit seiner Tochter gerade in der Stadt. Sie soll ein sehr hübsches und tüchtiges Mädchen sein.” Mit offenstehendem Mund starrte Len seinen Vater ungläubig an. Eine Verlobte? Hatte er richtig gehört? Er war doch gerade erst 16! Wie konnte er da schon an eine Verlobung denken, erst recht, da er dieses Mädchen noch nicht einmal kannte! Doch noch ehe er etwas dazu sagen konnte, nannte sein Vater ihm den Zeitpunkt und Ort, zu welchem er das Mädchen treffen sollte. Bereits nächstes Wochenende. Das war nicht viel Zeit um sich darauf einzustellen.



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