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Another Side, Another Story

The Traitor's Tale
von

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Verschnaufpause

Kapitel 7: Verschnaufpause
 

Gegen Mittag am nächsten Tag erreichten sie die Grenze zum Staat und ein erleichtertes Aufatmen ging durch die Reihen der Söldner. Auch, wenn sie aus aller Herren Länder zu stammen schienen – einige der Männer stammten aus den Namenlosen Ländern jenseits von Zexen und einer kam ursprünglich sogar aus dem fernen Königinnenreich Falena – waren alle nur zu deutlich heilfroh, wieder zurück nach Jowston zu kommen.
 

Riou und Jowy hatten eine lange, schmerzhafte Nacht hinter sich, aber dafür hatte die Salbe beim erneuten Auftragen die Schmerzen so weit betäubt, dass sie Hemden anziehen konnten, die mehr zufällig ins hastig zusammengeworfene Gepäck der Söldner geraten zu sein schienen. Die Kleidung war den Jungen etwas zu groß, doch immerhin war es besser, als mit nacktem Oberkörper umher zu laufen.
 

Schon aus einiger Entfernung hatte Jowy die beiden Soldaten erkannt, welche die Grenze bewachten und bei näherer Betrachtung stellte er fest, dass es die gleichen Männer waren, welche ihn, Riou und die drei Schausteller vor nicht allzu langer Zeit durchgelassen hatten.
 

„Gute Arbeit, Männer“, dröhnte Viktors Stimme durch die Landschaft und die beiden Soldaten fuhren erschrocken herum.
 

„Viktor“, atmete der Ranghöhere erleichtert aus, als er den hochgewachsenen, muskulösen Söldner erkannte, „Im Namen von Chaos und Dharma! Erschreck mich nicht so!“ Viktor brach in lautes Gelächter aus, während der Soldat den Kopf schüttelte.
 

„Tut mir leid“, grinste der Söldneranführer schließlich und sah kein bisschen danach aus.
 

„Schon gut“, winkte der Mann ab, „Ich hoffe, ihr habt keinen Ärger gemacht?“
 

„Nicht mehr als sonst auch“, erwiderte Viktor locker und der Soldat runzelte misstrauisch die Stirn, zog es jedoch vor, nicht weiter nachzufragen und meinte stattdessen:
 

„Solange alles in Ordnung ist, ist ja alles gut. Aber wir sollten das nicht unbedingt an die große Glocke hängen, wenn du weißt, was ich meine. Wenn in Muse bekannt werden würde, dass in Highland Soldaten ein und aus gehen, wären wir beide unseren Posten schneller los als uns lieb ist.“
 

„Bist du dir sicher, dass du dir nicht nur Sorgen um deinen eigenen Posten machst?“, fragte Flik mit einem süffisanten Lächeln, „Immerhin bist du derjenige, der Kinder nach Highland gelassen hat.“ Der Soldat lief knallrot an und sein Blick streifte Riou und Jowy, die die Gelegenheit genutzt hatten, um endlich aus dem unbequemen Sattel zu kommen, und nun neben den beiden Söldneranführern standen.
 

„Ich…“, stammelte der Mann, „Also, weißt du, Flik, ich… hmm…“
 

„Schon gut“, winkte der blaugekleidete Söldner ab, „Wenn ihr darüber kein Wort verliert, halten auch wir den Mund.“
 

„Einverstanden“, nickte der Soldat des Staates und die Erleichterung war ihm nur allzu deutlich anzusehen.
 

„Tut mir nur einen Gefallen und verdoppelt die Wachen“, bat Flik, „wir werden auch ein paar Leute herschicken.“
 

„Wieso das denn?“, wunderte sich der zweite Grenzwächter und Viktor erwiderte:
 

„Tut es einfach.“ Verwirrt versprachen die beiden Männer, der Bitte der Söldner Folge zu leisten, dann verabschiedeten sich Viktor und Flik von den Grenzwächtern und die Söldner zogen weiter.
 

„Meint ihr, dass sie uns verfolgen werden?“, fragte Riou besorgt, nachdem sie die Soldaten und die Grenze nach Highland hinter sich gelassen hatten.
 

„Möglich“, antwortete Flik langsam, „aber ehrlich gesagt macht mir Luca Blight mehr Sorgen.“
 

„Wir hatten schon vermutet, dass es sich bei diesem Überraschungsangriff, von dem du gesprochen hast, um einen Hinterhalt von Highland selbst handelt“, nickte Viktor, „und einige unserer Informanten haben berichtet, dass Luca Blight zum Befehlshaber über die erste Kompanie der Highland-Armee, die Weißen Wölfe, ernannt wurde. Das heißt, dass Agares ihn als Nachfolger offiziell macht.“
 

„Und es heißt auch, dass der König mit großer Wahrscheinlichkeit nicht weiß, dass sein eigener Sohn hinter dem Massaker an euren Freunden steckt und deshalb den Friedensvertrag für nichtig erklärt“, fuhr Flik fort, „wir sollten Anabelle schnellstens einen Boten schicken und ihr Bescheid geben, dass wir womöglich bald mit einem erneuten Angriff rechnen müssen.“
 

„Ich mach d-“, begann Viktor bereits, doch Flik unterbrach ihn resolut:
 

„Nein, das mache ich. Sicher ist sicher.“
 

Jowy schwieg. Zum wiederholten Mal wurde ihm bewusst, wie sehr sich eigentlich alles um ihn herum verändert hatte. Er fühlte sich, als hätte er beim Treppensteigen eine Stufe vergessen und würde jetzt ungewiss und unsicher einfach so in der Luft hängen. Ein schwacher Trost war es, dass er wenigstens nicht der einzige war, der diese Treppenstufe verpasst hatte – Riou und vielleicht sogar Nanami schwankten hilflos an seiner Seite.
 

Er wollte nicht rückwärts die Treppe hinunterfallen… aber irgendwie schien es momentan, als ob er mehr und mehr das Gleichgewicht verlor.
 


 

„Endlich daheim!“, rief Viktor laut und hörbar erleichtert, als sie am frühen Nachmittag den Innenhof des Söldnerforts betraten. Jowys Blick wanderte über das solide Holzgebäude und die rechteckige, grüne Fahne, auf der ein Wappen prangte, das an etwas zwischen Löwe und Bär erinnerte, und er runzelte die Stirn.
 

Daheim? Inwiefern galt das Fort als Heim? Nur, weil die Söldner hier lebten, wenn sie gerade keinen Auftragsgeber hatten?
 

Ab wann war ein Ort ein Heim…?
 

„Dieses ranzige, alte Fort?“, grinste Flik und tauchte unter Viktors Arm hinweg, als dieser nach seinem Freund schlug.
 

„Ach, halt doch den Mund!“, rief der Söldneranführer gespielt schmollend, grinste jedoch wieder, als er fortfuhr, „Ich mag diesen Ort, er hat einen gewissen Charme. Was sagt ihr, Riou, Jowy?“ Wieder sah der Blonde sich um, stellte jedoch fest, dass er keine Antwort auf diese Frage hatte.
 

Als er das letzte Mal hier gewesen war, war er ein Gefangener gewesen… und jetzt? Wie sah es jetzt mit seinem Status aus?
 

„Irgendwie, ja“, schmunzelte Riou und erntete einen dankbaren Blick von Viktor und einen skeptischen von Nanami.
 

„Dieser Ort?“, fragte sie stirnrunzelnd, „Wo soll da der Charme sein?“ Viktor brach ihn Gelächter aus und zerzauste ihre Haare, was zur Folge hatte, dass sie jaulend seine Hand wegschlug.
 

„Ein Kind kann das eben nicht verstehen“, verkündete er lautstark und löste mit diesen Worten verhaltenes Gelächter bei seinen Männern und eine Schimpftirade bei Nanami aus. Nachdem Riou sie mit leisen Worten beruhigt hatte – wie er das immer wieder schaffte war selbst Jowy ein Rätsel – meinte Viktor:
 

„Ich werde mich jetzt erst einmal eine ganze Weile hinlegen! Ich werde zu alt für solche Reisen.“
 

„Ihr solltet euch auch ausruhen“, nickte Flik, „allerdings haben wir nur noch ein freies Einzelzimmer, also werdet ihr Jungs mit den anderen in den Schlafsälen schlafen müssen.“
 

„Schon in Ordnung“, winkte Riou mit einem Lächeln ab, „Ich bin froh, dass wir uns überhaupt hinlegen können.“ Jowy sah zu Viktor und fragte dann:
 

„Ich nehme dann an, dass wir wieder Gefangene sind?“
 

„Huh?“ Überrascht und mäßig verwirrt blickte der Söldneranführer auf ihn hinunter und runzelte dann leicht überfragt die Stirn, ehe er langsam antwortete:
 

„Das stimmt, aber… hmm… ach, solange ihr keinen Ärger macht, könnt ihr meinetwegen tun, was ihr wollt. Warum geht ihr nicht nach Rekruten schauen, sobald ihr euch ausgeruht und auskuriert habt? Wir können immer welche gebrauchen.“
 

„Wir können uns wirklich frei bewegen?“, vergewisserte Jowy sich ungläubig und Viktor nickte:
 

„Klar. Warum auch nicht?“
 

„Lasst es erst einmal ruhig angehen“, riet Flik den drei Jugendlichen, „ich hab da so ein Gefühl, dass hier in nächster Zeit einiges los sein wird, also sollten wir die Gelegenheit nutzen und uns entspannen.“
 

„Ein wahres Wort“, grinste Viktor, gähnte dann demonstrativ und fügte hinzu, „Wenn ihr irgendwelche Fragen habt, dann wendet euch an Leona. Ihr findet sie an der Bar.“ Jowy nickte, dann hoben die beiden Söldneranführer zum Abschied die Hand und verschwanden im Inneren des Forts.
 

Die übrigen Söldner brachten die Pferde in die Stallungen und Nanami sah sich um.
 

„Das ist also der Staat“, murmelte sie nachdenklich, „Komisches Gefühl.“
 

„Hier ist es nicht viel anders als in Highland“, erwiderte Jowy leise, der plötzlich an Pilika, Joanna und Marx denken musste. Jedes Land hatte seine Vorzüge… und all der Krieg hatte keinen Sinn.
 

Plötzlich fühlte er sich unendlich müde.
 

„Was steht ihr hier so rum, Kinder?“, erklang die Stimme des bärtigen Söldners – Asmund – plötzlich neben ihnen. Jowy hob überrascht den Blick und erwiderte dann:
 

„Wir wissen nicht ganz, wohin.“
 

„Ah“, nickte der Söldner, „dann folgt mir mal.“
 


 

Die nächsten Tage waren ungewohnt ruhig. Bei den Söldnern, die ein erstaunlich faules Volk waren, gab es zwar viel zu tun, aber zum ersten Mal seit zwei Wochen konnte Jowy sich entspannen. Nicht einmal im Dorf Toto hatte er das tun können, da ihn dort die Sorge um Riou schier in den Wahnsinn getrieben hatte.
 

Nun aber, da sein Freund und dessen Schwester munter den Söldnern bei den verschiedensten anfallenden Aufgaben halfen, erlaubte er sich selbst, zur Ruhe zu kommen.
 

Jowy stellte schnell fest, dass im Söldnerfort nicht nur Söldner lebten. Zu den Bewohnern gehörten auch noch die Lagerhausverwalterin Barbara – eine resolute, rothaarige Frau, die ihm bei ihrer ersten Begegnung einen gewaltigen Schrecken einjagte, da sie gerade einen Söldner angeschrieen hatte, als er das Lager betreten hatte – die Bardame Leona, die sich äußerster Beliebtheit bei den Männern erfreute – und das nicht nur wegen ihres Aussehens – und der junge Arzt Tuta.
 

Dieser zählte nicht unbedingt zu den festen Bewohnern des Forts, sondern kam eigentlich aus der Hauptstadt von Jowston, Muse, und war der Lehrling des Heilers Huan. Der Arzt, von dem sogar Jowy gehört hatte, da der Mann unter dem berühmten Liukan aus der Republik Toran studiert hatte – welcher eine entscheidende Rolle im Torrunen-Krieg vor drei Jahren gespielt hatte – sandte den gerade einmal zehnjährigen Jungen oft zu den Söldnern, um deren Wunden und Krankheiten zu versorgen.
 

„Damit ich praktische Erfahrung sammeln kann“, erklärte Tuta, während er sich um die Verletzungen auf Jowys Rücken kümmerte. Der Aristokrat beschloss für sich, dass dies gar nicht mehr nötig war – er war sich sicher, dass der Junge in ein paar Jahren bereits ein erstklassiger Arzt sein würde.
 

Und dann war da noch Gengen, der Kobold, der bei Jowys Einbruch auf einem der Tische geschlafen hatte. Das hundeähnliche Wesen mit dem rötlichen Fell war etwa in seinem Alter und ehrlich gesagt wusste der junge Aristokrat nicht genau, was er von ihm halten sollte. In Highland gab es nicht viele Kobolde und er hatte sich noch keine Meinung über sie bilden können. Gengen selbst hatte sich zum Captain über die Jugendlichen ernannt – er hatte dies getan, ohne die anderen davon in Kenntnis zu setzen – und hielt sich die meiste Zeit des Tages am Brunnen im Innenhof auf, während Riou, Jowy und Nanami den Söldnern halfen… oder vielmehr die Arbeiten erledigten, für die die Männer zu faul waren.
 

Nanami hatte schon am ersten Tag ihres Aufenthalts im Fort Küchenverbot in der Küche bekommen, was Jowy durchaus nachvollziehen konnte. Sie mochte viele Stärken und Talente haben, aber Kochen war keine davon. Er erinnerte sich an einen Vorfall vor ein paar Jahren, als sie für Meister Genkaku, Riou und ihn Suppe gekocht hatte… dabei war ihm weniger die ungenießbare Suppe in Erinnerung geblieben, als vielmehr der Durchfall und Brechreiz, die ihn die nächsten paar Tage gequält hatten.
 

Etwa eine Woche später lief Flik ihnen über den Weg, als sie sich gerade auf den Stufen, die ins Innere des Forts führten, ausruhten und die Sonne genossen.
 

„Habt ihr euch eingelebt?“, fragte der blaugekleidete Söldner, als er die drei Jugendlichen bemerkte.
 

„Ja, danke“, nickte Riou und lächelte.
 

„Warum schaut ihr euch nicht in den umliegenden Dörfern nach Leuten um, die sich uns anschließen könnten?“, fragte Flik, „Ich kann mir vorstellen, dass ihr nicht gerade Lust darauf habt, für uns zu putzen.“
 

„Das ist eine gute Idee“, nickte Nanami und pustete sich ein paar Haarfransen aus der Stirn, „Wenn das heißt, dass ich erst einmal nicht mehr aufräumen muss!“ Der Söldner lachte, dann erwiderte er:
 

„Die Menschen denken immer noch, dass der Krieg vorbei ist… also müssten sie wieder reisen. Schaut euch um.“
 

„Braucht ihr mehr Leute?“, fragte Riou leise, der seinen Blick in die Ferne gerichtet hatte, „Machst du dir Sorgen…?“ Flik schien einen Moment zu überlegen, dann seufzte er und erwiderte:
 

„So würde ich es nicht sagen. Aber mir wäre einfach wohler, wenn ein paar Leute mehr hier wären. Nur… für alle Fälle.“ Alle vier schwiegen eine Weile, dann erhob Jowy sich und sagte:
 

„Also los, schauen wir uns in den umliegenden Dörfern um. Vielleicht treffen wir ja ein paar Leute, die sich einer Bande Söldner anschließen möchten.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Mismar
2010-06-01T16:42:45+00:00 01.06.2010 18:42
Oh ein kurzes Kapitel für deine Verhältnisse *lol*
Bei Gelegenheit schreibe ich dir, was ich an deiner Story so bewundere, bekomme es aber gerade nicht in Worte gefasst.

Wie du weißt, lese ich deine Story per MP3 Player, daher kann ich dir nur das schreiben, was ich im Kopf habe:

Ist dir kein anderes Wort für Durchfall eingefallen? XD Ehrlich gesagt fand ich das Wort so furchtbar. Also ich meine dafür gibt es noch ein anderes Wort, was nicht so in aller Munde ist. Aber so weiß man direkt, was Nanami verursacht, wenn sie kocht.

Dann fand ich dieses: "Küchenverbot in der Küche" seltsam. :/ Das ist einwenig wie dieses "ein Lager um ein Lagerfeuer errichten"

Ansonsten war das Kapitel kurz und knackig, in der Kürze liegt die Würze
Von:  Flordelis
2010-02-22T15:30:25+00:00 22.02.2010 16:30
> fernen Königinnenreich Falena

Yay for Falena! *Fanfahne schwenk*


> doch immerhin war es besser, als mit nacktem Oberkörper umher zu laufen.

Nicht für die Fangirls. >D


> und der junge Arzt Tuta

Kann man Tuta wirklich schon als "Arzt" bezeichnen? Ich glaube, er wurde immer nur als Assistent und Lehrling von Huan bezeichnet (und verbringt eigentlich den Großteil der Zeit damit, Medizin auszuliefern) und wurde erst nach dem Spiel zum richtigen Arzt.
Ah ja, ein paar Sätze später bezeichnest du ihn auch als "Lehrling". >_>
Aber irgendwie glaube ich, dass du ihn nicht gleichzeitig als "Arzt" und als "Lehrling" bezeichnen kannst. Einen Medizinstudenten nennst du immerhin auch erst Arzt, sobald er seinen Doktortitel gemacht hat - und selbst danach ist er oft "nur" Assistenzarzt für die erste Zeit.

Viel passiert ist in diesem Kapitel ja nicht, aber zu zeigen, wie sich die drei einleben und die wichtigsten Charaktere kurz vorzustellen empfinde ich als gute Idee.
Und es hat mir auch sehr gut gefallen, ist klar, ich mag ja deinen Schreibstil. ^^
Ich bin mal auf die Rekrutierungen gespannt. *ggg*


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