Zum Inhalt der Seite

Inkompetenz auf jeder Frequenz

oder „Atlantis an alle, over und aus.“
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Oneshot

~
 

Wenn es etwas gab, das man über Atlantis sicher sagen konnte, dann dass sich niemand auch nur einen Deut um die Einhaltung des standesgemäßen Funkprotokolls scherte.
 

Ganz am Anfang war man noch korrekt vorgegangen, aber im Lauf der Zeit waren ein paar Unsitten aufgekommen, gegen die nie wirklich etwas unternommen worden war – was unweigerlich dazu geführt hatte, dass der allgemeine Funkverkehr jetzt mehr an eine Highschool-Cafeteria erinnerte als an eine streng geheime, höchst kompetente Expedition in einer weit entfernten Galaxie.
 

Neue Leute, die frisch von der Daedalus kamen, waren regelmäßig schockiert, wenn sie feststellen mussten, wie wenig Wert das alteingesessene Personal auf die vorgeschriebenen Richtlinien tatsächlich legte.
 

Fairerweise musste man jedoch sagen, dass Atlantis eine verhältnismäßig kleine Basis war. Man kannte sich, musste sich wohl oder übel auch während der Freizeit ertragen und verständlicherweise machte man sich nicht die Mühe, „Posten 42-94 an Stargateraum 66-2, bitte kommen, over und aus.“ zu funken, wenn man wusste, dass der Typ am anderen Ende Harold hieß und gerade mal anderthalb Biere vertrug, bevor er kotzend über der Kloschüssel hing.
 

Das Militär hatte sich ein klein wenig länger gehalten als sämtliche Zivilisten, aber nachdem Lt. Colonel Sheppard selbst immer alles andere als ein leuchtendes Vorbild gewesen war, wenn es darum ging, das Funkprotokoll zu befolgen, war der Rest der Leute bald mit allergrößtem Enthusiasmus nachgezogen.
 

Mittlerweile funkte auch Major Lorne nur mehr ein fröhliches „Und? Wie läuft’s?“, wenn er wissen wollte, wie sein Team am östlichen Pier mit den Wartungsarbeiten vorankam; und jeder, der öfter als zwei Mal die Ehre gehabt hatte, mit Ronon ein Gespräch über Funk zu führen, wusste aus leidvoller Erfahrung, dass zwischen „hm.“, „hn.“ und „mh-hm.“ rein inhaltlich gesehen wahre Welten liegen konnten.
 

Abgesehen davon wurde die Verbindung andauernd für Privatgespräche missbraucht, manchmal mehr und manchmal weniger öffentlich (auch wenn sich alle einig darüber waren, dass niemand so schlimm war Colonel Sheppard und Dr. McKay, die sich wegen jeder Kleinigkeit stundenlang in den Haaren liegen konnten, selbst wenn sie sich gerade an verschiedenen Enden der Stadt aufhielten).
 

~
 

An einem ganz normalen Tag schallte durch die altehrwürdigen Gänge von Atlantis ein Sammelserum an Dingen, das jedem Aufsichtsbeamten der Behörde auf der Stelle Zornestränen in die Augen getrieben hätte:
 

„Hat irgendjemand Carson Beckett gesehen? Hallo, alles mal herhören, wir brauchen Dr. Beckett!“

... „Okay, vergesst es. Wir haben ihn gefunden!“
 

„Ey, Parrish, hier spricht die anthropologische Abteilung. Hast du ’ne Sekunde Zeit für uns?“
 

...
 

„Ohhh Mann. Dr. O’Mallis, hier ist Erica, das müssen Sie sich einfach ansehen. Sowas gibt’s gar nicht, kommen Sie am besten sofort wieder zurück!“
 

...
 

„Dr. McKay wird hiermit davon in Kenntnis gesetzt, dass es auf Ebene 3 vermutlich ein kleines, uhm... Problem mit dem Generator gegeben hat.“
 

„Was soll das heißen, ‚vermutlich’? Welche Art von Problem?“
 

„Wir stehen im Finstern.“
 

„Ah. Muss das ausgerechnet jetzt sein, zehn Minuten vor dem Mittages- okay, okay, bin schon unterwegs.“
 

...
 

„Atlantis an alle, hier spricht Dr. Weir.

Major Lorne hat mich gebeten, Sie noch einmal daran zu erinnern, dass das wöchentliche Pokerturnier von Dienstag auf Donnerstag verschoben wurde.“
 

...
 

„Allgemeine Durchsage. Die Quallensaison hat zwei Wochen früher begonnen als letztes Jahr. Sorry an alle, die heute Nachmittag zum Surfen rüber aufs Festland wollten.“
 

...
 

„An das gesamte botanische Labor – Achtung! Achtung! Die distelartige Pflanze von MX3-P29 hat offenbar so was wie Beine bekommen. Es wird gebeten, direkten Kontakt zu vermeiden und sie NICHT zu füttern!“
 

„Sheppard an alle, am westlichen Pier wurde heute Morgen ein Skateboard gefunden. Wenn sich bis 19:00 Uhr kein rechtmäßiger Besitzer meldet, ist es offiziell meins. Over und aus.“
 

„Weiß irgendjemand, wo Zelenka steckt?“
 

...
 

„Atlantis an alle, schon wieder Dr. Weir.

Das Küchenpersonal hat mir soeben mitgeteilt, dass bezüglich des heutigen Abendessens keine Beschwerden mehr entgegengenommen werden. Himmelblaues Chili ist durchaus essbar und die, äh... Farbe hat anscheinend nichts mit der Geschmacksrichtung zu tun.“
 

„Ja klar. Das behaupten sie doch jedes Mal!“
 

„Danke, Dr. McKay, für diesen wenig hilfreichen Einwurf.“
 

~
 

Die Liste ließ sich bis ins Unendliche fortsetzen, aber besonders traumatisch waren wohl die Eindrücke, die ein äußerst pflichtbewusster, junger Major namens Orwell bekam, kurz nachdem er seinen ersten Rundgang durch die Stadt mit Major Lorne beendet hatte.
 

Lornes Funkgerät rauschte. Er warf Orwell einen entschuldigenden Blick zu, trat einen Schritt zur Seite und aktivierte es.

„Jungs“, sagte er gut gelaunt, „Wie sieht’s aus?“
 

Major Orwell blinzelt entgeistert.
 

„Könnte besser sein, Sir“, kam es zurück, „Wir sind da, aber das verschissene Ding ist zur Hälfte unter Wasser und Collins hat Angst davor, sich die Füße nasszumach-“
 

„Kommen Sie schon, Collins“, Lorne ignorierte grinsend den aufgebrachten Protest, der am anderen Ende zu hören war, „Schwimmen ist gesund.“
 

Orwell starrte ihn entsetzt an.
 

„Okay, okay“, sagte eine andere Stimme missmutig, die vermutlich Collins gehörte, „Wir machen uns an die Arbeit, Sir. Geben Sie uns n’paar Minuten.“
 

„Viel Spaß“, sagte Lorne und unterbrach die Verbindung.

Dann warf er Orwell einen prüfenden Blick zu. „Alles in Ordnung? Sie sehen ein bisschen blass aus.“
 

Orwell unterdrückte den Drang, mit den Händen herumzufuchteln.

„Sir“, sagte er entschlossen, „Bei allem nötigen Respekt, aber ist Ihnen eigentlich klar, gegen wie viele Punkte des Funkprotokolls Sie soeben verstoßen haben?“
 

Lorne wirkte absolut unbeeindruckt.

„Nein, tut mir leid“, sagte er, „Nicht wirklich. Aber Sie werden ohnehin bald feststellen, dass wir hier ein paar Dinge nicht so eng sehen wie anderswo.“
 

Orwell schnappte entrüstet nach Luft, um zu widersprechen, aber bevor er ein Wort sagen konnte, hatte ihm Lorne schon jovial auf die Schulter geklopft und sich an ihm vorbeigeschoben.
 

„Keine Panik“, sagte er im Davongehen, „Den Bogen kriegt man ganz schnell raus.“
 

~
 

Der nächste Tag begann damit, dass Orwell auf seinem Weg in den Gateraum beinahe von einem heftig gestikulierenden Mann umgerannt wurde. Er sprang gerade noch rechtzeitig zur Seite.
 

„Ist mir egal, was Radek sagt!“, fauchte der Mann in sein Funkgerät, „Das hatten wie alles schon, ich sehe nicht ein, warum- Können Sie nicht aufpassen?“
 

Orwell war sich ziemlich sicher, dass der letzte Teil an ihn gerichtet war.

„Verzeihung, Sir“, stotterte er, obwohl es wirklich nicht seine Schuld gewesen war, „Ich war auf dem Weg zum Gateraum und hatte es eilig, weil man mir Colonel Sheppard vorstellen wol-“
 

„Was denn?“, schaltete sich eine dritte, sehr amüsierte klingende Stimme ein, „Hab ich Ihre Gefühle verletzt, Rodney?“
 

Der Mann furchte wütend die Augenbrauen und Orwell kramte in seinem Gedächtnis nach einem Namen. War der seltsame, unfreundliche Typ, den er hier vor sich hatte, etwa irgendwie wichtig? Dann bemerkte er die kanadische Flagge an seinem Ärmel und plötzlich fügte sich alles zu einem Bild zusammen.

„Dr. McKay?“, fragte er.
 

Der Angesprochene beachtete ihn gar nicht.

„Ha, ha, ha“, sagte er sarkastisch, „In Ihren kühnsten Träumen vielleicht. Hören Sie, ich hätte vielleicht mehr Geduld, wenn ich heute Morgen hätte ausschlafen können, aber nachdem das nicht der Fall war...“
 

Orwell blinzelte. Kein Zweifel, die Beschreibung passte genau. Das hier war Rodney McKay, einer der bedeutendsten Wissenschaftler, die das SGC überhaupt hatte und er-
 

„...kann ich mich nur wiederholen und hoffen, dass Sie und Radek einsehen werden, wie absolut dumm und undurchdacht ihre Theorie ist. Strahlungsinduzierte Superkräfte hin oder her, Spiderman hätte gegen Batman keine Chance. Tut mir leid, Ihre kleine Blase zum Platzen bringen zu müssen, aber so sieht’s nun mal aus.“
 

-missbrauchte seine Funkverbindung offenbar mit genauso viel Begeisterung wie jeder andere Mensch auf dieser gottverdammten Basis. Orwell schluckte und als er McKay, dem sein Abgang nicht einmal aufzufallen schien, sich selbst überließ, war ihm fast nach Weinen zumute.
 

Als er den Gateraum betrat, wartete Major Lorne schon auf ihn. Neben ihm ein stand hochgewachsener Mann mit wirren, schwarzen Haaren, von dem Orwell wusste, dass es sich um Lt. Colonel Sheppard handeln musste. Er straffte die Schultern und hielt sich sehr gerade, als Lorne ihn herüberwinkte.
 

„Morgen, Major“, sagte Lorne, „Wie war die erste Nacht?“
 

„Gut, Sir“, sagte Orwell, „Gut, danke, ich hatte keine Probleme...“
 

„Freut mich zu hören“, sagte Lorne grinsend, „Also dann, Major Orwell, das ist Colonel Shep-“
 

Der Colonel hob eine Hand, seine Lippen formten lautlos die Worte „Moment bitte“ und er widmete sich wieder dem Gespräch über Funk, dem er zweifellos schon die ganze Zeit über nachgegangen war.

„Das ist doch Blödsinn“, sagte er dann laut und sehr ungehalten, „Mal im Ernst, McKay, Sie können das Batmobil nicht auf eine Stufe stellen mit der Fähigkeit, sich von Wolkenkratzer zu Wolkenkratzer zu schwingen! Das ist einfach-“
 

Orwell wusste, dass der Satz nicht zu Ende war und die Diskussion noch weiterging, aber den Rest hörte er nicht mehr. Was unter Umständen damit zu tun haben konnte, dass ihm einen Moment später schwarz vor Augen wurde.
 

End.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (17)
[1] [2]
/ 2

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von: abgemeldet
2017-02-01T07:18:55+00:00 01.02.2017 08:18
Herzlichen Glückwunsch zur YUAL :)
Ehrlich gesagt kann ich mit den meisten YUAL persönlich nichts anfangen, aber diese Kurzgeschichte hat mir heute den Morgen versüßt. Obwohl ich schon ewig kein Atlantis mehr gesehen habe (müsste man mal wieder ändern!) hatte ich prompt Sheppards und McKays Stimmen im Ohr :D
 
Aber der beste Funkspruch fand ich den, mit dem Skatebord. Erinnert mich so schön an zuhause: "Wenn jemand sein Geld, andere Wertgegenstände oder hübsche Sachen achtlos auf dem Fußboden liegen lässt – Pech gehabt – jetzt gehört's mir!" ;D
Von:  MiezMiez
2013-03-21T23:30:01+00:00 22.03.2013 00:30
Bin zwar kein Fan von Stargate: Atlantis, aber dieser Funkverkehr ist echt zum brüllen komisch xD Vielen Dank für diesen tiefsinnigen Einblick ;-)
lG MiezMiez
Von:  Rockryu
2012-07-03T18:58:39+00:00 03.07.2012 20:58
Ich kenne Stargate nicht. Kein Stück.
Was mich nicht daran gehindert hat, fast zu sterben vor Lachen.
Von: abgemeldet
2011-10-16T21:23:21+00:00 16.10.2011 23:23
Eines der bisher besten, witzigsten und coolsten FFs zu SGA, die ich bisher gelesen habe! Einfach genial und die Charas auch sehr gut getroffen! Ich bin begeistert und schade, dass da nicht noch mehr kam.

Einfach super gemacht! ;)
Von:  Anuri
2011-05-01T20:48:26+00:00 01.05.2011 22:48
Sehr unterhaltsam und natürlich sehr realistisch. McKay und Sheppard sind einfach die besten.
Tja die Neuen haben es halt nicht leicht auf Atlantis :)
Von:  schwarzerpanther
2011-03-14T13:48:18+00:00 14.03.2011 14:48
*lachflash* Genial!!
Insbesondere natürlich, dass Sheppard und McKay sich über sowas banalem streiten ^^
Oder die Sache mit dem Skeatboard *lol* Ich stelle es mir bildlich vor... die ganze Szene... und habe Muskelkater vor lachen!! xDD
Einfach Genial!!
Von:  blooodymoon
2010-08-06T22:17:55+00:00 07.08.2010 00:17
ich finds super,
wirklich irre komisch
obwohl ich keine einzige sendung von der serie kenne und nicht weiß warums da geht
Von:  xSnowPrincess
2010-05-01T12:46:25+00:00 01.05.2010 14:46
Göttlich.

Wirklich snesationell. Ich hab mich selten so gut amüsiert. :D
Der Humor ist klasse...:p Haha und der Schluss war dann bääm perfekt. <3
Jetzt lach ich mich wahrscheinlich den ganzen Tag noch darüber weg... xD
Ich meine, wie kommt man auf so etwas Geniales? :DDD *drop*

Liebe Grüße. :D
Von:  Yeoyou
2010-04-17T11:32:13+00:00 17.04.2010 13:32
Ich LIEBE diese kleine Geschichte und den einzigen Fehler, den ich finden kann ist, dass sie nicht weiter geht :D Und dass auch noch mein geliebter Major Lorne drin vorkommt, macht es doppelt so gut. Du hast gerade meine Stimmung gerettet, allerdings sehe ich fürs Lernen jetzt schwarz...Grinsen verträgt sich nicht so gut damit ;)
Von:  Satnel
2010-02-18T22:41:15+00:00 18.02.2010 23:41
Die Geschichte ist echt toll.
Das ist wirklich gut getroffen, auch wenn das in SGA nie so lustig dargestellt wird.
Ich hab mich blendens amüsiert.^^


Zurück