Zum Inhalt der Seite

Blood Deal

Even if saving you sends me to heaven
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Kane

Antonin

Genüsslich stieß er den inhalierten Rauch aus und sah dabei zu wie er in den Himmel aufstieg. Er war eigentlich kein Mensch der Samstagmorgen schon vor dem Rest der Bevölkerung wach war, aber irgendwie stand er unter Vollspannung und wurde sie einfach nicht los. Das ging schon so, seitdem sie am Dienstag seine Wohnung verlassen hatten. Wie ein innerer Drang, der sich einfach nicht abschalten ließ und ihn näher und näher an eine Klippe brachte, von der er wusste, dass sie ihm nicht gut täte. Und Gott, wie ihm ein Labor fehlte, in das er sich einfach mal einen Tag lang einschließen und sich nur auf eine Sache konzentrieren könnte. Aber er hatte nun mal keines, weil er ein voreiliger Trottel war. Dafür arbeitete er nun im Lady Dream mit. Seine neue Lebensaufgabe…

Na gut, ganz so war es auch nicht. Abgesehen vom ersten Tag, als er alles aufschreiben sollte was er über Nicholas wusste, tat es ihm wirklich gut, seine Zeit dort zu verbringen. Simon und er verstanden sich auf Anhieb wieder richtig gut, nachdem Antonin sich einverstanden erklärt hatte mitzuhelfen hing der quasi ständig an ihm dran. Lenkte ihn so davon ab, zu viel nachzudenken. Und irgendwie... also irgendwie war das beidseitig. Durch einen ganz furchtbar blöden Zufall hatte jener noch einen Tag den sogenannten Dream Dienst abzusitzen gehabt und Antonin hatte das erste Mal wieder herzlich gelacht, als er ihn auf dem Herrenklo sah. Mit einer blauen Mütze, gelben Handschuhen und einem Wischmob. Und während sie in den nächsten Tagen Kisten rauf und runter schleppten, ein Auge auf die Besucher hielten und Antonin sich immer tiefer in das Gewusel und Gewühl im Lady Dream einweisen ließ, hatte er mehr über Simon erfahren als er jemals wollte. Jener hatte zwei Kinder, eine Frau und sogar die Großmutter wohnte bei ihnen im Haus. Hin und wieder hörte Antonin sich sogar selbst ein wenig über seine Familie erzählen. Trotzdem kam es auch zu Situationen die potentiell gefährlich waren. Auch wenn weder Simon noch andere, die ihn nicht so gut durchschauten, das kaum bemerkten. Aber es passierte immer wieder Mal, dass Antonin am liebsten seine Faust im Gesicht von Idioten versenken wollte, die ihn unabsichtlich anrempelten. Oder dass er sich einbildete, Milenkof gerade in der Menge gesehen zu haben. Dann gab sein Adrenalin erst wieder Ruhe, wenn er sich vom Gegenteil überzeugt hatte.

Da er das ja nur als eine Art Beschäftigungstherapie machte, konnte er sich auch immer mal wieder ein bis zwei Stunden davonstehlen. Zum einen, weil er wieder damit begonnen hatte, seine Kondition aufzubauen, und zum anderen, um den Schießstand einen Besuch abzustatten. Danach ging es dieser schwelenden Wut in ihm tatsächlich etwas besser, weshalb er das inzwischen täglich tat. Niemand fragte wohin er ging, er würde es auch niemandem sagen. Cole wusste nur, dass er wieder laufen ging, um sich wieder in Form zu bringen. Mehr denn je ging er Alkohol aus dem Weg und als er am Dienstagabend in Coles Kühlschrank sah, hätte ihn fast der Schlag getroffen. Doch der Tag hatte ihn zu sehr erschöpft, um wirklich noch großartig meckern zu können, oder gar noch zu einem dieser 24 Stunden Läden zu fahren. Zudem ihm die Nähe des anderen auch gerade wichtiger war. Und der Sex, den sie zu diesem Zeitpunkt beide mehr als nötig hatten. An diesem Tag hatte er sich so oft selbst an den Zügel nehmen müssen, einmal wäre er wegen einer total unwichtigen, kleinen Nebenbemerkung sogar am liebsten auf Ragnar losgegangen. Und das obwohl er den Kerl eigentlich sehr gut leiden konnte. Umso zufriedener war er dann, dass er sich zusammengerissen hatte.
 

Antonin schlief auch die nächste Nacht nochmal bei Cole. Zum einen weil er nicht alleine sein wollte und zum anderen weil sein Türschloss noch nicht ausgetauscht worden war. Das passierte Donnerstagmorgen und obwohl Antonin sich im Lady Dream zu keiner Zeit anmerken ließ was Cole und ihn verband, fiel es ihm an diesem Tag schwer. Schwerer als sonst. Aber es war wichtig und ging zudem niemanden etwas an. An diesem Abend bestand er auch darauf, alleine zuhause bei sich zu schlafen. Eine ungute Idee, die aus dem blödsinnigen Bedürfnis entstand, wieder unabhängig zu sein. Nicht zu abhängig von Coles Aufmerksamkeit und Nähe zu werden. Ja, sie führten jetzt wohl tatsächlich eine Beziehung, aber Antonin würde einen Teufel tun und sie darauf aufbauen, dass er vollkommen in eine submissive Rolle rutschte und ohne Cole gar nichts mehr auf die Reihe brächte.

Gedanken, die er irgendwann aufgab und es war so ungefähr 5 Uhr morgens von Donnerstag auf Freitag als er die blöde Nummernkombination bei Cole eingab und sich zu diesem ins Bett schlich. Natürlich wachte dieser sofort auf, sagte jedoch dankenswerterweise nichts, sondern nahm ihn nur in die Arme, als er sich zu dem anderen ins Bett legte. Es dauerte nicht lange bis beide wieder eingeschlafen waren. Wobei man bei Antonin da wohl eher von einem 'bis er endlich einmal schlief' sprechen könnte, denn er hatte kein Auge zugetan. Seine eigene Wohnung kam ihm gleichzeitig zu leise wie zu laut vor. Ständig meinte er, seine Wohnungstüre gehen zu hören und die letzte Stunde bevor er sich schließlich zusammenraffte und aufgab, saß er sogar mit geladener Waffe im Bett. Man sollte doch wirklich meinen, dass es irgendwann wieder bergauf gehen würde, wenn man sowieso schon ganz unten saß? Nur, wann wäre es endlich soweit? Ja, Cole sprach ihn nicht direkt darauf an, aber Antonin wusste, dass der andere ihn durchschaute. Dass er jedes einzige seiner falschen, beruhigenden Lächeln durchschaute und direkt hinter die Fassade blickte. Und auch wenn ihm hin und wieder tatsächlich ernstgemeinte Lächeln oder gar ein Auflachen entkam, so war ihm momentan eher weniger nach Lachen zumute. Trotzdem, dieser Meinung war Antonin zumindest, meisterte er seinen neuen Alltag ganz gut. Und einen Lichtpunkt gab es zudem: Die Bank hatte sich gemeldet, er hatte den Zuschlag für das Gebäude erhalten und jetzt würde er sich nächste Woche damit befassen können, den Umbau zu planen.

Die nächste Beschäftigungstherapie.
 

Ebenfalls für nächste Woche hatte er wieder täglich Sitzungen, etwas das er Cole bisher noch gar nicht erzählt hatte. Nicht weil es ihm peinlich war, sondern weil er erst einmal abwarten wollte, ob das überhaupt etwas brachte. Und wegen der Beruhigungsmittel, die er dann wieder nehmen müssen würde. Das hätte sein Doc gar nicht extra erwähnen brauchen... Abermals stieß er Rauch aus und dachte dann an den Telefonanruf, der ihn hier so wach auf Coles Terrasse stehen ließ. Tayra hatte sich gemeldet und ihn ganz unbedarft gefragt, wie es ihm ginge, und nebenbei erzählt, dass Nicholas leider nicht mitgefahren war zu Tayras Mutter. Es war eine nützliche Information, aber es warf wieder so einiges in ihm um, das er gerade frisch zusammengebaut hatte. Antonin ahnte natürlich, dass Cole die ganzen Informationen über Nicholas nicht wollte, um mit diesem Kaffeetrinken zu gehen. Und während die eine Seite in ihm danach schrie, loszugehen und den Bastard zu erledigen, gab es da noch die eine Seite, die an dessen Frau und Kind dachten. Zurückbleiben würde nicht nur neue Verantwortung für ihn - einen Psychopathen, der kaum ruhig zu stellen war, wenn er wirklich einmal austickte - und eine Leidensgeschichte für Tayra. Wirklich geholfen war damit niemandem, außer dem Gefühl, dass man seinem Gelüsten nach Rache nachgegeben hätte.

Antonin seufzte tief. Dazu kam heute noch ein Deal und wenn er sich richtig erinnerte wollte Ragnar danach noch mit ihnen weggehen. Täte ihnen vielleicht ganz gut. Mal raus aus dem ganzen Mist, den er nicht nur sich selbst sondern auch Cole aufbürdete. Denn das Schuldgefühl war nicht weg, auch wenn sein Partner nichts in dieser Richtung erwähnte oder auch nur andeutete.

Was für ein unübersichtliches Chaos.
 


 

Kane

Kane sah auf die Uhr. Noch immer eine Stunde bis sein heute wohl interessantester Termin auftauchen würde. Cole. Und diesmal könnte er diesem sogar etwas für dessen Geld bieten. Informationen, an die er alles andere als leicht herangekommen war, aber in seinen Augen hatte es sich gelohnt. Die kleine Akte über den Namen und recht dürftigen Informationen, die Cole ihm gegeben hatte, war sehr schnell angewachsen. Natürlich war bei weitem nicht alles brauchbar, aber Kane war ein vorsichtiger Mann und gab lieber zu viel als zu wenig ab. Gerade da es bei seinem letzten Auftrag von Cole wirklich kaum etwas, bis gar nichts zu sagen geben hatte.

Unwirsch steckte er sich seinen Stift in den Mund und knabberte an dessen Ende herum, in der Akte blätternd bis er das letzte Bild des Mannes vor sich liegen hatte. Nicholas David Milenkof. Egal was Cole von dem Typen wollte, da hatte dieser sich ein ganz schönes Kaliber angelacht. Entschlossen klappte er die Akte zu und warf einen Blick durch sein Büro. Durch die dunkelroten, schweren Samtvorhänge trat kaum Licht hindurch und die wenigen Strahlen, die es schafften, tauchten den Raum in unwirkliches Rotlicht. Seine Sekretärin beschwerte sich ständig darüber, da sie davon angeblich Kopfschmerzen bekam, doch Kane war das egal. Er konnte so am besten nachdenken und neue Ansatzmöglichkeiten finden. Zudem man es so jeder Zielvorrichtung schwer machen würde ihn direkt zu treffen.

Und davor musste sich jemand wie er schon vorsehen! Kane hatte schon den ein oder anderen Schwerverbrecher mit seinen Informationen in den Zwangsurlaub hinter schwedischen Gardinen gebracht. Von den ganzen Ehebrechern, auch bei den oberen 10.000 einmal ganz zu schweigen. Ja, da war es schon angebracht Vorsicht walten zu lassen. Jetzt sogar mehr denn je, denn ER wollte diesen Russen ganz sicher nicht in seinem Nacken wissen. Da würde er sich lieber noch in der nächsten Pfütze ertränken oder von Aliens entführen lassen...
 


 

Cole

Cole war erleichtert, dass Antonin unter der Woche zumindest damit ein wenig Ablenkung fand, dass er meist gemeinsam mit Simon im Lady-Dream mithalf. Niemand stellte Fragen, denn jeder wusste, dass Antonin dazugehörte, egal wofür er eigentlich da war. Das war eine Sache, die Cole sehr schätzte. Seine Leute vertrauten ihm immer, und daher stellten sie nie eine Entscheidung in Frage. Er würde schon wissen, was richtig war, und er täte bestimmt nichts Unüberlegtes. Gut, bis auf Gawain vielleicht. Aber aus Erfahrung wird man klug. Und letztlich hatte dieser ja auch nichts anstellen können.

Die Zeit, die Antonin irgendwo anders verbrachte, registrierte Cole hin und wieder, und auch wenn er sich immer wieder dabei ertappte, dass er sich Sorgen machte, fragte er nicht nach. Er wusste, dass er trainierte, aber was dieses Training alles beinhaltete, wusste er nicht.

Antonin war ein erwachsener Mensch und er musste unbedingt wieder auf seine eigenen Füße gestellt werden. Also wer wäre er, wenn er ihm Freiheiten nehmen würde und Entscheidungen für ihn treffen würde? Und dass Antonin noch nicht ganz frei stehen konnte, das wusste Cole nur zu gut. Er spürte die aggressive Stimmung, die unterschwellig immer wieder zum Vorschein kam. Er kannte Antonin gut genug, dass er ein ehrliches, von einem erzwungenen Lächeln unterscheiden konnte. Er sah, wenn jener unruhig, nervös, teilweise aggressiv wurde. Und er wusste, wenn jener in den Arm genommen werden musste. Auch wenn Antonin seinen Alltag recht gut meisterte, war er dennoch nicht stabil.

Deshalb hielt er stets schützend seinen Arm bereit, um Antonin zur Not auffangen zu können, während er versuchte, sich nicht anmerken zu lassen, dass er diesbezüglich ständig auf dem Sprung war. Es war anstrengend, keine Frage, aber es ging. Es musste gehen, denn aus dieser Sache gab es nur den Weg nach vorne, kein zurück.

Seine Leute wies Cole bei Gelegenheit an, momentan besonders aufmerksam zu sein und alle seltsamen Beobachtungen sofort zu melden, und wenn sie auch noch so unbedeutend zu sein schienen. Zum Glück stützte diese Aufforderung ein Mord eines Clanmitglieds in der South Bronx. Niemand würde auf die Idee kommen, dass es eigentlich um etwas anderes ging.

Die einzigen Momente, in denen Cole wirklich entspannen konnte, waren die, die sie gemeinsam bei ihm zu Hause verbrachten. Wenn Antonin in seinen Armen lag, wenn sie miteinander schliefen, wenn sie miteinander redeten. Und der Abend, an dem Antonin alleine schlafen wollte, war für Cole unglaublich grausam gewesen. Einerseits, weil er sich sorgte, ob Antonin schon zurecht käme, zum anderen, weil er die Anwesenheit des anderen in seinem Bett einfach zu gewohnt war, als dass er sie jetzt wieder hergeben wollte. Als jener dann aber zu ihm heimkehrte, fand er wieder Ruhe, auch wenn es bedeutete, dass Antonin noch eine gute Weile daran zu knabbern haben würde, bis er wieder fähig wäre, alleine zurecht zu kommen. Aber zumindest konnte er endlich schlafen, denn vorher hatte er sich nur im Bett herumgewälzt und seine Gedanken um Antonin, um Nicholas, um alles kreisen lassen.

Als Antonin ihm erzählte, dass in der nächsten Woche der Umbau des Grundstückes beginnen könnte, freute er sich mit Antonin. Jener hätte dann endlich wieder eine Beschäftigung, die wirklich sein eigenes Leben betraf. Cole hoffte, dass das ihm wieder mehr Vertrauen geben würde, um auch seinen gesamten Alltag noch besser meistern zu können.

Während Antonin seinen Dingen nachging, organisierte Cole den Deal, der an diesem Abend über die Bühne gehen würde, stellte wieder engeren Kontakt zu den Russen her und schaffte es sogar, Costello zufrieden zu stellen, so dass dieser momentan keine Besuche im Lady-Dream machte. Ihm war es lieber, wenn Antonin und Costello sich nicht so bald gegenüberstehen würden.

Sicher, niemand bis auf Ragnar wusste, dass sie eine Beziehung führten, und das war auch gut so, aber dennoch wusste Cole, dass er für nichts garantieren würde, wenn Costello irgendetwas zu Antonin sagen würde, ihn irgendwie genauer unter die Lupe nehmen würde.
 

Als an diesem Morgen Antonins Handy ging, fiel Cole in einen Halbschlaf. Er konnte nicht verstehen, mit wem der andere sprach, aber dennoch zwang er sich, wacher zu werden. Er hatte in nicht allzu ferner Zeit einen wichtigen Termin. Und Antonin würde er dazu nicht mitnehmen. Er hatte gehofft, jener würde noch schlafen und er könnte einfach für eine Stunde verschwinden, aber leider machte ihm der Anruf von wem auch immer einen Strich durch die Rechnung.

Cole stand schließlich auf und ging ins Bad, um sich zu duschen und seine Lebensgeister zu wecken. Dann zog er sich an und ging zu Antonin auf die Terrasse, ihm einen Zug seiner Zigarette klauend. "Ich muss für eine Stunde etwas erledigen. Danach hol ich dich ab und wir fahren gemeinsam ins Lady-Dream, ok? Oder möchtest du selbst hinfahren? Dann können wir uns später auch dort treffen."

Für Cole stand nicht zur Debatte, ob Antonin mitkommen sollte. Das war ein klares Nein. Er wusste, dass aufgrund der neuen Situation, der neuen Erinnerungen Antonins Wunsch, Nicholas nicht zu töten, hinfällig war, aber dennoch wollte er ihn in dieser Hinsicht außen vor lassen. Cole hatte selbst noch keinen Plan, was geschehen könnte. Er hatte jemanden den Schrottplatz observieren lassen, aber dabei war nichts herausgekommen. Heute würde er hoffentlich mehr Informationen erhalten, die ihm helfen konnten, sich seinem Gegner passend zu stellen. Hoffentlich hatte Kane Neuigkeiten für ihn. Denn in Cole wartete ein unruhiges Tier darauf, endlich zu beenden, was begonnen worden war.

Nachdem sie sich geeinigt hatten, fuhr Cole zu jener 'Kanzlei', in der wohl einer der begabtesten Privatdetektive hauste, die es in New York gab. Wenn man etwas wissen wollte, dann musste man zu ihm gehen.
 

Die Sekretärin, die ihn empfing, führte ihn sofort in jenes in seltsamem Licht erscheinendes Zimmer. Cole nickte Kane zu, gab ihm die Hand und setzte sich. "Ich hoffe du hast ein paar interessante Fakten für mich, denn ich brauche Anhaltspunkte...", ergriff er schließlich das Wort und blickte seinen Gegenüber erwartungsvoll an.
 


 

Kane

Kane erhob sich aus seinem schweren Ledersessel und reichte seinem Besucher die Hand. "Cole", begrüßte er ihn und deutete auf die Akte, welche er ihm auch gleich zuschob, das Original vor sich selbst habend. Sich wieder setzend, griff er zu einer Holzschatulle und zog sich eine Zigarre hervor, ein Stück davon abbeißend und in den nächsten Papierkorb spuckend. Unangezündet deutete er damit auf seine Akte. Er mochte es, in seine Unterlagen zu sehen und gleichzeitig zu wissen, dass seine Klienten das ebenfalls taten und ihm folgen konnten. "Entweder bist du gleich sehr erleichtert oder ziemlich tief in der Patsche", begann er und öffnete die Akte schließlich. Ein Bild von Nicholas wurde gezeigt, in voller Kampfmontur, in wohl jüngeren Jahren.

"Nicholas David Milenkof. 32 Jahre alt, geboren in einer russischen Kleinstadt irgendwo im Nirgendwo. Ich kann nicht mal den beschissenen Namen aussprechen. Momentaner Wohnsitz in New York, verheiratet mit einer Frau Namens Tayra Milenkof, geborene Bells. Haben eine dreijährige Tochter. Offiziell gehört ihm ein Schrottplatz sowie eine angrenzende Autowerkstatt mit Verkauf für diejenigen, die tiefer in die Tasche greifen wollen. Wohnsitz befindet sich ebenfalls auf dem Gelände. Schulausbildung bis zum ersten Abschluss, danach der Beitritt zur Armee mit 17 Jahren. Dort blieb er für weitere vier Jahre und danach wird es schwierig." Er hielt inne und griff sich Streichhölzer, um seine Zigarre nun doch zu entzünden. "Bitte einmal umblättern." Er warf einen kurzen Blick auf seinen Besucher, der jedoch in das vor sich zu lesende vertieft zu sein schien. Nun, wie er das immer tat, würde es das komprimieren. Auf der nächsten Seite war ein Logo abgebildet. Zwei schwarze Hunde, die wohl gerade kurz davor waren aufeinander loszugehen. "Er wurde wohl aufgrund einiger herausragender Fähigkeiten von einer Gruppe, vielmehr ein Privatunternehmen angeworben. Übersetzt bedeutet der Name so viel wie 'Blutzoll' oder aber auch die länger Version: 'Schutz durch Blut'. Das ist eine Gruppe, die es sich zum Ziel gesetzt hat, die besten der besten hervorzubringen. Worum es da ging, ließ sich lange nicht entschlüsseln, aber ich habe einen Hacker mal ein wenig tiefer schnüffeln lassen. Auf den nächsten Seiten findest du Screenshots von ihrer Sicherheitshompage. Viel haben wir nicht gefunden, bevor wir wieder aus dem System mussten. Sie betreiben so eine Art Menschenhandel mit Zustimmung beider Seiten. Die Männer, die dieser Gruppe beitreten, werden in jedem militärischen Schnickschnack ausgebildet, den man sich nur vorstellen kann, und dann an den Meistbietendsten verkauft. Da gehen Summen über den Tisch, die man sich kaum vorstellen kann. Der Käufer erhält dafür eine Person, die jegliche Gefahrenquelle im Vorfeld erkennt und gegebenenfalls abschalten kann. Eine Art lebende Marionette." Er deutete auf das zweite Bild der Seite, das Nicholas mit einem weiteren Mann zeigte, diesem wohl gerade so eine Art Urkunde überreichte.

"Dieser Milenkof ist dort so eine Art Ausbilder. Oder er ist es gewesen, denn momentan fand man unter seinem Namen nur dass er sich im Ausland befinden würde. Ausgebildet hat er vor allem Nahkampf, Kampftaktiken und Überwachungsmethoden. Selbst gilt er als Spezialist im Umgang mit Computern und Verhören. Er selbst ist einer der höheren Tiere dort", erklärte er und bat darum abermals umzublättern.

"Das sind die letzten fünf Männer, die er ausgebildet hat, wenn man den Daten trauen kann. Einer davon starb noch während der Ausbildung, einer wurde im Dienst getötet, zwei davon haben sich selbst umgebracht und offenbar ist nur noch einer aktiv in seiner Rolle. Das ist dann auch der letzte, den Milenkof ausgebildet hat." Er deutete auf ein relativ unscharfes Portraitbild von Antonin. Einem deutlich jüngeren und schmächtigeren Antonin. Abermals bat er darum umzublättern. "Aufgrund der Datenmenge ist das Profil, das ich erstellen ließ, nicht wirklich aussagekräftig, gerade was charakterliche Eigenschaften betrifft, aber du kannst davon ausgehen das dieser Mann als höchst gefährlich und unberechenbar einzustufen ist. Aber das sind meiner Meinung nach alle, die aus dieser Killermaschinenschmiede herauskommen." Er deutete auf verschiedene Fotos auf der nächsten Seite. "Das sind Aufzeichnungen verschiedener Sicherheitskameras aus Einkaufsläden. Das zuletzt datierte ist von gestern aus einem Lebensmittelgeschäft. Du kannst also davon ausgehen das er sich noch in New York befindet. Sind das übrigens deine Männer am Schrottplatz? Ich hätte sie fast vor lauter Schreck über den Haufen geschossen, als ich mich dort ein wenig umgesehen habe", meckerte er plötzlich und deutete auf die nächste Seite.

"Es war reichlich kompliziert, aber mit der Hilfe der Technik habe ich mir Zugang zu einem Raum dort, in dessen Werkstatt besorgt. Der Mann besitzt ein vollausgerüstetes Waffenarsenal, Schutzwesten, Nebelgranaten, ein halbes Rechenzentrum und alles was das Herz eines Scharfschützen begehrt." Diese Bilder zeigten den Raum, in dem Cole auch schon einmal gewesen war. "Seine Bankverbindungen sind eher langweilig, abgesehen davon, dass er hin und wieder ziemlich große Direkteinzahlungen getätigt hat. Woher das Geld kommt, ließ sich nicht nachvollziehen in der Kürze der Zeit." Er blätterte abermals um und nahm einen tiefen Zug von seiner Zigarette. "Der einzige Hinweis, den wir momentan haben, dass er in Amerika bereits tätig war, ist dieser Fall. Diese 'Blutzoll' Jungs haben es sich zu Eigen gemacht Visitenkarten zurück zu lassen, wenn sie einen Auftrag erledigt haben. Diese Karte mit dem Falkenkopf ist der einzige Fall, den wir auf die Schnelle finden konnten. Das war vor einigen Jahren in Atlanta. Die beigefügten Bilder sind Polizeifotos vom Opfer, welcher selbst ein Krimineller war. Zu Tode gefoltert. Ich hoffe, du hast noch nichts gegessen?" Abermals blätterte er um und diesmal war ein dunkelroter Honda zu sehen. "Das ist das Auto, das wir zuletzt haben, doch ob er das Nummernschild noch trägt, kann ich dir leider nicht sagen." Mit einem Knall schloss er die Akte und sah Cole an. Sich die Zigarre aus dem Mund nehmend und sich über den Bart streichend. "Genauer lässt sich das alles nochmal nachlesen. Überleg dir, ob ich versuchen soll, tiefer zu graben, aber ich denke diese Informationen sollten nützlich für dich sein." Er schob seinem Besucher einen Zettel zu mit einer Zahl darauf. Kane berechnete seine Fälle immer nach Arbeitsaufwand und er war sich sicher, dass der andere ihm das Geld zukommen lassen würde. "Wenn du vorhast, dich mit dem Kerl anzulegen, dann komm nicht mehr zu mir bis er weg vom Fenster ist. Ich hänge an meinem Leben."
 


 

Cole

Cole verfolgte das, was Kane ihm sagte in der Akte, die in Kanes typischer Art und Weise wirklich genau geführt worden war. Aber das erwartete er auch von einem Detektiv, der seinen Job verstand.

Das was ihm Kane erzählte waren teilweise Dinge, die er bereits wusste, teilweise Dinge, die er sich schon selbst gedacht hatte, aber auch einige Dinge, die neu waren, und vor allem interessant.

Ein paar Worte, die der andere verwendete ließen ihn innerlich auflachen. 'Mit Zustimmung beider Seiten', dass er nicht lachte, wobei der Begriff 'lebende Marionette' wirklich treffend war.

Antonins Bild ließ ihn kurz, unbemerkt schmunzeln. Ansonsten ließ sich Cole nichts anmerken, keine Reaktionen über das Gehörte. Er konsumierte und sog die Informationen auf.

Dass Nicholas besonders in Überwachungsfragen bescheid wusste, und dass er am Schrottplatz nicht vorzufinden war, ließ Cole darauf schließen, dass er Antonin beobachtete, mit ziemlicher Sicherheit. Ansonsten würde es keinen Sinn machen. Schließlich waren Tayra und die Kleine auch nicht aufzufinden, was davon zeugte, dass er sie hatte wegschaffen lassen. Nicholas war also jemand, der beobachtend abwarten würde, und das offensichtlich auch tat. Ob Antonin das bereits wusste? Er würde ihn fragen. Und er würde ihn brauchen, wenn es soweit war. Antonin würde Nicholas ablenken müssen und würde sich ihm stellen müssen, ob er wollte oder nicht. Natürlich so, dass sie nichts riskieren würden.

Interessiert betrachtete er das Foto von Nicholas im Lebensmittelgeschäft. "Welches Geschäft war das?", fragte er kurz und erhielt die Antwort, wissend, dass es nicht weit weg von Antonins Wohnung war, aber auch nicht weit weg von seiner eigenen Wohnung.

Als er das Foto von dem Mann sah, den Antonin umgebracht hat, rutschte kurz eine Augenbraue nach oben. Gut, er wusste, weshalb jener so gehandelt hatte, aber dennoch konnte es einem mulmig werden. Kaum vorstellbar, dass jener Mann, der Nacht für Nacht in seinen Armen lag und schlief zu so etwas fähig war...

Als Kane endete blickte Cole von der Akte auf, ergriff den Zettel mit der Summe, die er zu entrichten hatte. Er griff in die Innenseite seiner Jacke und zog ein Bündel heraus, beginnend das Geld zu zählen.

"Nur noch zwei Dinge, die mich interessieren. Erstens, könntest du mir noch genauer herausfinden, woran die anderen Auszubildenden wirklich gestorben sind? Und zweitens, sag mir, wie du in den Raum im Schrottplatz gekommen bist." Bewusst zog er noch ein Bündel 1000$-Scheine aus seiner Jacke. "Und keine Sorge, für mehr werde ich dich wohl nicht brauchen. Die Informationen reichen." Cole hatte bereits eine Idee, es würde bald Zeit sein, zu handeln und die Ratte aus seinem Loch zu locken.
 

Nachdem er seine Informationen erhalten hatte, verabschiedete sich, die beiden Bündel mit jeweils 20.000$ daliegen lassend, auch wenn Kane deutlich weniger verlangt hatte. Geld spielte für Cole schon lange keine Rolle mehr.

Vor der Tür griff Cole zu seinem Handy und wählte eine Nummer. Kurz wartete, dann sprach er. "Cole hier. Ich hätte einen Auftrag für dich, hast du Zeit? Ich weiß, dass es früh ist, aber wenn du deine Nächte nicht immer in Warcraft investieren würdest, dann wärst du jetzt fit. Also ist es nicht mein Problem. Ich bin in 15 Minuten bei dir." Daraufhin stieg er in seinen Wagen und fuhr in Richtung Südvorstadt, Antonin eine SMS schreibend, dass es noch ein wenig dauern würde.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück