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Yeh Zindagi Hai.

Neue Chance, neues Leben?
von

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Ungebetener Gast

Shrutis Augen wurden immer größer je mehr sie sich den Räumlichkeiten, in denen die Hochzeit stattfand, näherten. Die riesige Villa strahlte schon von Weitem. Sie war über und über mit Lichterketten und Blumengirlanden geschmückt und laute Musik und Stimmengewirr war überall zu vernehmen.

Nachdem Atul den Wagen auf dem großen Kiesplatz vor der Villa neben bereits unzähligen anderen Autos geparkt hatte, betraten sie das prunkvolle Gebäude und machen sich zwischen all den anderen hunderten von Gästen auf die Suche nach dem Brautpaar.

Es dauerte eine geschlagene halbe Stunde bis sie sie endlich entdeckt hatten. Atul gratulierte den frisch Vermählten und stellte ihnen Shruti als seine Ehefrau vor. Beide waren erfreut, sie endlich kennenzulernen, da sie Atul bereits seit dem College kannten, er ihnen Shruti jedoch nie vorgestellt hatte.

Das erinnerte Shruti schmerzlich daran, dass Atul sie immer `versteckt´ gehalten hatte – so, als ob sie ihm peinlich gewesen wäre – doch nun hatte er beinahe eine 180°-Wende hingelegt. Wenn sie ihn so anschaute, wenn er sich mit den anderen Hochzeitsgästen unterhielt, schien er beinahe stolz darauf zu sein, dass er von anderen Männern anerkennende Blicke für sie erntete.

Sie verstand ihn einfach nicht, nicht im Geringsten.
 

Während sich Atul während der Feier offensichtlich sehr gut amüsierte, stand Shruti meist nur still neben ihm und hörte mit halbem Ohr den Gesprächen zu, die er mit verschiedenen Bekannten führte. Ihr Blick wanderte zwischen den vielen Gästen umher, obwohl sie ganz genau wusste, dass sie hier sowieso niemanden treffen würde, den sie kannte.

Mit einem Mal blieben ihre Augen jedoch an dem Hinterkopf eines Mannes hängen. Er stand in der entgegengesetzten Ecke des Raumes und unterhielt sich gerade mit zwei anderen Männern. Sein volles schwarzes Haar war ordentlich zurecht gebürstet und in unregelmäßigen Abständen fuhr er mit seiner Hand hindurch. Shruti wurde das Gefühl nicht los, dass sie diesen Mann kannte. Auch wenn sie nur seine Rückansicht sehen konnte, so kam er ihr auf seltsame Weise vertraut vor. Etwas an seiner Haltung und seinen Gesten erinnerte sie sehr stark an...

Sudhir! Diese Erkenntnis fiel ihr wie Schuppen von den Augen. Doch halt, konnte das wirklich sein? Wieso sollte er diese Hochzeit besuchen? Das machte keinen Sinn... Oder doch? Hier waren schließlich Leute aus ganz Indien vertreten...

Shruti schüttelte den Kopf und verwarf ihre Gedanken. Das war zu absurd. Sudhir stammte aus Amerika und war erst seit wenigen Wochen wieder in Indien. Er kannte hier niemanden, der ihn auf eine Hochzeit einladen würde.

Sie schloss die Augen und atmete ein paar Mal tief durch. Ihre Wahrnehmung spielte ihr nur einen Streich, da ihr Wunsch, Sudhir wiederzusehen und bei ihm zu sein so groß war und sie beinahe auffraß.

Als sie die Augen wieder öffnete, war der Mann verschwunden. Ein leises Seufzen entrann ihrer Kehle und eine Welle der Enttäuschung kam über sie. Was hatte sie auch anderes erwartet? Natürlich konnte er es nicht gewesen sein.

„Atulji?“, unterbrach sie Atuls Gespräch mit einem seiner Arbeitskollegen. „Ich gehe mich kurz frisch machen...“, meinte sie und machte sich auf die Suche nach dem Badezimmer, nachdem er als Zeichen seines Einverständnisses genickt hatte.
 

Die Villa war wirklich riesengroß und so brauchte Shruti eine ganze Weile bis sie ihr Ziel endlich erreicht hatte. Zur ihrer Erleichterung war sie allein im Badezimmer und konnte sich daher ein wenig Zeit lassen. Sie brauchte ein paar Augenblicke für sich, um sich wieder zu beruhigen. Sie sehnte sich so sehr nach Sudhir, dass es schon beinahe körperlich schmerzte.

Nachdem sie sich nach einigen Minuten wieder einigermaßen gesammelt hatte, verließ sie das Badezimmer wieder und wollte sich auf den Weg zurück zu Atul machen, doch nachdem sie um mehrere Ecken gebogen war, stellte sie fest, dass sie sich offensichtlich verlaufen hatte.

Ohne zu wissen, wohin sie ging, landete sie schließlich in einer Sackgasse. Sie seufzte auf, schloss die Augen und legte den Kopf in den Nacken. Wieso musste so etwas immer ihr passieren?

Sie wollte sich gerade wieder umdrehen, um zurückzugehen, als sie plötzlich mit jemandem zusammenstieß.

„... Verzeihung, ich...“, murmelte Shruti, doch als sie aufschaute, verschlug es ihr für einen Moment die Sprache. Sudhir. Und dieses Mal bestand nicht der geringste Zweifel.

„Su...“, begann sie, doch er legte ihr eilig eine Hand über den Mund, während er mit der anderen nach ihrem Handgelenk griff und sie in das nächstgelegene Zimmer zog, das sich als kleiner Abstellraum entpuppte.

Sudhir verschloss schnell die Tür hinter sich und lenkte dann seinen Blick zu Shruti. Seine Hand lag noch immer über ihrem Mund, als ihre Augen sich trafen. Für einige Augenblicke standen sie da – ohne sich zu bewegen oder auch nur einen Ton von sich zu geben.

Shruti war schließlich diejenige, die zuerst von ihren Gefühlen übermannt wurde. Ohne weiteres Zögern schlang sie ihre Arme um Sudhirs Hals und zog ihn in eine feste Umarmung. Überrascht über ihren plötzlichen Gefühlsausbruch taumelte Sudhir nach hinten und prallte mit dem Rücken gegen eines der Regale, die an der Wand standen. Ein kurzer Schmerz zog sich durch seine Schulter, doch das ignorierte er. Stattdessen erwiderte er Shrutis Umarmung und zog ihren Körper fest an sich. Er vergrub sein Gesicht in ihre Schulter, schloss die Augen und sog ihren süßlichen Duft ein. Worte hätten nicht beschreiben können, wie sehr er sie vermisst hatte. Jede Faser seines Körpers lechzte nach ihr und drängte ihn dazu, sie noch fester an sich zu drücken.

Es dauerte nicht lange, bis ihre Lippen sich fanden und sich in einem innigen Kuss vereinten. Sudhirs Hände wanderten Shrutis Rücken hinab, während sie mit ihren Fingern durch sein Haar strich. Ihre Knie drohten nachzugeben, als seine Lippen über ihre Wange hinab zu ihrem Hals und ihrem Nacken wanderten. Seine sanften Küsse und liebevollen Berührungen machten sie beinahe wahnsinnig. Ihr Verlangen nach ihm wurde mit jedem Augenblick größer und sie war der festen Annahme, dass es Sudhir nicht anders gehen konnte. Doch als sie begann, die Knöpfe seines Hemdes zu öffnen, stoppte er sie.

Verwirrt schaute sie ihn an und entdeckte dabei das heiße Begehren in seinen Augen. Er atmete schwer und es fiel ihm sichtlich nicht leicht, sie in ihrem Unterfangen zu unterbrechen, doch sein Verstand hatte sich wieder eingeschaltet und er wusste, dass jetzt weder die richtige Zeit noch der richtige Ort waren, um sich ihrer Liebe hinzugeben.

Auch Shrutis begriff und ließ auf der Stell von ihm ab. Etwas beschämt über ihr plötzlich so zügelloses Verhalten trat sie einen Schritt zurück und richtete ihren Blick auf den Boden. „Es tut mir leid...“, murmelte sie. „Ich wollte nicht...“ „Schh...“, unterbrach Sudhir sie und kam auf sie zu, um ihr Gesicht in seine Hände zu nehmen und einen zarten Kuss auf ihrer Stirn zu platzieren. „Ich will es mindestens doppelt so sehr wie du, doch im Moment gibt es leider wichtigere Dinge...“, erklärte er und zog sie zu sich heran, um sie in seine Arme zu schließen.

„... Wie hast du mich gefunden? Ich meine, es ist doch sicher kein Zufall, dass du auch auf dieser Hochzeit bist...“, stellte Shruti nach einer Weile der Schweigens fest. „Aunty hat mir erzählt, dass du heute hier bist. Daraufhin hab ich mich sofort in den nächsten Zug nach Delhi gesetzt und darauf gehofft, dass hier so viele Gäste sind, dass niemand merkt, wenn ein `blinder Passagier´ dabei ist. Zu meinem Glück habe ich auch noch drei alte Freunde meines Vaters getroffen und somit war ich aus dem Schneider...“, erklärte er. „Jetzt haben wir nicht genug Zeit, um zu reden, deswegen würde ich vorschlagen, dass wir uns morgen Mittag irgendwo treffen... Ich werde Delhi nicht eher wieder verlassen, bevor du nicht mit mir kommst...“, fügte er hinzu und schaute Shruti fest in die Augen.

Sein letzter Satz trieb ihr die Tränen in die Augen. Sie nannte ihm ein Restaurant und eine Uhrzeit und verließ dann nach einer weiteren innigen Umarmung schweren Herzens die kleine Kammer und eilte zurück zu Atul.



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