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Die Geschichte eines großen Wahnsinns und die Volturi mitten drin

von

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Prolog (und eine Warnung, die eh keiner befolgt

Prolog (und eine Warnung, die eh keiner befolgt
 

„Es ist sehr gefährlich, zuzuhören. Hört man zu, kann man überzeugt werden, und wer sich durch ein Argument überzeugen lässt, ist ein von Grund auf unvernünftiger Mensch.“,
 

-Oscar Wilde
 


 

Zitate zu passenden Gelegenheiten gibt es immer. Manchmal sollte man sie befolgen, wenn man einen gesunden Verstand und eine angeborene Neigung zur Vernunft besitzt.
 

Leider ist das bei den wenigsten Menschen der Fall. Denn eine Eigenschaft ist so stark so ausgeprägt, dass sie über alle anderen Emotionen und Empfindungen hereinbricht und sie verschlingt. Ihr wisst bestimmt, was ich meine oder?
 

Die Liebe? Falsch.
 

Der Hass? Noch falscher.
 

Die Wut? Die Trauer? Die VERZWEIFLUNG?!!! Nein, noch viel falscher.
 

Übrigens ihr werdet laut. Das nur so am Rande.
 

Nein, die Eigenschaft, von der ich spreche ist die Neugier. Kaum etwas anderes beherrscht euch verdammten Menschen so sehr wie sie!
 

Ein dunkles Loch in einer noch dunkleren Nacht, auf einem unheimlichen( und noch dunkleren) Friedhof, aus dem merkwürdige Geräusche dringen?!
 

Ihr klettert rein und schaut nach.
 

Ein roter Knopf, auf dem steht: „auf keinen Fall drücken, sonst geht die Welt unter!?“
 

Ihr seht ihn an und drückt ihn.
 

Mehrmals.
 

Ein verfluchte Krone, die einen wahnsinnigen Geist beherbergt der von einem Besitz ergreift und die Welt zerstört, wenn man sie aufsetzt?! Mit einem Schild, auf dem genau das steht?
 

Ihr setzt sie auf.
 

Und fragt euch, ob sie euch steht.
 

Ich könnte noch weitere Beispiele anführen, aber ihr würdet wahrscheinlich nur amüsiert schauen und zugeben, dass meine Behauptungen ins Schwarze treffen. Und zwar genau in die Mitte.
 

Nun bestimmt hat euch eure Neugier schon gepackt. Ein mysteriöse Seite, voll mit ironischen Andeutungen und zynischen Beispielen, belustigend und interessant. Dahinter verbirgt sich bestimmt etwas Spannendes. Eine Geschichte voller Tragik, Romantik, Humor und Dramatik.
 

Ihr habt recht. Genauso eine Geschichte ist es.
 

Und ich werde sie euch nicht erzählen.
 

Denn es ist eine Geschichte die in die Welt des Unglaublichen führt. Eine Geschichte mit jahrhunderte alten Wesen und dem immerwährenden Kampf Schwarz gegen Weiß.( Und eine ganze Menge Grauschattierungen.)
 

Kurz eine Geschichte die euer Verständnis von allem bisher bekannten übersteigt und die euer Weltbild für immer verändern wird.
 

Kurzum eine Geschichte, die euch nicht im Geringsten angeht.
 

Also nehmt eure verdammte Neugier und trollt euch aus diesem Schriftstück!
 

Denn dies ist eine ausführliche Warnung! beachtet das Zitat oben, seid vernünftig und verschwindet!!
 

Denn ich schweige jetzt!!!
 

Ab sofort!!!
 

……………………

………………………….

…………………………….ihr seid immer noch da……
 

Nun verschwindet schon! Habt ihr keine Arbeit oder eine biologisch tickende Uhr, über die ihr jammern könnt?!
 

Diese verdammte menschliche Neugier!
 

Also schön ihr habt es nicht anders gewollt! Hört zu und ruiniert eurer Leben, denn wenn ihr die Geschichte kennt ist es vorbei damit!
 

Was mir aber eigentlich egal sein kann…
 

Wenn sich eure Erzählerin dann einmal vorstellen dürfte…
 

Mein Name ist Ilaria de Medici.
 

Ich bin Auftragskillerin.
 

Und dies ist meine Geschichte.
 

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Sorry für alle die sehnsüchtig auf das neue Kappi warten, aber ich hatte Gründe..
 

3 Wochen Pratika in ner Druckerei, jeden Tag stehend, 3 Wochen Ferein, musste mich von Praktia erholen. und ich habe meinen Stick vergessen....

De Medici oder eine etwas seltsame Familie

De Medici oder eine etwas seltsame Familie
 

Kinderaugen sind wie klare Bergseen,

auf deren Grund ein Ungeheuer schlummert.
 

-unbekannt
 

Würde man mich fragen, warum ich gerade diesen einen auf der Welt so verachtenswerten Beruf auswählte, würde ich antworten:
 

„Familientradition. Oh und er ist sehr gut bezahlt, wenn man es schafft nicht zu sterben.“
 

Ganz genau. Der Beruf liegt in der Familie. Es ist mir, als wäre es gestern gewesen. Ich eine kleine trippelnde 2-jährige mit der Geschwindigkeit eines Schnellzuges und der alles vernichtenden Kleinkinderkraft eines Bulldozers auf der immerwährenden Mission aller Kleinkinder das Elternhaus zu verwüsten und alles anzusabbern und knabbern, was lecker aussieht.
 

Meine Kindermädchen wurden von mir fast in den Wahnsinn getrieben. Wie oft habe ich ihnen wohl diese steinharten roten Gummibälle an den Kopf geworfen, wenn sie mit Wäsche beladen die Treppe hochstiegen? Wie oft habe ich wohl gelacht und geklatscht wenn sie infolgedessen rückwärts runterfielen? Wie oft habe ich Vaters Silberbesteck gefunden und damit rumgeworfen? Und meistens die lebendigen Bediensteten getroffen?
 

Damals wurde mein Vater langsam misstrauisch, konnte von meiner Mutter aber beschwichtig werden. Hierzu eine kurze Beschreibung meiner Eltern:
 

Mein Vater:
 

Ein etwas klein geratener dürrer Mann von 1,65 mit schütterem schwarz gekräuseltem Haar. Er trägt eine braune Brille und wird von seinen Angestellten als verantwortungsbewusster, freundlicher Mann bezeichnet, der Weine liebt und klassische Musik mag. Allerdings sehe er auch ein kleines bisschen langweilig aus mit seinen immer braun beige karierten Pullovern aus 100% echter Baumwolle. Sie vermuten er ist Buchhalter. Sie liegen fast richtig, er ist Steuerberater.
 

Aber das markanteste an meinem Vater sind seine waldgrünen Augen. Sie passen nicht so recht zu seinem restlichen Erscheinungsbild. Sie sagen viel aus über das Innere seiner Seele und seine Fähigkeiten, von denen er selbst nichts weiß.
 

Mit diesen Augen gelang es ihm auch meine Mutter einzufangen, so sagt man.
 

Meine Mutter:
 

Eine zierliche schlanke Frau mit einer Größe von 1, 75. Sie ist wohl das auffälligste Lebewesen, das die Welt je gesehen hat. Mit ihrem schneeweißen Haar, der blassen Haut und den blutroten Augen erscheint sie den Leuten wie ein schöner Todesengel. Was sie letztendlich auch war.
 

Meiner Mutter heißt mit Namen Blanca, was soviel wie weiß und glänzend schön bedeutet. Durch die Tatsache, dass sie ausschließlich weiße Kleidung trägt, glauben die Leute sie wäre eine Elfe. (Mein Vater hat am Anfang ihrer Beziehung mehrmals an ihren Ohren gezogen, um zu sehen ob sie nicht doch spitz zuliefen oder operiert waren.)
 

Sie spricht nicht sehr oft, weil durch den Klang ihrer glockenhellen Stimme alles stehenbleibt, so faszinierend hört sie sich beim Sprechen an.
 

Sie lacht gerne und tänzelt am liebsten den ganzen Tag umher und gießt die Blumen in den Körben, die im 1. Stock an Ketten herunterhängen und nur durch einen Stuhl zu erreichen sind.
 

Noch heute rätseln die Leute, wie zwei so unterschiedliche Menschen zusammenkommen konnten. Meine Mutter müsste meinem Vater schon vom Himmel runtergefallen und direkt in seinen Armen gelandet sein, vermuten sie.
 

Sie liegen sehr nahe dran.
 

Tatsächlich war meine Mutter, Blanca de Medici, damals auf dem Dach von Vaters Anwesen unterwegs, mit dem Auftrag den verräterischen Buchhalter der mafiosischen Satierviefamilie mit einem eisigen Kuss aus dem Leben zu reißen. Man nannte sie den weißen Tod, wegen ihrer kaltblütigen Ader und ihrem süßen Todeskuss. Und weil sie eben weiß war.
 

Sie war immer nur leicht bewaffnet unterwegs, ihr Aussehen allein reichte, um die Menschen langen genug abzulenken und sie so umzubringen. Gezielte Opfer küsste sie auf den Mund. Ihre Lippen waren mit dem Gift einer seltenen Pflanze bestrichen, dass durch den Speichel in den Körper übertragen wurde und dem Gehirn des Opfers vorgaukelte dass der Körper kurz vor dem Erfrieren stehe.
 

Der Körper reagiert mit entsprechenden Maßnahmen. Da er jedoch die Poren der Haut dabei zusammenzieht und die Temperatur des Körpers senkt kann das Gift sich ungehindert im Körperwasser ausbreiten und schließlich das Opfer davon überzeugen, dass es erfroren ist. So starben die meisten ihrer Opfer an Unterkühlung.
 

Dieser Tod war auch dem (so der Boss der Satervie) verräterischen Drecksschwein von einem Zahlenverdreher beschien. Meinem Vater wäre damals die fatale Ähnlichkeit mit einem Buchhalter fast zum Verhängnis geworden. Denn wie gesagt, er ist Steuerberater, wird aber für einen Buchhalter gehalten.
 

Zu seinem Glück hatte es in jener Nacht geschneit und das Dach war mit meterdickem weißem Zeug bedeckt. Meine Mutter kämpfte sich leise schimpfend durch die dichten Massen und war ausnahmsweise einmal nicht anmutig. So kam wie es kommen musste und sie rutschte aus. Mit einem sehr kreischigen, aber doch noch wohlklingenden Ton stürzte sie vom Dach und wäre sicher zu einem eisigen Bad im Pool gekommen, wenn mein Vater nicht genau darunter gerade auf dem Balkon gestanden hätte. Von einer Ladung Schnee überrollt ging er zu Boden. Als er sich freigekämpft und wie der Phönix aus der Asche aus dem Schnee erhob, musste er feststellen, dass er in den Händen eine verdutzte schneeweiße Frau mit blutroten Augen hielt, der Schneekristalle im Haar funkelten.
 

Von diesem Anblick amüsiert und entzückt, fragte er: „ Ich wusste nicht, dass solch ein kostbarer Schatz unter dem Schnee verborgen lag. Sag wolltest du mir etwas stehlen, schöner Engel aus Schnee?“ Sie starrte in waldgrünen Augen, die durch die fehlende Brille nun ihre ganze Wirkung entfalteten. In ihnen versunken vergaß sie alles und hatte nur noch Augen für ihn.
 

Er konnte nicht anders. Er wollte seine Lippen auf die ihren legen. Er kam den ihren schnell näher. Sie beugte sich zu ihm und erwartete sehnsüchtig den Kontakt. Es hätte schön werden können. Es wäre der Kuss ihres Lebens gewesen.
 

Wenn ihr nicht eingefallen wäre, dass ihre Lippen ja vergiftet waren.
 

Erschreckt ließ sie sich nach hinten fallen, um den Besitzer dieser hinreißenden Seelenspiegel vor ihrem Gift zu retten. Er allerdings wollte nicht, dass sie fiel und sie vor dem Absturz bewahren. Im Endeffekt verloren sie beide das Gleichgewicht und stürzten über den Balkon in den mit Eis bedeckten Pool. Zum Glück war mein Vater Mitglied im Überlebensschwimmerclub und meine Mutter musste es schon allein ihres Berufes wegen können.
 

„Ich weiß ja, dass ich nicht gerade hübsch aussehe, oder besonders charmant bin, aber dass sich deswegen die Frauen jetzt schon in die Tiefe stürzen…“ Mein Vater schwamm mit enttäuschtem Blick und verletzten männlichen Stolz an den Beckenrand und wollte sich hochziehen. Als er halb oben war, packte eine zierliche schmale Hand sein Bein und hielt ihn fest. Erstaunt blickte er nach unten.
 

Blutrote Augen blickten ihn voller Leidenschaft an. „Ihr seid charmant, schöner Fremder mit den waldgrünen Augen. Noch nie ist es vorgekommen, dass ich auf einen Mann fliege und das im wahrsten Sinne des Wortes.“ Ab da wurden meine Eltern immer etwas verlegen, wenn sie uns die Geschichte erzählten Sie räusperten und hüstelten etwas von: in eine Decke gewickelt…beide…Kamin…gekuschelt…Barocksofa…nackt…entflammte Leidenschaft…Liebe…Beziehung…Monate…Heirat.
 

Und sie heirateten tatsächlich, 2 Jahre nach diesem etwas seltsamen Kennenlernen. Aus dem einsamen Peter Meier, wurde der nun nicht mehr einsame Peter de Medici.

Er nahm den Namen meiner Mutter an, weil dieser viel faszinierender und mysteriöser klang als, nun ja Meier.
 

Und 9 Monate später war ihr Leben perfekt. Ich, ihre Hochwohlgeborenheit Ilaria de Medici, geruhte auf die Erde hernieder zu steigen und geboren zu werden auf dass, das gemeine Volk juble und mich feiere als den neuen Messias. Ok, etwas übertrieben die Beschreibung, aber sie waren ja zum ersten Mal Eltern…
 

Ich war aber auch eine etwas seltsame Erscheinung. Ein kleines 49 cm großes Baby, mit schwarzem Flaum, die Haarfarbe meines Vaters, einer ganzen Menge Babyspeck und nun ja, der Augenfarbe meiner Mutter…
 

Versteht das nicht falsch. Für sie und Vater war ich das süßeste Baby der Welt. Für die Angestellten aber war ich der Teufel. Die Vorstellung der Menschen beschreibt diesen in seiner Menschengestalt als attraktiven Mann mit langen seidigen Haaren, blasser Haut und blutroten Augen. Auf mich trafen alle Merkmale zu, bis auf das Geschlecht. Darüber aber sahen sie hinweg. Trotzdem blieben sie, da mein Vater sehr gut zahlte.
 

Ich vertrieb viele Kindermädchen. Eine aber blieb. Maggie! Eine 70 Jahre alte Spanierin, mit silbernem Haar und stechenden bösen Äuglein. Sie war die älteste und robusteste unserer Angestellten. Und die skrupelloseste. Sie wich den meisten meiner Bälle und Wurfgeschosse aus. Und sie war die einzigste, die aktive Maßnahmen für meine Vernichtung einleitete. Sie versuchte viele Dinge, um mich dieser Welt zu entreißen. Als ich z. B.ein Jahr alt war, steckte sie mich beim Baden in eine Wanne voller Weihwasser. Das Wasser war zu tief für ein Baby und eigentlich hätte ich ertrinken sollen. Tat ich aber nicht.
 

Sie schüttete verzweifelt Rosenölextrakt mit Rosenblättern hinzu und beugte sich vor, um mich mit ihrem silbernen Kreuz zu berühren. Das war ein Fehler. Kleine Kinder werden von allem angezogen, was hübsch ist und glänzt. Ich packte ihr Kreuz und wollte es kunstvoll besabbern. Sie aber war zu weit entfernt. Also zog ich in kleinkindlicher Wut daran. Seltsamerweise so kräftig, dass Maggie, die halb über der Wanne hing mit dem Kopf untertauchte. Ich verschwendete keine Zeit und krabbelte über ihren Kopf auf ihre Schultern. Ich nahm das Kreuz und zog, schaffte es aber nicht es zu bekommen.
 

Die Kette drückte gegen Maggies Kehle und nahm ihr die Luft. Wie beim Tauziehen zerrte ich und ihr Kopf wurde immer wieder und wieder unter Wasser getaucht. Ich war wohl das einzige Baby auf der Welt, dass es beinahe je geschafft hätte, sein Kindermädchen gleichzeitig zu erwürgen und zu ertränken. Schließlich löste sich der Verschluss und fröhlich krabbelte ich mit dem Kreuz im Mund aus dem Bad, hinter mir lassend ein Kindermädchen, dass etwa 2 Liter Weihwasser mit Rosenölextrakt und Rosenblättern verschluckt hatte.
 

Mein Vater musste den Notarzt rufen, da Maggie eine schwere Vergiftung wegen des Rosenöls erlitt. So kam ich zu einem schönen Silberkreuz und Maggie zu ihrem ersten Mal Magen auspumpen. Als Maggie wieder aus dem Krankenhaus kam, zog sie mit Kreide in meinem Zimmer heilige Kreise, verteilte Weihraustäbchen und Kerzen, schmierte sich heilige Farbe ins Gesicht und hing sich zur Sicherheit noch einen Knoblauchkranz um den Hals.
 

Ihre mehrmaligen Versuche mir das erbeutete Kreuz wieder abzunehmen, endeten immer damit, dass ich das ganze Haus zusammen schrie. So musste sie ohne auskommen. Sie setzte mich in den Kreis und malte mir ein Kreuz auf die Stirn. Danach ging sie, Weihrauchstäbchen schwenkend und Gebete singend, um mich herum. Dabei hätte eigentlich nichts großartig passieren sollen. Tat es aber. Maggies unheiliges Gekreische von einem Gesang gefiel meinen Ohren ganz und gar nicht und ich fing an zu schreien.

Gleich darauf traf sie der Topf heiliger Farbe und sie fiel bekleckert damit auf die Kerzen.
 

Nun aber war die Farbe aus den Blättern einer sehr leicht entflammbaren und stark brennenden Pflanze gemacht. Diese Wirkung hatte sich in der Farbe gehalten. Als Ergebnis rannte Maggie nun als lebende(und wohl heilige) brennende Fackel kreischend durch das Haus Richtung Pool. Ich krabbelte lachend hinterher. Anscheinend gefiel mir ihr panisches Gekreische um Welten besser, als ihr misslungener Versuch von einem Gesang.
 

Sie sprang von dem Balkon, auf dem meine Eltern sich einst trafen. Sie hätte im Wasser landen und von ihrer Qual gelöscht werden sollen. Wenn der Pool nicht gerade gereinigt worden wäre. So stürzte sie aus dem 1. Stock in ein 3 Meter tiefes ovales Loch. Das Brechen ihrer Knochen und ihr Geschrei wegen dem Feuer, machten unseren Gärtner auf sie aufmerksam, der gerade die Beete düngte. Heldenhaft eilte er zur Rettung herbei und schüttete 4 Sack stinkenden Kuhmist auf ihren zuckenden lädierten Körper.
 

Im Endeffekt war sie gelöscht, hatte Verbrennungen 2. Grades, 4 gebrochene Rippen, einen gebrochenen Arm und ein Bein, keine Haare mehr und sie stank nach frisch ausgeschiedenem Kuhmist. Als das Notarztteam sie in den Krankenwagen lud, standen mein Vater und meine Mutter nebeneinander auf der Treppe und sahen zu. Sie trug mich auf dem Arm. Mein Vater stand da mit nachdenklicher Miene und verschränkten Armen. Schließlich glitt sein Blick zu mir. „Schatz?“ „Ja, Liebling?“ „Hast du mir vielleicht irgendwas zu sagen?“
 

Meine Mutter schaute mich an. Ich winkte dem Krankenwagen zu, der gerade abfuhr. Sekunden später knallte er gegen einen Baum. Vergnügt klatschte ich in die Hände. Meine Mutter lächelte meinen Vater sanft an. „Nicht, dass ich wüsste, Liebling.“
 

Damals nahm er es noch hin, unwissend zu sein.
 

Die Wochen vergingen, die Jahreszeiten wechselten, Maggie kam wieder und meine Mutter stellte fest, dass sie erneut schwanger war. So kam an meinem 2. Geburtstag meine jüngere Schwester Caria auf die Welt. Schneeweiße Haare und waldgrüne Augen. Sie wurde nicht einmal Teufel genannt. Sie war ein Engel. Sie nahm mir mein Spielzeug weg und plapperte mich in Babysprache damit voll, wie unvorsichtig ich doch sei. Wir verstanden uns auf Anhieb. Es hätte nun eine schöne Zeit werden können. Nur existierte immer noch ein Möchtegernexorzierendes Kindermädchen namens Maggie.
 

Durch ihren nun etwas unglücksseligen Unfall war sie auf einen Krückstock und auf eine Perücke angewiesen. Und tonnenweise Parfüm. Die Haut hatten die Ärzte weitestgehend wieder herstellen können. Sie hatte Glück, dass sie eine dunkelhäutige Spanierin war. Nur sah sie jetzt wie die Großmutter des Teufels aus. Die Angestellten flüchteten und schrieen, sobald diese absonderliche Gestalt der Flur entlang humpelte immer im rhythmischen Gleichklang mit ihrem Krückstock. Meine Mutter lächelte sie an. Mein Vater ignorierte sie. Meine Schwester und ich lachten sie aus.
 

In meiner Schwester sah sie ein weiteres Unheil. Einen Eisdämon wahrscheinlich. Denn meine Schwester war immer ernst und lachte sehr selten. Dass war auch etwas unheimlich. Stellt euch das vor. Ein süßes mit weißen Haaren bestücktes Baby, das anstatt einen anzulächeln einem einen ernsten Blick zuwirft. Schon gruselig. Zum Glück machte ich oft genug Blödsinn, sodass sie nur selten zum Ernst bleiben kam. Ich gebe es zu. Ich liebte das Abenteuer über alles, liebte spitze und scharfe Gegenstände und das Rumrennen. Was soll ich sagen? So war ich nun mal. Und besonders gern schleppte ich meine kleine Schwester mit. Sie war so schön winzig, ich musste sie nur hochheben und schon konnte ich sie verschleppen. Darüber war sie nie besonders glücklich.
 

Jedoch wusste sie ich würde nie eher Ruhe geben, bis ich zufrieden war. Und bevor ich mich selbst umbrachte, kam sie doch lieber mit. Es gibt viele exzellente Möglichkeiten für eine 2-jährige, wenn sie eine kleine federleichte Schwester hat. So kam ich z. B. nun sehr einfach an die Keksdose, die auf den großen Schlafzimmerschrank stand. Ich warf Caria einfach hoch, sie klammerte sich an die Dose, fiel mit ihr runter und ich fing sie auf. Oder mein Ballwurf mit den Angestellten. Statt des Balls warf ich meine Schwester. Die Zimmermädchen fingen sie auf, machten eine Drehung, schmissen sie auf das von mir bereitgelegte Kissen und fielen dann die Treppe runter. Gut dass ich immer an das Kissen dachte.
 

Ich wollte immerhin, dass meiner kleinen Caria nichts passierte.
 

Leider wurden diese Spiele wegen Maggie seltener. Maggie hatte mit erzieherischen Maßnahmen begonnen, damit meine Schwester nicht wurde wie ich und ich kein Teufel wurde. Dauernd raubte sie mir Caria, wenn ich sie herumtrug. Meine Schwester war es aber mittlerweile gewöhnt und mochte es, wenn ich das tat. Oder sie nahm Caria die Kekse weg, die ich ihr gab. Und unser Spielzeug. Eines Tages jedoch übertrieb sie es. Ich hatte ausversehen Vaters Rotweinkelch umgeschubst und nun war ein großer roter Fleck auf dem Perserteppich. Ich wollte lostapsen, um Vater mit unschuldigen Augen und einem süßen Upsi darauf aufmerksam zu machen, als Maggie die Bescherung sah.
 

„Du verdammte Satansbrut, was hast du jetzt wieder angerichtet?! Es reicht, höchste Zeit für eine Züchtigung!“ Sie packte mich am Kragen und schleifte mich in mein Kinderzimmer. Ich wollte schreien, aber sie hielt mir den Mund zu. In meinem Zimmer traf sie dann unerwartet auf Caria. Meine kleine Schwester krabbelte gerade begeistert um die kleine Venusfliegenfalle herum, die meine Mutter ihr heute Früh geschenkt hatte. „Du solltest doch in deinem Bett sein, du ungezogenes Gör!“
 

Maggie trat das kleine Pflänzchen weg und schob meine Schwester recht grob mit dem Fuß aus ihrer Rechweite. Sie setzte sich auf den blauen Fußschemel und legte mich übers Knie. Dann sie nahm sie ihren Krückstock und fing an ihn gegen meinen Hintern zu schlagen. „Du verdammtes Satansbalg! Ertränkt, erwürgt und verbrannt hast du mich! Ich bin entstellt! Zerstört! Ich prügle dir deine schwarze Seele aus dem Leib! Viel zu lange habe ich dich ertragen!“
 

Bei jedem Wort folgte ein Schlag. Es tat so furchtbar weh und ich erinnere mich noch heute an den Schmerz. Meine Schwester verstand nicht, aber sie sah, dass ich litt. Sie blubberte los.„Aga, ba uku, de, ma fu?“(Was tut sie mit dir? Mein Pflänzchen! Sie soll aufhören!) „Hole Baba, Mag mach Aua Aua.“(Hol Vater, Maggie tut mir weh.) Meine Schwester wollte dass Maggie aufhörte und bekam einen Wutanfall.
 

WÄHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHH!!!!!!
 

Sekunden später begann ihr Pflänzchen zu wachsen und Ranken breiteten sich im ganzen Zimmer aus. Die Venusfliegenfalle wuchs. Maggie bekam davon nichts mit, da sie ihre gesamte Aufmerksamkeit auf meine Züchtigung konzentrierte. Sekunden später wurde sie von der Fliegenfalle gefressen. Ich fiel und landete auf meinem geschundenen Hintern. „ Auuua.“ Caria krabbelte besorgt auf mich zu. Maggie hatte sich soweit aus der riesigen Falle befreit, dass sie ihren Stock schwingen konnte und begann auf die Pflanze einzuprügeln.
 

„Ca, weg, Mag böfe.“ Ich schnappte mir meine Schwester und rannte aus dem Zimmer hinauf in den 2. Stock. Ich wusste instinktiv, dass Maggie mir und Caria etwas antun wollte und überlegte, wie ich sie aufhalten konnte. Mein Blick glitt zu Mamas hängenden Blumen. Ich hielt an und hielt meine Schwester vor mein Gesicht. „Ca, Mama Plumis, almma an nd chwenk wi glitta pei tick, tack!“(Caria, Mamas Blumen, klammere dich da ran und schwenk sie hin und her, wie das glitzernde Ding, bei der großen Uhr es immer tut!“
 

„Frbbbl.“ (Ja.) Ich zielte und warf meine Schwester hoch in die Luft. Sie bekam das Blumengehänge zu fassen und schwang hin und her. Ich ließ mich auf meinen Hintern plumpsen und wartete auf Maggie. Diese kam auch schon mit erhobenen Stock wütend den Flur entlang gerauscht. „Mag, ier bin if.“ „ Du kleines Monster, ich bringe dich um!“ Sie rannte auf mich zu. „Ca, jef.“ Caria ließ das Gehänge los und flog mit vollem Schwung gegen Maggies Rücken. Die alte Frau stürzte zu Boden. Die dünnen Plastikketten, die das Gehänge hielten, hatten Carias Schwingen nicht ausgehalten und so krachte es direkt nach meiner Schwester auf den Boden.
 

Ich sah, dass Maggie im Begriff war sich wieder aufzurichten und bekam es mit der Angst zu tun. Mein Blick fiel auf das Gehänge. Es war voller eisblauer Blüten, die meine Mutter so sehr liebte. Ich erinnerte mich an mein erstes Jahr, wie Maggie das ganze Weihwasser mit den Rosenblüten geschluckt hatte. Damals war sie für längere Zeit außer Gefecht gewesen. Ich lief zu dem zerbrochenen Topf und griff mir eine Hand voll davon. Blitzschnell war ich vor Maggies Mund. Ich wollte so sehr, dass sie sich nicht erhob und der Mund offen wäre. Seltsamerweise sackte sie in diesem Augenblick nach unten und ihr Mund öffnete sich.
 

Blitzschnell stopfte ich ihr die Blüten in den Mund. Ich drückte einige so stark zusammen, dass der Saft herausgepresst wurde. Maggie wand sich. Sie röchelte und spuckte, aber ihre Kraft ließ nach. Schließlich hörte sie auf sich zu bewegen und ihre Lippen wurden blau. Erleichtert ließ ich die restlichen Blüten fallen und rannte zu meiner Schwester. Als ich sie in den Armen hielt, fing ich an zu weinen. Sie weinte mit. Unser Geheul lockte meinen Vater an. Erstarrt blieb er vor uns stehen. Ich warf mich schluchzend in seine Arme. „ Baba, Mag böfe, mach mich aua, jef schläft!“
 

Mein Vater sah uns beide mit unsagbarem Blick an. Er sah, dass Maggie nicht schlief. Caria und ich hatten sie umgebracht.
 

Was danach geschah, weiß ich nicht mehr genau. Nur, dass man Maggies Leichnam wegschaffte. Dass Vater Mutter anschrie und sie endlich mit der Wahrheit herausrückte.
 

Er erfuhr, dass sie eine Auftragskillerin war und dies seit Jahrhunderten in ihrer Familie Bestand hatte. Dass mir und Caria das Töten praktisch im Blut liege und wir asassinische Energie besäßen. Das dies die Erklärung für alle Zwischenfälle mit den Bediensteten sei. Dass sie damit beginnen müsse uns auszubilden, da ansonsten die Energien immer unkontrollierbarer würden und es bald zu Massenmassakern käme. Dass wir beide wahrscheinlich einen bösen Sinn für Humor bekämen.
 

Nach diesen Enthüllungen musste mein Vater sich erst mal eine Flasche Scotch genehmigen. Diese Enthüllungen hatten ihn geschafft. Meine Mutter wartete bis er sich beruhigt hatte.
 

Dann sagte sie ihm, dass wir beide wahrscheinlich übersinnliche Gaben besäßen und diese sich jetzt begannen zu entfalten. Danach bekam er einen Schreikrampf.

Dass ihre im ganzen Haus verteilten Lieblingsblumen ihre Zutat für ihren Todeskuss waren und im Falle eines Überfalls zur tödlichen Verteidigung dienten, verschwieg sie ihm lieber noch eine Weile.
 

Nach diesem Vorfall begann sie mit unserer Ausbildung. Unser Vater weigerte sich das Ganze zu akzeptieren oder als Wahrheit zu betrachten. Er musste es allerdings tun, als ich anfing Dinge zum Schweben zu bringen und Caria damit begann alle Pflanzen im Haus wachsen zu lassen. Man kann sich nur schwer vor der Wahrheit verschließen, wenn die eine Tochter ihren Teddybären regelmäßig hinter einem herschweben lässt oder die Dienstboten noch regelmäßiger von den riesigen Venusfliegenfallen der anderen Tochter gefressen werden.
 

Mein Vater begann langsam die Sache zu akzeptieren, als ich das 5. und Caria das 4. Lebensjahr erreichte. Dann teilte meine Mutter ihm mit, dass sie erneut schwanger wäre. Dieser Mitteilung fiel der gesamte Conjacvorrat meines Vaters zum Opfer. Und die Hälfte unserer Dienstboten kündigte. Nun nachdem die fehlende Hälfte aus dem Weg geräumt und ersetzt worden war…ich meinte natürlich, nachdem die gekündigte Hälfte der Dienstboten auf äußerst tragische Art und Weise aus dem Leben schied und ersetzt worden war, begannen meine Eltern damit Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen.
 

Denn einige Anzeichen deuteten darauf hin, dass das noch ungeborene Familienmitglied ebenfalls eine Gabe besaß. Eine äußerst mächtige noch dazu. Woher wir das wussten?
 

Nun wann immer meine schwangere Mutter an den teuren Samtvorhängen vorbeiging. Sie brannten. Wann immer sie ein Bad nahm. Hinterher konnte man eine neue Wanne bestellen, weil die alte geschmolzen war. Wann immer sie über den Sand unseres Privatstrandes lief. Man sah ihre zu Glas gewordenen Fußabdrücke im Sonnenlicht glitzern. Ich und Caria freuten uns riesig auf das neue Geschwisterchen. Mein Vater freute sich, wenn die neue Conjaclieferung da war. Als es schließlich im tiefsten Winter soweit war, ging meine Mutter unverhüllt wie Gott sie schuf, nach draußen und stieg in das eiskalte Wasser des Pools.
 

Sie schwamm und der Mond warf sein Licht auf ihr schneeweißes Haar. Sie lächelte und kein Ausdruck der Schmerzen war auf ihrem schmalen Gesicht zu erkennen. Eine leicht rötliche Spur begann sich unter ihr zu bilden und langsam kam etwas Winziges aus ihr heraus. Ein leises Flutschen war zu vernehmen und unsere Schwester kam auf die Welt. Sanft nahm Mutter das kleine Wesen in die Arme und stieg aus dem Wasser heraus. Von ihrem Körper kam nicht das kleinste Zittern. Das Wasser im Pool war warm geworden.
 

Sobald sie vollständig draußen war, füllten sich die Lungen ihres neugeborenen Kindes mit Luft und es tat seinen ersten Schrei im neuen Leben. Vater kam langsam auf sie zu, in der Hand 2 Decken. Caria und ich waren dicht hinter ihm und warteten gespannt. Vorsichtig wickelte meine Mutter ihren neuesten Schatz ein und schenkte ihm einen liebevollen Blick. Vater kam langsam näher. „So ist also unser drittes Kind geboren…“ „Ja und sie ist wunderschön.“ „Sie? Ich habe wieder eine Tochter?“ „Ja, mein Liebster, komm und sieh sie dir an.“ Vater zögerte, aber ich und Caria beendeten das Ganze.
 

„Mummy, lass sehn, lass sehn! Wie sieht unsere Schwester aus?“ „Hier meine kleine Illaria, du kannst sie halten.“ Begeistert nahm ich meine neue kleine Schwester in den Arm. In Gedanken sinnierte mein in den fünf Jahren gewachsener Verstand schon über mögliche Einsatz- und Wurftechniken nach. Meine Schwester wusste um meine Gedanken und schaute mich mit dem: „Benutze- sie- als- lebendes- Wurfgeschoss- und- du- bist- tot- Blick“ an. Eingeschüchtert lächelte ich zurück. „Papa, hier halt du sie mal, Caria verfüttert sie bestimmt an ihre Pflanzen, wenn sie sie nimmt.“ „Tu ich nicht!“ „Tust du wohl. Du hast sogar Barbequesoße dabei!“

„Die ist für dich gedacht!“ Lächelnd nahm Mutter mir das Neugeborene ab und Caria und ich fingen an über den rechten Gebrauch von Grillsoße und deren Einsatz an Familienmitgliedern zu streiten. Vater wusste währenddessen immer noch nicht so recht, was er nun tun sollte. „Nun komm schon her, Peter und schau dir deine Tochter an.“ Zögernd folgte mein Vater ihrer Aufforderung und trat näher an das zappelnde Bündel in ihren Armen. Zuerst sah er nur eine Menge schwarzen Flaum mit etwas weiß an einigen Stellen. Dann sah er seine Tochter.
 

Klein und blass lag das kleine Wesen in der Decke, das Gesicht noch ganz knautschig. Er fuhr mit seiner Hand langsam zu ihrem Gesicht, da ergriff eine viel kleinere und feingliedrige seine Finger und er hielt inne. Das kleine Köpfchen mit dem ganzen Flaum drehte sich ihm zu. Das Baby öffnete die Augen und zwei Topasfarbene Flammen strahlten ihm entgegen. Vorsichtig nahm Peter das zerbrechliche Bündel in die Arme. „Du bist also meine Tochter, das dritte meiner kleinen Mädchen…“ Das Baby fing beim Klang seiner Stimme vergnügt an zu glucksen.
 

Vater schwieg. „Sie ist wunderschön.“ „Sowie deine anderen Töchter auch.“ Blanca de Medici sah ihren Mann traurig an. „Es tut mir leid, Peter“, fing sie an, aber dieser unterbrach sie. „Du brauchst dich nicht zu entschuldigen Blanca. Schon damals hatte ich so eine Ahnung, dass du keine von den gewöhnlichen Frauen bist. Ich habe es nur immer verdrängt..“ „Ich weiß. Und ich liebte dich zu sehr, als dir die Wahrheit zu sagen. Ich hatte Angst, du würdest dich fallenlassen…Es ist auch das erste Mal gewesen, dass ich mich verliebte.“ „Und dieses eine Mal war das erste und letzte gewesen?“ „Ja. Ich liebe dich und werde es immer tun.“ Blanca spielte mit einer Haarsträhne und sah den Schneeflocken beim Tanzen zu.
 

„Fast schon blasphemisch, dass ausgerechnet ich diese Worte sage. Bevor ich dich traf, war Liebe für mich nur etwas nebensächliches, eine Emotion, die die Menschen schwach werden lässt. Mit der Erfahrung dieser Emotion, brach ich auch das Credo der Assassinen.“ Gedankenverloren zitierte meine Mutter die uralten Sätze:
 

„Liebe gehört ins Licht und nicht in die Schatten. Assassinen lieben niemals, sondern sie töten!“
 

„Wir sind Mörder und Diebe, denn wir stehlen den bösen Menschen ihr Leben und bringen der Welt die dunkle Gerechtigkeit.
 

„Das ist der Zweck unserer Existenz, dass ist unser Sinn, nach dem wir leben. Breche niemals unser Credo, denn es ist dir nicht gestattet im Lichte zu leben.
 

„Wir verloren unsere Ehre und tauchten unsere Hände in Blut, für den Frieden dieser Welt. Wir sind jene die das Licht verdammt und die Dunkelheit liebt. Wir sind Assassinen und unser Name lautet MEDICI!“
 

„Diese Sätze waren mein Leben. Dann lernte ich zu lieben und habe sie verraten.“ „Was aber eigentlich nichts macht, da keiner dich bestrafen kann, da du die letzt der De Medici warst, bis du mich trafst. Und ich glaube kaum, dass unsere Kinder dich umbringen werden.“ „Caria, hör auf mich mit diesem Zeug einzureiben!“ „Nein, ich will wissen, warum meine Pflanzen dich immer ausspucken! Mit der Soße schmeckst du bestimmt besser!“ „Na, warte!“ „Illaria, hör auf mich schweben zu lassen!“ „Nein.“ „Nun, sie werden mir wohl eher den letzten Nerv rauben“, fügte meine Mutter trocken hinzu.
 

„Das werden sie wohl tun.“ Meine kleine Schwester mochte es anscheinend nicht ignoriert zu werden, denn sie fing an zu schreien. „Oh, entschuldige, mein kleines. Dich Winzling haben wir ganz vergessen.“ Sie schrie noch lauter. „Du weißt wirklich, wie man ein Baby beruhigt, Liebster.“ Sie nahm sie ihm ab und wiegte sie sanft hin und her. „Ganz ruhig, meine kleine Alena. Dein böser Papi wird dich nicht noch einmal vergessen.“ „Als ob ich dass noch könnte.“ „Wir sollten reingehen, es wird langsam etwas kühl.“ „Dass du es schon bemerkt hast, Blanca. Dabei stehen wir erst seit einer halben Stunde hier draußen im Schnee und du hast obendrein noch nichts an.“ Meine Mutter erwiderte nichts auf Vaters Sarkasmus, sondern wandte sich uns zu. „Illaria, Caria! Hört auf mit dem Unsinn. Nehmt eure Schwester und geht rein und wascht euch die Soße ab.“ „ Ja, Mama.“ Illaria nahm Alena und kicherte leise. „Unsere Schwester hat ja Haare wie ein Punk. Und ihre Augen sehen aus wie zwei verbrannte Karamellbonbons, haha.“
 

„Stimmt nicht! Ihre Augen sehen aus wie diese rotorangen glitzernden Dinger, diese Topasse. Und die Zweifarbigkeit ihrer Haare hat sie von Papa und Mama!“ „ Caria, redet geschwollen, wie ein aufgeplusterter Truthahn!“ „Tue ich nicht!“ „Tust du wohl!“ Lachend verschwand ich mit meiner Schwester in den Armen im Haus und Caria rannte hinterher. Unsere Eltern blickten uns nach. „Ilaria ist wirklich ein kleiner Wirbelwind.“ „Und Caria eine kleine fast immer ernste Forscherin, die alles ausprobieren will.“ „ Wie sich wohl Alena entwickeln wird?“
 

„Alena? Wir hatten uns doch noch gar nicht geeinigt.“ „ Es bedeutet Fackel, Licht und es passt zu ihr.“ „Ich weiß, du hast es gerade gesagt.“ „Ich liebe dich, du verdammter Buchhalter!“ „Ich bin Steuerberater, aber ich liebe dich auch.“ Kuschelnd gingen sie ins Haus. „Morgen gehst du doch mit Illaria und Caria auf ihre erste Mission…“ „Ja.“ „Sie werden das erste Mal in ihrem Leben bewusst jemanden umbringen…“ „Ja, das werden sie.“ „Blanca, ich möchte nur eins wissen. Werden meine Kinder zu Verbrechern werden? Auch wenn sie als de Medici nur böse Menschen töten, werden sie befleckt sein mit Blut…“
 

„Es ist ihre Bestimmung. Solange sie nicht wie ich jemanden finden, den sie lieben, werden das Erbe unserer Familie und wir ihr einziger Lebensinhalt sein. Sie werden das Töten perfektionieren und eines Tages die besten Auftragskiller von allen sein. Sie zählen dann in den Augen der Welt zu den Bösen. Und doch werden sie leben und lernen. Unsere Kinder werden nicht zu Moral und skrupellosen Bestien, die alles und jeden ermorden. Dafür sorge ich!“ „ Dann hoffe ich, sie finden ihren Weg in der Dunkelheit.“ Schweigend gingen die beiden weiter.
 

Meine Eltern versuchten ihr Bestes. Wir wurden in den kommenden Jahren in allen möglichen Bereichen ausgebildet. Meine Mutter brachte uns allerlei illegale Dinge bei. Auch unser Vater strengte sich an und gab sich im Böse Dinge tun reichlich Mühe. Er brachte Caria bei, wie man perfekt seine Steuererklärung fälschte und das Doppelte rausholte. Wie man Leute beim Finanzamt anschwärzte und dieses auf einen hetzte. Mutter trainierte uns im Umgang mit allen möglichen Waffen. Aber eigentlich brauchten wir die dank unserer Gaben kaum.
 

Wir lernten viel. Vom Maskieren bis zum Schauspielern, vom Erpressen bis zum Entführen. Die Jahre zogen schnell ins Land.
 

Wir wuchsen und wurden älter. Unsere Gaben reiften und verschafften uns im Kampf enorme Vorteile. Unsere Aufträge erfüllten wir mit größter Zufriedenheit. Wir wurden bekannt und bekannter in der Unterwelt. Das Geld floss.
 

Unsere Eltern hätten stolzer nicht sein können, aber sie hatten auch Angst. Denn mit den Jahren waren ich und meine Schwestern immer selbstbewusster, wenn nicht sogar arrogant geworden. Keiner war uns ebenbürtig, immer gewannen wir. Wir waren die Auftragskiller Nr. 1 weltweit. Wir waren wunderschön und begehrenswert. Wir waren perfekt.
 

Bis zu jenem Tag, an dem das alles endete. Und unser Leben in der Dunkelheit erst wirklich begann.

Kapitel 2
 

Erinnerung an diese Sache und es beginnt
 

„Es ist ein kindlicher Ehrgeiz, dadurch besonders fein wirken zu wollen, dass man es anders macht als die anderen.“
 

„Alle schlechten Eigenschaften entwickeln sich in der Familie. Das fängt mit Mord an und geht über Betrug und Trunksucht bis hin zum Rauchen.“
 

-Alfred Hitchcock
 

„Illaria, musstest du diesen Auftrag denn wirklich annehmen?“ Blanca de Medici sah ihre Tochter mit besorgten Augen an. Illaria hob verwundert ihre Braue. „Warum hätte ich das nicht tun sollen, Mutter? Der Auftrag ist gut bezahlt, interessant und das Beste, er ist innerhalb des Landes zu erledigen. Wir erfüllen ihn, kassieren das Geld und sind rechtzeitig zu deinem Geburtstag wieder da. Also alles optimale Vorrausetzungen.“ „Ja, aber die Art wie ihr es zu erledigen gedenkt, behagt mir nicht. Außerdem…“
 

„Außerdem?“ „Habe ich ein schlechtes Gefühl bei der Sache.“ Illaria seufzte. Etwa 18 Jahre waren vergangen, seit dem Tag an dem sie und Caria ihr Kindermädchen Maggie mittels ihrer erwachten Gaben ins Jenseits befördert hatten. Jetzt wusste man wie die Sache mit dem Bad und dem Eimer Farbe abgelaufen war. Es waren erste Anzeichen ihrer Gabe gewesen. Nach diesem tödlichen Vorfall waren sie in Ausbildung bei ihrer Mutter gegangen und zu Assassinen geworden. Sie erinnerte sich mal gut, mal schlecht an diese Zeit.
 

Es hatte blutige Momente voller Dunkelheit und Zweifel gegeben, aber auch voller Licht und Glück. Nur wie ihre Mutter sie damals seit diesem einen Vorfall rief… Illaria erschauderte leicht. Ihre jüngste Schwester Alena hatte noch unter dieser Bezeichnung zu leiden, da sie noch nicht fertig mit ihrer Ausbildung war. Dafür sendete sie ihnen regelmäßig tödliche Blicke zu. „Und deswegen denke ich, dass es besser wäre, Illaria hörst du mir zu?“ „Hm? Nein, entschuldige bitte. Ich war in Gedanken. „Und bei was?“
 

„Bei…“ Illaria hüstelte verlegen. „Deiner früheren Bezeichnung für Caria und mich.“ „Ach ja. Wie vermisse ich doch diese Zeiten. Ihr seid so schnell groß geworden. Ich erinnere mich, als wäre es gestern gewesen.“
 

Flashback………….
 

„Au.“ „Illaria! Sei verdammt noch mal leise!“ „Und du sei vorsichtiger mit deinen Dornenranken!“ „Hört auf zu streiten und schleicht weiter!“ „Ja, Mama,“ murmelten zwei kleine Mädchen leise. Illaria schnaubte. Es war doch nicht ihre Schuld, dass ihre kleine Schwester das Wachsen von dornigen Gewächsen bisher nur mühselig beherrschte und deshalb deren Werke überall rumhingen, sodass man sich daran stach. Sie dagegen konnte schon schwere Dinge schweben lassen und schleudern.
 

Zwar nur einen Meter weit und nur wenn die Dinge weniger als eine halbe Tonne wogen, aber trotzdem. Sie war besser. „Warum konnten wir nicht Alena mitnehmen? Das wäre wesentlich weniger stachelig gewesen!“ Caria blieb stehen und drehte sich um. Zornig blickte sie ihre Schwester an. Dann atmete sie tief durch und legte die Hände ineinander. „Meine liebe Schwester“, begann sie in einem Tonfall in dem man mit Kleinkindern oder irren Psychopathen redete, „Meine liebe, große begriffsstutzige Schwester.
 

Wir sind hier mitten in Kanada auf einer in den Bergen stationierten Ölförderungsanlage. Einer Anlage, die pro Minute Tonnen von leichtentzündlichem Erdöl und noch viel leichtentzündlicheren Erdgas aus der Erde fördert. Wir schleichen durch die Dunkelheit, weil wir jemanden umbringen sollen. Und zwar leise und unauffällig. Nun sag mir Illaria, wie unauffällig wird es wohl sein, wenn hier ein kleines 1-jähriges Mädchen mit zweifarbigem Haar und topasfarbenen Augen herumkrabbelt? Ein kleines Mädchen, um das Flammen herumtanzen? Ein kleines Mädchen, dass mit seiner Gabe die ganze Anlage in die Luft jagen könnte?!“ „Auf jeden Fall unauffälliger als eine 5-jährige weißhaarige Göre, die mit Ranken umschlungen ist, die in der Luft rumschwingen! Eine Göre, die keinen Respekt vor ihrer großen Schwester hat!“ „Weil ihre große Schwester eine theatralische, aufmerksamkeitsheischende, wandelnde Katastrophe ist, die sofort schmollt und quengelt, wenn sie etwas nicht bekommt! Die alles anfasst und neugieriger als eine Elster ist!
 

Die nach allem neuen, was sie sieht, verlangt, um es zu untersuchen und zu begaffen! Die..!“ Caria hatte sich schon wieder in Rage geredet. Illaria beschloss den Satz zu gebrauchen, den sie kürzlich im Fernsehen aufgeschnappt hatte. „Friede, Schwester. Wir wollen nicht streiten an einem Ort wie diesen.“ Illarias Worte brachten Caria zum Verstummen, wenn auch auf anderem Wege als ihre Schwester es plante. Caria sah sie mit offenem Mund an. „Du hast gerade geredet, wie jemand der 3000 Jahre auf dem Buckel hat.“ Illaria musste schmunzeln.
 

Sie redeten im Allgemeinen anders als Kinder in ihrem Alter. Was wohl an ihrer Lektüre lag. Normale 5-jährige und 6-jährige lasen bestimmt nicht: „die 1000 gefährlichsten Giftpflanzen Nordeuropas“ im Bett. Oder: „Die Geschichte des Mittelalters, die dunkelsten und blutigsten Jahre, unzensierte Fassung“, wie in ihrem Fall. „Du hast aber recht. Wir sollten zuhause weiter streiten und uns jetzt erst einmal darauf konzentrieren, unser Opfer zu finden.“ „So, sei es. Mama, wo müssen wir? Äh, Mama?“ Sie sahen sich um. Keine Spur von ihr. „Wir haben sie verloren…“ „Auf feindlichem Gebiet..“ „Sie hat das Bild unserer Zielperson…“ „Und wir haben es uns noch nicht angeschaut..“
 

„Was machen wir jetzt, Caria?“ „Die Hände langsam hochnehmen.“ „Und warum?“ „Weil…“,sie deutete mit ausgestrecktem Daumen hinter mich, „Wir entdeckt wurden. Und weil jemand mit einer Waffe auf uns zielt.“ Ich drehte mich um. Ein bulliges, tätowiertes Gorillamännchen spießte uns mit seinen kleinen Schweineäuglein auf. Die klein wirkende Jagdflinte in seinen Händen ließen ihn lächerlich aussehen. Ich hob trotzdem brav die Hände.
 

Er grunzte irgendwas in grottenschlechtem Englisch und stieß mich mit der Waffe an. Das sollte wohl soviel heißen wie: „Bewegung! Oder ich werde ungemütlich, ihr kleinen Wichte!“ oder: „Uga, Uga, will Banane!“ Ich verdrängte die fiesen Gedanken und lief los. Caria lief neben mir, den Gorilla immer im Blickfeld. „Ich muss dir wohl nicht sagen, dass diese Entwicklung der Situation alles andere als rosig für uns ist.“ Ich überlegte und versuchte etwas Positives an der Lage zu finden.
 

„Nun, immerhin wissen wir jetzt, dass man in der feindlichen Basis nicht laut rumstreiten sollte.“ Caria hob eine Augenbraue. Ich versuchte weiter positiv zu klingen. „ Vor allem nicht in Italienisch. Damit klingt man immer..“ „Wie ein Italiener?“ „So laut.. Sarkasmus wird uns nicht helfen.“ „Vergeblich positives Denken auch nicht.“ Ich schnaubte. „Warum reißt du ihn nicht mit deinen Ranken einfach das Gewehr aus der Hand?“ Aus demselben Grund warum du den Gorilla nicht wie eine Puppe durch die Luft schleudern kannst! Ich beherrsche meine Gabe noch nicht so weit.“
 

Ich schaute mir unser großes uns bedrohendes Äffchen genauer an.
 

Fazit:
 

Armuskeln: maximal ausgebildet
 

Bauch, Bein- und alle anderen unteren Muskelgruppen: ebenfalls maximal ausgebildet
 

Hirnmuskeln und Hirn im Ganzen: vollkommen verkümmert, vom Aussterben bedroht, einzige Hirnzelle wohl an Einsamkeit verstorben

Geschätztes Gewicht: 260 kg Muskelmasse
 

Eingerechnete Chancen gegen ihn: gleich null
 

Endgültiges Fazit: Mist!
 

Ich warf ihm noch genauer einen Blick zu. „Illaria, vergiss es. Er wiegt zu viel! Versuche es und du brichst zusammen! Ich werde dich dann bestimmt nicht schleppen!“ „Es war einen Gedanken wert!“ „Ohm, armer sinnlos vergeudeter Gedanke, warum musstest du so früh von uns gehen?“ Ich wollte etwas erwidern, aber das Gorillamännchen hielt mich davon ab. Es gefiel ihm wohl nicht, dass wir miteinander italienisch sprachen und er es nicht verstand. Nicht dass er es gekonnt hätte, selbst wenn er Italiener gewesen wäre.
 

Er schlug mit der Flinte auf die Stelle, an der ich gerade noch gestanden hatte. Der Lauf war jetzt erheblich doll verbogen. Er grunzte und verknotete ihn, sodass er jetzt eine schöne Schlagwaffe mit Knoten hatte. Schluckend klappten wir die Münder zu. Und hoben die Hände noch ein paar Zentimeter weiter. Nur zur Sicherheit. Vorsichtig setzen wir uns wieder in Bewegung. Er ebenfalls, bis ihm etwas an Caria auffiel. Er grunzte und fuchtelte mit der Flintenkeule vor ihr herum.
 

Sie warf einen panischen Blick zu mir. „Was will er von mir?“ „Vielleicht sollst du ihm eine Banane geben.“ „Illaria!“ „Sorry. Ich glaube du sollst dich zur Wand drehen und die Hände ran tun. Sehr, sehr schnell tat sie dass. Jetzt fuchtelte er mit seinem Stock vor mir herum. Ich tat sofort dasselbe wie Caria. Zufrieden grunzte er. Brave Mädchen. Das Gorillamännchen nestelte an seinem Gürtel herum.
 

Ich bekam Panik. „Oh, Scheiße. Dafür bin ich doch noch zu jung!!“„Illaria..“„Ich hätte Papas verbotene Heftchen nicht lesen sollen…“„Illaria….“ "Und überhaupt, der Typ ist doch so groß, sein…passt doch nie und nimmer rein...“„Illaria….“ Ich heulte los. „Ich will noch nicht schwanger werden!“
 

„ILLARIA!“„Ja?“„Er hat nach seinem Funkgerät gesucht.“ Ich schaute. Der Gorilla grunzte in besagtes Gerät hinein und hatte uns den Rücken zugewandt. „Oh.“„Du, meine Schwester denkst Gedanken, die du nicht denken solltest …“ Ich errötete. „Du wirst mich damit lebenslang erpressen, oder?“ „Worauf du dich verlassen kannst.“ Ich schmollte. „Doofe Schwester…“ Caria lachte nur. Der Gorilla wandte sich uns wieder zu. Schnell senkten wir die Köpfe, um unterwürfig auszusehen.
 

Er trat auf Caria zu und warf seinen Schweineäugleinblick auf ihre Ranken. Die hingen immer noch an ihr herum. Nutzlose grüne Dinger! Das Gorillamännchen mit dem Schweineäuglein begann sie von ihr abzusammeln. Dabei stachen sie ihn mehrmals. Schließlich warf er sie brüllend auf den Boden und schlug mit den Fäusten drauf. Wir sahen entsetzt zu. Als schließlich eine ansehnlich breiige Masse aus den Ranken geworden war grunzte der Gorilla zufrieden ins Walkie-Talkie und wischte seine Pranken an den Wänden ab.
 

„Ich nehme mal an, er sagt, dass nun alle Gefahrenquellen eliminiert und zerbreit sind“, bemerkte ich trocken. Caria war zu entsetzt über das Schicksal ihrer Ranken um zu antworten. Aus dem Walkie-Talkie erklang eine rauschige Stimme, die etwas in kanadisch zu fragen schien. Der Gorilla warf einen Blick auf unsere Hände und grunzte etwas, dass wie ein Nein klang. Die Stimme gab scheinbar wütend einen Befehl und verklang schließlich. Der Gorilla langte in seine Taschen und begann zu wühlen.
 

Ich schaute zu. Ein Schokoriegel, ein Schlagring, ein rostiger Nagel, ein Blatt Klopapier, Kleingeld, ein Zigarettenstummel, eine Quietscheente, was hatte der Typ eigentlich für große Taschen, ein Feuerzeug und endlich das gesuchte, ein Seil. Die Stimme war also darüber erzürnt gewesen, dass wir nicht gefesselt waren. /Wie konnte der Gorilla das nur vergessen?/, dachte der sarkastische Teil meines Kopfes./ Oh, warte. Er hat überhaupt nicht dran gedacht./ „Toll, der Gorilla hat einen intelligenten Chef. Jetzt werden wir noch gebunden!
 

Wir sind zwei unschuldige kleine Kinder, die niemandem etwas tun!“ Caria fiel fast um vor unterdrücktem Lachen. „Definiere unschuldig und niemanden etwas tun.“ Sie prustete weiter. Beleidigt wandte ich mich wieder der Wand zu. Der Gorilla trat nun an Caria heran mit seinem Seil. Meine Schwester wollte ihre Hände von der Wand nehmen und nach hinten tun, damit er sie fesseln konnte. Er grunzte bedrohlich. Sie tat sie wieder an die Wand.
 

„Warum bist du so verdammt kooperativ?!“„Weil, wenn er meine Hände nach hinten reißt, habe ich keine mehr. Die werden dann in etwa so aussehen wie meine armen Ranken es jetzt tun.“ Ich schluckte. Da war was dran. „Was zum Teufel macht er?“ Ich schaute, wie der Gorilla sich verzweifelt bemühte Caria zu fesseln. Nach einigen Minuten betrachtete er sein Werk. Er hatte es einwandfrei geschafft ihr sein Seil um die Hüfte zu binden. Jetzt wandte er sich mir zu, erkannte dann aber erstaunlicherweise, dass er keins mehr zum Fesseln hatte. Er löste es wieder von ihr und versuchte es erneut.
 

Eine halbe Stunde später….
 

„Grr.“ „Nun schau nicht so. Er gibt sich doch wirklich Mühe.“„Grmpf.“„Immerhin hat er es geschafft dir die Beine zusammenzubinden.“ Caria schaute mich blitzend an. „Oh, wie schön. Nur leider kann ich jetzt keinen einzigen Schritt mehr machen!“ Als der Gorilla sah, dass das schon wieder nicht richtig sein konnte, erlöste er Carias Beine. Nun wollte er anfangen, dass Seil um ihren Kopf zu wickeln. Da riss ihr der Geduldsfaden. „Gib das verdammte Ding her!“, herrschte sie ihn an.
 

Sie schnappte sich das Seil und zog ihr verstecktes Messer aus dem Stiefel. Schnell war das Seil durchtrennt. Dann fällte meine Schwester mich mit einem wirkungsvollen Tritt gegen die Kniekehlen und hatte mir innerhalb weniger Sekunden die Hände auf den Rücken gefesselt. Arrogant stemmte sie in Siegerpose ihren Fuß auf mich und wandte sich dem Gorillamännchen zu. „SO tut man jemandem die Hände auf den Rücken fesseln! Kapito?!“ Der Gorilla tat nur verwirrt grunzen und hob seine Keulenflinte.
 

Carias Blick verfinsterte sich. Wütend reichte sie ihm ihr Messer und nahm ihren Fuß von mir. Das Gorillamännchen schien zumindest teilweise das Gezeigte verstanden zu haben. Zumindest schaffte er es Caria zu Fall zu bringen, indem er sie mit dem Finger anstupste. Die Sache mit dem Fesseln klappte jedoch noch immer nicht so richtig. Man weiß nun nicht ob es seine dickköpfige Gorillageduld oder sein Drang nach einer Banane war, aber schließlich schaffte er das Unglaubliche: er fesselte meiner Schwester die Hände auf den Rücken!
 

Ich sang in Gedanken Hallejulia. Caria sang wohl, dieser-Boden-schmeckt-scheußlich. Nach seiner vollbrachten Meisterleistung warf er mich und meine Schwester über seine Schulter und schlurfte los. Schließlich hielt er an einer stählernen Tür und stieß sie auf. Wie zwei lästige Kartoffelsäcke war er uns in den Raum und knallte die Tür zu. Nachdem ich in den wundevollen Genuss des Geschmacks von rostigem Stahlboden gekommen war, rappelte mein Körper sich auf und trippelte zu meiner kleinen Schwester. Diese sah sich gerade um und analysierte die Umgebung nach möglichen Fluchtwegen.
 

Da sie mich gerade nicht beachtete nutzte ich den günstigen Augenblick für eine unangebrachte Gefühlsregung. Ich rastete aus. Caria wusste nicht, wie ihr geschah, als ich mich auf sie stürzte. „Au, Illaria, hör auf mich zu treten!“ Ich verpasste ihr eine Kopfnuss. „Und damit auch! Au! Hast du mich gerade gebissen?!“„Grmbl.“„Autsch, was brabbelst du da?“„Grmpf.“„Illaria, nimm meinen Arm aus deinem Mund und sprich deutlich!“
 

Ich gehorchte. Meine Schwester schmeckte widerlich. Nach Rosenkohl. Vielleicht mit einem Spritzer Ketchup? „Illaria, lass das! Du hast schon wieder diesen seltsamen Ausdruck im Gesicht! Den, wenn du an etwas Makaberes oder Unsinniges denkst!“„Du konntest es einfach nicht lassen!“„Was denn?“ Ich keuchte angesichts einer solchen Begriffsstutzigkeit. „Deine elendige Besserwisserei! Dieses tätowierte Gorillamännchen besaß nicht mal eine Hirnzelle genug, um ein Seil zu teilen! Wir hätten eine reelle Chance gehabt ihn zu überlisten und zu entkommen!“
 

„Ach und wie? Wolltest du vor ihm davonrennen? Vor einem Gorilla, der aus einer Flinte eine Keule machen konnte?! Oder wolltest du ihn k.o schlagen? Einen Kerl, dessen gesamter Schädel aus steinharten Knochenschichten und einer Hirnzelle besteht?“ „Mir wäre schon was eingefallen. Die Fesseln zum Beispiel. Er hätte sie wahrscheinlich nie richtig zubinden können! Aber was passiert?!
 

Du verlierst die Geduld und musst natürlich gleich demonstrieren, wie man es richtig macht! Mit mir als Übungssubjekt!“„Illaria…“„Verrate ihm doch gleich, wieso wir hier sind!“„Schwester…“„Oder halt wir verraten noch unsere Mutter und gehen alle drei gemeinsam drauf!“„Illaria…“„Oder nein, noch besser! Kooperier mit dem Feind, wechsle die Seiten und verrate ihnen wo wir wohnen, damit sie unser Anwesen in die Luft jagen können!“

„Illaria!“„Was?!“„Ich habe deine Fesseln mit einer Schleife zugebunden…“
 

Ich warf einen Blick nach hinten auf meine Hände. So hübsch und elegant, wie es mit einem Hanfseil eben ging, zierte eine große Schleife meine Fesseln und ließ mich aussehen wie ein übergroßes Geburtstagsgeschenk. Ich besaß immerhin noch den Anstand zu erröten. „Ups…“„Das ist heute schon das zweite Mal, dass dir so was passiert.“ Mein Rotton nahm zu. "Du scheinst Dinge zu denken und Schlüsse zu ziehen, die mehr als fragwürdig erscheinen.“ Die Röte erreichte die Ohren. „Aber das ist eigentlich schon Normalzustand bei dir, deswegen verzeihe ich dir.
 

Immerhin bin ich deine Schwester und würde es nie wagen dich in Verlegenheit zu bringen.“ Die Röte nahm langsam ab. Caria warf einen Blick zur Wand. „Meiner Schätzung nach graut der Morgen langsam. Jetzt auszubrechen würde nichts bringen. Es war anscheinend doch ein Fehler Mama dazu zu überreden uns mitzunehmen. Wie man sieht sind wir ohne ausreichend Schlaf, ich ohne meine Pflanzen und du ohne dein Lutschi-brumm-brumm im Bett, einfach nicht zurechnungsfähig.“ Ich brummelte. Meine Schwester hatte leider recht. In unserem noch jungen Alter brauchte man den Schlaf einfach.
 

Beim nächsten Mal würden wir klüger sein. Dann tranken wir einfach jeder eine Kanne Kaffee und das Koffein erledigte den Rest. „Illaria, dein Gesichtsausdruck…“„Oh, entschuldige bitte.“„Da uns der Schlaf fehlt, schlage ich vor, wir nutzen die unerwartete freie Zeit und holen ihn nach.“„Und wenn es Abend wird, brechen wir aus, bringen alle um, jagen das Gebäude in die Luft und lassen uns von Mama wegen unserer Unfähigkeit ausschimpfen.“
 

„Äh, ja so ähnlich…“ Caria lief zur Wand und setzte sich. IIllaria kam nach und plumpste daneben. Ihr Körper kuschelte sich an ihre kleine Schwester an. Sie schloss die Augen. Sehnsucht durchlief sie. Sie würden es schaffen und nach Hause kommen. Zu ihrem Vater und ihrer noch kleineren Schwester. Und das wichtigste, zumindest für Illaria: zu ihrem kleinen roten Kuschelauto mit dem Namen Lutschi-brumm-brum. Wie freute sie sich darauf. Sie würde es drücken. Es lieb haben. Es ihrer kleineren Schwester an den Kopf werfen, damit sie heulte.
 

/Uh, garstiger Gedanke, kusch, kusch./ Illaria dämmerte langsam dahin. „Übrigens, Illaria?“„Hm?“„In unserem Alter kann man noch nicht schwanger werden.“ Die Röte explodierte.
 

Währenddessen woanders…
 

Blanca de Medici rätselte. Kurz nachdem sie festgestellt hatte, dass ihr eigen Fleisch und Blut es fertig gebracht hatte sich in Luft aufzulösen, waren drei große Gorillamännchen in ihre Richtung gekommen. Notgedrungenerweise flüchtete sie daraufhin in einen der anliegenden Räume. Zu ihrem Pech stellte sich dieser als der Aufenthaltsraum besagter Gorillas heraus. Seitdem hing sie nun schon einige Stunden lang mit einem Bein an einer Rohrleitung kopfüber über der spartanisch flackernden Glühbirne, die die Raumbeleuchtung darstellte und hörte den Gorillas zu, bei ihrer grunzenden und brüllenden Variante von Kanadisch. Bis jetzt war sie zu zwei Theorien angelangt, was das Gegrunze bedeuten könnte.
 

Theorie 1: „Bruno bei Rundgang kleine Gören gefunden. Chef hat gefragt über kleinen Kasten, ob gefesselt und ohne Glänzeding. Und ob Waffe von Bruno noch heil. Bruno nein sagt und wird gebrüllt an. Zerbreit Grünzeug von Göre und fesselt beide. Wurden in Raum in Geschoss unter gesperrt.“
 

Theorie 2: „Banane, gib Banane, warum klauen Banane?!“„Banane, meine Banane, nicht deine Banane!“„Banane pfui, Banane eklig, Bananaspilt lecker.“
 

Sie tendierte zur ersten Theorie, aber ganz sicher war sie sich nicht. Zumindest waren ihre Kinder nicht in Gefahr. Es war gut, dass sie nun Zeit hatten. So konnten sie ihren Schlaf nachholen. Sie hätte den beiden niemals nachgeben sollen, sie auf dieser Mission zu begleiten, aber wer war schon gegen einen rührseligen Dackelblick UND einen zitternden süßen Schmollmund gefeilt? Sie jedenfalls nicht. Blanca warf einen Blick nach unten. Die Gorillamännchen spielten Karten. Der Einsatz waren Bananen.
 

Sie musste den krummen Früchten unwillkürlich Respekt zeugen, dass sie es schafften die Gorillas zu solch enormen Denkleistungen anzuspornen. Nach einem Blick auf die Uhr stellte sie fest, dass es für den finalen Schlag nun ein bisschen zu hell war. Sie würde auch ein wenig ruhen. Nach Anbruch des Abends sollte es dann weitergehen. Blanca schwang das andere Bein um das Rohr und verschränkte die Arme. Wie sie in solchen Positionen immer schlafen konnte und warum ihr nicht das Blut in den Kopf stieg, wusste keiner. Sie selbst am allerwenigsten. Während sie langsam in den Schlaf glitt, fragte sie sich ob Peter auch gut mit Alena klarkam.
 

Bei besagtem…
 

Er würde es schaffen! Er ließ sich doch nicht von einem Baby unterkriegen. Erst recht nicht wenn es sein eigenes war! Peter de Medici blickte die alte Ritterrüstung an. Jahrhunderte lang waren seine Vorfahren in dieser in den Kampf gegen Unterdrückung und Ungerechtigkeit gezogen und hatten für Gerechtigkeit und Freiheit gekämpft. Wie vielen Schwertern, vergifteten Dolchen und lockenden Frauen hatte sie nur widerstanden und ihrem Träger vor dem Tode geschützt?
 

Jetzt aber stand sie ihrer größten Herausforderung gegenüber. Tapfer zog er sie an und zog sein Schwert. „Ich gelobe tapfer zu kämpfen und nicht zurückzuweichen, egal wie viel meines Blutes auch vergossen wird! Oh, meine Ahnen, gebt mir Kraft.“ Er band ein gelbes Quietscheentchen an das Schwert und fing an damit herumzuwedeln. „Oh, Alena. Schau doch mal was ich hier habe. Ein süßes Entchen. Du liebst doch das Entchen oder?“ Da, eine Bewegung hinter ihm! Peter wirbelte herum. Braune Augen blickten ihn voller Angst an. „Maria, warum zum Teufel sind sie nicht bei den anderen im Schutzraum?!“
 

„Verzeihung Sire, ich…“„Sie wissen, was heute für ein Tag ist?!“„Ja..“„Und sie wissen auch, was beim letzen Mal mit Emilio passierte, als er nicht im Raum war?!“ Maria erbleichte. „Dann machen sie, dass sie dahin kommen! Notfalls springen sie durch die geschlossenen Fenster in den Garten oder den Pool! Verstanden!?“„Ja, Sire sofort, Sire!“ Sie lief wie von Dämonen gehetzt. Sie hätte sich nicht glücklicher schätzen können, wenn dem so gewesen wäre. Peter wandte sich wieder seiner Mission zu. Er warf einen Blick auf sein Schwert. Die Ente war weg.
 

„Oh, du kleines Biest!“ Quietsch. Da ein Quietschten! Sie war über ihm im dritten Stock. Peter rannte die Treppe rauf. Er hetzte in den Flur. Da krabbelte sie! Peter lief und startete einen Hechtsprung. Mit blechernem Getöse rutschte er über das Parkett. Da, er hatte eins ihrer Füßchen zu fassen gekriegt. Schnell klemmte er sie unter den Arm und rannte los. Die Luft wurde warm und sirrte. Sein Schwert glühte auf. Er warf es kraftvoll von sich und es bohrte sich mit einem Zischen in die holzvertäfelte Wand. Peter rannte weiter. Neben ihm ging ein Gemälde in Flammen auf.
 

Er sprang auf das Geländer und hangelte sich mit nur einem Arm nach unten. Er lief weiter. Die Rüstung glimmte und tropfte von seinem Körper. Da, fast am Ziel. Eine Flammenwand baute sich vor der Tür zum ersehnten Ziel auf. „Nein, so nicht! Geronimo!“ Peter warf sich mit Kriegsgebrüll durch die Flammenwand. Mit einem lauten Platsch landeten er und seine Tochter im ersehnten Heiligtum. „Muhahahaha! Ich habe gesiegt! Erkenne und verneige dich vor meiner Macht, meine Tochter!“ Alena warf ihrem Vater nur einen vorwurfsvollen Blick zu und entledigte sich der Reste ihres Stramplers.
 

Sie begann mit ihrem Entchen zu spielen und wartete auf das Unvermeidliche, sich fragend, wieso nur ihr Vater ein solch abscheuliches Verbrechen an ihr beging. Peter de Medici stieg erleichtert aus der Wanne und griff nach dem brennfreien Babyshampoo. Der Geschmack von süßem Sieg lag auf seiner Zunge. Er hatte es ohne die Hilfe seiner Frau geschafft, ihr wasserscheues, flammenentfachendes Töchterchen am Badetag in die Wanne zu kriegen.
 

Und es hatte ihn nur ein jahrhunderte altes Familienerbstück, einen millionenschweren Picasso und eine gelbe Quietscheente gekostet. Er hörte ein Klirren. /Und eine unvorsichtige Angestellte, sowie ein Fenster/, fügte er gedanklich hinzu. /Ich hoffe nur Blanca und den anderen beiden geht es gut. Ach, was sorge ich mich? Sie sind alle drei in der Lage auf sich selbst aufzupassen. Entweder bringen sie das Ziel erfolgreich um oder sie jagen alles in die Luft und bringen es trotzdem um. Ich werde mich jetzt jedenfalls amüsieren./ „Oh Alena“, flötete er vergnügt und wedelte mit der Shampooflasche, „jetzt wirst du eingeseift.“„Wääääääääääääääähhhhhh!!!!!“ Oh ja, er liebte es Vater zu sein.
 

Derweil bei Illaria und Caria…….
 

Sie träumte von tausend roten Lutschi-brumm-brumms, die sie ihrer kleinen Schwester an den Kopf warf. Welch Wonne, Welch Gefühl, welch… „Illaria!“…unglaublich nervige Stimme..
 

„Will schlafen, noch 5 Minuten.“ Samtweich flüsterte die nervige Stimme in ihr Ohr:„Steh auf, oder dein Lutschi-brumm-brumm ist Geschichte.“ Schlagartig war sie wach und stand stramm. Illaria sah ihre kleine Schwester vorwurfsvoll an. Diese grinste nur reuelos. „Schön, da du nun wieder unter den Lebenden weilst. Ich wollte dir nur mitteilen, dass die Nacht anbricht und es nun an der Zeit ist den Ausbruch zu beginnen.“„Von mir aus..“„Gut, dann dreh dich mit deinen Fesseln zu mir, damit ich sie lösen kann.“ Illaria gehorchte. „Rechts! Von mir aus gesehen rechts, Illaria! Das ist links!“ Endlich gelang es.
 

Caria zog an der Schleife und elegant glitten Illarias Fesseln mit einem Schwupp zu Boden. Diese rieb sich die Handgelenke und wandte sich Carias zu. Vorsichtig tippte sie deren Fesseln an. Diese zerfielen zu Asche. „Wie bei allen Assassinen hat dieser Gorilla das denn geschafft?!“ Ihre Schwester blickte das kleine Häufchen Asche mit geringem Interesse an. „Ich würde sagen genau auf dieselbe Weise wie er es geschafft hat einen Schokoriegel, einen Schlagring, einen rostigen Nagel, ein Blatt Klopapier, Kleingeld, einen Zigarettenstummel, eine Quietscheente, ein Feuerzeug und ein Seil in seine eine Hosentasche zu kriegen.“
 

Illaria runzelte die Stirn. „Er durchwühlte doch beide Taschen.“„Ja, aber das ganze Zeug kam aus der einen heraus.“„Caria..“„Ja?“„Diese komischen Gorillamännchen werden mir unheimlich…“„Dann sollten wir lieber zusehen, dass wir hier rauskommen. Hm…“ Kritisch nahm Caria ihre Umgebung noch einmal unter die Lupe. Oft zahlte es sich aus, da man bei der 2. Analyse Dinge bemerkte, die einem bei der ersten nicht auffielen. „Der Stahl der Wände ist schon leicht angerostet.
 

Die Tür verursacht ein unangenehmes Quietschen, ihre letzte Ölung liegt also schon länger zurück…“ Skeptisch unterbrach sie. „Illaria…“ Ich schaute sie mit möglichst unschuldigen Augen an. Sie glaubte es mir kein bisschen. „Hör auf an eine sterbende Tür zu denken…“ Ich tat es. „Und an die Priester in den übergroßen rosa Kutten…“ Ich brummelte. „Und besonders an die 2 Meter große Bibel mit den Zähnen und kannibalistischem Hang zu Menschenfleisch…“
 

„Liest du etwa in meinen Gedanken?!“ war das eine neue Gabe, war ich ihr ausgeliefert? „Nein, aber in deinem Gesicht..“, sie überlegte kurz. „und in deiner Reaktion auf meine Worte…“ Ich schmollte. „Da du nun wieder anwesend bist kann ich ja fortfahren. Als `Mister- Ich-Gorillamännchen-ihr-nerviger-Abschaum` uns so übersanft gepackt und durch die Gegend geschleppt hat, fielen mir die vielen Lampen und das Fehlen von Fenstern auf. Wir befinden uns also nicht mehr an der Oberfläche der Station. Hörst du außerdem dieses Geräusch?“
 

Ich spitzte die Ohren. Dumpf hörte ich eine Art Rauschen. „Ich habe folgende Schlüsse gezogen: „Wir befinden uns in einer unterirdischen Wartungsstation.“ Ich blinzelte. Mehrmals. Caria seufzte. „Früher verlief diese Pipelineroute unterirdisch. Es wurden unterirdische Wartungsstationen gebaut, um die Pipeline zu warten und reparieren zu können. Was bei den Temperaturen, die hier herrschen, sehr oft der Fall war. Wenn die Pipeline an einer Stelle kaputt war, kam man mithilfe der Wartungsstationen an diesen Teil und konnte ihn reparieren.
 

Aber da man nicht die gesamte unterirdische Pipeline entlang Wartungsstationen bauen konnte, war man gezwungen die Teile der Pipeline, die kaputt und außerhalb der Stationen waren, von oben heraus auszugraben. Das ganze Unternehmen verschlang ungeheuer viel Zeit, von der Verunstaltung der Landschaft ganz zu schweigen. Kananda sah zu dieser Zeit aus, wie ein überdimensional großer Sandkasten. Als man jedoch im Laufe der Zeit robustere und nicht rostende Metallliegierungen entdeckte, war das Ende der Wartungsstationen angebrochen.
 

Die Kosten, die es erfordert hätte, die alte Pipeline auszugraben und dann die ganzen einzelnen Teile zu ersetzen wären in die Millionen gegangen. Deshalb ließ man die alte Pipeline einfach in der Erde und baute eine neue an der Oberfläche. Die Wartungsstationen ließ man zurück. Man dachte die Natur würde schon ihren Lauf nehmen und mit der Zeit würden sie vergehen. Nun aber ist eine Gruppe Krimineller Ölbanditen auf diese Wartungsstation aufmerksam geworden. Ölbanditen arbeiten für diverse Firmen die keine Lust haben, Geld für das geförderte Öl hinzublättern.
 

Sonst haben sie immer die Öllaster überfallen, die über die großen zugefrorenen Seen fahren. Diese können sich kaum wehren, da das Fahren auf dem Eis unzählige Gefahren mit sich bringt und die ganze Konzentration und Erfahrung der Fahrer erfordert, damit die Laster nicht einbrechen. Die Banditen mit ihren Motorschlitten sind viel beweglicher und leichter, als die großen oft tonnenschweren Laster. Sie zwingen die Fahrer anzuhalten und überfallen sie dann. Sie sind oft über 60-70 Personen mit unzähligen Kanistern. Sie füllen soviel wie möglich in diese.
 

Wenn sie soviel haben wie sie wegschaffen können, bringen sie Dynamit an und jagen dann aus sicherer Entfernung das Eis unter dem Laster in die Luft. So versinkt der Truck und mit ihm jegliche Beweise. Die Fahrer werden immer zurückgelassen und sterben meist draußen in der Kälte. Seit einigen Monaten aber ist es verdächtig ruhig geworden. Nur hat man bemerkt, dass nicht mehr die vereinbarten Mengen an Öl an den jeweiligen Bestimmungsorten ankommen.
 

Es scheinst während des Transports durch die Pipeline zu verschwinden. Nach den bisherigen Informationen scheinen sie die durch die Wartungsstationen in den Besitz der alten sich im Boden befindenden Pipeline gelangt zu sein. Sie haben sie so weit es ihnen möglich war geflickt und einige dünnere Rohre angebaut und diese an die neue Pipeline angeschweißt. Mithilfe von Klappen können sie nun so oft es ihnen beliebt das Öl aus der neuen in die alte Pipeline fließen lassen. Diese verläuft zum Teil auch durch Gebiete in denen einstmals Öl gefördert wurde.
 

Auf diesen Gebieten stehen immer noch alte Bohrtürme über den leer geförderten Erölblasen. Sie haben diese Gebiete gekauft und lassen das gestohlene Öl aus der alten Pipeline mittels noch dünnerer Rohre in die leeren Blasen laufen. Letztendlich sieht es so aus als würden sie legal Öl fördern. Doch ihr Konzept ist sehr gefährlich. Die alte Pipeline ist an einigen Stellen vollkommen undicht. Das Öl fließt in den Boden und vergiftet ihn. Es wird zu totem Land auf dem nie wieder etwas wächst.
 

Eine schwarz schillernde Kraterlandschaft. Die vergiftete Erde ist zäh wie Lehm und riecht wie brennendes Plastik. Man geht wie auf Kaugummi, wenn man über den ölverseuchten Boden wandert. Diese Ölbanditen schaden nicht nur der kanadischen Umwelt mit ihrem Treiben, sondern auch den Besitzern des Landes auf dem das Öl gefördert wird. Diese sind auch unsere Auftraggeber. Sie gehören zum Volke der Inuit, von denen ein Teil am Rande Kanadas lebt. Es ist ihr Land. Sie haben Verträge mit Firmen.
 

Diese dürfen auf dem Land der Inuit Öl fördern, wenn sie es tun ohne die Umwelt zu sehr zu belasten und die Inuit einen gerechten prozentualen Anteil an den Einnahmen erhalten. Und wenn sie, sobald sie eine Stelle leergefördert haben, diese wieder soweit es mit den heutigen Mitteln möglich ist, wieder herstellen, sodass die Umgebung sich erholt und nach einigen Jahren so aussieht, als wären niemals Bohrtürme oder Pipelines dagewesen. Die meisten Firmen waren mit diesen Bedingungen einverstanden.
 

Doch einige weigerten sich. Diesen wurde das Fördern verboten. Unser Auftrag lautet wie folgt:
 

An dieser Stelle unterbrach ich meine Schwester. „Den Anführer der Ölbanditen finden und eliminieren. Sowie belastendes Material finden und dieses den Inuit übergeben, damit sie den mit drinsteckenden Firmen die Ämter plus Regierung auf den Hals hetzten können. Hierbei wird Vater ihnen mit seiner Erfahrung und seinen Verbindungen behilflich sein. Außerdem soll ich, die Betonung liegt auf Ich, noch als Zusatz die betroffenen Stellen aufsuchen und das Öl aus dem Boden entfernen. Was mir dank meiner Gabe nicht schwer fallen wird.“
 

Caria sah mit blitzenden Augen an. „Illaria, meine liebste große Schwester?“„Ja?“„Warum habe ich dir das alles erzählt, obwohl du, wie es scheint, ebenfalls die Auftragsmappe gelesen hast?“ Ich grinste sie entschuldigend an. „Ich wollte es nur noch mal hören.“ Es schien als würde sie mir das abkaufen. „Hm, und es hat vielleicht nichts mit der Tatsache zu tun, dass du es liebst voller Schadenfreude dabei zuzusehen, wie Mutter mir literweise Wallebertran einflößt, wenn ich mal wieder vor lauter Reden, Meckern und Schreien total heiser bin?“
 

Treffer! „Äh…“„Renne um dein erbärmliches Leben, Schwester!“„Ahhh!“ Caria schien noch einige Samen in der Tasche gehabt zu haben. Auf jeden Fall wurde ich Sekunden nach meiner versuchten Flucht von einer schlängelnden Ranke am Fuß gepackt und kopfüber in die Luft gehoben. Hilflos baumelte ich. Und meine kleine Schwester stand wie das drohende Unheil höchstpersönlich mit verschränkten Armen und fiesem Grinsen vor mir. „Caria, man kann doch über alles reden, es gibt nicht den geringsten Anlass zu unnötiger Gewalt…“
 

Statt einer Antwort schlang sich eine weitere Ranke um meine Handgelenke. Ich sah panisch zu Caria. Diese lächelte nur wie ein kleiner süßer Engel. Mit verstecktem Hörnern und spitzem Dreizack. Sekunden später erklangen meine Schreie. Minuten vergingen. Mein Schreien wurde lauter. Tränen sammelten sich in meinen Augen. Schließlich hielt ich ihre grausame Folter nicht mehr aus und heulte. „Caria, oh bitte, hör auf! Ich kann nicht mehr! Ich gebe auf, nur bitte Gnade, Gnade!“
 

„Du versprichst bei dieser Mission nichts teuflisches mehr zu tun und ich habe das Sagen?“ Ich nickte und sah sie an, so gut es kopfüber in der Luft hängend und rankengefesselt mit tränenverschleierten Augen ging. „Und du wirst zugeben, dass Pflanzen die coolsten Lebewesen auf diesem Planeten sind?“ Gott, in dieser Situation würde ich sogar einen ihrer mit Buntstiften gemalten kindlichen Verträge unterschreiben. „Und du wirst mit dein Lutschi-brumm-brumm für die nächsten 2 Wochen überlassen?“„Das kannst du vergessen, eher lasse ich mich…“ Sie machte weiter. „Ok, in Ordnung 2 Wochen!“
 

„Jetzt sind es 3, aber ich will mal nicht so sein.“ Sie schnippte mit dem Fingern und ihre Ranken ließ mich los. Mithilfe meiner Gabe bewahrte ich mit selbst davor mit vollem Karacho auf den Boden zu knallen. Erleichtert betete ich und warf mich dem Allmächtigen zu Füßen. Meine Schwester schüttelte den Kopf. „Du bist der einzige Mensch, der so auf diese Behandlung reagiert…“„Weil das eine furchtbar qualvolle und erniedrigende Behandlung ist!“
 

„Du schreist und heulst, als würde man dich mit glühenden Messern foltern und mit einer neunschwänzigen Katze auspeitschen…“„Dies wäre ein Segen im Vergleich zu deiner Folter..“ Caria warf die Hände hoch. „Meine Güte, Illaria! Ich habe dich doch nur von meinen Ranken durchkitzeln lassen! Da tut man eigentlich lachen! Du tust so, als würde ich dich langsam und qualvoll umbringen!“ „Kitzeln ist eine Erfindung des Teufels und du bringst mich langsam und qualvoll damit um." Caria verdrehte die Augen. Ihre Schwester!
 

Sie aushungern?

Hielt sie aus.

Sie ertränken?

Sie ertränkte den Ertränker.

Sie aufs grausamste foltern?

Sie brachte den Folterer um, bevor dieser dazu kam.

Sie durchkitzeln?

Sie heulte und schrie.

Und verzog sich anschließend mit ihrem Lutschi-brumm-brumm unter ihre Kuscheldecke.
 

Caria schüttelte den Kopf. Ihre Schwester, die Dramaqueen mit dem Plüschauto. „Wir sollten, jetzt da du dich langsam von meiner `grausamen` Behandlung erholst damit beginnen hier auszubrechen.“ „Gut. Wir gehen am Besten durch die Wand.“„Wir sind Assassinen, keine Geister! Wir gehen durch den Lüftungsschacht!“
 

„Wand!“

„Lüftungsschacht!“

„Wand!“

„Lüftungsschacht!“

„Lüftungsschacht!“

„Wand!, oh verdammt!“

„Also Wand!“

„Nein, Lüftungsschacht!“

„Wie wäre es denn mit der Tür, meine jungen Ladys?“
 

Caria und Illaria erstarrten. Synchron drehten sich 2 Köpfe zur Tür. Dort stand lässig an den Rahmen gelehnt ein Mann. Es war nicht seine schlanke Gestalt, die sie verstummen ließ und nicht seine dunklen, Ebenholzbraunen Augen, die ihre Kinnladen zum Runterklappen brachte. Es war auch nicht sein silberblondes, schulterlanges Haar, sondern einzig und allein die Tatsache, dass er sie im perfekten Italienisch angesprochen hatte. Illaria wich zurück. Waren diese Gorillamännchen etwa Werwesen?! Am Tag muskelbepackte, hirnlos grunzende Prügelmaschinen und in der Nacht attraktive 30 Jährige perfekt Italienisch sprechende Menschen? Ein Schlag auf ihren Hinterkopf brachte Illaria aus ihrem Gedankengang. „Was auch immer du gerade wieder absurdes denkst, hör auf daran zu denken!“
 

Der Mann schüttelte amüsiert den Kopf. „Es stimmte wohl, was man sagt. Man sollte nie 2 Geschwister in einen Raum zusammen sperren. Entweder bringen sie sich gegenseitig um oder streiten bis zum Tag des jüngsten Gerichts. In den ganz seltenen Fällen vertragen sie sich auch.“„Wie lange stehen sie schon da?“ Er machte eine Verbeugung. „Auch wenn es unhöflich erscheinen mag andere zu belauschen, aber genau seit dem Zeitpunkt, als ihre entzückende weißhaarige Schwester damit begann ihren Monolog über die Wartungsstation zu halten.“
 

Wir schauten uns beide an.
 

Assassinenregel Nr. 1: „Lasse niemals deine Umgebung aus den Augen.“

Assassinenregel Nr. 2: „Lass dich niemals überraschen.“

Assassinenregel Nr. 3: „Wenn du gefangen wirst und sich eine Gelegenheit ergibt, nutze sie.“

Assassinenregel Nr. 4: „Halte deinen Auftrag immer geheim.“
 

Wir hatten dank unseren Kabbeleien alle 4 Regeln aufs Erfolgreichste missachtet. Na toll. Wir betrachteten den faszinierenden Fremden genauer. Er trug einen dunkelgrünen Pullover und schwarze Jeans. Und um zu seiner kriminellen Laufbahn noch ein weiteres Verbrechen hinzuzufügen, bequeme Schlappen. Welch erschütternder Stilbruch. Da er anscheinend nicht die geringste genetische Verbindung mit den Gorillamännchen besaß, konnte dies nur eins bedeuten. Er war der Anführer, unser gesuchtes Ziel!
 

Caria schien zu dem gleichen Schluss gekommen zu sein. Er musste bemerkt haben, dass wir uns anspannten. Er hob beschwichtigend die Hände. „Zu welchem Schluss ihr auch gelangt sein mögt, er ist falsch.“„Sie sind also nicht der Anführer?“ Er lächelte amüsiert. „Sehe ich denn derart kriminell aus, dass man nur zu diesem Schluss kommen kann?“ Wir schauten ihn noch mal an. „Nein, aber es ist erwiesen, dass immer der, der harmlos erscheint, in Wahrheit das wahnsinnige Genie und der geniale Kopf hinter der ganzen Bande ist!“
 

„Ich fühle mich geschmeichelt, aber ich kann versichern nicht das Genie oder der Kopf zu sein. Höchstens die rechte Hand.“ Er lächelte nun charmant. Caria hinter mir wurde verdächtig rot. Ich blitzte sie an. „Du wagst es im Angesicht des Feindes zu erröten?!“ Sie schaute schuldbewusst zu Boden und scharrte mit den Füßen. „Er ist nun mal ein Mann mit einer sehr charmanten Aura…“
 

„Aber nur solange bis er uns verhört! Dann wir er wohl mit einem wahnsinnigem Lachen und einem manischen Ausdruck in den Augen fröhlich danebenstehen, wenn die Gorillamännchen uns `bearbeiten`!“ Die rechte Hand lachte fröhlich laut auf. „Was ist denn bitteschön so amüsant?!“„Nun, es stimmt. Ich werde bei eurem Verhör dabei sein, aber ihr werdet nicht bearbeitet. Wozu auch? Ihr habt schon alles, was wir wissen sollten ausgeplaudert. Nichts desto trotz sind da noch einige Fragen, die ich gern beantwortet hätte. Da wir nun eh bei diesem Punkt angelangt sind…“
 

Er drehte sich kurz um, aber so, dass er uns nach wie vor im Blick hatte. Er holte etwas aus einer Tüte und hielt uns schließlich einen kleinen Stapel Kleidung hin. Wir sahen ihn fragend an. „Da ihr höchstwahrscheinlich noch weitere diverse Gegenstände bei euch tragt, die als Waffen dienen könnten, muss ich euch nun bitten mir eure Sachen zu übergeben und diese hier anzuziehen. Und diese Maßnahme dient nicht der Befriedigung meiner perversen männlichen Triebe, falls ihr das jetzt denken solltet.“ Wir hüstelten beide verlegen. Genau das hatten wir gedacht. Mir fiel ein, warum hatten wir ihn eigentlich noch nicht überrumpelt? „Übrigens noch etwas. Nur für den Fall, dass ihr überlegt mich zu überrumpeln, weil ich unbewaffnet und kein `Gorillamännchen` bin.
 

Wenn ich diesen,“ er holte ein kleines schwarz lackiertes Gerät hervor, „Piepser nicht alle 2 Minuten mit einem 7-steligen Code zum Schweigen bringe, kreuzen innerhalb von 5 Sekunden 20 dieser Gorillamännchen auf. Und die werden euch nicht so höflich behandeln oder bitten eure Kleidung herzugeben…“ Ich erschauderte bei diesem Gedanken. Caria reagierte anders. Sie riss ihm den Stapel mit einem: „Geben sie das Zeug her!“, aus den Händen. Ich seufzte und nahm mir ein Kleidungsstück. Es entpuppte sich als übergroßes XXL-T Shirt. Dann kam mir ein weiteres Problem in den Sinn.
 

„Ähem…“„Dreißig Sekunden Zeit.“ Dann drehte er sich um. Schnell schlüpfte ich aus meinem Parka, meinem Pullover, meiner Hose, meinen Schuhen, dem T Shirt und dem Thermounterhemd. Schließlich stand ich nur noch in Socken und meinem rosa Erdbeerschlüpfer da. Ich hasste meine Mutter und ihre Überraschungseinkäufe. Schnell schlüpfte ich in das übergroße T Shirt. Es schlapperte und ging mir bis über die Knie. Erst jetzt bemerkte ich die Farbe. Es war eine Art von Gelb und in verwaschenen Lettern stand drauf: „I`m a Banana.“
 

Ich schaute zu Caria und kicherte über ihren plüschigen Bärchenschlüpfer. Sie trug ein T Shirt in derselben Farbe und mit derselben Aufschrift, nur stand bei ihr noch: „Eat me“, auf dem Rücken. „Wir dienen wohl als Gorillafutter…“ „Wie kommst du nur darauf?“„Die Farbe der T Shirts ist Bananengelb…“ „Oh.“ Und ich dachte es läge an dem Schriftzug. „Wir sind fertig.“ Er drehte sich wieder um. „Na bitte, wenigstens passen sie einigermaßen. Nun, dann wo sind eure Fesseln hin?“
 

Wortlos deutete ich auf das am Boden liegende Seil. Caria deutete auf das Häufchen Asche. Die Augenbrauen des Mannes wanderten leicht nach oben. Ich glaubte ein gemurmeltes: „wie haben diese Idioten, dass wieder geschafft?“ von ihm zu hören. „Nun ja, dann muss es eben mit nur einem Seil gehen. Würdet ihr beide bitte kurz nebeneinander treten und die Hand des Anderen nehmen?“ Wir kamen seiner Bitte nach. Er trat auf uns zu und schlang das eine Ende des Seils um mein Handgelenk und knotete es fest.
 

Das andere kam um Carias. „So das müsst als Fessel eigentlich genügen. Benehmt euch bitte oder ich bin gezwungen euch zu Paketen zu verschnüren.“ Unsere Augen weiteten sich. „Und zwar euch beide zusammen auf einmal, mit nur diesem einen Seil.“ Sie weiteten sich noch mehr. „W-wir benehmen uns! Es gibt keinen Grund für diese Maßnahme!“ /Wir beide zusammengeschnürt aneinander wie die Wurst und ihre Pelle?! Bloß nicht!/, schrieen wir beide synchron in Gedanken.
 

„Nun, dann wird es wohl an der Zeit euch aus dieser improvisierten Zelle zu geleiten. Wenn bitte alle Gefangenen in gelben T Shirts und unter 1 Meter 30 mir bitten folgen würden?“ Ich wurde von leichtem Zorn erfasst. Gut, ich war mit 1,10 vielleicht etwas zu klein für mein Alter und meine 5-jährige Schwester war 2 Zentimeter größer als ich, aber das war noch lange kein Grund mir das so schamlos unter die Nase zu reiben! Trotzig blieb ich stehen und verschränkte die Arme.
 

Caria riss ich dabei zurück und sie knallte auf dem Boden. Stirnrunzelnd sah der Mann mich an. „Gibt es ein Problem?“ Ich plusterte meine Backen auf. Caria antwortete an meiner Stelle. „Sie haben sie wohl mit ihrem gerissenen Witz beleidigt. Sie leidet unter Minderwertigkeitskomplexen, weil sie zu klein ist für ihr Alter.“ Ich starrte sie an. Ich hatte keine Komplexe! „Jetzt verdrängt sie diese Tatsache wahrscheinlich wieder.“„Caria…“„Ich entschuldige mich vielmals. Mir fällt ein, ich habe mich noch gar nicht vorgestellt.“
 

Er ging vor mir in die Hocke und nahm meine Hand. „Wenn ich mich vorstellen dürfte, mein Name ist Francès Francsioer und ich stamme aus Frankreich.“ Dann hauchte er mir einen leichten Kuss auf die Hand. Geschmeichelt über soviel Gentelmenverhalten wandte ich mein errötetes Gesicht verlegen ab. Caria sah mich mit sarkastischem Blicken an. „Du wagst es im Angesicht des Feindes zu erröten? Was für eine unglaubliche Selbstbeherrschung du doch hast, meine Schwester.“
 

„Er ist nun mal anscheinend wirklich charmant…“ Caria starrte mich weiter an. Ich konnte ihre Gedanken förmlich hören: Und mir tut sie Vorwürfe machen und nicht glauben! Da muss er erst zu ihr charmant sein, damit sie es glaubt! Welch unglaublich schöner Vertrauensbeweis mir gegenüber! Oh, dafür wird dein Lutschi-brumm-brumm leiden!! Muhahahahaha!/
 

„Illaria, du zitterst.“„Oh.“ Nach diesem Ende unserer unglaublich langen Konversation folgten wir Francès schließlich durch die dunklen Gänge der unterirdischen Wartungsstation. Schließlich führte er uns in einen Raum, der im Gegensatz zum Rest der Anlage etwas wohnlicher eingerichtet war. Eine kleine Küchennische, ein recht großer wackeliger Klapptisch mit einigen sehr großen Stühlen.
 

Eine Glühbirne, die ausnahmsweise einmal nicht nackt war und ein großer wuchtiger Kühlschrank der höchstwahrscheinlich aus den 60ern stammte und mit seinem hohen FCKWgehalt an 20% der Ozonverschmutzung Schuld war. Francès hob mich überraschend hoch und setzte mich trotz meiner Proteste auf einen der Stühle.
 

Caria zog ich dabei mit. Wir passten beide locker auf einen einzigen drauf und selbst dann war der Stuhl noch nicht einmal zur Hälfte bedeckt. Diese Stühle waren wirklich sehr groß…Unser verehrter französischer Führer hatte sich abgewandt und wühlte in den Schränken herum. Ich nutzte die Zeit um mich an meine jüngere Schwester zu klammern und Panik zu bekommen. „Was sind diese Leute hier nur für Babaren? Der Verhörraum ist die Küche! Sie schlagen hier ihre Gefangenen zu Brei und trinken danach wahrscheinlich noch seelenruhig ihren Alk!“
 

„Illaria…“„Wahrscheinlich haben sie die Daumenschrauben direkt neben den Eierbechern…“„Schwester..“„Oh, Gott was man einem allein schon alles mit einem Küchenmixer antun kann!“„Ill…“„Ich werde nie wieder einen Kochlöffel ansehen können…“„ILLARIA!“„Ja?“„Er wird 1. wohl kaum unser Wissen mit so etwas zerbrechlichem wie einem Kochlöffel aus uns rausprügeln und 2. ist es wohl kaum sehr logisch seine eigene Küche mit Blut zu besudeln! Er wird entweder mit Psychospielchen wie: „wer redet zuerst“ beginnen oder uns einfach unter Drogen setzen! Oder mit einer Pistole bedrohen!“
 

Sie beäugte mich stirnrunzelnd. „Obwohl, die Benutzung des Küchenmixers dir gegenüber wäre schon ein durchaus sehenswertes Spektakel…und es wäre danach auch endlich mal still…“ Ich bekam große Augen. Mit Tränen darin. „Du bist so fies…“„Wage es nicht jetzt schon wieder zu heulen.“ Ich tat genau das. Meiner Schwester blieb nichts anderes übrig, als ihre Position näher an mich ran zu verlagern, damit sie mir beruhigend über den Rücken streichen konnte.
 

„Illaria, du bist heute so richtig seltsam drauf…“ Ich glaube es war an der Zeit für eine klitzekleine Beichte. „Ähem, es hat vielleicht etwas mit dem Traubenzucker zu tun…“ Die tröstende über meine Schulter streichende Hand hielt inne und verkrallte sich leicht. „Welcher Traubenzucker? Mum hat doch dafür gesorgt, dass im ganzen Gebiet ein Traubenzuckerverbot herrscht, nach dieser Sache…“ Wir erschauderten leicht. Oh, ja diese Sache..
 

„Erinnerst du dich an unseren Auftrag in New York vor vier Tagen?“„Ja, der mit den Drogenhändlern.“„Da war so eine nette alte Dame, die mir eine ganze Tüte voll gemahlenem Traubenzucker angeboten hat..“„Illaria..“„Ich hab ihn vorgestern Abend aus der Tüte schweben lassen und auf meiner Kleidung verteilt und ihn im Laufe des Auftrags immer mal wieder mit der Luft inhaliert…“ Ich sah Caria an. Sie schien sehr verkrampft und konnte sich anscheinend nicht entscheiden, ob sie mich jetzt erwürgen oder in Stücke reißen sollte. „Illaria, dir ist nicht zufällig einmal der logische Gedanke gekommen, dass der gemahlener Traubenzucker den du in einem Drogendealerviertel geschenkt bekamst, vielleicht Heroin sein könnte?!“
 

„Oh, Ups...“„Ups?! Du inhalierst hier Drogen, ich darf deine überemotionalen Reaktionen darauf ertragen und alles, was du dazu zu sagen hast ist Ups!?“ „Sieh es positiv, ich hätte auch darauf reagieren können, wie jeder normale Mensch.“„Wie froh wir doch über deine Unnormalität sein können!“„Meine jungen Damen?“ Wir wandten uns Francès zu. Er hielt in jeder Hand einen Teller mit einem Stück Pappe drauf. „Das ist ihre Methode uns zum Reden zu bringen? Indem sie uns dazu zwingen wollen Pappe zu essen?“
 

„Ich bin mir sicher, dass man euch nicht dazu bringen braucht, zu reden, dass tut ihr auch so schon mit einer bemerkenswert regen Aktivität und das ist keine Pappe, sondern eine Art von Waffelbrot.“ Ich tippte das rechteckige dünne Ding misstrauisch an. „Ich versichere euch, dass weder eine Bombe noch eine Art von Droge, Gift, Hallizinogen oder Wahrheitsserum da drin ist.“„Das mit den Drogen hat sich schon erledigt…“„Wie bitte?“„Ach nichts.“
 

„Und wie ist der Name dieses Brotes von einer Waffel?“„Man nennt es Fillinchen. Eine Spezialität für Kinder, stammt aus der alten DDR. Es kann mit allen Arten von süßem Belag bestrichen werden. Ich habe hier Nutella und Honig, ich solltet vorher vielleicht etwas Butter..“ Francès kam nicht weiter, da Caria und ich uns je an einen seiner Arme gehängt hatten und nun versuchten ihm die Gläser mit dem süßen Gold zu entreißen. Da das Seil uns beide immer noch aneinander band, half ihm auch nicht wirklich dabei seine Balance zu halten.
 

So taumelte er nun mit hoch gestreckten Armen und zwei an sich hängenden Kindern durch die Küche. Es war zum Verzweifeln. Wenn ich versuchte an den Nutella zu kommen, zog Caria an dem Seil, da sie versuchte an den Honig zu gelangen. Es war ein einziges Geziehe und Gezerre. „Illaria, zuerst den Honig!“„Nein! Zuerst den Nutella!“„Das Zeug macht schlechte Zähne und schadet der Figur!“„Und dein Zeug klebt überall rum!“„Honig ist viel besser!“„Nein, Nutella!“„Honig!“„Nutella!“ Unser Streit endete, als Francès es nicht mehr schaffte die Balance zu halten und fiel.
 

Er schaffte es mich und Illaria mit seinen Armen an seinen Körper zu pressen. „Meine jungen Damen,“ keuchte er erschöpft, „sie verfügen beide über eine sehr feurige Art von Lebensenergie…“ Wir konnten beide nicht antworten, weil wir benebelt waren von dem seehr engen Körperkontakt mit einem gutaussehenden Mann. Es hätte nicht viel gefehlt und wir hätten begonnen um die Wette zu schnurren. „So sehr ich es auch schätze, wenn Frauen auf mich fliegen, seid ihr beide doch noch etwas zu jung dafür, meine Damen.“ Mit diesen Worten erhob er sich und bat uns ihn loszulassen.
 

Ertappt und schuldbewusst kamen wir der Aufforderung nach. Allerdings schwand dies, sobald wir die ersehnte Reliquie auf dem Tisch erblickten. Frances näherte sich dem Tisch sehr vorsichtig, so als ob wir zwei wilde bengalische Tiger wären und keine harmlosen kleinen Kinder. Wenn man allerdings in unsere gierig glitzernden Augen sah, dann traf diese Beschreibung sehr genau auf uns zu. „Ok, meine Damen. Ich werde jetzt diese Gläser aufschrauben und die Fillinchen bestreichen.
 

Ihr werdet schön da bleiben wo ihr seid, ok?“ Ein ungeduldiges Knurren war die Antwort. „Gut ich beginne jetzt…“ Langsam nahm er das Buttermesser zur Hand und schraubte das 1. Glas auf. Gierige grüne Augen verfolgten jede seiner Bewegungen, bereit jederzeit zuzuschlagen. Er tauchte das Messer in die goldene Flüssigkeit und begann das Messer zu drehen. Dickflüssig und träge bildete sich ein Kokon. Vorsichtig um ja nichts zu verlieren, führte er das Messer zum Fillinchen und verharrte darüber.
 

Langsam tropfte der goldene Nektar auf das Waffelbrot und Frances begann damit es zu verteilen. Als es endlich vollbracht war, blickte er auf uns und sah, dass der erste bengalische weiße Tiger in Angriffsposition gegangen war. Schnell wie der Blitz zückte er ein 2. Messer und riss den Deckel vom Nutellaglas. Nun hatte auch die zweite Bestie Blut geleckt und er musste sich beeilen, ansonsten war er verloren. Er stieß das Messer in die Braune Masse und hob einen dicken Teil davon heraus. Ein Klatschen und schnelles Verstreichen auf dem 2. Fillinchen.
 

Da hörte er das Brüllen! Die Bestien griffen an! Schnell ließ Frances das Messer fallen und rettete sich unter den Tisch. Nur Sekunden später traf eine Pranke die Stelle wo er eben noch gestanden hatte. Eine der Bestien strich um den Tisch herum und umkreiste ihn. Als sie schließlich erkannte, dass das ersehnte nicht hier unten war, sprang die Bestie zu ihrem Artgenossen auf den Tisch und beteiligte sich an dem blutigen, pardon süßen Mahl. Leise kam Frances unter dem Tisch hervor und lugte vorsichtig über den Rand.
 

Da hockten die kleinen Bestien, mampfend und glücklich damit beschäftigt ihre Beute zu zerreißen. Um eine Sorge von der Größe eines Gebirges erleichtert stand Francès auf und ließ sich auf einen Stuhl fallen. Erst jetzt verstand er wirklich, warum man bei Kindern das Wort `Raubtier` in den Begriff „Fütterung“ Miteinsetzte. Er war heilfroh, dass er ihnen keine Cola angeboten hatte…
 

Nun, da die Bestien wohl gesättigt waren konnte er… „Francès, hast du noch mehr Fillinchen?“ Die Bestien hockten nur Zentimeter von ihm entfernt auf dem Tisch, die blitzblank geleckten Teller fordernd in ihren zu ihm ausgestreckten Händen. Oh, die Bestien hatten Hunger und dieser war noch lange nicht befriedigt. Das würde wohl noch eine Weile dauern. „Und zufällig noch Cola?“ Eine sehr lange Weile…
 


 

Derweil bei der Raubtiermutter….
 

Blanca de Medici war erwacht und bereit gewesen ihren Auftrag zu erfüllen. Nur leider war sie bemerkt und wie eine reife Banane gepflückt worden. Nun war sie in einer nahezu ausweglosen Situation angelangt. Ihre Kinder würden noch warten müssen, bis sie dieser heil entkommen war. Jetzt aber galt es aufmerksam zu sein und die Sinne geschärft zu haben. Sie war Auge in Auge mit den Feinden. Eine falsche Bewegung, ein schwacher Moment und es war aus. Sie schwitzte vor lauter Konzentration. Dann kam der Moment.
 

„Ich setzte zwei Bananen und habe eine blaue Sieben!“ Ein Heulen und Wimmern war rund um sie zu hören. Bananen purzelten und der Haufen in der Mitte des Tisches vergrößerte sich. „Tja, meine Herren, warf sie ihre Worte in die Runde, „Das hätten sie sich vorher überlegen müssen, bevor sich mich herausgefordert haben! Uno ist nun mal ein grausames Spiel ohne jegliche Art von Gnade!“
 

Wieder bei Illaria und Caria…
 

„Also ich fasse zusammen: ihr beide seid angehende Assassinen aus Italien. Ihr wolltet unseren Boss im Auftrag der hier lebenden Inuit töten, habt euch aber verlaufen und obendrein noch vergessen euch das Foto plus Personenbeschreibung anzuschauen. Illaria hat noch Heroin inhaliert, das sie für Traubenzucker hielt. Ihr beide habt nicht die geringste Ahnung, wie dieses Gebäude aufgebaut und wie hoch die Population der hier lebenden Gorillamännchen ist.
 

Außerdem verfügt ihr beide noch über Gaben, die jedes menschliche Verständnis übersteigen und die gesamte Weltansicht für immer verändern werden. Habe ich noch was vergessen?“„Nein, dass war soweit alles.“„Wir könnten ihnen höchstens noch sagen, wo Maria Magdalena begraben liegt…“ Francès winkte ab. „Das weiß dank Dan Brown sowieso schon jeder.“
 

„Nun sind sie dran. Was passiert jetzt weiter?“ „Nun da ihr beide anscheinend..“, er warf einen Blick auf die 20 leeren Colaflaschen und die 4-5 leeren Nutella und Honiggläser, „ja gesättigt seid und ich alle notwendigen Informationen habe, werdet ihr zwei wohl erst mal wieder in der Zelle landen. Ich erstatte meinen Boss Bericht und er entscheidet, was mit euch passiert. Wahrscheinlich werdet ihr beide einfach in den nächsten See geschmissen oder im Eis ausgesetzt.“ Illaria und Caria waren erstaunt.
 

„Was denn keine Hinrichtung, keine Exempelstatuierung an denen die es wagen sich gegen ihn aufzulehnen?“ „Nun, Illaria lasst mich euch beiden eins fragen: „Würdet ihr es als Chef einer kriminellen Bande glauben, wenn zwei kleine Kinder euch erzählen, sie wären Assassinen, die über übersinnliche Gaben verfügen?“„……“„Na, bitte. Dann wären ja alle Fragen geklärt und wir können...“ Francès wurde unterbrochen, als auf einmal einige Gorillamännchen vor der Küche auftauchten und versuchten sich alle gleichzeitig durch den Rahmen in den Raum zu quetschen.
 

„Was, wenn ich fragen darf, wollt ihr hier?!“ Francès erboste Frage ließ die Gorillamännchen innehalten und sie begannen loszugrunzen. Während des Gegrunzes änderte sich sein fragender Gesichtausdruck von verwirrt hin zu wütend und schließlich resignierend. Er wandte sich uns zu. „Meine Damen, ich muss ihnen leider mitteilen, dass sich der Plan anderweitig geändert hat. Der Boss möchte sie sehen. Man wird sie nun zu ihm bringen.“ Mit diesen Worten packten die Gorillamännchen die verdutzten Mädchen.
 

Illarias verzweifelter Versuch das sechste noch ungeöffnete Nutellaglas zu erwischen, scheiterte aber dabei. Offenbar waren die Triebe nach Essen befriedigt, der Appetit nach Süßem aber nicht. Das Gorillamännchen klemmte sich Illaria und Caria unter den Arm und setzte seinen Weg zusammen mit den Artgenossen fort. Die beiden derweil versuchten nicht zu ersticken. „Ich sterbe, mein Leben ist zu Ende…“ Caria sah sie mit tränenden Augen an. „Du stirbst?! Du bist unter mir! Ich stecke direkt zwischen seinem Arm und der Achselhöhle! Im Busch und der stinkt und lebt!“
 

Mit Luftanhalten und durch den Mund atmen überlebten sie den Transport zum Boss aller Gorillas fast relativ gut. Aber eben nur fast. Beide waren schon halb bewusstlos, als das Gorillamännchen sie endlich fallen und auf den Boden plumpsen ließ. Von Pranken grob gepackt wurden sie ihrer `Fessel entledigt und hoch gezogen. Ihre Armen wurden auf den Rücken gedreht und festgehalten. Beide sahen auf. Illaria schloss die Augen und öffnete sie noch mal. Nein, keine Halluzination und keine Nachwirkungen des übermäßigen Zuckerkonsums.
 

Der Raum war wirklich mit Gegenständen bestückt, die von der Epoche der Zeit als-wir-noch-nackt-rumliefen-und-unsere-Mitmenschen-für-etwas-Essbares-hielten, bis hin zu jedes-dieser-Stücke-ist-mehr-wert-als-dein-mickriges-Leben-Leibeigener reichten. Auch Stücke der Neuzeit hatten sich hier und da eingeschlichen. Wie etwa der quietschpinke Plüschteppich mit den Rüschen auf dem Boden, oder die blaue Teekanne in Form eines Totenschädels. Alles in allem waren hier Dinge in den unterschiedlichsten Farben und Formen ausgestellt, die unpassender nicht hätten zusammenpassen können.
 

Und in der Mitte der skurillen Ansammlung thronte auf einem Haufen Kissen(auch alle aus unterschiedlichen Zeiten) der König der Gorillas! Oder um es passender zu beschreiben:

Etwa 120 Kilogramm reines Fett, mühsam gestopft in einen pockennarbigen Hautsack, bekleidet mit den schmutzigen Überresten eines Sechs Personenzeltes, in einer weit an einen Menschen erinnernden entfernten Form, auf dem ein graues vor Pomade stinkendes Toupet thronte.
 

Ein sehr appetitlicher Anblick für jemanden, der kurz zuvor etwas gegessen hatte. Illaria und Caria jedenfalls kam es fast wieder hoch. Der Hautsack öffnete einen Spalt unterhalb des Toupets und begann zu sprechen. Die beiden Schwestern hatten eher eine Art Ploppen oder Keuchen erwartet. „Das sind also die fucking Bitches, die mich umnieten wollten?“ Zumindest das Sprachniveau passte zur Erscheinung.
 

Die Gorillamännchen grunzten nur. Unter dem Toupet konnten beide so etwas wie Augen erkennen. Kleine, bösartige Schweineäuglein. Mit einem Hauch von Stockfischblick.
 

„Zwei halbe fucking Bitches, um mich Tomtom Toni umzunieten?! Was für Pinsel, diese Inuit doch sind! Werden ja mal sehen, was ihr beide so zu erzählen habt.“ Mit diesen Worten griff sich Tomtom Toni eine Hand voll Schmalz aus einen neben ihm stehenden Topf und klatschte sich das Zeug in dem Mund. Mitsamt Hand.
 

„Nun, Mister Tomtom Toni, eigentlich haben wir Francès schon alles Wissenswerte berichtet…“ „Ach Klappe zu! Dem schmächtigen Froschfresser kann man stecken, der Himmel wäre blau und er würds glauben!“ Illaria und Caria fragten sich, was der Himmel wohl seiner Meinung nach sonst für eine Farbe hatte. „Ich will was zum Lachen! Die Schreie zweier fucking Bitches sollten da Abhilfe schaffen.“ Caria uns ich sahen uns an. „Sie Tomtom Toni geben also Menschen zum Spaß zu foltern?“
 

„Na klar, kleine Weißhaarbitch!“„Sie haben die Öllaster überfallen, die Fahrer zurückgelassen, Öl durch die alte Pipeline illegal abgezwackt, infolge dieser Handlung einige Stücke Land vergiftet und den Inuit so geschadet?“„Nich ich, kleine Bitch, aber meine Leute. Bis auf das mit den Fahrern, das wa ich, wahr aber nen Spaß. Da bin ich mitgegangen. Hab den Weicheiern die Beine gebrochen und ins Wasser geschmissen! Wenn ich gute Laune hatte hab ich sie am Leben gelassen und nur die Klamotten genommen. Diese Irren haben dann tatsächlich versucht nackt durch den Schnee zu kommen.
 

Ja, dass war wirklich nen Spaß. Dann wollten unsere Abnehmer mehr, als wir liefern konnten. So mussten wa die Vorgehensweise ändern. Während der Planungsphase erwischten wir eines Tages Francès aufm Eis. Wollte den Froschfresser erst in ne Tonne Öl einschließen und im See versenken, aber dann stellte er sich als Ingenieur vor. Hat die Idee mit der alten Pipeline entwickelt. Seitdem gehört er zu Bande und ist meine rechte Hand. Schwacher Körperbau, hat aber was im Kasten, fast soviel wie ich.“
 

Caria und ich nickten. Also waren die Gorillamännchen nur einfache Schläger, die zwar eine ganze Menge ausgeschlagene Zähne, aber keine Menschen auf dem Gewissen hatten. Francès war Schuld an der Verunreinigung der Umwelt, aber dank seiner Methode hatten die Überfälle auf Tanklaster aufgehört. Außerdem war er erst einige Monate dabei. Ihn würden sie am Leben lassen, aber den Inuit übergeben. Diese sollten entscheiden welche Art von Strafe er bekam. Nun aber war es an der Zeit loszulegen. „Tomtom Toni..“, sprach Caria mit einer Stimme, die sogar nicht zu einem kleinen Mädchen passte, „du hast Menschen aus Spaß ermordet und aus dem Leben gerissen!“ Ihre grünen Augen begannen zu leuchten. „Du hast dieser Welt aus purer Profitgier geschadet.“
 

Die Handknochen von Illarias Gorilla brachen. Schreiend ließ er sie los. „Im Namen der Inuit, im Namen der Umwelt!“ Wind kam auf und durchwirbelte schwarze und weiße Haare. „Wir sind Assassinen, wir sind de Medici!“, tönten die zwei Schwestern gemeinsam. „Durch unsere Hand wirst du gerichtet! Dein Tod für die dunkle Gerechtigkeit dieser Welt!“ Die Sachen im Zimmer fingen an hin und her zu schweben und schossen durch den Raum. Die Teekanne traf einen der Gorillas am Kopf und zerbrach.
 

Blutig geschlagen ging er zu Boden. Ein anderer wurde vom quietschpinken Teppich umwickelt. Die Gorilla fingen an Caria und Illaria einzukreisen. Illaria formte ihre Hände zu einer Räuberleiter. Caria trat darauf und Illaria schleuderte sie mit Schwung und ihrer Gabe in die Luft. Aus Carias Händen kamen winzig kleine Samen, die sie auf die Gorilla schoss. Diese drangen durch die Haut ein und begannen zu wuchern. Schlingpflanzen schossen blutig schillernd aus den Armen und umwickelten ihre Wirte.
 

Innerhalb weniger Sekunden waren alle im Raum anwesenden Gorillamännchen besiegt. Dann aber verschätzte Caria sich bei der Landung und kam falsch auf mit dem Fuß. Sie knickte um. „Fahr zur Hölle kleine Weißhaarbitch!“ TomTom Toni hatte einen Revolver in der Hand und schoss auf sie. Pistolenkugeln waren zu schnell für Caria, als das, sie sie mit ihren Pflanzen hätte stoppen können. Sich auf enorme Schmerzen und einen angeschossenen Körper gefasst, schloss Caria die Augen.
 

Doch das erwartete Geräusch eintretender Kugeln blieb aus. Caria öffnete ihre Augen irritiert, nur um ihre Schwester zu sehen, die die Hände ausgestreckt vor ihr stand. Sie hatte die Kugeln mithilfe ihrer Gabe aufgehalten. Nun schwebten diese regungslos in der Luft. „Das war echt knapp am Blutbad vorbei, kleinere Schwester und du TomTom Toni lebe wohl und schmore in der Hölle!“ Mit diesen Worten schlug sie die Kugeln zurück zum Absender. Sie alle trafen TomTom Toni im Kopf. Er ging zu Boden und war sofort tot.
 

Illaria half ihrer Schwester und stützte sie. „Ich habe mir den Fuß verstaucht…“„Ich hätte dich wohl mit weniger Schwung schleudern sollen…“ Caria winkte entnervt ab. „Dein Schwung war perfekt. Ich habe mich verkalkuliert mit der Landung, dass werde ich wohl noch üben müssen…“„Na, ja aber davon abgesehen ist es doch ganz gut verlaufen. Der fette Sack ist erledigt. Jetzt müssen wir nur noch Mama und die belastenden Unterlagen finden.“
 

„Nicht zu vergessen, Francès.“„Ich bin hier meine Damen.“ Beide warfen einen Blick zur Tür. Francès lehnte lässig im Rahmen. Diesmal allerdings trug er feste Schuhe und einen Parka sowie eine Schneebrille auf dem Kopf. Er warf einen Blick zu Toni. „Sehr interessant. Du konntest ihn erschießen ohne eine Waffe zu benutzen, wirklich eine nützliche Gabe. Da der Boss erledigt ist, werde ich mich nun verabschieden.“„Ich fürchte, dass können wir leider nicht gestatten.“
 

„Aber warum denn meine Damen? Ihr habt ihn doch gehört. Ich war gezwungen bei diesem schändlichen Unternehmen mitzuhelfen. Ich bin nichts weiter als ein einfacher Ingenieur.“„Wissen sie was komisch an ihrer Geschichte ist?“ Interessiert sah der Franzose Caria an. „Sie sind genau zu dem Zeitpunkt aufgetaucht, als die Bande von TomTom Toni gezwungen war nach neuen Wegen zum Ölklau zu suchen. Da kommen sie und Tada, schon ist eine profitable Lösung gefunden! Also stellt sich uns doch die interessante Frage, wer zum Teufel sind sie in Wirklichkeit, Francès?!“ Francès machte eine Verbeugung und musste lächeln. „Da hat mich die junge Dame wohl durchschaut.“„Ganz genau. Sie tun gut daran sich zu ergeben. Ansonsten blüht ihnen das gleiche wie den Gorillamännchen!“„Ich befürchte, dass ich dein reizendes Angebot leider ablehnen muss.“ Caria errötete. Illaria verdrehte die Augen. „Caria, du hast ihm kein Angebot gemacht, sondern dazu aufgefordert aufzugeben! Also hör auf bei seiner, zugegeben, sehr charmanten Wortwahl zu erröten!“
 

Caria schüttelte den Kopf. Ihre Schwester hatte Recht. Sie würde ihre Ranken auf Francès hetzen und ihn einwickeln. Er verfügte ja nicht über die Stärke der Gorillamännchen. Es war also nicht nötig ihn zu verletzen. Sie ließ einigen der Ranken erblühen, sodass sie neue Samen bekam. Diese nahm sie in die Hand und ließ sie wachsen. Neue Ranken kamen, doch diesmal ohne Dornen. „Nehmen sie die Hände hoch, Francès!“, donnerte Illaria in bester Copmanier.
 

„Illaria, liebste Schwester..“, säuselte die Weißhaarige leise, „ich wickle ihn gleich ein. Da wären hochgenommene Hände doch wohl etwas fehl am Platze, meinst du nicht auch?“„Oh, stimmt. OK, dann eben Hände auf den Rücken!“ Francès kam der Auforderung nach. Carias Ranken schlängelten auf Francès zu und begannen sich um ihn zu wickeln. Er ließ dies mit gelassener Miene geschehen. Dies war es was Caria stutzig werden ließ. Sie wollte ihrer Schwester etwas zurufen, als sie plötzlich spürte wie ihre Kräfte erlahmten. Ihre Ranken erzitterten und fielen schließlich zu Boden.
 

„Caria?“ Illaria wollte zu ihrer Schwester, doch plötzlich knickten ihre Beine weg. „Was zum Teufel ist mit uns los?!“ Ihre Glieder füllten sich an wie Blei und der Rest ihres Körpers wurde auch nicht leichter. Die Gedanken rasten und wirbelten durcheinander, bis sie auf die Lösung kamen. „Die Fillinchen und die Cola…“ den beiden gelang es sich aufzuraffen und eine hockende Position einzunehmen. „Sie haben gelogen.“„Es war doch Gift in den Sachen!“
 

Der hübsche Franzose schüttelte den Kopf. „Aber nein, meine Damen. Ich habe keinesfalls gelogen. In den Sachen waren eigentlich nur Baldriantropfen.“ Illaria sah Caria ratlos an. „Baldrian“, begann sie zu erklären, „lateinischer Name Valeriana officinalis. Sie kommt aus der Familie der Baldriangewächse und ist eine der ältesten Heilpflanzen der Geschichte. Sie enthält neben einigen Säuren auch ätherische Öle. Verarbeitet werden ihre Wurzeln, die eine beruhigende Wirkung besitzen. Wird bei Unruhezuständen und nervös bedingten Einschlafstörungen empfohlen.
 

„Kurz, eine Pflanze die eine beruhigende Wirkung hat?“„Ja, in zu hoher Dosis kann es passieren, dass man ohnmächtig wird oder einfach einschläft.“„Deine reizende kleine Schwester hat Recht. Eigentlich habe ich die Baldriantropfen nur in die Sachen getan, um ein wenig Ruhe vor den Muskelpaketen zu bekommen, die ihr die ganze Zeit über Gorillamännchen nennt. Dass ihr zwei das alles auf einmal wegputzt hatte ich nicht erwartet und ich begann mich ein wenig zu sorgen. Da sich die Situation aber zu meinen Ungunsten entwickelte ist diese abgeflaut.
 

Ich weiß nicht wie eine solche Menge auf euch wirken wird, da ihr eure sogenannten Gaben verwendet habt, aber es wird euch schon nicht umbringen.“ Ein dumpfes Geräusch unterbrach seinen Satz. Caria war in sich zusammengesunken. Illaria wurde panisch und versuchte sich mithilfe ihrer Gabe zu erheben, jedoch schaffte sie es einfach nicht. „Kein Grund zur Sorge. Es sind nur Baldriantropfen.“ Sie warf Francès einen mörderischen Blick zu.
 

Er schien sie mit seinen Worten zu verspotten! Ihre Schwester lag ohnmächtig mit verstauchtem Fuss da und sie kam nicht zu ihr! „Keine Sorge, Illaria, ich…“„Können sie sich vielleicht mal entscheiden, wie sie uns ansprechen?! Duzen sie uns oder nennen uns weiter meine jungen Damen?!“„Ich sehe du reagierst etwas gereizt angesichts deiner Hilflosigkeit, aber ich versichere dir euch wird nichts geschehen. Die anderen werden euch zurück in eure Zelle bringen und dann werde ich verschwinden.
 

Ihr beide habt es ja nicht nur geschafft hier einzudringen, sondern auch Tomtom Toni umzubringen. Da sollten der Ausbruch und die Flucht von hier ein Kinderspiel werden. Die Gorillamännchen bleiben zurück, für sie habe ich keine Verwendung. Nun so leid mir das auch tut, ich werde sie nun rufen und ver…“ Francès beendete seinen Satz nicht. Dies lag vielleicht an der schwarz gefärbten Klinge, die eine schmale blasse Hand an seine Kehle drückte und die ihn zwang den Kopf in den Nacken zu legen. Francès entfuhr ein Keuchen, als Erkenntnis ihn überrollte. Er verfiel kurzzeitig in seine Muttersprache zurück.
 

„L'es-tu Blanca, beaux Lutine?“ (Bist du es Blanca, schöne Elfe?)

„Oui voir bien te Frances ou aussi pas.“ (Ja, schön dich zu sehen Frances oder auch nicht.)

„Il doit également être vu bien te.“( Es ist ebenfalls schön dich zu sehen.)

Toutefois, le moment n'en est mieux aucun.” (Jedoch ist der Zeitpunkt kein guter.)

“Est exact. Je dois être pris d'une manière forcée te. (Stimmt. Ich bin gezwungen dich gefangen zu nehmen)

Tu n'as pas besoin d'appeler après les gorilles qui m'obéissent.“ (Nach den Gorillas brauchst du nicht zu rufen, die gehorchen mir.)
 

Als Frances dies hörte entspannte er seinen Körper. Er hatte aufgegeben. Blanca fesselte ihren Bekannten und übergab ihn den Gorillamännchen. Dann wandte sie sich ihren Kindern zu. Sorgenvoll strich sie sanft durch Carias weiße Haare und redete leise auf sie ein. Heute schienen wirklich alle wegen aufwallender Emotionen in ihre Muttersprache zu verfallen. „Svegliati mio bambina, sveglio mio Caria.“(Wach auf mein Kind, wach auf Caria.) Francès zuckte zusammen, als Blanca so vertraut mit Caria sprach.
 

Illaria war indessen wieder auf den Beinen und schwankte zu ihrer Mutter. Zitternd ließ sie sich neben ihr nieder. „Geht es ihr gut?“„Ja, Illaria, dass tut es. Es waren nur Baldriantropfen. Sie wird noch eine Zeit lang benebelt sein, aber ist schon bald wieder auf den Beinen.“ „Mamma…“ Caria war wieder zu sich gekommen. Ihren Versuch sich aufzurichten unterbrach ihre Mutter, indem sie sie sanft zurückdrückte und sie stattdessen in die Arme nahm. Caria brachte ein erschrecktes Quietschen zustande.
 

„Mamma, dass ist peinlich ich bin doch..“„kein kleines Kind mehr?“ Verlegen errötete Caria, während ihre Mutter fröhlich lachte. „Du bist fünf, meine Kleine. Außerdem ist dein Fuß verstaucht. Also beides Gründe, die eine Mutter dazu veranlassen sich um ihr Junges zu kümmern.“ Illaria freute sich, dass es ihrer Schwester gut ging, aber sie war auch geknickt. Schuldbewusst richtete sie ihren Blick zu Boden und sah dabei aus wie ein besonders reuevoller Sünder.
 

Blanca bemerkte das Verhalten ihres älteren Kindes. „Was ist los, Illaria?“„Es tut mir so leid, Mamma. Wegen mir ist der ganze Auftrag verpfuscht. Wenn ich nicht mit Caria gestritten hätte, hätten wir dich nicht verloren und das Ganze wäre nicht so aus dem Ruder gelaufen. Wir wissen doch, dass man in der Hand des Feindes nichts annehmen soll und wenn ich nicht so getan hätte, als hätte ich nicht die Akte gelesen, würde Francès nicht unseren ganzen Plan kennen und…“, Illarias restliche Schuldbekenntnisse blieben in ihrem Mund, den ihre Mutter ihr zuhielt.
 

„Ach, Illaria, mein kleiner Wirbelwind. Du brauchst dir nicht die Schuld an dem Ganzen zu geben. Von uns dreien ist wohl jeder ein bisschen schuldig. Du und Caria seid noch Kinder. Weder ich noch euer Vater erwarten, dass ihr perfekte Ergebnisse liefert.“ „Aber wir müssen perfekt sein! Heute hatten wir unglaubliches Glück. Wenn unsere Gegner uns nicht unterschätzt hätten, weil wir Kinder sind, wäre das Ganze blutig ausgegangen. Solche Missionen sind lebensgefährlich und müssen Ernst genommen werden! Caria und ich waren andauernd am Streiten und Scherzen!
 

Dieses Verhalten hätte uns unsere Leben kosten können!“ Die liebevolle Kopfnuss ihrer Mutter unterbrach sie erneut. „Ach Illaria bambina. Du bist sechs, gerade mal ein Jahr älter als Caria. Heute habt ihr Fehler gemacht, aber auch nicht aufgegeben. Ihr habt euren Auftrag, so gut es ging, erfüllt. Du verlangst von dir selbst absolute Perfektion, aber das ist noch nicht möglich. Aus Fehlern lernt man und wird immer besser und besser.
 

Die Zeit vergeht und die Erfahrung aus den gemachten Fehlern nimmt zu und zu. Ihr steht erst am Anfang eures Weges, doch ihr werdet reifer und erwachsener, je länger ihr ihn geht und am Ende werdet ihr euch wahrlich Assassinen der de Medici nennen dürfen!“ Illaria sah ihrer Mutter mit großen Augen bewundernd an. Solch eine flammende Rede, solch absolute Überzeugung. Solch ein ehrenvolles und weises Wesen. Ihre Mutter verkörperte alles, was einen wahren de Medici ausmachen sollte.
 

„Was steht ihr Gorillas eigentlich so blöd rum?! Schließt gefälligst die Pipeline und dann schnappt euch die Kartons mit den Akten und ab auf die Schlitten zu den Inuit! Wir haben schließlich nicht das ganze Leben Zeit! Und wagt es ja nicht rumzumurren! Vergesst nicht jeder von euch hat Schulden bei mir, also los an die Arbeit wenn ihr eure Bananenstauden je wieder sehen wollt.“
 

Nun vielleicht nicht ganz die vollkommene Verkörperung…
 

Während sich unsere merkwürdige Prozession in Bewegung setzte, fiel mir etwas ein. Langsam und noch etwas beklommen in meinen Bewegungen, bewegte ich mich durch den Zug stampfender Gorillamännchen, bis ich bei der Zielperson ankam. Francès lief mit auf den Rücken gefesselten Händen umringt von seinen Bewachern missmutig mit. Ich schlüpfte geschickt durch die kleine Lücke in dem geschlossenen Kreis und nach mehrmaligem Gepickse gelang es mir, mir genügend Platz zu verschaffen, sodass ich neben ihm hergehen konnte.
 

„Francès?“ Angesprochener zuckte zusammen und hob seinen Kopf. Fragend schaute er mich an.
 

„Illaria, jeune fille? (kleines Mädchen) Was verschafft mir die Ehre deiner Anwesenheit? Übst du das Gefühl des Triumphierens indem du dich am Anblick des geschlagenen Feindes erfreust?“ Ich rümpfte die Nase. „Nein, dass wäre garstig und außerdem ist die Leiche von Tomtom Toni der geschlagene Feind. Und bevor ich mir diesen Sack voller Fett noch einmal anschaue, springe ich lieber unbekleidet und mit Blut bedeckt in ein Haifischbecken.“
 

Francès lachte. „Welch scharfsinnige Erwiderung in diesem jungen Alter.“ Er verbeugte sich leicht. „Keine anderen Gegner wären würdig genug gewesen, um mir eine Niederlage zu bescheren. Lieber von einem guten Feind besiegt und gefangen, als von einem schlechten Freund verraten und erschlagen.“
 

Illaria errötete. „Ähem, danke, dass sie uns für gute Feinde halten, aber ich wollte sie eigentlich etwas fragen.“„Dann frage.“„Ihre Reaktion…sie scheinen Mamma zu kennen, woher?“ Francès erstarrte. Leise fragte er, ob ich französisch verstehe. Ich verneinte. „Dann sind es wohl meine körperlichen Reaktionen, die dich zu dieser Annahme brachten?“„Das und die Emotionen in ihren Augen.“ Francès schien lange zu überlegen. Dann ging er in die Hocke, bis wir beide uns auf gleicher Augenhöhe befanden.
 

„Das erste Mal traf ich deine Mutter in einer verregneten Nacht in Paris. Ich war auf dem Weg Informationen zu meinem Auftraggeber zu bringen, als ein zierlich gebauter Mann in einem verwaschenen blauen Sweatshirt, mit zerissenenen Jeans und das Gesicht unter einem braunen Basekap verborgen von der Seite angerannt kam und mich rammte. Ich fiel zu Boden und er entriss mir den Ordner mit den Infos.
 

Ich rappelte mich auf und verfolgte ihn durch die Straßen von Paris. Ich holte langsam auf, aber verlor ihn, als er katzengleich mit Anlauf auf ein Auto sprang, sich abstieß, eine Laterne erfasste und von dieser gestützt gegen eine Fassade sprang und hochkletterte und über die Dächer weiter floh. Und das Ganze mit einer solchen Schnelligkeit, dass nicht einmal der Fahrer des Wagens wusste, was da auf sein Dach gesprungen war.
 

Meinem Auftraggeber konnte ich mein Versagen wohl kaum mit diesem wunderlichen Erlebnis erklären. So war ich gezwungen mich im Untergrund zu verstecken, aber ohne Erfolg. Man spürte mich auf und schleifte mich zu ihm. Wie erwartet glaubte er meiner Geschichte nicht und dachte ich hätte die Infos an die Konkurrenz verscherbelt und plante wegen besserer Bezahlung überzulaufen.
 

Vier Tage später, nach der `speziellen` Behandlung seiner Kumpane, hing ich mit Klebeband gefesselt an einer Rohrleitung, gefangen im Keller eines runtergekommenen Mietshauses. In stinkender und von der Behandlung zerfetzter blutgetränkter Kleidung, mit einem gebrochenen Fuß und zahlreichen anderen Verletzungen, wegen fehlender Flüssigkeit dehydriert und vor Hunger geschwächt, wartete ich auf meinen baldigen Tod.
 

Ich nickte ein, bis ein leises Atmen mich aus meinem Schlaf riss. In der Annahme, dass es nun soweit war, öffnete ich die Augen und erstarrte als eine kleine Person mir einen angebissenen Schokoriegel vor die Nase hielt. Du kannst dir meine Verwunderung nicht vorstellen, als ich in der Person jenen jungen Mann wieder erkannte, der für die ganze Misere verantwortlich war. Ich wollte ihm im besten Gossenfranzösisch alle Schimpfwörter, die ich kannte entgegenkrächzen, als er mir den Mund zuhielt und seine Kappe abnahm.
 

Stumpfes bräunlichweißes schulterlanges glattes Haar fiel herunter und zwei rote, in Blut getränkte, strahlende Seelenspiegel blickten mir aus einem mit dreckverkrusteten elfenhaften Gesicht entgegen. Erst dachte ich, ich sei schon tot und ein gefallener Engel war gekommen, um mich zu holen.
 

Zumindest bis der gefallene Engel mir den Schokoriegel in den Mund stopfte und ich fast daran erstickte. Als ich den Riegel endlich runtergewürgt hatte, stellte ich fest, dass der junge elfenhaft aussehende Mann in Wahrheit eine junge, noch elfenhaft aussehendere Frau war. Statt nun zu fragen starrte ich sie lieber fassungslos weiter an. Ihre Klamotten waren verschmutzt und zerrissen und sahen kaum besser aus, als meine. Sie machte einen erschöpften Eindruck und hatte wahrscheinlich noch Fieber. Und doch immer noch sah sie aus wie ein Engel oder eine Elfe. Da konnte man sich so schlecht entscheiden. Sie musste genervt gewesen sein von meinen starrenden Blicken und dem offen stehenden Mund, denn sie setzte mir mit einer Handbewegung eine Flasche an den Mund und zwang mich zu trinken.
 

Ich würgte die bitter schmeckende Brühe gierig runter. Schließlich begann sie zu sprechen. Mit einer glockenhellen singenden Stimme, die mich erneut erstarren ließ und faszinierte. Sie entschuldigte sich bei mir, dass sie mich durch ihren Diebstahl in diese Lage brachte. Sie erzählte mir, dass die Kumpane meines Bosses sie dabei erwischt hatten, wie sie in meine Wohnung einbrach und nach weiteren Ordnern suchte. Sie wurde von ihnen überrascht und niedergeschlagen.
 

Sie erwachte während der Fahrt im Kofferraum eines alten rostigen Ford Angelina. Dass er alt war erkannte sie daran, dass sie mit Leichtigkeit die Kofferraumlade von innen aufbrechen konnte. Dem im Kofferraum liegenden Feuerlöscher sei gedankt. Leider fuhr der Ford mit schneller Geschwindigkeit und sie wurde, als der Kofferraum von ihr geöffnet aufsprang, rausgeschleudert. Nur fuhr das Auto zu ihrem Glück an der Seine entlang. Sie konnte sich abrollen, kullerte aber einen Abhang runter und landete im Wasser. Mühevoll gelang es ihr sich an einer Baumwurzel festzuhalten und sich rauszuziehen.
 

Sie hatte sich einen leicht verstauchten Knöchel und zahlreiche Prellungen zugezogen. Ihr Kopf durch den Schlag schwer brummend. Wenn sie nicht so flink gewesen wäre, hätte dieser Sturz aus dem Kofferraum sie schwer verletzt oder sogar getötet. Nur wussten die Kumpane nun, wie sie aussah. Außerdem waren dem Boss Gerüchte zu Ohren gekommen. So musste sie sich verstecken und vier Tage lang unter einer Brücke hausen. Ihre Behausung hatten sie durch Nachfragen gefunden, ihre gesamte Ausrüstung auch. Der Boss war vorgewarnt, sie im Nachteil.
 

In den vier Tagen konnte sie kaum etwas zu essen auftreiben, weil sie zu behindert durch die Verletzungen war. Zudem bekam sie Fieber. Heute Nacht hatte sie sich entschieden, loszuschlagen, sonst wäre sie zu geschwächt gewesen. Nur mit dieser kleinen Plasteflasche voller Flusswasser bewaffnet hatte sie sich aufgemacht und so gut es ging hierher geschleppt. Mein Boss hielt sich ihren Informationen nach immer in diesem Haus auf, wenn er Verräter, gefangene Feinde, Versager oder Geiseln bearbeitete, verhörte und schließlich entsorgte.
 

Sie vermutete mich hier und ihr wurde auch die Schwere ihrer Schuld bewusst. Ich wunderte mich, dass diese seltsame schöne Frau an mich dachte. Ich vermutete erst sie sei eine ehemalige Straßenakrobatin aus armen Verhältnissen, die auf die schiefe Bahn geraten war. In den dunklen Gassen von Paris gab es eine Menge gescheiterter Existenzen und kriminellen Abschaum. Jeder dachte zuerst an sich selbst. Wenn ein anderer durch einen in Gefahr geriet, kümmerte es denjenigen oftmals nicht. Sie aber tat es. Sie schnitt meine Fesseln mit einem Messer durch.
 

Sie schlang ihrem Arm um mich und stützte mich so. Nun ist es nicht sehr leicht für zwei angeschlagene verletzte Menschen durch ein Gebäude voller krimineller Schläger zu kommen. Die Frage wo sie den Schokoriegel und das Messer her hatte erübrigte sich, als ich die Leiche des jungen Schlägers begutachten konnte.
 

Um es kurz zu machen, deine Mutter hatte es trotz meines und ihres Zustandes geschafft nicht nur alle Personen in diesem Gebäude umzubringen, sondern es auch noch in Brand zu stecken. In dieser Nacht habe ich eine Menge Dinge über kurzfristig improvisiertes Ermorden überlegener Gegner gelernt und Einblicke in das Innere des menschlichen Körpers erhalten, die ich lieber niemals gesehen hätte. Aber schließlich brach sie zusammen. Ich hatte einem der ermordeten das Handy abgenommen und rief einen Bekannten an. Nachdem wir einen horrenden Preis aushandelten, kam er uns abholen. Es haute ihn fast aus den Socken.
 

Ich mit dem Aussehen eines halbtoten Straßenpenners, in meinen Armen einen Engel oder Elfe haltend, hinter uns malerisch in den schönsten Orangentönen brennend, das Hauptquartier eines der gefährlichsten Verbrecher Paris. Er fuhr uns zu einem Mann, den alle nur den `Doc` nannten. In Krankenhaus konnte unsereins ja nicht einfach gehen und selbst der Abschaum von Paris braucht einen Arzt zu dem man gehen kann.
 

Die Tage vergingen und wurden zu Wochen. Wir beide genasen und lernten uns näher kennen. Deine Mutter lehrte mich viele Dinge. Irgendwann offenbarte sie mir, was sie wirklich war und ich akzeptierte es. Es war mir sogar willkommen. Durch das Training mit ihr änderten sich meine Ziele und Prioritäten. Nur dadurch begann ich mit Dingen, die sich mit den moralischen Grundsätzen deiner Mutter nicht vereinbarten. Dann beging ich eines Tages den größten Fehler meines Lebens und verlor sie dadurch.“
 

„Wie eng war denn ihre Beziehung zu meiner Mutter?“ Francès sah Illaria durchdringend an. Ein trauriger Blick schlich sich in seine Augen. Er hob seine Hand und strich Illaria zärtlich über die Wange. „Wenn ich diesen Fehler damals nicht begangen hätte…“, flüsterte er leise, „dann würden die Augen deiner kleinen Schwester heute in den dunklen Farben des Ebenholzes erstrahlen und deine Haare hätten die Farbe der reifen Weizenfelder, getaucht in das silberne Licht des vollen Mondes…“
 

Mir fielen die Augen aus dem Kopf. Metaphorisch gesehen. „Oh.“ Das war nicht so die Erklärung, die ich erwartet hätte. „Ähem. Danke für das Gespräch.“ Ich verließ fluchtartig den Kreis, drehte mich aber noch einmal um. „Ich werde Mamma bitten, dass sie ein gutes Wort für sie bei den Inuit einlegt. Dann werden sie nicht ganz so hart bestraft.“ Francès verbeugte sich. „Ich danke dir. Sag deiner Mutter bitte, dass mir die ganze Sache leid tut und sie mein Wort hat, dass ich nicht fliehen werde. Ich werde jede Bestrafung der Inuit akzeptieren, so hart sie auch sein mag.“
 

„Ich richte es ihr aus.“ So drehte ich Francès den Rücken zu und schlängelte mich zurück zu Mamma. Diese war bereits draußen und gab einige Anweisungen. Caria trug sie noch immer auf den Armen. Sie hörte mein Näherkommen und drehte sich um. „Du hast mit Francès gesprochen?“„Ja, er erzählte mir von eurer ersten Begegnung. Dem wunderschönen weißen Wesen, bei dem er sich nicht entscheiden konnte, ob dieses nun ein gefallener Engel oder eine zauberhafte Elfe war. Dem Wesen, dass eine reine glockenhelle Stimme besaß und dass ihn fast mit einem angebissenem Schokoriegel erstickt hätte.“
 

„Ja, daran erinnert er sich natürlich.“„Und er berichtete mir, dass wenn er damals diesen Fehler nicht begangen hätte, ich und Caria heute andere Augen und Haare besäßen…“

Mamma erwiderte darauf nichts, sondern sah gedankenverloren in den weißen Schnee. „Er sagte auch, dass ihm die ganze Sache hier leid täte und er dir sein Wort gibt, dass er nicht fliehen würde. Und er akzeptiere jede Bestrafung der Inuit.“„Typisch. Er tritt in eine Bande ein, zerstört mit seinem Plänen halb Kanada und erst wenn er geschlagen in Fesseln steckt, kommt er auf den Gedanken Reue zu empfinden!“
 

„Ich versprach ihm, dass du ein gutes Wort für ihn einlegen würdest…“ Mamma blitzte mich wütend an. „Du solltest die Leute vielleicht erst fragen, bevor du in ihrem Namen etwas versprichst…“„Tut mir leid, Mamma. Du solltest aber auch mal mit ihm reden. Es sieht so aus, als hätte dein Auftauchen ihm einen schweren Schlag versetzt…“ Nachdenklich ruckte meine Mutter ihren Kopf hin und her. „Du hast recht, Illaria. Seit damals ist viel Zeit vergangen. Und ich bin noch gar nicht dazu gekommen, ihn wegen der ganzen Sache richtig anzubrüllen. Nimm bitte deine Schwester. Ich muss einen alten Freund besuchen.“
 

Als sie mir meine Schwester in die Hände drückte, wachte diese auf. „Huh?“„Ist nichts besonders passiert, schlaf weiter Caria.“„Hm.“ Ich schleppte meine Schwester zu einem der Schlitten und packte sie warm ein. In der ganzen Aufregung hatte ich gar nicht bemerkt, dass wir immer noch so leicht bekleidet waren. Kein Wunder, dass die Gorillamännchen uns so hungrig anstarrten. Illaria betrachtete ihre Schwester. Sie sah eingepackt und schlafend so süß und unschuldig aus. Und wie ein weißer Taco mit Haaren. „Zum Glück hat Mamma nicht mitgekriegt, wie Francès uns den Baldrian untergejubelt hat…“
 

„Ach ja, Illaria? Deine Schwester hat im Schlaf gemurmelt, wie ihr den Baldrian bekommen habt. Eine süße Geschichte. Ich habe sogar ein paar Spitznamen für euch. Du heißt Fillinchen und Caria, mein kleines Assassinchen.“ Illaria strahlte ihre Mutter an. /Wenn dieser weißhaarige Taco erwacht werde ich ihn langsam und qualvoll umbringen!/
 

Flashback ende…..
 

„Zum Glück haben du und Francès euch damals wieder vertragen. Du hast sogar ein mildes Strafmaß für ihn erreicht.“„Ja, aber er wird in seinem gesamten Leben niemals wieder einen weiblichen Elcheuter ansehen können.“„Was sind diese verdammten Viecher auch so schwer zu melken? Ich habe das damals ja auch versucht.“„Und wurdest mit einem Tritt für deine Mühen belohnt.“„Das war damals fast so demütigend wie die Tatsache, dass du uns seit diesem Tag 7 Jahre lang `Fillinchen` und `mein kleines Assassinchen` gerufen hast. Und die arme Alena rufst du auch noch mit beiden Namen gleichzeitig…“
 

„Ich bin eine Mutter. Es ist meine Lebensaufgabe euch in Verlegenheit zu bringen.“ Illaria lächelte, aber wurde dann ernst. „Es wird Zeit. Wir sollten aufbrechen…“„Ja, leider. Dass meine älteste Tochter aber in solch einem Aufzug rumläuft erfüllt mich mit Zorn.“„Ich habe ja nicht vor, es zu meiner Alltagskleidung zu machen.“ Illaria drehte besah sich noch einmal im Spiegel und drehte sich um ihre eigene Achse. Sie schien zufrieden und zog einen Trenchcoat vom Haken und legte ihn an.
 

„Ok, wir sehen uns an deinem Geburtstag.“„Illaria warte, nimm das.“ Sie drehte sich um und fing etwas auf. „A-aber das sind ja..“„Die Schlüssel für den Mercedes ja.“ Ich erstarrte. Dieser Traum von einem Auto war erst letzten November auf den Markt gekommen und kostete so viel wie zwei ganze Häuser. Vater hatte sich beide Beine dafür ausgerissen, nur um einen in die Finger zu bekommen. Es gab nur 4.500 Stück pro Jahr, die nächsten waren erst 2012 erhältlich. Und nun hielt ich den Schlüssel zu diesem Baby in den Händen.
 

Ich dachte an dieses Auto:
 

[uhttp://www.automobilsport.com/uploads/_neustart/november-1-2009/mercedes-benz-sls-amg-2-1.jpg
 

Die schlanke schnittige Form.

Diese durchdringenden leuchtenden Farben.

Diese einzigartigen Türen.
 

Oh, Mamma!!!
 

„Illaria, meine Tochter, du sabberst…“
 

Schnell wischte ich mir die verräterische Flüssigkeit aus dem Gesicht. Dann sprang ich mit einem Freudenschrei auf meine Mutter zu und umklammerte sie. Die meisten meiner ausgekreischten Sätze verstand man nicht, aber ich glaube sie bemerkte, dass ich mich freute. Schließlich ließ ich sie los und stürzte zum Geländer. Ich sprang runter und fiel mit meiner Gabe sanft die 3 Stockwerke hinunter. Ich rannte zum Gewächshaus und fand Caria, die gerade diverse Samen und Gifte von ihren Pflanzen in kleine Glasphiolen füllte und in ihrer Umhängetasche verstaute.
 

Ihr blieben gerade mal 2 Sekunden Zeit alles zu packen und festzuhalten, bevor ich sie mithilfe meiner Gabe zu mir zerrte. „Caria, beeil dich, wir müssen los!“„Ach, jetzt auf einmal? Vor drei Stunden habe ich diese Worte an sie gerichtet und jetzt wo ihre Gnaden finden, dass sie bereit dafür ist, muss das niedere Volk natürlich gleich springen.“„Nun sei nicht gleich so wütend, außerdem ist das nicht der Grund. Mamma hat mir die Schlüssel für den Mercedes gegeben und…“ Eine Hand packte mich am Kragen und unterbrach meinen Redefluss.
 

„Der Mercedes, sie hat dir die Schlüssel für den Mercedes gegeben?!“ „Habe ich doch gesagt!“ Caria erwiderte nichts mehr. Stattdessen hängte sie sich ihre Tasche um, packte ihre Schwester am Schlafittchen und rannte los. „Wir müssen los und uns beeilen! Vater riecht es 5 Meilen gegen den Wind wenn jemand außer ihm seinen Mercedes benutzen will! Hast du alles eingepackt?“„Natürlich.“„Werkzeuge?“„Ja.“„Seil, Klebeband, Seidentücher?“„Jo.“„Pläne, und spezielle Waffe?“„Alles in meinem Rucksack.“
 

„Und wo ist dein gepackter Rucksack?“„Öh, im Haus.“„Da lasse ihn gefälligst hierher schweben!!“ Ich kam ihrer Aufforderung nach. Wir verschwendeten unsere Zeit nicht damit Alena zu suchen, sondern ich ließ sie gleich mitsamt der Tasche zu uns schweben. So bekam ich meine Tasche plus fluchender 13-jähriger Teenieschwester in die Arme. Mit Schwung setzte ich Alena ab und hängte mir die Tasche um. Wütend musterten mich zwei flammende Opalaugen. Ich warf einen Blick auf meine kleinste Schwester. Zerrissene blaue Jeans, ausgelatschte Turnschuhe, ein schlabbriges weißes T-shirt und diese natürlich schwarzweißgefärbten Haare. Dazu ein Nintendo DS in der Hand und einen MP3-Player eingestöpselt in den Ohren. Wenn ich sie nicht seit dem Tag ihrer Geburt kennen würde, würde selbst ich denken sie wäre ein normaler 13-jähriger Teenie mit Hang zur Punkszene und keine gerissene Medici Assassinin, die das Feuer beherrschte.
 

„Super. Vor drei Dekaden wollten wir los und jetzt wo ihre Hoheit endlich bereit ist, kann es ihr nicht schnell genug gehen.“ Sie wollte noch mehr sagen, doch ich schnitt ihr die Worte ab. „Keine Zeit weiter über mich zu reden, Alena! Mamma hat mir die Schlüssel für den Mercedes gegeben. Wir müssen sofort los, bevor Papas Instinkte anschlagen und er es bemerkt.“„Der Mercedes? Aber da passen doch nur zwei Leute…“ „Ahhhh, du hast was?!“
 

„Oh, verdammt! Los!“ Wir rannten wie vom Teufel getrieben zur Garage. Alena hatte recht, dass nur 2 Leute hineinpassten, aber sie war klein genug und hinter den Sitzen war die Kofferraumablage. Dort quetschten wir sie hinein. Ich schnallte mich an und startete den Motor. Das Baby schnurrte wie ein Käfig voller Tiger. Caria wollte die Garage per Fernbedienung öffnen, aber es klappte nicht. „Mist, er hat die Kindersicherung aktiviert!“ „No Problemo, Schwester.“ Mit einer coolen Geste meiner Hand und meiner Gabe riss ich das Tor heraus und ließ es auf den Rasen schweben.
 

Dann trat ich aufs Gaspedal und beschleunigte innerhalb von 3,8s von 0 auf 100 Sachen. Caria kreischte erschreckt, Alena jubelte. Gott mit diesem Auto schwebten wir förmlich mit Highspeed Richtung Ausgang. Zumindest bis mir einfiel, dass ich die Akten mit der Auftragsbeschreibung vergessen hatte. Ich trat auf die Bremse und wir wirbelten einmal halb herum. Ich sprang aus dem Auto und mit einem Tritt war ich in der Luft. Keiner in meiner Familie mochte es, wenn ich damit anfing in der Luft zu laufen. Es sah immer sehr seltsam aus und auch etwas unheimlich.
 

Mit federleichtem Tritt stand ich vor den Stufen, die zu unserer doppelten Mahagonieingangstür führten. Mamma stand dort. In der Hand drei schlichte Ordner. „Die hast du vergessen, mein kleiner Wirbelwind.“ Ich nahm sie entgegen. Sie umarmte mich noch zum Abschied. „Wegen der einen Sache, es ist alles geklärt…“ Schlagartig wurde ich ernst. „Das sind gute Neuigkeiten…“ Mamma sah mich mit Trauer in den Augen an.
 

„Und du bist dir sicher, dass du das wirklich tun willst?“„Ja. Es gibt keinen Grund, es noch länger hinauszuzögern. Veränderung greift bei uns ein. Es ist an der Zeit nachzugeben und ihr zu folgen. Ihr werdet es schon schaffen.“„Du wirst immer ein Teil dieser Familie sein. Vergiss das niemals!“„Jawohl, Mamma.“ Mit diesen Worten flog ich zum Auto zurück und setzte mich rein. Meine Schwestern sahen mich fragend an. „Hab die Ordner vergessen.“ Zwei Augenpaare rollten. „Na gut, dann jetzt aber los.“
 

Ich fuhr gerade rechtzeitig wieder los, denn nur Sekunden später kam unser Vater herausgestürmt. Wütend und mit Schaum vorm Mund sah er aus, als sei er bereit das Auto zu Fuß einzuholen und sich mit vollem Körpereinsatz davorzuwerfen, nur um uns zu stoppen. Zum Glück bekam Mamma ihm am Kragen zu packen und hielt ihn fest. Trotzdem fing unser Vater an, wahnsinnig zu lachen. Ich verstand erst nicht warum, bis Caria mir in einer sehr deutlichen Lautstärke die Worte: „Er hat das Haupttor geschlossen!“, ins Ohr brüllte. Ich verstand: „Dieser größenwahnsinnige Schurke, der sich unser Erzeuger nennt, will uns daran hindern, in Freiheit zu gelangen. Nur ein Wunder kann uns retten!“ Ich sollte wirklich weniger Actionfilme schauen.
 

Denn bei ihren Worten lächelte ich meine Schwester nur strahlend an. Sie blinzelte verwirrt. Dann drückte ich den Knopf, durch den die Flügeltüren nach oben glitten. Ich hob das Auto an und wir waren ruck zuck über dem Tor. Ich lachte nun nicht weniger wahnsinnig, als zuvor mein Vater. Alena hielt sich kreischend an den Kopflehnen fest und Caria legte ihre Hände um meinen Hals und würgte mich. „Du Wahnsinnige! Du bist noch irrer als er!!“
 

Ich schüttelte Carias Hände ab und lachte weiter. „Aber Schwesterherz. In der Werbung sagten sie doch: Es ist schöner als ein Königspfau, es ist schneller als ein Leopard und es besitzt Flügel. Kann man diesen Wagen denn überhaupt noch ein Auto nennen?“ „Nur weil dieser Wagen Flügeltüren besitzt, musst du ihn nicht gleich zum Fliegen bringen! Blut Gottes verdamme deine Gabe!“
 

Sie setzte sich wieder hin und warf einen Blick nach oben. „Und hör damit auf, die Flügeltüren auf und abschlagen zu lassen! Blut Gottes, meine Schwester ist eine Wahnsinnige!“ ich lachte nur und ließ den Wagen höher steigen. So flogen wir unserem Ziel entgegen. Schließlich mussten wir ja heute Nacht noch einige Morde begehen.
 

Wie konnte ich auch ahnen, dass wir in dieser Nacht jene sein würden, die ermordet wurden?



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Kommentare zu dieser Fanfic (2)

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Von:  Piraten-engel
2009-09-22T18:25:44+00:00 22.09.2009 20:25
wow, ich habe die Geschichte gleich weiter empfolen. ^_^
Sie ist einfach krass und schreib ja auch schnell weiter. xD

lg... von einem Engel.
Von:  Piraten-engel
2009-09-22T13:37:53+00:00 22.09.2009 15:37
lol, der Prolog war ja wirklich genial. xD
Na, das erste Kapitel muss ich heute abend lesen, da ich acuh jetzt ins Praktika muss. -.- spät dienst. ^^
bis heut abend, und schreib schnell weiter. *lach*

lg... von einem Engel.


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