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Yami No Kanji

Finstere Gefühle beherrschen meine Seele
von

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Kapitel 5

Eine kleine Rückblende, weil ich fand, dass Satos und Ryos Gefühle ein wenig zu kurz kamen. Jetzt bin ich eigentlich ziemlich damit zufrieden.

Hab auch ein wenig meine Fantasie spielen lassen, wie das damals so war, als sich die heute Besetzung von Girugamesh formierte, aber lest selbst^^

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RYOs POV
 

Was als nächstes geschah, bekam Ryo nicht mehr richtig mit. Nur halb nahm er wahr, wie ShuU aufgeregt einen Krankenwagen rief, die Notärzte Satoshis auf eine Trage plazierten und mit ihm ins Krankenhaus fuhren und wie er, ShuU und Nii ebenfalls dorthin unterwegs waren. Für zehn bis fünfzehn Minuten hatte er in das regungslose Gesicht seines besten Freundes geblickt, aber er hatte nicht gesehen, was vor ihm lag, sondern durch Satoshi hindurchgesehen. Er war völlig weggetreten, als ShuU ihn zum Auto zog, ihn reinschubste, anschnallte und losfuhr.

Er erinnerte sich an den Tag, an dem er Satoshi kennengelernt hatte. Zu dem Zeitpunkt steckten ShuU und er in einer schweren Krise. Ihr Bandprojekt war vor ein paar Tagen geplatzt, als Sänger und Gitarrist sie unfreiwillig verlassen hatten.
 

FLASHBACK
 

„Und du denkst wirklich, es war die richtige Entscheidung Cyrien und Hotaru rauszuschmeißen?“ fragte Ryo kritisch und ließ einen seiner Drumsticks locker zwischen den Fingern kreisen.

„Jetzt fang nicht wieder davon an, Ryo“, ermahnte ShuU ihn, während er einen Stapel Songmaterial ordnete. „Wir kommen mit ihnen keinen Schritt weiter.“

„Ohne sie aber erst recht nicht“, merkte Ryo missbilligend an.

„Das weiß ich und deshalb hab ich mich sofort hinters Telefon geklemmt und Arrangements gemacht.“

Laut klappernd fiel der Drumstick zu Boden.

„Achso?“ fragte Ryo überrascht. Das ging ja schnell. „Und?“

„Einen neuen Gitarristen hab ich schon.“

„Ach tatsächlich?“

Schön, dass den Drummer auch mal jemand gefragt hatte, ob er mit der Neubesetzung einverstanden war. Aber das war halt ShuU. Wenn er sich seiner Sache sicher war, ließ er sich von niemandem reinreden. Hatte man ja beim kürzliche Rausschmiss gesehen...

„Ja“, sagte ShuU und begann zu erklären. „Ein alter Freund von mir. Keine Sorge, “ fügte er schnell hinzu, als er Ryos wenig begeisterte Miene sah. „Er ist super. Das hab ich schon damals gemerkt.“

„Und warum war er dann nicht von Anfang an bei uns? Warum mussten wir uns ein Jahr lang mit Hotaru rumschlagen?“

„Er war sehr begehrt und schnell in festen Händen“, erklärte der Bassist.

„Aha. Und warum sollte er seine festen Hände aufgeben und zu uns kommen?“

„Weil ich ihn gefragt habe.“

Das stank doch zum Himmel. Ryo war überhaupt nicht zuversichtlich, dass ShuUs Pläne Früchte tragen würden. Er hatte auch alte Freunde, die Musiker waren und trotzdem ungeeignet um Teil ihrer Band zu werden. ShuU wollte seinem Kumpel wahrscheinlich nur einen Gefallen tun.

„Dann fehlt uns aber immer noch ein Sänger“, erinnerte Ryo den Bassisten.

„Ja. Nii meinte aber–“

„Nii?“ fragte Ryo nach, als ob er sich verhört hätte.

„Ja, Nii. Das ist sein Künstlername.“

„Nii wie Bruder Nii?“ Ryo wollte schon anfangen zu lachen. Was für ein bekloppter Künstlername. Mit was für Leuten war ShuU befreundet?

„Nein, ich glaub Nii wie zwei“, überlegte ShuU.

„Komischer Künstlername.“ Ryo konnte es sich nicht verkneifen.

„Ist doch egal, wie er heißt, hauptsache er spielt gut!“ fuhr ShuU ihn genervt an. „Jedenfalls, Nii kennt jemanden, der wen kennt und der ist ganz beeindruckt von ihrem Sänger.“

„Von wessen Sänger?“

„Venom.“

„Sagt mir nichts.“

An dieser Stelle schickte Ryo ein Stoßgebet zum Himmel. Sollte ihre Band demnächst tatsächlich zur Hälfte aus Amateuren bestehen? Na, wenn das mal gut ging.

„Mir auch nicht, aber Nii kennt die Jungs und er meinte mit dem Sänger hätten wir nen riesen Fisch an Land gezogen.“

„Na, wenn er meint“, sagte Ryo, war aber immer noch nicht überzeugt. „Und wieso sollte so ein toller Sänger seine aktuelle Band verlassen?“

„Das hab ich Nii auch gefragt“, erwiderte ShuU. „Er will sich wohl seine Optionen offen halten.“

Vielleicht sollten sie sich ihre Optionen auch lieber offen halten, dachte Ryo, verkniff es sich aber seine Gedanken direkt laut auszusprechen. Er umschrieb es lieber ein bisschen.

„Das hört sich ja alles ganz gut an, ShuU“, begann er zweifelnd. „Aber–“

„Vergiss es, Ryo. Du kannst sowieso nichts mehr dagegen sagen, weil ich es schon beschlossen habe. Außerdem sind sie schon unterwegs. Eigentlich müssten sie jeden Moment hier sein.“

„Und meine Meinung zählt hier wohl gar nicht, oder was?!“ empörte sich Ryo, wurde aber ziemlich kleinlaut, als die restlichen Informationen sein Gehirn erreichten. „W – Waaaaaas?!“

Ihr Schicksal war im nächsten Moment besiegelt, als ShuUs Klingel ertönte.

„Boah, das darf doch nicht wahr sein“, stöhnte er und ließ sich auf die Couch fallen, während ShuU zu Tür eilte, um ihre Gäste hereinzubitten. Ryo knuddelte das nächstgelegene Kissen und vergrub sein Gesicht in dieses bis er hörte, dass drei paar Beine das Wohnzimmer betraten und ShuU ihm zum Gruß aufforderte.

Lustlos hob der Drummer den Kopf und musterte die Neuankömmlinge. Der eine zu seiner Rechten war ungefähr so groß wie ShuU. Seine Haare fielen ihm bis zu den Schultern in leichten Wellen. Das hatte er sich doch bestimmt von den Amis abgekuckt. Ryos erster Gedanke war, dass er einen ziemlich alten Eindruck machte, weil sein Gesicht sehr markante Züge aufwies, die von seinem ernsten Blick unterstützt wurden.

Ryos Blick wanderte nun zu dem Mann daneben und ihm fielen fast die Augen heraus. Der 'Mann' sah aus wie ein kleiner Junge. Ryo schätze ihn kaum größer als sich selbst. Er trug kurze Haare, die zusammen mit seinem jugendlichen Gesicht seine junge Erscheinung noch verstärkten. Er sah sogar noch jünger aus, als Ryo und dieser war gerade erst achtzehn geworden. Wie alt war dieser Kerl? Sechzehn?

Der Kleine war nervös. Das konnte man ihm ansehen. Er stand dort wie bestellt und nicht abgeholt und biss unsicher auf seiner Unterlippe rum. Ryo hatte sich so darin verloren die beiden völlig unterschiedlichen Menschen anzustarren, dass er erst wieder zu sich kam, als er ein eindringliches „Ryo!“ hörte.

„Oh, ähm, tut mir Leid“, entschuldigte sich der Drummer und stand auf, um die Gäste zu begrüßen.

Der Kleine kicherte über Ryos kleinen Spaceout. Es war ein schönes Lachen, melodisch und glockenhell. Da wusste Ryo, dass es der Kleine war, der sich als Sänger versuchen würde. Na, dann war die Nervosität sogar ganz nützlich. Aus Erfahrung konnte der Schlagzeuger sagen, dass überaus nervöse Spieler von Instrumenten überhaupt nichts taugten. Sie fingen an zu zittern, hatten ihre Instrumente nicht mehr im Griff und konnten froh sein, wenn sie dabei noch eine halbwegs vernünftige Melodie rausholten. Bei Sängern war es anders. Wenn sie nervös waren, dann war es ein gutes Zeichen von annahenden Erfolg, denn sie wollten um jeden Preis ihr Bestes geben (was sie dann auch taten, denn auf der Bühne vor den Fans verflog die Nervosität ganz von selbst), wohingegen selbstsichere Sänger meistens mit ihre Überheblichkeit alles kaputt machten.

„Hi, “ ich bin Ryo“, stellte sich der Drummer nun vor und ergriff zuerst die Hand des Langhaarigen.

„Nii“, kam es von ihm und wieder musste sich Ryo ein Lachen verkneifen. An diesen Namen würde er sich erst noch gewöhnen müssen.

Dann begrüßte er den Kleinen, der sich schüchtern lächelnd mit Satoshi vorstellte. Das war doch mal ein vernünftiger Name(der in ein paar Jahre später zum Allerweltsnamen werden würde).

„Nun gut“, sagte ShuU nach der Vorstellung und klatschte in die Hände. „Ich schlage vor, wir bauen das Equipment auf und dann zeigt ihr uns mal, was ihr so drauf habt.“

Gesagt, getan. Eine halbe Stunde später standen Verstärker, E-Gitarre und Mikrofon plus Ständer in ShuUs Wohnzimmer, bereit zur Inbetriebnahme. Die Nachbarn würden sich bestimmt freuen.

„Was sollen wir spielen?“ fragte Nii und hing sich seine Gitarre um.

Das war Ryos Stichwort. Er ging zu dem Stapel Songrohmaterial und zog einen seiner ersten Kompositionen heraus. Kaisen Sengen. Den Text dazu Cyrien geschrieben. Alles andere kam von Ryo.

„Hier, spiel das“, sagte er und reichte Nii das Blatt mit den Akkorden.

Der studierte es kurz und begann dann zu spielen. Ryo nahm ihn hart ins Gericht. Schließlich sollten sie als Band weiterkommen und dafür brauchten sie einfach die besten Musiker auf dem Markt. Ryo wusste genau, was ihn an Hotaru gestört hatte und darauf achtete er jetzt bei Nii. Seine Ohren waren unschlagbar. Er hörte jeden schiefen Ton.

Positiv überrascht stellte Ryo nach der zweiten Strophe fest, dass es an Nii absolut nichts zu beanstanden gab. Er verspielte sich kein einziges Mal und seine Version gefiel dem Drummer sogar besser als die vom Vorgänger. Was Ryo besonders daran gefiel war, dass der Übergang von einem Akkord zum nächsten flüssiger war. Man merkte sofort, dass Nii kein B-Gitarrist war. In ihm steckte Potential.

Die Riffs klangen aus, aber Ryo und ShuU hoben sich ihre Kritik bis zum Schluss auf. Nun war erstmal Satoshi dran sein Können unter Beweis zu stellen. Von ihm hing nun alles ab. Denn, was war eine Band, die gut spielte, wenn ihr Sänger grottig war.

Ryo suchte in dem Papierstapel nach Cyriens Text und gab ihn Satoshi. Es war ein guter Text. Er handelte von Krieg. Ein recht aktuelles Thema wenn man bedachte was im Nachbarland Nordkorea dauernd abging.

„Habt ihr irgendeine bestimmte Vorstellung davon, wie ich es singen soll?“ fragte Satoshi, nachdem er sich den Text durchgelesen hatte.

„Nein, nicht wirklich“, antwortete ShuU. „Da bist du völlig frei. Lass dich einfach von den Emotionen leiten, die dir bei den Zeilen durch den Kopf gehen.“

„Oh, das ist gut“, sagte der Kleine und griff nach dem Mikro. Nii wurde ein Zeichen gegeben ihn zu unterstützen.

Nun ging es los. Satoshi begann zu singen und... versagte maßlos. Schon nach dem ersten Vers kam er raus. Er war viel zu nervös. Ryo ließ den Kopf hängen. Hatte er ihn nicht eben noch dafür gelobt? Noch einmal von vorne und wieder kam er raus. Ryo wollte dem ganzen ein schnelles Ende setzen, doch Satoshi flehten ihn förmlich um eine letzte Chance an.

„Du bist viel zu nervös“, teilte der Drummer ihm mit. „Du zitterst total.“

„Ja, aber nicht, weil ich nervös bin, sondern wegen den unterdrückten Emotionen, die ich bei diesem Thema empfinde, “ erklärte Satoshi.

Ryo starrte ihn ungläubig an. So etwas hatte er ja noch nie gehört. Was für ne billige Ausrede für Lampenfieber. ShuU aber war gnädig mit dem Kleinen und gewährte ihm eine letzte, dritte Chance. Er glaubte an den Grundsatz „Alle guten Dinge sind drei.“

„Dann lass die Emotionen raus, “ sagte er. „Lass dich völlig gehen und vom Text leiten.“

„Ist gut“, meinte Satoshi und fügte beschämt hinzu. „Danke, dass ihr mir noch eine Chance gebt.“

ShuU nickte ihm ermutigend zu. Ryo zuckte nicht mal mit der Wimper. Er hatte wenig Hoffnung, dass sich das Blatt noch zum Guten wenden würde. In Gedanken ging er schon eine Liste mit Bekannten durch, die sie zum Vorsingen einladen könnten. Er realisierte erst viel später, dass Satoshi schon seit gut einer Minute am Singen war. Die Miene des Drummers war wie versteinert, als er hochkonzentriert Satoshis Version von Kaisen Sengen lauschte. Wie Nii nahm er auch ihn hart ins Gericht und wurde wieder angenehm überrascht. Dafür, dass Satoshi drei Anläufe gebraucht hatte, war Ryo doch sehr angetan von seiner Version. Sie war viel ausdrucksstärker als die von Cyrien.

Nach ungefähr vier Minuten verstummte Satoshis Stimme und der Sänger sah sie alle fragend an. Ryo wechselte einen kurzen Blick mit ShuU. Growlen konnte der Kleine, das musste man ihm lassen, aber Ryo fand, dass man bei Kaisen Sengen nicht sein volles Stimmpotential heraushören konnte und so konnte er schlecht eine Beurteilung abgeben.

„Ich würde mir gerne mal deine Stimme genauer anhören“, sagte Ryo zu Satoshi. „Hast du vielleicht etwas parat bei dem man sie gut raushören kann?“

„Du meinst eine Ballade oder so?“ Ryo nickte. „Ja klar, Moment.“ Satoshi zog ein Blatt Papier aus der Hosentasche und glättete es. „Hab ich heute morgen geschrieben“, erklärte er und nahm das Mikro in die Hand.

Nun war die Stunde der Wahrheit gekommen. Diesmal würde Satoshi sein Solo kriegen, denn niemand konnte ihn begleiten, da niemand wusste, wie die Melodie klang, die Satoshi wählen würde. Ryo war nicht abgeneigt davon. A capella hörte man seine Stimme am besten.

„Wie heißt er denn?“ wollte der Drummer noch wissen.

„Fukai no Yami“, antwortete Satoshi.

Das klang düster. Ryo war gespannt.

„Okay, fang an.“

Satoshi schloss kurz die Augen, um sich zu sammeln, dann holte er Luft und begann zu singen. Fukai no Yami war ein schönes Lied. Zwar sehr düster, doch Ryo gefiel es sofort. Was ihm aber noch viel besser gefiel war Satoshis Stimme.

Sie konnte gleichzeitig Hören und Tiefen bewältigen, die Töne halten und enthielt sehr viel Gefühl. Sie war ganz einfach das schönste, was Ryo je in seinem Leben gehört hatte.

Hellauf begeistert lauschte Ryo Satoshis Gesang und wurde von seiner beruhigenden Wirkung eingenommen. Er sah ShuU und Nii an, deren Augen strahlten und auf deren Lippen ein breites Lächeln lag. So musste er in diesem Moment wohl auch aussehen. Ryo hätte vor Freude fast geheult, da er wusste, dass sie sich den besten Sänger ihrer Szene geangelt hatten.

Satoshis Gesang verstummte viel zu früh, wie die drei Zuhörer fanden. Am liebsten hätten sie 'Encore' gerufen, aber das wäre dann doch übertrieben gewesen. Satoshi sah sie unsicher an, weil sie alle kein Wort herausbrachten. Dass sie alle vor Ehrfurcht erstarrt waren, wusste er ja nicht.

„Und?“ fragte er schließlich nach.

Nun war es Zeit Kritik zu üben. Ryo sah ShuU an. Sein Blick sagte: 'Lass mich es ihm sagen.' ShuU nickte. Ryo wäre dem Sänger bald um den Hals gefallen, so glücklich war er.

„Ich- ich weiß gar nicht was ich sagen soll“, stotterte der Drummer. Er war viel zu überwältigt. „Deine Stimme... ich kann das gar nicht beschreiben... wie machst du das?“

„Wie mach ich was?“ fragte der Sänger verwirrt.

„Deine Stimme hat uns tief bewegt“, erklärte Ryo und starrte Satoshi an, als wäre er Buddha persönlich, während die anderen beiden zustimmend nickten.

„Echt?“ sagte Satoshi und grinste verhalten.

„Ja und wie!“ rief Ryo euphorisch, legte ihm den Arm um die Schultern und zog ihn an sich. „Also wenn ShuU dich nicht will, dann können wir auch gerne ein Duett machen. Ich geb dich nie mehr her.“

Satoshi lachte wieder melodisch und beflügelte Ryo damit umso mehr. Er kam erst wieder auf den Boden der Tatsachen, als ShuU ihn ansprach und eindringlich mit dem Kopf zum Gitarristen ruckte.

„Oh! Tut mir Leid!“ entschuldigte sich Ryo peinlich berührt. „Ich war nur so...“

Er kannte nicht ein Wort, das dem, was der fühlte, am nächsten kam.

„Schon gut“, sagte Nii lächelnd. „So ging's mir auch, als ich ihn das erste Mal singen gehört hab.“

„Also“, sagte Ryo ernst. „Gitarre spielen kannst du. Da ist nicht gegen zu sagen und mir gefällt sehr wie flüssig du die Akkorde wechselst. Dich geb ich auch nicht mehr her!“

Satoshi, Nii und ShuU lachten. Es war ein Lachen des Triumphes, denn sie waren auf dem besten Weg eine erfolgreiche Band zu werden.
 

FLASHBACK ENDE
 

Was danach geschah kann man in jedem Internetlexikon nachlesen. Nur die privaten Details, die trugen sie wie Schätze in ihren Herzen. Den ganzen Spaß, den sie zu viert hatten. Ryo erinnerte sich wie er Satoshi in den ersten Wochen immer wieder gebeten hatte ihm etwas vorzusingen. Er war hin und weg von dem Ausmaß an Gefühl, das Satoshi in jeden Song legte und fiel jedes Mal wieder in eine leichte Trance. Satoshi konnte nichts und niemand übertreffen. Er war besser als jeder Rausch, besser als jeder Orgasmus, sogar besser als beides zusammen und er war so glücklich, dass ShuU ihn und Nii gefunden hatte und er ihrem Können lauschen durfte.

Ryo bemerkte auch schnell, dass er und Satoshi nicht nur musikalisch auf einer Wellenlänge waren. Satoshi war zwar knapp zwei Jahre älter als er, aber sehr viel lockerer als beispielsweise Nii, dessen Image seine Ernsthaftigkeit ausmachte. Mit Satoshi aber konnte er den Rest seiner Jugend ausleben und rumalbern. Seit dem Tag, an dem sie sich kennengelernt hatten, waren sie fast jeden Tag zusammen gewesen, hatten Arrangements gemacht oder einfach nur zusammen Zeit verbracht. Mit jedem Tag war ihre Freundschaft stärker geworden.

Ryo erinnerte sich, wie sie auch später bei Ryo in seinem kleinen Studio saßen und Demo Tapes vertont oder wie sie noch später ihr erstes Album aufgenommen hatten. Auch heute noch machten sie zusammen die Nächte durch und lauschten ihren Kompositionen.

Allerdings hatte sich etwas verändert, erinnerte sich Ryo selbst, während sie das Krankenhaus erreichten, nach Satoshi fragten und zum Warten in die Eingangshalle geschickt wurden. Etwas ganz Entscheidendes hatte sich vor geraumer Zeit verändert. Etwas, das ihre Freundschaft auf den Prüfstand gestellt und sie dabei zerstört hatte.

Ryo erinnerte sich noch gut daran, wie Satoshi das erste Mal vor ihren Augen zusammengebrochen war... wie sie dachten, er wäre nur ausgelaugt vom zunehmenden Stress... wie er Satoshi leblos in der Dusche gefunden hatte und welche Angst er in diesem Moment empfunden hatte... wie er ihn liebvoll frisiert hatte, bevor sie dann diesen Unfall hatten, der nicht nur Ryos Auto zerbrochen zurückließ, sondern auch ihre langjährige Freundschaft…

Nach dem Unfall hatte sich alles verändert. Er war der Wendepunkt ihres gemeinsamen Werdegangs. Danach redeten sie kaum noch miteinander, nur noch bei der Arbeit, wenn es sich absolut nicht vermeiden ließ. Ihr Urlaub hatte auch nicht geholfen für gutes Klima zu sorgen. Außer dem kurzen Moment, in dem sich Satoshi Ryo anvertraut hatte, der hinterher im Streit geendet war. Die daraufhin folgende Funkstille ging auf Ryos Konto, da er so verletzt von Satoshi Verrat bezüglich seines Essverhaltens war. Die Folge davon war, dass sie Satoshi kaum noch zu Gesicht bekamen, nur noch zu den Bandproben (da er sich ansonsten vollkommen abschottete) und dort sahen sie dann wie die Krankheit ihren Lauf nahm.
 

FLASHBACK
 

„In drei Monaten geht es auf Tour!“ rief Satoshi freudig aus.

Ryo schüttelte nur den Kopf. Wie konnte der Sänger sich bloß darauf freuen? Es würde ein einziges Fiasko werden. ShuU und Nii waren der gleichen Meinung.

„Ja, ganz toll“, meinte Nii trocken, während er seine Gitarre stimmte.

„Sato, ich bezweifle, dass du das packst“, teilte ShuU dem Sänger gnadenlos mit.

„Was? Wieso das denn? Ich bin topfit.“

Hinter den Drums hörte man Ryo spöttisch schnauben.

„Das will ich sehen“, sagte er sarkastisch. „Wie du in deinem Zustand über die Bühne hüpfst und Break Down singst.“

„Ryo“, ermahnte ShuU ihn, warnend nach dem Motto 'Bring ihn nicht noch auf Ideen'.

Doch es war schon zu spät. Satoshi war schon sehr angetan davon eine Before-Tour-Probe zu machen, mit allem drum und dran.

„Ich halte das für keine gute Idee“, lehnte ShuU ab.

„Wieso denn nicht?“ entgegnete Ryo rücksichtslos. „Vielleicht öffnet ihm das endlich mal die Augen. Irgendwann wird er es doch einsehen.“

„Willst du seinen Zustand noch verschlimmern oder den Verlauf beschleunigen?!“ rief ShuU aufgebracht.

„Ihr redet von mir, als wäre ich krank“, bemerkte der Sänger beleidigt.

„Du BIST krank!“ fauchten die zwei zurück und verschlugen Satoshi erstmal die Sprache.

„Was meinst du, Nii?“ wandte sich ShuU nun an den Gitarristen. „Sollen wir es wirklich riskieren?“

Nii schwieg und sah traurig zu Boden.

„Vielen Dank für dein Vertrauen, Nii“, versetzte der Sänger und duckte sich schnell, um Niis Wasserflasche auszuweichen, die er ihm wütend entgegenschleuderte.

Demokratisch gesehen hatte Satoshi gewonnen. Nii hielt sich raus, ShuU war strikt dagegen und Ryo wollte Satoshi bloßstellen, um in seine Gewissen durchzudringen. Also probten sie. Sie ließen im Hintergrund ihrer letzte Tour DVD laufen, aus der sie das Geschrei der Menge gefiltert hatten, das sie antreiben sollte. Laut damaliger Setlist war Break Down ihr Opening. Normalerweise dauerte der Song fast vier Minuten. Nun aber war es schon nach ein paar Sekunden vorbei. Satoshi sprang, growlte „Break Down!!!“ ins Mikro und landete mit dem Hintern auf dem Boden.

Sofort wurde die Probe eingestellt. Ryo kam hinter seinen Drums hervor, ging vor Satoshi in die Hocke und musterte ihn kopfschüttelnd. Satoshi saß dort wie ein Häufchen elend. Er war kurzatmig und schwitze und zitterte vor Anstrengung. Kurz gesagt, er war am Ende.

„Wasser“, sagte er knapp, nahm von Nii die Flasche entgegen und reichte sie dem Sänger, der sie in fast einem Zug leerte. Ryo sah ihn mit einer Mischung aus Trauer und Wut an, dann wandte er sich an ihren Leader. „Sag die Tour ab.“

ShuU nickte traurig. Er hatte dies wohl ebenfalls schon in Erwägung gezogen. Er wandte sich zum gehen, doch Satoshi hielt ihn auf.

„Nein! Nein, tu's nicht!“

„Sato, siehst du denn nicht, dass es keinen Zweck hat?“ versuchte Nii ihm ins Gewissen zu reden.

„Nein, nicht auch noch die Tour! Bitte!“ flehte er unter Tränen, doch ShuU hörte nicht auf ihn und ging. „Nein! NEIIIIIIN!!!“ schrie Satoshi und wurde von einem schlimmen Weinkrampf gepackt.

Ryo und Nii nahmen in den Arm, um ihn zu trösten. Auch sie weinten, denn sie hatten sich auch auf die Tour gefreut.

„Es tut mir Leid, Sato“, schluchzte Ryo. „Aber es geht nicht anders.“
 

FLASHBACK ENDE
 

Später hatte sich rausgestellt, dass ShuU nicht zum Management gegangen war. Er hatte es einfach nicht übers Herz gebracht die Tour abzusagen, aber sie ließen Satoshi in dem Glauben er hätte es getan.

In der folgenden Nacht bekam Ryo keine einzige Stunde Schlaf. Er lag im Bett und rätselte verzweifelt über das Warum, das Satoshi antrieb. Er wusste, dass Bulemiker ein verzerrtes Bild von sich hatten und dass sie von starken Selbstzweifeln geplagt waren.

Er konnte gar nicht verstehen, wie es ausgerechnet Satoshi getroffen hatte. Er war doch immer so zuversichtlich gewesen, egal was kam und vor allem hatte er immer einen Dreck auf die Meinung anderer gegeben. Wie er aussah, was er sagte, was er tat, davon von war er immer überzeugt gewesen, immer.

Ryo konnte Stunden darüber nachdenken, ohne eine Antwort zu finden. Ihm fielen auf Anhieb tausend Dinge ein, die ihm an Satoshi gefielen, doch warum sah er diese Dinge nicht selbst?
 

SATOSHIs POV
 

Satoshi wusste nicht mehr genau, wann es angefangen hatte, wann sich alles verändert hatte. Er wusste nur, dass er mit zunehmendem Bekanntheitsgrad immer besser werden wollte. Er war schon immer ein Perfektionist bei der Arbeit gewesen. Der hohe Bekanntheitsgrad verlangten nun auch noch Perfektionismus von seiner Person. Das dachte Satoshi zumindest.

Zuerst wollte er nur ein paar überschüssige Pfunde loswerden, damit er alles tragen konnte. Sie hatten sich darauf geeinigt ihr Outfits ein wenig individueller werden zu lassen und es gab viele Kleidungsstücke, die er noch nie vor Kamera oder Fans getragen hatte.

Das Schicksal wollte es so, dass er trotz Diät und Sport nicht abnahm, also beschloss er noch weniger zu essen und noch mehr Sport zu treiben. Mit Erfolg, er verlor bis zu zwei Kilo. Zufrieden kaufte er auch engere Kleidungsstücke, die er stolz zur Schau trug. Er mochte diese Kleidungsstücke beispielsweise lieber als den Break Down Pulli, da sie seiner Figur schmeichelten.

Er wollte seine Figur unbedingt halten und nahm deshalb sein altes Essverhalten nicht mehr auf. Ab und zu überkam ihn jedoch der Heißhunger und er stopfte Unmengen von Essen in sich hinein. So viel, dass ihm übel wurde und er sich übergeben musste. Am nächsten Morgen stellte er freudig fest, dass er dank der Kotzaktion nicht zugenommen hatte.

In diesem Moment musste etwas in seinem Kopf 'Klick' gemacht haben. Er begann wieder normal zu essen, das heißt, seine Hungergefühle kurzfristig zu stillen, denn nach den Mahlzeiten übergab er sich gezielt, damit die Fette nicht ansetzen konnten. Das hatte zur Folge, dass er noch mehr abnahm, was der Betroffen selbst aber nicht wahrnahm.

Das Einzige, das ihm auffiel, war, dass ihn das Erbrechen schwächte, also beschloss er es aufzugeben und stattdessen wieder weniger zu essen. Gerade so viel, wie sein Körper zum überleben brauchte. Allerdings spielte ihm sein Körper einen fatalen Streich, denn er gab vor weniger zu brauchen, als essentiell notwendig, sodass er langsam aber sicher Mangelerscheinungen und Anzeichen von Unterernährungen zeigte. Die Klamotten hingen schlaff an seinem Körper. Deshalb ging er shoppen und kaufte Anziehsachen in noch einer Nummer kleiner. Mittlerweile musste er in der Damenabteilung einkaufen, da es für Männer mit seinen niedrigen Maßen nichts gab.

Als er nach Hause kam, die neuen Sachen anzog und sich im Spiegel betrachtete, stellte er wütend fest, dass die Sachen an manchen Stellen zu eng waren. Er beschloss dem Abhilfe zu schaffen und noch mehr abzunehmen.

Gleichzeitig stellte sich eine schwere Frustration bei ihm ein. Er stand stundenlang vor dem Spiegel, probierte Klamotten an, trug Make-up auf und frisierte sich, aber nie wollte es ihm gefallen, egal wie lange er an sich rumzupfte.

Das Nächste, das er bemerkte, war, dass er schwächer geworden war. Er schob dieses Makel auf die Seltenheit mit der er Sport ausübte. Von da an ging er fast jeden Tag ins Fitnessstudio, um wieder fit zu werden, doch da ihm die Nährstoffe und Vitamine im Körper fehlten, wurde er statt fitter immer schwächer. Anstatt zu essen besorgte er sich Vitaminpillen und Schmerztabletten gegen die Magenkrämpfe, die ihn mehrmals am Tag quälten.

Der Aufenthalt im Krankenhaus und der anschließende Urlaub hatten alles noch schlimmer gemacht, denn alles was er bis dahin erreicht hatte, wurde über den Haufen geworfen. Und kaum war er wieder für sich, wurde die Prozedur wiederholt, nur diesmal viel aggressiver, damit er viel schneller seine Wunschmaße zurückbekam. So hatte er seit er dies vor drei Tagen erreicht hatte, überhaupt nichts mehr gegessen, um seine Figur zu halten. Wieder kehrten die Schwächeanfälle und die Frustration darüber zurück. Er versuchte weiter an sich zu arbeiten, aber es wurde und wurde nicht besser. Aber dass es gerade daran liegen könnte, dass er an sich arbeitete, daran dachte er nicht. Dafür war er viel zu überzeugt von seinem Handeln.

Er vermutete, dass er sich etwas eingefangen hatte, das ihm noch in den Knochen steckte und dass es ihm deshalb so schlecht ging. Seine Freunde dachten anders darüber.

„Du bist krank!“

Dieser Satz hallte immer und immer wieder in seinem Kopf wieder und verletzte ihn tief. Er hatte eigentlich geglaubt, dass seine Freunde hinter ihm standen, was auch kam, doch nun stellten sie sich gegen ihn und bezeichneten ihn als 'krank'.

Das alles tat so unbeschreiblich weh, da ihm ihre Freundschaft sehr viel bedeutete. Am meisten schmerzte ihn aber, dass seine Freundschaft mit Ryo in Scherben lag. Ryo war sein bester Freund. Sie wussten fast alles über den anderen. Sie hatten so viel Zeit gemeinsam und so viel Zeit zusammen verbracht.

Doch nun zeigten sie alle ihr wahres Gesicht, vermutlich geblendet von Neid, glaubte Satoshi. Alles, die ganzen fünf Jahre, ihre ganze Arbeit umsonst, denn nun zerbrach alles vor seinen Augen. Die Freundschaften... die Band... seine Leben.
 

Er wusste, als die Magenkrämpfe viel stärker als sonst einsetzten, dass es mit ihm zuende ging. Dieser Schmerz war unvorstellbar stark. Er lag im Sterben. Und als seine Sicht verschwamm und ihn die Dunkelheit einholte, wusste er, dass dies das Ende war. Von nun an war er ganz allein.

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;__________; mehr sag ich dazu nicht.
 

Das nächste Kapitel wird dann das vorletzte sein. Danach kommt der Epilog.
 

Bis dann

Eure Asu



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Kobayashi_Takumi
2009-12-22T13:44:32+00:00 22.12.2009 14:44
Also...erstmal das gute voraus...
Ich mag deinen Schreibstil sehr und auch die Idee hinter der Geschichte.
Bulemie ist in der heutigen Gesellschaft leider kein seltenes Fänomen mehr, sondern eher ein öffnetliches Problem.

Aber ganz ehrlich...ich verstehe nicht warum du dir solche Sorgen um Satoshi machst?
Nii ist sehr viel schlimmer dran was das Untergewicht betrifft.
Niis BMI 17,7 und Satoshis BMI 18,4 nur mal zum vergleichen...>.>

So jetzt kommt das negative...
1. Nii war von Anfang an dabei, d.h. Giru war damals bevor Hotaru und Cyrien (zum Glück! Nur auf Cyrien bezogen) gegangen sind, zu fünft!!!
2. Kaisen sengen ist von Satoshi geschrieben!!!

Alle Songs/Texte die in dieser Formatierung entstanden sind, sind einzig und allein von Satoshi geschrieben...hätte ich mich vor einem Monat nicht selbst davon überzeugt würde ich mich heute noch fragen, wer welchen Text geschrieben hat.

So das wars von meiner Seite...
Von:  Rayligh
2009-12-21T17:14:21+00:00 21.12.2009 18:14
Du darfst ihn nicht sterben lassen T:T
Naya, ich mochte dieses Kapitel auch wieder gerne, auch wenn ja kaum geschichtentechnische Handlung sondern halt Rückblenden vorkamen.
Fand ich aber ne gute Sache, da so meiner Meinung nach die Hintergründe und Ausmasse des ganzen deutlicher wurden


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