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Gemeinsam fliegen

von

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Der Neue

Alles begann damit, dass wir einen Neuen in die Klasse bekamen. Ich hatte gerade den Text an der Tafel abgeschrieben und starrte nun gedankenverloren aus dem Fenster.

Wenn ich meine Eltern davon überzeugen könnte, dass ich mit Religion nichts anfangen konnte, dann hätte ich es schon längst abgewählt. Reli war eins der langweiligsten Fächer überhaupt. Unsere Lehrerin eine der Dümmsten der Schule.

„Wenn den Text abgeschrieben habt, dann malt einen Engel, so wie ihr ihn euch vorstellt.“

Ich starrte sie an. Geht’s noch? So einen Quatsch hatten wir zuletzt in der Grundschule gemacht. Wie immer sprach mein bester Freund Eric das aus, was ich dachte.

„Sind sie sich sicher, dass das nicht eine Aufgabe für Grundschüler ist?“

Hinter mir fiel Kathrin vom Stuhl und wachte dadurch wieder auf, was meine Lehrerin allerdings nicht mitbekam, da sie sich gerade mit Eric eine heftige Diskussion lieferte.

Was allerdings noch niemand mitbekam war, dass es an der Tür klopfte.

„Es klopft an der Tür.“, sagte ich, doch ich wurde ignoriert. „Herein!“, schrie ich und endlich unterbrachen Eric und meine Lehrerin ihr Streitgespräch. Köpfe wurden gehoben, Sabberflecken wurden hastig von Tischen gewischt und sogar Stephan schaffte es, seine Zunge aus dem Mund von Lisa zu nehmen.

Die Tür wurde geöffnet und ein kleines Mädchen steckte den Kopf zur Tür herein.

„Wie süß!“, quietschte Lisa, worauf das Mädchen nur die Augen verdrehte und fragte:

„Ist das hier der Kurs für Katholische Religion? Wenn ja, dann hab ich hier nen neuen Schüler für Sie.“ Sie trat kurz in den Flur hinaus und sagte: „Komm schon rein, da herrscht kein Krieg.“ Als sie dann einen Schritt zurück trat kam der Neue ins Klassenzimmer.

Ich hab nie an Engel geglaubt, aber jetzt begann ich an meinen Vorstellungen zu zweifeln.

Er war ca. 180 cm groß, hatte hellblonde, schulterlange Haare, dunkelgrüne Augen und eine unglaubliche Ausstrahlung. Sofort begann ich zu zeichnen. Der Neue bedankte sich bei dem Mädchen und kam dann nach vorne, um sich unserer Lehrerin vorzustellen.

Ich musste die Zeichnung abbrechen, da ich jetzt keine Frontalansicht mehr hatte und machte mich daran, seine Rückenansicht zu zeichnen.

Während Eric unsere Lehrerin zeichnerisch an den Galgen hängte, fügte ich meiner Zeichnung ein paar Engelsflügel bei. Eric beugte sich zu mir rüber. „Schau dir mal dieses Meisterwerk an!“ Dann stutzte er. „Wen malst du denn da?“ Ich zeigte mit dem Bleistift kurz nach vorne und begann dann die Flügel zu schattieren.

„Jetzt nicht im Ernst, oder? So stellst du dir einen Engel vor?“ „Du musst doch zugeben, dass er besser aussieht, als alles was wir in der Klasse haben.“ „Na ja, schon, aber deshalb ist er noch lange kein Engel!“, sagte Eric. „Und er sieht auch nicht besser aus als ich.“, fügte er hinzu und tat so als würde er schmollen. „Stimmt, er sieht viel besser aus!“, grinste ich.

„Tse, wenn du meinst. Das beweißt nur, dass du einen schlechten Geschmack hast“

In diesem Moment drehte sich der Neue wieder zu uns um.

„Das ist euer neuer Mitschüler.“, sagte unsere Lehrerin. „Erzählen Sie uns was Neues!“, rief Eric und sorgte so für Gelächter. „Mein Name ist Phil Logan. Ich freue mich euch kennen zu lernen.“, sagte der Neue und verbeugte sich sogar leicht. „Dann setz dich doch bitte. Wo haben wir denn noch einen freien Platz?“ Neben mir war noch einer! Während sich unsere Lehrerin umblickte zeigte ich mit den Fingern auf den Platz neben mir. „Hier!“, rief ich.

„Hier drüben ist noch was frei!“ „Es scheint nichts mehr frei zu sein.“ Das war doch wohl die Höhe! Was sollte ich denn noch machen? Eine Leuchtreklame neben mir anbringen?

„Verzeihen Sie bitte, aber neben dem rothaarigen Mädchen ist noch etwas frei.“

Endlich! Geht doch! Jetzt kam Phil auf mich zu. „Hast du etwas dagegen, wenn ich mich neben dich setze?“, fragte er und lächelte mich an. Er schien von innen zu strahlen. Nicht wenn du mich so anlächelst, dachte ich, doch bevor ich etwas sagen konnte meinte Eric:

„Nein, ist gar kein Problem, sie steht nämlich auf dich.“ Sofort wurde ich knallrot.

„Eric!“ Wie peinlich. Jetzt hatte er mich direkt blamiert, doch Phil lachte nur. Ein Engel, dieser Typ musste einfach ein Engel sein.

„Können wir jetzt mit dem Unterricht weiter machen?“, keifte unsere Lehrerin.

„Yes, Sir!“, rief Eric und schon waren die beiden wieder in einem Streit. Beziehungsweise unsere Lehrerin stritt, Eric gab nur gelangweilte Antworten von sich.

„Kann ich mir mal deinen Hefter leihen, damit ich weiß, was wir bis jetzt besprochen haben?“ Ich schreckte hoch. Viel zu sehr hatte ich mich mit meiner Zeichnung beschäftigt, als dass ich mit bekommen hätte, was er gesagt hatte. „Tut mir leid, ich hab dir nicht zugehört.“

„Das merke ich. Ich hab dich gefragt, ob ich mir mal deinen Hefter leihen kann.“

Ich reichte ihm meine Unterlagen, in denen er sich sofort vertiefte.

Das nächst war eine Zeichnung von seinen Profil. Gewissenhaft zeichnete ich jedes kleine Detail, von den Lichtreflexen in seinen Augen, über die sanft geschwungen Lippen bis zu den Haarspitzen, die sich an den Schultern leicht kräuselten. „Was zeichnest du eigentlich da?“

Schon wieder zuckte ich zusammen. „Sie zeichnet dich, weil sie dich für einen Engel hält.“, sagte Eric und wandte sich dann wieder seinem Gespräch mit der Lehrern zu.

Ich ließ meinen Kopf auf den Tisch knallen. Wenn der Unterricht vorbei war, würde Eric dafür bezahlen müssen. „Darf ich mir mal die Zeichnungen anschauen?“ Wortlos gab ich sie ihm. Zu meinem Erstaunen, machte er sich nicht über mich lustig oder sagte mir, dass ich es wegschmeißen sollte, weil es ihm peinlich war. „Die sind ja wunderschön.“, sagte er ehrfürchtig, als er die Zeichnungen sah. Dann sah er mich direkt an. „Du kannst unglaublich gut zeichnen.“

Verdammt! Ich wurde schon wieder rot! „Danke.“, murmelte ich.

„Konntest du das schon immer?“ „Eigentlich schon.“

In diesem Moment klingelte es. Wir packten unsere Taschen. „Wie heißt du eigentlich?“

„Ich heiße Kate Blackwood.“ „Schön dich kennen zu lernen.“ Und wieder zeigte er mir dieses Lächeln, welches mich fast zu schmelzen brachte. „In welche Klasse gehst du eigentlich?“, fragte ich ihn. „In die 12 a.“ „Super, dann sehen wir uns ja morgen. Ich muss jetzt zum Bus, also bis dann!“ Gutgelaunt lief ich los.



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