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Mermaid Melody Pretty Love Power

Die dritte Staffel von Mermaid Melody
von

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Kampf gegen Eis

Seira lächelte siegessicher. Sie hatte ihre Feinde erfolgreich in die Flucht geschlagen. „Ha! Ihr habt wohl gedacht, ihr könntet mich so einfach mitnehmen? Da habt ihr euch geschnitten!“, sagte sie leicht erschöpft und hob die Hand, um sich eine Strähne aus dem Gesicht zu streichen.

Plötzlich schoss etwas Leuchtendes auf sie zu schloss sich um ihr Handgelenk. Eine zähe Masse, die ihren Arm an die Wand hinter ihr klebte. Ein bedrohliches Zischen ertönte und auch ihr anderes Handgelenk und die Füße wurden mit voller Wucht an die Wand geschleudert und festgehalten. Seira keuchte erschrocken auf und blickte auf die leuchtende Masse, die träge um ihre Handgelenke waberte. „Wa-was hat das zu bedeuten?“, stotterte sie und blickte sich hastig um.

Dort, im Halbschatten. Eine Gestalt. Die Sekunden verstrichen und die Gestalt trat ins schummrige Leuchten, das die Masse abgab. Erschrocken blickte Seira auf die Gestalt. „D-du bist doch Ruby?!“, platzte sie heraus und Ruby hob den Kopf. Das Katzenmädchen lächelte heimtückisch und trat mit einem gemeinen Grinsen auf sie zu. In ihren Augen loderte Mordlust und Seira sah etwas aufblitzen.

Mit Schrecken erkannte sie den Gegenstand in der Hand des Katzenmädchens als silbernen, gefährlich schimmernden Dolch. Ruby stieß ein hohes Lachen aus und sprang plötzlich auf Seira zu. Direkt vor ihr blieb sie stehen und lehnte sich gegen Seira. „Deine Tage sind gezählt, Prinzessin!“, schnurrte sie in ihr Ohr und trat einen Schritt zurück. Sie drückte mit ihrer linken Hand gegen Seiras Schulter, die andere umklammerte den Dolch, den sie langsam hob.

Seiras Herz hämmerte immer schneller, drückte gegen ihre Brust, das es schmerzte. Ihr Blick wurde panisch und sie versuchte sich zu rühren, doch sie war wie gelähmt. Wie in Zeitlupe sah sieh den Dolch auf sie niederfahren, als der Schrei sich seinen Weg durch ihre Lippen bahnte. Doch sie hörte nichts, nur das Rauschen ihres Blutes in ihren Ohren und das Hämmern ihres Herzens.

Ruby lachte auf und eine Explosion aus Farben tauchte vor Seiras Augen auf.

Heiß. Schmerz. Unerträglich. Sie spürte, wie das Blut aus ihrer Brust quoll und schrie.

Schrie, schrie, schrie…
 

Ein Knall holte sie in die Wirklichkeit zurück.

„Seira! Seira, ist alles in Ordnung? Warum schreist du so?! Seira?“ Sie hörte die Stimme, doch sie konnte sie nicht zuordnen. Warme Hände fassten ihr an den Rücken und dann spürte und hörte sie einen beruhigenden Herzschlag an ihrem Ohr. Tränen rannen heiß über Seiras Wangen und das Atmen viel ihr schwer. Immer wieder wurde sie von einem Zittern gepackt und verschluckte sich fast an ihrem Schluchzen. „Alles ist okay, meine Süße, alles ist okay…“, murmelte die Stimme beruhigend in Seiras Ohr und eine Hand strich langsam über ihren Rücken. Seira schluckte und atmete tief ein. Sie kannte dieses Geruch, diese Wärme und konnte endlich die sanfte Stimme, die auf sie einredete, zuordnen: Nikola.

Nun nahm sie auch war, wo sie war: Ihr Bett war zerwühlt und sie selbst kauerte schweißgebadet wie ein kleines Kind in Nikolas Armen. Dann wurde ihr bewusst, dass sie nur geträumt hatte.

Bei dem Gedanken an Ruby fing sie wieder an zu schluchzen und ihre Hände krallten sich in Nikolas Oberteil. Sie ließ sich noch ein wenig von Nikola hin und her wiegen und sah zur Tür. Mit besorgtem und ernstem Gesicht stand Rina an den Türrahmen gelegt und sah sie an. Sie macht sich richtig Sorgen um mich, dachte sie und das versetzte ihr einen Stich. Sie wollte keinem zur Last fallen. „Was ist passiert, Seira?“, fragte Nikola sanft, doch Seira hörte die Sorge in ihrer Stimme.

Ihr Herzschlag beschleunigte sich und wieder schossen ihr die Tränen in die Augen. Sie begann bitterlich zu weinen und ihr war, als wäre sie wieder in ihrem Traum gefangen. „Ich… I-ich hab get-t-träumt, ich w-w-würde sterbe-hen… E-es war so f-f-f-furchtbar!“, schluchzte sie und ihre Stimme überschlug sich. „Ich h-halte da nicht mehr a-aus! Nikola!“ „Es war nur ein Traum, mein Schatz, nur ein Traum…“, murmelte Nikola und wiegte sie wieder hin und her. „Nur ein Traum…“ Seira klammerte sich an Nikola, versuchte, vor de Erinnerungen an den furchtbaren Traum zu fliehen. „Mach, dass es aufhört. Ich kann nicht mehr. Mach, das es aufhört!!!“
 

Das Rauschen des Meeres hatte eine Beruhigende Wirkung auf Seira. Als die ersten Sonnenstrahlen über den Horizont geklettert waren, war Seira aufgestanden und hatte sich an den Strand begeben; sie wollte einen klaren Kopf bekommen. Tief in Gedanken versunken schlenderte sie am Wasser entlang. Eine frische Brise zerzauste ihre Haare und sie blieb stehen, um sie zu ordnen.

Auf einmal hörte sie den klaren Gesang eines Mädchens. Wie schön, dachte sie und folgte der Stimme. Als sie um einige Felsen herumging stockte ihr der Atem: Auf einem der Felsen saß eine Meerjungfrau mit rot schillernder Flosse. Ihre langen roten Haare waren zu zwei Zöpfen gebunden, die große goldene Kugeln zierten. Seira sah sie wie gebannt an und starrte auf ihre Halskette. Es war eine Muschel, dessen war sie sich sicher.

Erschrocken versteckte sie sich hinter einem Stein und lehnte sich gegen ihn. Hatte die Muschel Flügel besessen? Wenn ja, dann hatte sie eine Meerjungfrauenprinzessin getroffen. Vielleicht spielen mir meine ohnehin strapazierten Sinne einen Streich, zweifelte sie und kam hinter dem Stein hervor. Der Felsen, auf dem die Meerjungfrau gesessen hatte, war leer. „Oh, jetzt bekomme ich noch Halluzinationen“, seufzte sie. „Ich sollte zur Schule gehen, vielleicht finde ich dort Ablenkung“, sagte sie zu sich selbst und ging weiter. Ein paar Meter von ihr entfernt saß ein Mädchen mit weinroten Haaren und summte vor sich hin.
 

„Hey, Seira! Ich habe gehört, dass wir heute eine neue Klassenkameradin bekommen sollen! Rate mal, was das heißen könnte?“ Ming sprang aufgeregt auf der Stelle vor Seiras Platz in der Schule auf und ab. Seira hob nicht den Kopf, den sie auf den Tisch gelegt hatte. Sonst ließ sie sich immer von Mings guter Laune anstecken, doch heute war es anders.

„Was denn?“, murmelte sie entnervt und kraftlos. „Wenn wir Glück haben, ist es eine der Prinzessinnen! Weiß du nicht mehr? Sie könnten auch zu dir kommen! Und mit etwas Glück ist das neue Mädchen eine von ihnen!“, sagte sie strahlend und zog sich einen Stuhl zu Seira heran. „Ist alles in Ordnung, Seira? Du siehst gar nicht gut aus…“, sagte sie und sah sie besorgt an. „Mir geht es auch nicht gut“, nuschelte Seira in den Tisch und hob den Kopf. Mit müdem Blick sah sie Ming an: „Diese Albträume rauben mir den Schlaf. Und sie werden immer schlimmer. Weißt du, letzte Nacht…“

Sie wurde von ihrer Lehrerin unterbrochen. „Schülerinnen und Schüler, ich möchte euch eine neue Mitschülerin vorstellen!“, sagte sie und schob das Mädchen neben sich etwas nach vorne. Seira war plötzlich hellwach. Das ist doch das Mädchen, das ich heute Morgen am Strang gesehen habe!, dachte sie.

„Hallo! Ich bin Akiko Akai! Aber ihr könnt mich ruhig Akiko nennen“, stellte sich das Mädchen vor. Ming beugte sich zu Seira. „Wenn du sie kennst, sollten wir uns mit ihr treffen“, flüsterte sie. Sie hatte also Seiras Reaktion auf Akiko richtig gedeutet. Seira hielt die Idee für nicht schlecht und freute sich, dass der Neuen der leere Platz neben ihr zugewiesen worden war.

„Hallo“, sagte die Neue freundlich. „Hallo, ich bin Seira Hanabi“, stellte Seira sich vor. Eine kleine Pause entstand und Seira gab sich einen Ruck. „Sag, hast du morgen schon was vor? Wenn du möchtest, könnte ich dir die Schule und die Umgebung zeigen.“ Akiko schien erfreut. „Klar! Warum nicht?“, sagte sie und lächelte.
 

„Ich kann einfach nicht glauben, dass du bei einer solch einfachen Aufgabe versagt hast!“ Seikyos Stimme hallte unwirklich in dem großen Saal wieder. In Gedanken versunken ging er vor der Fensterseite auf und ab. „Bitte, Seikyo-sama!“, rief Ruby verzweifelt. Ihre Niederlage machte ihr schwer zu schaffen und das Seikyo nicht einmal mit ihr schimpfte sondern nur abwertend mit ihr sprach, gab ihr den Rest. „Lasst es mich noch einmal versuchen! Ich werde diese Prinzessin bestimmt fangen! Es war einfach nicht mein Tag! Bitte, Seikyo!“, bettelte sie.

Ein höhnisches Lachen ließ Ruby herumfahren. Hinter ihr stand ein Mädchen mit einer Wolfsrute und den grauen Ohren eines Wolfes. „Du hattest deine Chance, Kitty. Nun bin ich an der Reihe“, sagte sie von oben herab und stupste ihr mit den Zeigefinger gegen die Stirn. Wütend fauchte Ruby auf. „Glaub nicht, dass du es besser kannst, Köter!“ „Im Gegensatz zu dir, kleine Versagerin, werde ich die Prinzessin auf jeden Fall einfangen“, sagte sie und mit einem Ratschen hatte sich ein spitzer und gefährlicher Eisblock zwischen ihren Fingern gebildet. „Schwätzerin“, zischte Ruby und wollte noch etwas hinzufügen, doch Seikyos Blick brachte sie zum Schweigen.

„Dann rede nicht nur, Saphire, sonder geh. Überzeuge mich mit Taten!“, befahlt Seikyo und wandte sich ab. „Mit Vergnügen“, sagte die Wölfin und machte sich auf den Weg.
 

Blubbernd breiteten sich die Seifenblasen im Waschraum aus. Seira, Ming und Luchia hatten ihre Arbeit im Perlenbad erledigt und gönnten sich ein Erholungsbad. „Was ist, wenn Akiko keine Prinzessin ist? Wenn ich mich geirrt habe?“, fragte sich Seira und planschte mit ihrer Flosse im Wasser. „Keine Sorge, Seira. Mein Gefühl sagt mir, dass sie eine Prinzessin ist. Morgen wissen wir mit Sicherheit mehr“, sagte Ming voller Optimismus und pustete noch einige Seifenblasen in die Luft.

„Lass dich einfach nicht von deinem Weg abbringen, Seira“, sagte Luchia und bürstete ihr Haar durch. „Ich habe mich auch nicht beirren lassen. Wenn du jetzt schon schlapp machst, wird das alles nichts. Ich weiß, dass du es schaffen kannst! Ich habe es schließlich auch geschafft.“ „Ja, du hattest ja auch nicht jede Nacht schreckliche Albträume“, murrte Seira. „Wenn du aufgibst, gibt es Probleme“, sagte Luchia ernst und stupste Seira an der Nase. „Okay?“, quiekte Seira erschrocken auf. „Du hast Recht: Wenn ich aufgebe, sind die Prinzessinnen verloren! Jeder noch so kleine Versuch ist es wert!“, sagte Seira laut. „Na also“, murmelte Luchia wie für sich selbst und lächelte leicht.

Plötzlich ging die Tür auf. „Wenn ihr von Prinzessinnen redet, der Perlenradar zeigt etwas an“, sagte Hippo, der kleine Pinguin, schwenkte seinen Perlenradar umher und tappste einfach hinein. Einen Moment war es still und die drei Meerjungfrauen sahen den kleinen Pinguin verdutzt an. „Spanner!“, schrie Luchia und warf ein Handtuch und eine Seife nach dem Pinguin.

„Aua!“, beschwerte sich Hippo. Er hatte draußen warten müssen und sich unfreiwillig in einen Menschen verwandelt. Die drei Meerjungfrauen kamen, nun wieder Menschen und in Bademänteln, aus dem großen Bad. „Verdammt noch mal!“, schimpfte Luchia laut. „Hippo, du lernst es wohl nie! Klopf gefälligst an, wenn du reinkommst!“ „Tut mir ja leid…“, nuschelte Hippo. „Passiert das öfter?“, fragte Ming leise an Seira gewandt, welche nur schwach lächelnd mit dem Kopf nickte.

„Aber der Perlenradar zeigt etwas an! Seiras Verdacht könnte stimmen!“, sagte Hippo, hielt das kleine Gerät hoch und tippte mit dem Finger auf das Display. Luchia schüttelte resignierend den Kopf: „Das Ding hat doch noch nie funktioniert…“ „Vertraut mir einfach! Ich werde morgen mitkommen!“, sagte Hippo voller Überzeugung. „Wir werden diese Prinzessin finden! Komme, was wolle!“
 

Am nächsten Tag wartete Seira nach der Schule auf Akiko. Sie zeigte ihr die Aula, den großen Sportplatz, auf dem die älteren Schüler gerade ein Dodgeball-Match hatten, das angrenzende Schwimmbad, in dem der Schwimmverein trainierte sowie die Kunst- und Musikräume und die Caféteria. „Wow, diese Schule ist ja größer, als ich gedacht habe“, staunte Akiko, als sie die Haupttreppe nach draußen hinuntergingen. „Ja, ich habe mich auch gewundert“, gab Seira zu.

Akiko sah sie erwartungsvoll an: „Und was machen wir jetzt?“ „Ich wollte dich mit ins Perlenbad nehmen.“ „Perlenbad?“, fragte Akiko. „Ich habe davon gehört, aber was ist das?“ Seira erklärte es ihr: „Also, das Pearl Piari ist eine Badeanstalt. Sie ist hier in der Gegend echt beliebt. Meine Tanten arbeiten da, ich verdiene mir da mein Taschengeld hinzu. Dort kannst du wirklich herrliche Bäder nehmen! Ob Dampfbad oder Erholungsbad oder ein Bad voller bunter Seifenblasen…“

Während sie redete, beobachtete Seira Akiko genau. „Also“, stockte diese, „ich bin nicht so dieser Typ Mensch, der sehr gerne Bäder nimmt, tut mir leid!“ Ihre Wangen röteten sich und sie lachte nervös. Sie hat Angst, ins Wasser zu gehen, wenn Leute in der Nähe sind, dachte sich Seira und lächelte. Sie ist bestimmt eine Meerjungfrau! „Äh, also, das Pearl Piari ist nicht nur eine Badeanstalt“, beeilte sie sich zu sagen. „Wir haben auch ein Strandbad! Da gibt es wirklich ganz leckere Cocktails und es ist direkt am Strand. Och bitte, komm doch mit dahin. Da könnte ich dir meine Tanten und Freundinnen vorstellen!“ Akiko zögerte kurz, lächelte dann aber. „Okay, dagegen hab ich nichts. Also, auf zum Strandbad!“
 

„Ist sie das?“ „Ja, das ist sie.“ „Glaubst du, sie ist eine Prinzessin?“ „Ja, habe ich doch schon gestern gesagt.“ „Wirklich?“ „Ja, wirklich.“ „Ganz, ganz sicher?“ „Verdammt, Hippo, ich bin mir sicher!“, brauste Ming auf. „Pssssscht!“, zischte Hippo und zog sie wieder runter. „Hier, guck auf den Perlenradar: Da ist nichts!“, sagte er energisch und hielt Ming das Gerät vor die Nase.

Ein Räuspern war zu hören und Ming und Hippo sahen hoch. Nikola stand vor ihnen und schaute auf sie herab. „Was macht ihr bitte hier unter dem Tresen?“, fragte sie und zog Ming und den menschlichen Hippo am Kragen darunter hervor. „Wir haben hier Hochsaison und ihr solltet lieber helfen die Gäste zu bedienen als Verstecken unter dem Tresen zu spielen!“

„Typisch Hippo: Sich vor der Arbeit drücken“, stichelte Hanon und stellte ein Tablett voller leerer Gläser ab. „Wir rackern hier wie die Doofen und du glotzt nur auf dein Perlenradar. Helfen solltest du uns!“ „A-aber hört mir doch mal zu!“, sagte Hippo und deutete auf Seira und Akiko, die auf das Strandbad zusteuerten.

„Das Mädchen kann unmöglich eine Prinzessin sein! Siehst du? Der Radar zeigt nichts an!“ „Und Seira ist auch keine Prinzessin“, sagte Rina, die gerade hinzugekommen war, kalt und schüttete Orangensaft in ein leeres Glas. „Was?“, riefen die anderen erschrocken. „Ihre Perle wird auch nicht angezeigt.“ Sie stellte das Glas auf das Tablett und ging davon. Dann drehte sie sich noch einmal um. „Hippo, ich an deiner Stelle würde den Radar erst einmal einschalten!“

„Was ist denn hier los?“, fragte Seira grinsend, als sie mit Akiko im Strandbad ankam und ihre Freunde lachend vorfand. „Ach, Hippo ist nur ein kleines Schussel“, lachte Nikola und wuschelte dem Jungen über die Haare. „Oh, der ist aber süß“, murmelte Akiko und grinste, als Hippo sie anstarrte.

„Also, das hier ist meine Tante Nikola, das hier ist Hanon, Ming kennst du ja. Er heißt, wie du mitbekommen hast, Hippo. Dort hinten, die mit den langen Haaren, das ist Rina. Und die Blonde, die auf uns zukommt ist Luchia, Nikolas Schwester, auch meine Tante“, stellte Seira ihre engsten Bekannten vor.

„Hallo, ich bin Akiko Akai“, sagte Akiko und nickte allen zu. „So, steht hier nicht alle rum“, scheuchte Nikola sie auseinander. „Wir haben Gäste, die wollen bedient werden!“ Seira setzte sich an die Bar und bot ihrer neuen Freundin einen Platz neben sich an.

„Du bist also Akiko! Ich bin Luchia Nanami. Nett dich kennen zu lernen!“, sagte Luchia, die ein Tablett auf dem Tresen abstellte. „Ich geb euch einen aus.“ Als Akiko ihren Drink schlürfte, sah sie sich staunend um. „Und hier arbeitest du auch?“, fragte sie ungläubig. „Ja, wenn Luchia, Rina oder Hanon mal nicht können. Rina arbeitet nur ab und zu hier, sie wohnt bei ihrem Freund. Hanon ist oft auf Konzerten. Und Luchia treibt sich oft mit Kaito rum.“ „Wer ist denn Kaito?“

„Hat hier wer meinen Namen erwähnt?“, erklang eine freundliche Stimme und Seira und Akiko wandten sich um. Noch nass vom Meerwasser kam Kaito Domoto die Treppen zur Bar hoch. Wie kleine Kristalle rannen die Wassertropfen an ihm hinunter und die Kette um seine Hals klimperte leise. Er lächelte Seira freundlich zu und winkte. Akiko klappte die Kinnlade herunter.

Bewundert starrte sie auf Kaito, der zielstrebig zu Tresen ging und sich zu Luchia hinüber lehnte. „Mir war so, als hättest du Sehnsucht nach mir, meine kleine Nixe“, sagte er und zog Luchia sanft an einer Haarsträhne näher. „Die habe ich doch immer“, sagte diese leise, rieb ihre Nase an Kaitos und gab ihm einen Kuss.

Seira drehte sich zu Akiko um. „Kaito ist seit 5 Jahren Luchias Freund“, sagte Seira und bemerkte leicht amüsiert Akikos Enttäuschung. Sie hörten Schritte und wandten sich erneut um.

Ein Junge kam die Stufen hoch, ebenfalls nass vom Meerwasser. Langsam perlten sie von seinen Schultern zu deiner nackten Brust hinab. Er fuhr sich mit der Hand durch die Haare und die Wassertropfen schimmerten im Sonnenlicht in allen Regenbogenfarben. Dann öffnete er die Augen und sah Seira und Akiko mit stechend smaragdgrünen, undurchdringlichen Augen an. Sein Mund verzog sich zu einem kecken Lächeln und er entblößte seine makellosen weißen Zähne. Er gesellte sich zu den Mädchen und lehnte sich neben Akiko an den Tresen.

„Na, Seira, willst du mir nicht deine Freundin vorstellen?“, fragte er und zwinkerte Seira zu. Sie zog die Nase kraus und wurde rot. Mit Widerwillen bemerkte sie, wie gut er roch. „Akiko, das ist Daisuke Ikari, Daisuke, das ist Akiko.“ „Hi, Akiko“, sagte er und schenkte ihr ein umwerfendes Lächeln. Akiko wurde puterrot und musste schlucken. „H-Hi“, stotterte sie und lächelte verkrampft. Sie ließ den Blick über Daisuke schweifen und Seira bemerkte, wie ihr Blick an seinem Oberkörper hängen lieb, an seinen Oberarmen, seinen Haaren und besonders bei seinen Augen. Daisuke schien es zu genießen und schaute mit selbstsicherem Grinsen zu Seira.

Sie mochte seine aufreißerische Art nicht und dass alle Mädchen ihm verfallen waren. Doch auch sie konnte sich dieser Anziehungskraft, die er ausstrahlte, einfach nicht entziehen. Es war einfach unmöglich. Er war zu gutaussehend und zu nett, als das man ihn hassen könnte.

Sie schaute zur Seite und sah Kaito, der mit Luchia turtelte. Ja, auch bei ihm war es damals so gewesen wie bei Daisuke jetzt. Kaito war immer noch beliebt, doch der Andrang der Mädchen hatte nachgelassen, seit alle wussten, dass er mit Luchia glücklich war. Kein Wunder, dass Daisuke genauso ist. Er ist Kaitos Cousin. Zwar nicht der leibliche, aber das ist da wohl egal, dachte Seira und schüttelte den Kopf.

„Ahh, da ist Daisuke!“, rief ein Mädchen und Seira schaute auf. Nicht weit entfernt standen ein paar Mädchen aus ihrer Schule und zeigten auf Daisuke. Sie kamen näher und umringten ihn. „Daisuke, warst du grade wieder surfen?“ „Daisuke, wann ist denn dein nächster Wettkampf?“ „Daisuke, hast du heute Abend schon was vor?“

„Ich muss hier weg“, sagte Seira entnervt, packte Akiko am Arm und schleifte sie hinaus. „Hey, was ist denn los?“, fragte Akiko, immer noch leicht verwirrt. „Dieses dumme Gehabe von den Hühnern geht mir einfach auf die Nerven. Außerdem wollte ich dir sowieso meine Lieblingsbucht zeigen“, lenkte Seira ab und zog Akiko mit sich.
 

„Woooow!“, rief Akiko und blickte nach vorn.

Die untergehende Sonne tauchte die Bucht vor ihnen in ein warmes rötliches Licht. Die Strahlen brachen sich auf der Wasseroberfläche und die Ausläufer des Meeres glichen einem Spiegel, der in allen Farben des Regenbogens erstrahlte. Sanft blies der Wind ihnen entgegen und ließ ihre Haare wie Fahnen leicht flattern. Seira strich sich eine Strähne hinters Ohr und lächelte. Dies war ihr liebster Ort. Wie mit glitzerndem Staub bestrichen funkelten die nassen Felsen um die Bucht, an denen die Gischt empor spritzte. Kleine Muscheln bedeckten den Strand und das Wasser war so klar, dass man die winzigen Krabben und Fischlein am Grund erkennen konnte. Wenn sie alleine war, sang Seira dort und der Klang ihrer Stimme, der von den Felsen zurückgeworfen wurde, war atemberaubend.

Am besten gefiel ihr jedoch die kleine Höhle, die versteckt hinter einigen Felsen lag. Erfüllt von unzähligen Stalaktiten und Stalakmiten, mit leichter Feuchtigkeit an den Wänden wurde diese Höhle von einem geheimnisvollen Leuchten erfüllt, das aus dem Wasser zu kommen schien. Doch dieses Geheimnis wollte sie Akiko erst dann zeigen, wenn sich bestätigte, dass sie eine Meerjungfrauenprinzessin war.

„Diese Aussicht ist einfach wunderschön…“, murmelte Akiko verzaubert und blickte wehmütig auf das Meer. „Ja, es ist wundervoll hier“, stimme Seira ihr mit leichter Melancholie in der Stimme zu.

Plötzlich wurde der Wind um sie herum stärker und der Himmel verdunkelte sich. Bedrohlich verdichteten sich die Wolken zu einer schwarzen Masse und ein lautes Donnerkrachen erfüllte die Luft. Schwer klatschten die Regentropfen herunter, erst wenige, dann immer mehr.

Seira hielt sich die Ohren zu und krümmte sich zusammen, um sich vor dem Wind besser zu schützen. Mit einem Mal riss sie die Augen auf: Wenn sie weiterhin so tatenlos herum stand, würde sie sich in eine Meerjungfrau verwandeln! Hektisch sah sie sich um, doch von Akiko fehlte jede Spur. „Akiko!“, brüllte sie gegen den Wind an, doch sie verstand selbst kaum ihre eigene Stimme.

Dann ertönte ein Wolfsgeheul, das einem einen kalten Schauer über den Rücken jagte und der Regen veränderte sich. Immer härter wurde er und schließlich schossen winzige Eisspitzen vom Himmel herunter. Seira schrie entsetzt auf, als eine Spitze ihr den Arm aufritze.

„Das geht nicht mit rechten Dingen zu“, dachte sie alarmiert und tippte an ihren Perlenanhänger. „Orange Pearl Voice!“, rief sie und fand sich wenige Augenblicke mit ihrem E-Pitchi in den Händen wieder. Erneut erfüllte Wolfsgeheul die Luft. Es klang wie ein Lockruf. „Die Höhle!“, dachte Seira und rannte los. Ihre Füße machten schmatzende und klatschende Geräusche, als sie durch den nassen Sand und das Wasser rannte.

Das Tosen des Sturmes ließ nach, als sie die Höhle betrat, doch eisige Kälte umfing sie. Die Wände waren von einer feinen Schicht aus Eiskristallen bedeckt und das geheimnisvolle bläuliche Licht der Höhle ließ die Wände unwirklich schimmern.

„Willkommen, willkommen.“ Die Stimme ließ Seira herumfahren. Ein Mädchen stand vor ihr. Wie Ruby das Aussehen einer Katze hatte, so hatte dieses Mädchen Gemeinsamkeiten mit einem Wolf. Ihre Wolfsrute zuckte voller Erwartung hin und her und das Mädchen grinste und zeigte dabei ihre spitzen Eckzähne. „Was willst du? Und wer bist du?“, fragte Seira und hielt ihr Mikro fest umklammert. „Eine hübsche orangene Perle hast du da“, überging das Mädchen ihre Frage und ein gieriger Ausdruck trat in ihr Gesicht, als sie Seiras Perle in dem E-Pitchi fixierte.

„Wer bist du?“, wiederholte Seira mit Nachdruck. „Ich bin Saphire“, sagte das Mädchen schlicht und grinste. Sie hob die Hand und eine gefährlich spitze Eisklinge bildete sich mit einem ratschenden Geräusch. „Und du bist mein Opfer!“ Ohne Vorwarnung schleuderte sie die Klinge auf Seira, die erschrocken und mit einem kleinen Schrei auswich.

Ihre Haare wehten und ein paar wenige Strähnen vielen langsam zu Boden. Vor Schreck weitete Seira die Augen. „Dieses Eis ist so spitz, dass es selbst Haare spaltet!“, dachte sie entsetzt. Sie setzte ihr Mikro an die Lippen. „Das wirst du büßen“, murmelte sie und begann voller Kraft ein Lied zu singen. Ihr Gesang erfüllte die kleine Höhle, doch mit einem weiteren Handschlenker ließ Saphire eine Eissäule direkt neben Seira aus dem Boden schießen.

Erschrocken kreischte Seira auf, sprang zur Seite und musste ihren Gesang unterbrechen. Sie stand genau in Saphires Schussbahn. Das Wolfsmädchen grinste und drei Eisklingen surrten durch die Luft, direkt auf Seira zu.

Ein hoher, klarer Ton erklang, füllte die Grotte aus, prallte an den Wänden ab und war allgegenwärtig. Als wenn sie gegen einen Schutzwall geprallt wären fielen die Eisklingen klappernd zu Boden und zerbrachen. „Wer-“, knurrte Saphire und ein rötliches Licht erfüllte die Grotte. Ein Mädchen ging auf Seira zu, ihr Haar von weinroter Farbe, im Gesicht ein warmes Lächeln. Das Leuchten kam von dem E-Pitchi, das sie in der rechten Hand hielt und in dem eine rote Perle eingefasst war.

„A-Akiko?“, murmelte Seira und hoffte inständig, dass sie richtig lag. Akiko nickte, lächelte und streckte Seira ihre freie Hand entgegen: „Komm, lass uns singen!“ Seira ergriff die Hand ihrer Freundin und gemeinsam stimmten sie ein Lied an: „Wir singen nur für dich, höre also gut zu, diese Melodie ist heilig…“

Wütend knurrte Saphire auf und presste die Hände auf die Ohren. „Ihr!“ Die Wände bekamen langsam Risse.

„Die blaue See führt die Vögel an ihr Ziel in der weit entfernten Welt, lasst den Gefühlen freien Lauf, so wie wir es machen! Wir weinen nie, denn wir sind stark und zeigen unseren Mut überall. Wir sind ein Teil des Meeres und schützen es!“

Die Stimmen Akiko und Seiras erfüllten die kleine Grotte vollends und mit einem krachen zerbarst die Kristallschicht an den Wänden und millionen und abermillionen von winzigen Teilchen, die einem Glitzerregen gleich auf die Anwesenden hernieder gingen. Ein qualvolles Jaulen kam aus Saphires Kehle und sie verschwand. Freudig blickten sich Akiko und Seira an: Sie hatten es geschafft! Glücklich fielen sie sich in die Arme.
 

Am Abend saß Akiko mit Seira und den anderen an einem Tisch in dem schon geschlossenen Strandbad. „Hach, das erinnert mich an unsere Zeit als Prinzessinnen im Kampf gegen Gaito und Mikeru“, seufzte Hanon und nippte an ihrem Orangensaft. Seira und Akiko hatten den anderen von dem Kampf gegen Saphire ausführlich erzählt.

„Aber ich verstehe immer noch nicht genau, was wir nun tun müssen“, sagte Akiko und blickte Luchia fragend an. Diese sah zu Nikola. „Nun, dann wird es wohl Zeit, dass ich euch alles erzähle. Aber nicht jetzt. Morgen, meine Prinzessinnen, morgen.“



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