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Nachtlektüre

OS-Sammlung zu I/S
von

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Machtlos

Genre: Shounen-Ai, ein eigenwilliger Hauch von Romantik
 

Summary: Er fühlt sich wie ein kleines Kind, wenn er den anderen nicht einfach gehen lassen will, nach seinen Händen greift, obwohl er weiß, dass das natürlich nichts bringt, einfach nicht genug ist. Er will kein Kind sein und das einzige, das ihm dagegen zu tun einfällt, versetzt ihn in eine bisher unbekannte Unruhe.

[Anm. d. V.: Mann, ist der Os kurz im Vergleich mit den anderen ûu.]
 

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Natürlich stand es weit außerhalb seines Wirkungsbereiches, ihn von irgendetwas abzuhalten.

Ein Griff an den Händen war nicht dauerhaft und der jetzt noch nicht einmal fest.

Er konnte sich ihm problemlos entziehen, gehen und verschwinden, vielleicht sogar nicht mehr zurückkommen. Obwohl er das selbstverständlich nicht tun würde.

Aber gehen, zumindest für diesen Abend, musste er definitiv. Einen solchen Auftrag schlug man nicht einfach aus, verweigerte ihn nicht oder fragte an anderer Stelle nach Hilfe. Zumal es für diesen einen besonderen Fall ein „an anderer Stelle“ nicht einmal gab. Übrig blieb nur zu gehorchen, ein paar Stunden oder die ganze Nacht, möglicherweise noch den darauf folgenden Tag, abwesend zu sein.

Normalerweise war es nicht schlimm, doch in diesem Moment war es außerordentlich grauenhaft, warum auch immer.

Der andere, der auf seine Hände starrte, die seine eigene festhielt, verstand es nicht. Der fragende Ausdruck in seinen Augen wurde immer deutlicher.

Er, Senri, wollte nicht, dass sein Takuma jetzt ging. Doch er sagte nichts.

Schweigend und völlig ohne Blickkontakt versuchte er ihm irgendwie verständlich zu machen, für den Moment an seiner Seite zu bleiben, zu der er so oder so zurückkehren würde.

Er fühlte sich fürchterlich kindisch, aber er konnte einfach nicht loslassen. Er versuchte zu verstehen, nahezu verzweifelt, was er definitiv nicht verstehen konnte; einen Instinkt versuchte man nicht zu verstehen. Naturgegeben, von Anfang an vorhanden. Denn so kam ihm der Griff nach dem anderen vor, all den anderen vampirischen Instinkten gleich.

Er hielt an ihm fest, sah ihn aber dennoch nicht an.

Fast war es ihm peinlich, den Blick zu heben.

„Shiki, was ist?“

Genüsslich, als wäre es der süßeste Tropfen Blut ließ er sich den Namen auf der Zunge zergehen, bevor er die eigentliche Frage stellte. Die Worte wirkten unglaublich belanglos verglichen mit dem Klang seines Namens. Eine Gänsehaut schlich sich über seine Arme und sein Blick suchte sich eine noch entferntere Ecke.

Takuma – ein Name, den er ihm gegenüber noch nie ausgesprochen hatte – wartete nicht einmal eine Antwort ab, sondern griff mit seinen eigenen Händen nach den seinen, hielt sie zwischen ihren Körpern fest. Seine Hände waren wärmer als seine, derselbe liebevolle Druck, den man auch in seinem ewigen Lächeln sehen konnte. Wenn man es denn sehen konnte.

„Shiki“, und schon wieder hatte seine Stimme diesen besonderen Klang. „Ich bin noch vor Mitternacht zurück. Du wirst nicht lange alleine sein. Dein Cousin hat versprochen, mir ein wenig freie Zeit zu gönnen.“

Den seltsamen Beigeschmack, den die Bezeichnung „Cousin“ noch immer hinterließ, überging er gekonnt, achtete nur auf das Gefühl ihrer verschlungenen Hände. Aber selbst wenn Takuma vor Mitternacht zurück wäre – bis dahin waren es noch über vier Stunden und triste Herbsttage oder –nächte zögen sich immer so unglaublich fürchterlich. Er wagte es gar nicht daran zu denken, wie sehr es ihn langweilen würde, das Warten und das Nichtstun. So fürchterlich langweilig.

„Hörst du, Shiki? Ich bin bald zurück.“

Schon wieder sein Name.

„Du wirst kaum merken, dass ich weg bin.“

Doch wie konnte dies wahr sein, wenn er sich bereits jetzt so fürchterlich gegen den bloßen Gedanken der Abwesenheit Takumas sträubte? Wie erst sollte es dann sein, wenn er wirklich nicht mehr hier war?

Ein ganz leichtes, ganz leises Schnauben entglitt ihm, nur minimal verzogen sich seine Mundwinkel, aber Takuma bemerkte es trotzdem.

Er lachte gönnerhaft, nur ein wenig und Senri war es noch eine Spur peinlicher, fühlte die Hitze in sich aufsteigen, wusste, dass der andere sich auch fühlten konnte – selbstverständlich. Wie sollte er nicht? Selbst als Mensch wäre er dazu in der Lage gewesen und das machte die Sache nur noch schlimmer. Wenn er doch nur gewusst hätte, warum er so reagierte.

„Du überlebst das schon, mein Lieber. Ich beeil mich auch.“

Und wie zur Unterstützung seiner Worte löste er eine Hand von seinen, legte sie unter sein Kinn und drückte sein Gesicht ein wenig hoch, um ihm besser in die Augen sehen zu können.

Senris Blick ging um wenige Zentimeter an seinem vorbei.

„Versprochen“, meinte Takuma mit dem liebsten und glaubwürdigsten Lächeln auf den Lippen, das er wohl zustande bringen konnte.

Senri fühlte sich wie ein Kleinkind, dass ohne seine Mutter nicht schlafen wollte. Die Vorstellung gefiel ihm nicht, aber er konnte sie auch nicht vertreiben und immer mehr veränderte sich seine Spiegelung in den grünen Augen, wurde jünger, bis sie schließlich bei einem Kind im süßen Alter von fünf Jahren stehen blieb.

Das kleine Kind sah ihn an, schien traurig und nicht wirklich von dem überzeugt, was der andere ihm versprach. Fehlte nur noch der Schmollmund. Das Bild gefiel ihm nicht, machte seinen Stolz nieder, trat immer weiter auf ihm herum, während er bereits auf dem Boden lag. Es schauderte ihn, beinahe schon vor Ekel, weil er sich so unterwürfig verhielt und noch nicht einmal wusste, warum.

Fast schon aus purem Trotz befreite er seine Hände, korrigierte seinen Blick um wenige Zentimeter, der nun direkt an dem Takumas hing. Der kleine Junge seines Spiegelbilds in den grünen Augen wirkte plötzlich entschlossen, stur, nahezu aufmüpfig.

Alterte er vielleicht sogar wieder? Nur ein klein wenig?

Die freien Hände legte er auf die Schultern des anderen, der ihn nur überrascht ansah – er konnte in ihm die Frage, was er tun würde, deutlich im Gesicht ablesen. Das Bild des Kindes ließ ihn nicht los, nagte unaufhörlich an seinem Stolz. Senri biss sich auf die Lippe. Er war kein Kind. Alles andere als ein Kind, dem ein paar Stunden Einsamkeit noch etwas ausmachten. Takuma kam wieder. Kein Grund, sich so zu benehmen. Definitiv nicht.

Langsam verstärkte er seinen Griff auf den Schultern, ohne ihn zu fest werden zu lassen. Es tat nicht weh. Kein Kind. Kein kleiner Fünfjähriger, den der Gedanke der Einsamkeit in die Verzweiflung trieb. Nein.

Warum auch immer er so reagierte, er würde sich nicht so verhalten, sich nicht weiter auf dieses kindliche Niveau herabziehen. Schluss.

Entschlossen neigte er sich nach vorne, in ihrem Eifer schneller als seine Gedanken es eigentlich geplant hatten und keine Sekunde später berührten seine Lippen die des anderen.

Takuma war überrascht, aber er entzog sich nicht. Ein zarter, aber fester Kuss. Kurz.

Sie trennten sich schon wieder, als Takuma endlich zu verstehen schien, was Senri da eigentlich getan hatte.

Eine Sekunde verstrich. Eine Ewigkeit. Das Gefühl wirkte nach, erfüllte ihn. Und … etwas fehlte noch.

Das war nicht genug. Aber wie viel mehr konnte er sich erlauben? Wie würde er reagieren?

Diese Frage, nein, allein diese eine letzte Wort derselben, löste in seinen Gedanken wieder diesen Trotz aus, weckte ihn stärker als zuvor; das Bild des Jungen wurde immer unerträglicher anzusehen. Ihre Gesichter hatten sich nicht voneinander entfernt und ungeduldig wagte er es, die Berührung zu wiederholen. Kürzer, süßer als zuvor. Aber sie war da. Und der Junge weg. Und er wollte mehr.

Doch er wiederholte sie nicht noch einmal, wartete einfach.

„Beeil dich.“ Bitte.

Er ließ Takuma los, der daraufhin nur lächelte, nickte und ging. Ein Ausdruck in den Augen, den Senri nicht deuten konnte.
 

Das Bild des Jungen war weg; übrig blieb nur er selbst mit dem ach so laut klopfenden Herzen und einem Kribbeln aus dem Lippen, dessen Grund ihm unverständlich blieb.

Er starrte auf die Tür, durch die Takuma verschwunden war.

Vier Stunden bis Mitternacht.

Vier lange und einsame Stunden …

Es schüttelte ihn bei der Vorstellung wieder genau so zu reagieren wie er es gerade getan hatte. Wieder zu dem kleinen, unschuldigen Jungen zu werden, der sich nach der Nähe sehnte … so sehr wollte er seinem Stolz nicht weiter zusetzen. War es nicht schon genug zu wissen, wie unterwürfig ihn dieser eine Vampir werden lassen konnte, ohne es überhaupt darauf anzulegen? Wie sähe es dann aus, wenn er es absichtlich versuchen würde …? Und dass er, obwohl er es dem Jungen in der Vorstellung vorwarf, es trotzdem verabscheute, dem anderen nicht nahe sein zu können?

Ob er nun wütend sein sollte auf sich selbst?

Er versuchte es, und doch konnte er sich nicht weiter dagegen wehren. Es war mehr als nur offensichtlich gewesen, was er wollte und nun nicht mehr haben konnte, jetzt aber umso mehr wollte.

Seufzend wandte er sich von der Tür ab – sie würde weder abhauen oder sich so schnell wieder öffnen noch die Zeit schneller verstreichen lassen, wenn er sie nur anstarren würde. Vielleicht konnte er die Zeit sinnvoller gebrauchen, vielleicht sich ein wenig ablenken, damit der begehrte Zeitpunkt der Rückkehr schneller kam.

Nur womit?

Wenn er den Blick schweifen ließ, sah er so viel, was nicht sein war und ihn an den anderen erinnerte. Sein eigener Kram machte nur einen Viertel der ganzen Zimmerausstattung aus, doch genau das war einer der bedeutendsten Punkte, warum er sich hier so wohl fühlte, der Raum einen gewissen Flair, eine besondere Anziehungskraft auf ihn hatte. Vermischt mit dem guten und ach so süßen Geruch ihrer beiden Körper … genüsslich schloss er für einen Moment die Augen, dann öffnete er sie schwer ausatmend wieder. Hier stehen zu bleiben brachte nichts. Er brauchte etwas, dass er tun konnte.

Mal sehen, welches Buch Takuma zuletzt gelesen hatte.

Und während dessen konnte er sich ja Gedanken darüber machen, was sein würde, Takuma nun von ihm dachte, wenn die nächsten vier Stunden vorbei waren.

Nein, Korrektur. Die nächsten drei Stunden und 58 Minuten.

Mit einem schwachen Lächeln schlug er die erste Seite auf.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Moons
2009-10-30T10:10:39+00:00 30.10.2009 11:10
Wai~ x3
Das hast du mal wieder schön geschrieben. :3 Shiki ist schon süß. |3
Und die Idee mit dem kleinen Kind fand ich super! <D
Von:  RaspberryDevil
2009-10-28T21:26:24+00:00 28.10.2009 22:26
schöner OS *-*
Einfach nur super.
Du beschreibst shikis gedanken gänge immer so schön,
und auch so, dass man sie versteht ^-^
Dein schreibstiel ist auch echt klasse

Mach weiter so ^-^

(darf ich darauf hoffen, dass der nächste OS kein adult ist? XD
*nämlich zu jung dafür ist ;__; *)


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