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Wir Drei

von

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Nummer eins

Wie immer klingelte der Wecker früh um 6. Zeit zum Aufstehen sagte mir eine Stimme in meinem Kopf und ich gähnte nur laut als Antwort. Schon wieder ein neuer Tag, dachte ich mir und quälte mich so wie jeden morgen aus dem Bett. Vor meiner Zimmer Tür konnte ich aufgeregtes Trampeln hören, das wahrscheinlich so wie jeden Morgen von meiner Schwester kam. Ab und zu hörte ich auch Ellens Stimme aufgeregt nach Tim rufen, der mal wieder versuchte sie zu besänftigen. Also zog ich mich mühselig an und torkelte in die Küche, wo die beiden auf mich warteten.

„Da bist du ja endlich! Es ist schon 6!“ begrüßte mich Ellen.

„Ich weiß! Mein Wecker hat geklingelt!“

Verständnislos schnaubte sie und schob mir ein Toast rüber. Ich setzte mich hin und legte wie in Routine eine Scheibe Käse und einen Klecks Marmelade auf das viereckige Ding, bevor ich es mir genüsslich zwischen die Kiemen schob. Kaum hatte ich den ersten Bissen getan stand Tim auch schon wieder auf. Verwundert schaute ich ihm nach.

„Ich hab noch ein Schülerratstreffen vor dem Unterricht!“ lächelte er mich nur mit seinem perfekten Lächeln an, schnappte sich seine Tasche und ging aus dem Haus. Ich wunderte mich immer wieder über den Knirps. Er war gerade mal 16 und schon Schülersprecher, Klassensprecher, Kommitesvorstand und was weiß ich noch alles, sowie Einserschüler und Lehrerliebling. Während ich in der Schule vor mich hin vegetierte und hoffte der Spuk hätte endlich bald ein Ende. Kaum zu glauben das wir miteinander verwandt sein sollten. Schon vom Erscheinungsbild glich ich meinem Bruder nicht ein bisschen. Während er seit seiner Geburt goldene Locken hatte und wie ein Engel aussah – ich weiß das sagt man oft, aber bei ihm trifft es wirklich zu! – sind meine blonden Babyhaare längst braun geworden und abgestumpft. Ganz zu schweigen von seinem Bübchengesicht. Ich bekomm immer zu hören mein Gesicht sei so kantig wie eine Felswand. Mal ehrlich. Ich glaub das einzige was unsere Eltern uns beiden geschenkt haben sind unsere blauen Augen, plus einem Blick dem keiner widerstehen kann. Inwieweit er damit umgehen kann ist eine andere Sache. Von mir kann ich behaupten, dass ich alle Vorzüge daraus zu ziehen weiß.

Ich lachte auf bei dem Gedanken und Ellen sah mich verwundert an. „Was lachst du so blöd! Das ist nicht lustig!“ „Hä? Was?“ Anscheinend hatte sie mir mal wieder ihr Herz ausgeschüttet und ich hatte abgeschalten. Nicht gut. Tu so als hättest du den Durchblick!

„Achso! Jaja.. Sehr traurig!“ erwiderte ich schließlich gelassen und kaute mein letztes Stück Toast runter. „Traurig? Mark, du hast mir schon wieder nicht zugehört! Wozu verschwende ich eigentlich meine Zeit mit dir!“ Mist hat wohl doch nicht geklappt. Ich zuckte mit den Schultern. „Mach hinne! In 10 Minuten kommt der Bus!“ blubberte sie energisch und räumte den Tisch ab. Dann schnappte sie ihre Tasche und stürmte nach draußen. Womit ich dann alleine war. Seufzend stand ich auf, nahm meine Schultasche, wuschelte mir vor dem Flurspiegel noch einmal durchs Haar und folgte ihr gemütlich.
 

Mein Name ist Tim. Ich bin 16 Jahre alt. Ich liebe es zu schlafen und fernzusehen. Ebenso hab ich eine Schwäche für Schokolade und Horrorfilme. Nur kommen meine Hobbys etwas zu kurz. Heute früh wurde ich schon wieder geweckt durch mein Handy, das einfach nicht aufhören wollte zu klingeln. Ich war schon kurz davor den penetranten Anrufer anzuschreien, doch meine Vernunft packe mich und ich begrüßte den Vizevorsitzenden des Schülerrates mit einem freundlichen „Guten Morgen! Was gibt’s denn?“ Mir wurde erklärt dass ich unbedingt vor dem Unterricht noch mal zu einem Meeting kommen sollte, da es irgendwelche Probleme gab. Seufzend willigte ich ein, legte auf und hievte meinen müden Körper aus dem Bett. Ich kann einfach nicht nein sagen. Mum meinte auch immer ich sei zu nett. Naja, das schient wohl mein schweres Los zu sein, dachte ich zu mir und schaute noch mal auf die Uhr. „Oh Gott.. 4 Uhr! Das macht gerade mal 3 Stunden Schlaf. Das ist bestimmt nicht mehr gesund!“ Was soll’s. Irgendeiner muss ja die Klasse, die Schule und alle Kommitees leiten, sowie den Maßstäben entsprechen, damit alle ein Vorbild hatte auf das sie aufschauen konnten. Diese Rolle fiel nun mal mir zu. Ich hatte mich damit abgefunden. Genügsam ging ich ins Bad um meine Morgendusche zu nehmen. Im Spiegel erblickte ich einen strahlendschönen Jungen, der wie frisch aus dem Ei geschlüpft aussah. „Manchmal hab ich echt Angst vor mir selbst!“ stellte ich erschreckt fest und genoss das warme Wasser das aus dem Duschhahn floss und mich an die Karibik und das Mittelmeer denken ließ. Kaum hatte ich meine Augen geschlossen um noch mehr zu entspannen, hämmerte es an der Tür. „Tim?? Bist du das? Wieso bist du schon wach! Ich hatte mir extra den Wecker auf um 4 gestellt, damit ich vor euch im Bad sein kann! Mensch!“ meckerte sie. „Hab Termine!“ entgegnete ich nur und schon war ruhe. Wenn meine wilde und aufbrausende Schwester Ellen vor einem Respekt hatte, dann waren es mein Fleiß und mein Pflichtbewusstsein. Sie ist steht’s stolz auf mich, wie eine zweite Mutter. Allgemein hat sie Züge an sich, die mich immer stark an Mum erinnern. Sie kocht sehr gut und achtet darauf das Mark und Ich immer ordentlich essen. Ebenso bemüht sie sich uns – vor allem meinen Bruder – anzutreiben und auf der rechten Bahn zu halten. Sonst ist sie selbst total chaotisch, wild und laut. Stellt man sich ihr in den Weg bekommt man schnell mal eine gezimmert. Ein unzähmbarer Wildfang eben. Obwohl sie recht hübsch und beliebt ist mit ihren langen, braunen und seidigen Haaren, hat sie bis jetzt jede Anfrage auf eine Verabredung abgesagt. Das ist schon komisch. Andere Mädchen in ihrem Alter, achja sie ist 17, würden sich um einen Freund reißen.

„Wird das heut noch was? Tim!!“ hörte ich sie wieder rufen.

„Es ist gleich um halb 6!“

„Was schon??“ bemerkte ich erstaunt. Ich schaute auf meine Finger die schon ganz schrumplig waren. Ich hatte geträumt.

Schnell stieg ich aus der Dusche und zog mich an, packte meine Tasche während Ellen im Bad war. Schließlich konnte ich sie durch den Flur stampfen hören.

„Pennt Mark immer noch? Es gibt essen!“ rief sie. „Ich glaube schon! Bin schon unterwegs.“ Schaute noch mal auf die Uhr - 6 war es mittlerweile – und lief ihr hinterher.

Zehn Minuten später kam auch mein großer Bruder Mark mit zerknittertem Gesicht an den Frühstückstisch. Er war ein Freibeuter, einer der nur für sich selbst lebte und wie ich glaube jeden Moment genoss. Oft beneidete ich ihn dafür. Wieder schaute ich auf die Uhr. Keine Zeit. Ich verabschiedete mich und ging.
 

Was für ein toller Tagbeginn. Da stell ich mir extra den Wecker, damit ich einmal, ein einziges mal, als erste im Bad sein kann und dann steht Tim trotzdem vor mir unter der Dusche! Was zur Hölle soll das. Dabei ist heute so ein wichtiger Tag. Ich ruckelte am Türknauf und lehnte mich an die Tür. Mark war das sicherlich nicht da drin. „Tim?? Bist du das? Wieso bist du schon wach! Ich hatte mir extra den Wecker auf um 4 gestellt, damit ich vor euch im Bad sein kann! Mensch!“ Normalerweise hatte mein kleiner Bruder einen geregelten Tagesablauf. Pünktlich um fünf stand er auf ging als erster ins Bad, räumte sein Zimmer auf, kam zum Frühstück und ging pünktlich zum Bus. „Hab Termine!“ rief er aus dem kleinen Bad und ich seufzte. Typisch Tim. Wahrscheinlich hatte ihn einer seiner Untergebenen mal wieder panisch angerufen und in die Schule beordert, weil sie selbst nix ohne ihn hinbekamen. Ich war schon stolz auf meinen kleinen Bruder. Er war vorbildlich wie kein anderer. Ganz im Gegensatz zu Mark. Ich pendelte in die Küche und bereitete das Frühstück vor während ich über meine Brüder nachdachte. Ja, Mark war echt hoffnungslos. Das einzige worin Talent hatte war Mädels aufzureißen. Seine Freundinin wechselte er öfter als seine Socken. Anstatt sich auf seinen bevorstehenden Schulabschluss mit seinen 18 Jahren zu kümmern, schwänzt er sie Schule, macht Party und gammelt vor sich hin. Unmöglich! Wenn ich ihm nicht ab und zu in den hintern treten würde wäre er sicherlich schon auf der Straße gelandet. Idiot. Der Frühstückstisch strahlte. Während mein Kopf voller negativer Gedanken an Mark war hatte ich das perfekte Frühstück gezaubert. Ich schaute auf die Uhr. Oh Gott, gleich halb sechs. Ich rannte hoch zum Bad und klinkte. Verschlossen. War der immer noch da drin??

„Wird das heut noch was? Tim!“ brüllte ich. Ich musste unbedingt ins Bad. Heute musste ich einfach umwerfend aussehen, egal was kommen mochte und dafür brauchte ich auch etwas Zeit.

„Es ist gleich um halb 6!“ rief ich weiter.

„Was schon??“ kam von Tim erschrocken zurück. Ich hörte es leicht rumpeln und schließlich kam er heraus.

Im selben Moment stürmte ich hinein und sprang unter die Dusche. Sie war viel zu heiß aber das war mir egal. Ich musste mich beeilen. Waschen, Abtrocknen, Föhnen, Schminken, Stylen. Ich huschte in mein Zimmer und zog die schönsten Sachen an die ich auf die Schnelle finden konnte. Ich sah mich an. Das Mädchen im Spiegel sah irgendwie gar nicht nach mir aus. Eigentlich hasste ich Schminke und auch dieses dumme Glitzertop. Nie hatte ich mich um andere als meine Familie gekümmert. Mir war egal was andere von mir hielten. Doch seit gestern war alles anders.

Wieder blickte ich leicht gestresst auf die Uhr. Kurz vor um Sechs.

Langsam wurde es kritisch. Ich stampfte auf den Flur um meine Brüder einzusammeln. Denn wie immer war ich die jenige die unseren halbwegs familiären Tag ankurbelte. Tim kam mir mit seiner Schultasche entgegen während ich in Marks Zimmer den Wecker klingeln hörte. Es war also mittlerweile 6 Uhr. 6:25 kam unser Bus. Das würde heute ziemlich knapp werden.

„Pennt Mark immer noch? Es gibt essen!“ fragte ich Tim schließlich aufbrausend und schnappte meine Schultasche.

„Ich glaube schon! Bin schon unterwegs.“ Meine er nur und kam mir hinterher in die Küche. In der Küche angekommen schmierte ich mir wie immer mein Schinken-Käse-Brot und stopfte es mir in den Mund. Denn von Stress bekam ich Hunger. Und meine Brüder gaben mir täglich genug davon. Ich und Tim aßen wie immer still. Wir brauchten nicht viele Worte bzw. er brauchte keine von mir denn ich wusste, dass er auch ohne meine Ratschläge zurecht kam.

Ganz anders als Mark, der sich nun auch endlich zu uns bequemte.

„Da bist du ja endlich! Es ist schon 6!“ maulte ich ihn an. Wie kann man nur so träge sein.

„Ich weiß! Mein Wecker hat geklingelt!“ entgegnete er mir nur cool und setzte sich zu uns. In dem Moment stand Tim auch schon auf und ging los um einen Bus früher als wir loszufahren.

Jetzt saß ich allein mit meinem großen Bruder da, der schlaftrunken sein Marmelade-Käse-Toast aß und nicht merkte wie die Hälfte der süßen Speise herunter tropfte.

„Ähm Mark, kann ich dich mal was fragen?“ „Hm.“ „Wie findest du seh ich aus? Ist das zu übertrieben?“ Oh man was fragte ich da? Aber wen sollte ich sonst fragen. „Weißt du gestern haben wir einen neuen Schüler bekommen und naja… Ich will nicht das er mich für ein Nomalo hält.“

Plötzlich lachte Mark auf als hätte ich einen Witz gemacht.

„Was lachst du so blöd! Das ist nicht lustig!“

Er Schreckte auf als hätte er geschlafen und ich wusste, dass ich mal wieder meine Worte an ihn verschwendet hatte. Er konnte ja so ein Idiot sein.

Wütend beschimpfte ich ihn obwohl ich wusste dass es ihm eh egal war und schnappte mir meine Schultasche.

„Mach hinne! In 10 Minuten kommt der Bus!“ brüllte ich ihm noch entgegen und verließ das Haus.



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