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Trices

Some situations
von

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Zweckgemeinschaft

Die leisen Klänge deiner Gitarre erfüllen den Raum, immer wieder schlägst du die Saiten an, den Blick starr auf die Noten unseres neuen Songs gerichtet. Schon seit Stunden sitzen wir in deinem Apartment, im Schlafzimmer auf deinem Bett und versuchen unser Zusammenspiel zu perfektionieren. Immerhin starten nächste Woche schon die Aufnahmen für das neue Album, und Shou besteht darauf, dass dieser Song das Highlight der CD wird. Der Haken an der Sache ist nur, dass er uns die Noten erst gestern, bei der Bandprobe, hat zukommen lassen. Also hat Nao spontan die Proben für die nächsten zwei Tage gestrichen, um uns Zeit zu geben, den Song so einzustudieren, dass alles sitzt, und wir uns anschließend, ohne unnötige Verzögerung, an die eigentlichen Proben machen können.

Seufzend lasse ich mich nach hinten fallen, ich habe soeben meine Gitarre beiseite gelegt, und strecke mich ausgiebig. Du stoppst dein Spiel kurz und schaust von den Noten auf um mich verwundert zu mustern.

„Ich hab keine Lust mehr, mach ne Pause“, gebe ich halb murmelnd halb erklärend von mir. Etwas genervt verdrehst du die Augen und wendest dich wieder deiner Gitarre zu, übst eine Stelle die dir Schwierigkeiten bereitet. Ich beobachte dich noch eine Weile, wie du den Rücken leicht zu mir gedreht, konzentriert dasitzt und spielst. Doch als ich merke, dass ich in naher Zukunft keine Reaktion mehr von dir erwarten kann, drehe ich mich mit einem erneuten Seufzen um, greife nach meiner Sonnenbrille, die auf dem Nachttisch liegt, und schiebe sie mir auf die Nase. Ich frage mich ob du dich wunderst warum ich in deinem Zimmer, wo es nun wirklich nicht abnormal hell ist, eine Sonnenbrille trage. Sicherlich tust du es nicht, du hast bestimmt auch nicht bemerkt, dass ich das immer tue, wenn ich nachdenklich werde. Warum genau ich die Brille tragen will wenn ich meinen Gedanken nachhänge weiß ich selber nicht, aber es ist so ein Bedürfnis, vielleicht helfen mir die verdunkelten Gläser, meine Maske aufrecht zu halten, vielleicht bieten sie mir Schutz vor Fragen wie ' Hey Pon, ist alles klar?' oder ' Geht’s dir gut?', wie sie einige meiner Freunde zu stellen pflegen. Denn leider sieht man mir sofort an wenn ich in Gedanken, die nicht fröhlicher Natur sind, fest hänge. Doch warum ich die Brille auch in deiner Gegenwart tragen muss, ist mir selbst nicht klar. Du bist mein bester Freund und doch bist du der einzige der keine Fragen stellt, ich weiß nicht ob du es mitbekommst wenn es mir schlecht geht, aber wenn, dann lässt du es dir nicht anmerken. Eigentlich müsste ich froh darüber sein, dass du mich mit Fragen verschonst aber ich bin es nicht. Dir würde ich die Fragen beantworten, die mich bei anderen nur nerven würden. Dir würde ich mich anvertrauen. Nur lässt du es nicht so weit kommen. Du fängst erst an dir Sorgen zu machen wenn ich heulend vor dir sitze. Erst dann nimmst du mich in den Arm und tröstest mich, sorgst dafür, dass das, was mir so zu schaffen macht, in die hinterste Ecke meines Gehirns verfrachtet und vorübergehend verdrängt wird. Und am nächsten Tag wäre das Thema in deinen Augen wieder gegessen, und alles würde wieder seinen normalen Lauf nehmen.

Als ich vor kurzem bei Yomi war, hat er mehr festgestellt als gefragt: „Kann es sein, dass du einfach jemanden brauchst der dich ab und zu in den Arm nimmt, damit es dir gut geht?“

Ich konnte nicht anders als ihn perplex anzusehen und mir die Tränen verkneifen zu müssen. Er hat Recht, das wurde mir in diesem Moment wieder bewusst. Gewusst hatte ich es bereits. Ich wusste genau, dass ich so Oberflächlich war, dass man mich mit einer einfachen Umarmung glücklich machen konnte. Es war nur eines der Dinge, die ich verdrängt hatte, um dir nicht ständig meine Nähe aufzudrängen. Doch seitdem Yomi diese Sehnsucht nach Nähe, rein freundschaftliche Nähe selbstverständlich, deren Unterdrückung mich unzufrieden machte, geweckt hatte, war ich wieder anhänglicher geworden. Und auch hier weiß ich nicht, ob es dich stört, nervt, oder ob es dir gefällt. Manchmal, wenn wir so auf dem Bett sitzen, schmiege ich mich kurz an dich, lege meinen Kopf auf deiner Schulter ab, oder ähnliches. Doch meistens reagierst du nicht einmal, zeigst weder Gefallen noch Unbehagen, ignorierst mich regelrecht, was mich dann nervös macht, und mich dazu verleitet, mich wieder von dir abzuwenden, meine Sonnenbrille aufzusetzen und über unsere Freundschaft nachzudenken.
 

Sind wir überhaupt beste Freunde? Diese Frage stelle ich mir in letzter Zeit immer öfter. Du hast es nie zu mir gesagt, und zeigen dass ich dir wichtig bin tust du mir auch ziemlich selten. Beste Freunde nerven sich doch nicht gegenseitig so sehr wie wir es tun oder? Aber du bringst mich so oft zur Weißglut, so oft bin ich wegen deiner sturen, egoistischen, egozentrischen Art kurz davor dich anzuschreien, oder einfach zu gehen, aber jedes Mal halte ich mich zurück, weil ich genau weiß, dass ich oft genau so schwer zu ertragen bin. Denn auch ich bin egoistisch, vielleicht nur etwas anpassungsfähiger, aber dafür anhänglich, naiv und sicherlich nervig. Aber sollten beste Freunde nicht besser mit solchen Macken zurechtkommen? Oder zeigst du mir so dass du mich als besten Freund siehst? In dem du dich in meiner Gegenwart nicht verstellst? Ist dass der Grund warum ich das Gefühl habe, dass deine anderen Freunde besser mit dir auskommen als ich es tue? Kennen sie dich einfach nicht so gut? Aber das ergibt keinen Sinn, denn ab und zu bist du so anders. Wenn wir ausgelassen über Musik oder die Band reden, oder einfach nur herum albern, dann bist du ein komplett anderer Mensch, zumindest kommt es mir so vor. Jedes mal wenn du so bist, verschwinden all diese zweifelnden, quälenden Gedanken für eine Zeit, und lassen mich wieder ich selbst sein, zumindest bis du mich das nächste mal ignorierst, abwertend anschaust, oder mir einen anderen Grund gibst mich schlecht zu fühlen.

Das ist auch so eine Sache dir in mir immer wieder Zweifel aufkommen lässt. Neben seinem besten Freund sollte man sich nicht unbedeutend und minderwertig vorkommen, oder? Trotzdem lässt du in mir immer wieder das Gefühl aufkeimen, ich sei weniger wert als du, als würdest du es nicht schätzen dass ich bei dir bin, eher als müsste ich dir danken, dass ich meine Zeit mit dir verbringen darf. Ob sich deine anderen Freunde auch so neben dir fühlen? Ich denke nicht. Du bist so anders zu ihnen, als zu mir. Vor allem, scheint dir alles egal zu sein wenn deine Freunde da sind. Wenn ich mit dir durch das PSC Gebäude gehe, und uns unterwegs Kai, Reita und Aoi begegnen, lässt du mich einfach stehen und ziehst mit denen weiter. Das ist doch nicht normal für beste Freunde oder?

Was wohl passieren würde, wenn ich mich gar nicht bei dir melden würde, wenn nicht ich es wäre der fragt, wann wir uns mal außerhalb der Bandproben sehen. Würden wir uns dann überhaupt noch treffen? Etwas zusammen unternehmen? Oder würdest du dann nur noch mit Reita rumhängen, würde er dein neuer bester Freund werden? Oder ist er das für dich schon? Vorhin hast du ihm eine Sms geschrieben ob ihr heute Abend saufen gehen wollt, was dazu geführt hat das ich versucht habe mich daran zu errinern, wann du mich das letzte mal von dir aus nach einem Treffen gebeten hast. Und um ehrlich zu sein, ich weiß es nicht mehr, wird wohl schon etwas länger her sein. Ist unsere Freundschaft für dich etwa wirklich nur eine Zweckgemeinschaft? Brauchst du mich nur damit du nachdem wir mit der Band feiern waren nicht alleine nach Hause laufen musst? Damit du nicht allein bist, wenn die anderen keine Zeit haben? Ich will das nicht glauben, kann es auch nicht wirklich, denn immerhin sind da noch die Momente, in denen du mich nicht ignorierst und mich auch nicht aufregst, sondern einfach nur der liebste, tollste und allerbeste Freund im ganzen Universum für mich bist. Aber trotzdem... Wieso dann die Ignoranz, das Minderwertigkeitsgefühl, die Angst dich zu verärgern, die permanente Furcht dir nichts zu bedeuten.

Tränen brennen in meinen Augen, ich muss hart schlucken, atme tief durch und blinzele die Flüssigkeit aus meinem Auge weg. Gerade als ich mich entschlossen habe jetzt mit dir darüber zu reden, stoppst du dein Gitarrenspiel. Nun ist es an mir dich verwundert anzusehen. Du hast dein Instrument abgelegt, dir eine Socke genommen und sie über eine Hand gestülpt, welche du zu einem Kopf geformt hast. Grinsend siehst du mich an, lässt das Sockengesicht zu mir schauen.

„Mein lieber Freund...“, lässt du deine Hand mit verstellter, ernster Stimme sprechen, und blickst mich erwartungsvoll an.

Ein Grinsen breitet sich nun auch auf meinen Lippen aus. Schnell nehm ich die Sonnenbrille von der Nase, stecke sie mir in die Haare und lasse auch meine Hand zu einem Kopf werden.

„Wir sind Freunde?“, lasse ich sie mit dümmlicher, leicht belegter Stimme antworten, worauf hin du zu lachen beginnst.

Die an mir zehrenden Gedanken wieder weit zurückdrängend, lache ich mit, genieße einfach nur den Moment.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von: abgemeldet
2010-06-22T16:02:51+00:00 22.06.2010 18:02
Tieftraurig und gefüllt mich einer enormen Menge Gefühl.
Eine wunderschöne Ff auch wenn ich beim Lesen andere Menschen vor mir sehe....
Von: abgemeldet
2010-01-01T10:57:05+00:00 01.01.2010 11:57
wundaschön^^
Von:  Snaked_Lows
2009-11-16T18:45:29+00:00 16.11.2009 19:45
schön und gleichzeitig irgendwie traurig, wahrscheinlich weil jeder schon in so einer situation gewesen ist.
hoffentlich kommt bald was neues!!


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