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Like a crimson sunrise or a waterblue sky full of cherry blossoms

Tatsu-Yukke
von

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Things should be easier

Tatsuro hatte etwas Mühe, die bittere Tablette nicht gleich wieder hoch zu würgen, deren penetranter Geschmack auch durch einen großzügigen Schluck Cola nicht zu übertünchen war.
 

Heute Morgen hatte er ja noch gehofft, dass es sich lediglich um einen Schnupfen handeln würde, doch seit er wieder zu Hause war, hatte sich sein Befinden weiter zum Negativen entwickelt, und er war zusehends froh, dass er nicht doch darauf bestanden hatte, im Studio zu bleiben.
 

Erneut setzte er die Flasche, mit der braunen Brause, an seine Lippen, leerte diese fast vollständig, und schlurfte dann in sein Schlafzimmer, wo er sich müde auf seinem Bett nieder ließ.
 

Schlaf war jetzt genau das, was er brauchte.
 


 

zzZZ
 


 

Langsam driftete Tatsuro aus seiner Traumwelt zurück, da ihm ständig etwas über seine Wange fuhr und dadurch ein nerviges Kitzeln verursachte. Als er kurz darauf seine Augen aufschlug, war es fast vollständig dunkel im Zimmer, doch der Auslöser seines Erwachens machte mit der grünlichen Reflektion seiner Tapetien (1) auf sich aufmerksam.
 

„Uhh...Teto-chan...", begrüßte er den Kater mit schlaftrunkener Stimme, und streichelte ihm leicht über den Kopf, worauf dieser sogleich in ein zufriedenes Schnurren ausbrach.
 

Tatsuro versuchte nun einen Blick auf seinen Digitalwecker zu erhaschen, musste jedoch feststellen, das ihm irgendetwas die Sicht auf dessen Anzeige verwehrte.
 

Folglich griff er nach dem Objekt, das sich, soweit er das bei diesen Lichtverhältnissen erkennen konnte, als eine quadratische Pappschachtel vorstellte, von der er sich nicht erinnern konnte, sie dort platziert zu haben.
 

Nachdem das kleine, elektronische Chronometer ihn darüber informiert hatte, das es bereits nach 20 Uhr war, richtete er sich mit einem leidlichen Stöhnen auf, und befand das es ihm nicht viel besser ginge, als die Stunden zuvor. Er würde wohl auch morgen noch der Arbeit fern bleiben müssen.
 

Die Schachtel noch immer in seiner Hand haltend, stieg er aus dem Bett, und als das Licht, seiner Schlafzimmerbeleuchtung, ihm das Gefühl vermittelt, jemand würde seine Netzhaut mit Nadeln perforieren, konnte er sich ein scharfes Zischen nicht verkneifen. Was ihn sich auch gleich mit der freien Hand über seine gepeinigten Augen fahren ließ.
 

Etwas erschreckt von dem Laut, den sein Herrchen von sich gegeben hatte, sprang der gescheckte Vierbeiner vom Bett und versteckte sich sogleich darunter, um die Lage aus einer sicheren Ecke überprüfen zu können.
 

Als es Tatsuro kurz darauf wieder möglich war, sein Umfeld ohne Probleme zu betrachten, fiel seine Aufmerksamkeit sofort auf den mysteriösen Karton zurück, der in schnörkelloser weiß-grüner Optik darauf verwies, das sein Inhalt aus einem Sirup gegen grippale Infekte bestände und rein biologischen Uhrsprunges wäre.
 

Das unangenehme Kratzen in seinem Hals, ließ ihn allerdings vorerst von der Überlegung abkommen, woher dieser stammte, da ihm der Drang, etwas trinken zu müssen, bei jedem Schlucken dringender erschien.
 

In seiner Küche angekommen, nahm er den letzten Rest der koffeinhaltigen Limonade zu sich. Beförderte anschließend das leere Behältnis in Richtung Abfallbehälter, an welchem dieses jedoch abprallte, und für einen momentlang auf dem schwarz-weiß gefliesten Küchenfußboden kunstvoll vor sich hin rotierte. Dies hatte auch gleich die Aufmerksamkeit von Teto erweckte, der gerade im Türstock aufgetaucht war, wohl in der Hoffnung etwas zu Fressen zu bekommen. Da das, was ihm der seltsame andere Mensch, vor ein paar Stunden gegeben hatte, schon verputz worden war.
 

Mit einem Schulterzucken ließ Tatsuro die Flasche wo sie war, und schaute dafür etwas überrascht auf den runden, hölzernen Tisch in einer Ecke des Raumes, auf den er für gewöhnlich all die Dinge ablegte, von denen er der Meinung war, sie irgendwann noch einmal gebrauchen zu können. Doch war eben der von diesen Sammelsurium befreit, und mit zwei darauf thronenden weißen Plastiktüten versehen worden.
 

Er ging die wenigen Schritte darauf zu und fand einen Zettel vor, der neben den Tüten auf der Platte lag, und wohl als Erklärung zum Inhalt dienen sollte.
 


 

Lieber Tatsu,
 


 

Miya und Sato haben mir erzählt, das du dir eine Erkältung eingefangen hast, und da ich weiß, das du für so einen Umstand immer recht dürftig ausgerüstet bist, habe ich dir einige Dinge besorgt, die dir helfen sollen schnell wieder auf die Beine zu kommen.
 

Außerdem hab ich noch ein paar Ratschläge für dich die, wenn du dich daran hältst, dir auch von Vorteil sein werden.
 


 

1. Ruh dich genügend aus und schlaf so viel wie möglich.
 

2. Nimm deine Medizin regelmäßig und Tabletten, wenn möglich, mit etwas zu Essen ein, so wirken sie schneller.
 

3. Trink viel, aber keine Cola, keine Energiedrinks und KEIN Bier sondern Wasser und Tee, der tut deinem Magen gut.
 

4. Das Essen nicht gänzlich außer Acht lassen, selbst wenn du keinen großen Hunger haben solltest. Aber keine schweren Sachen wie Pizza oder ähnliches Fastfood. Suppe ist immer gut, genau wie Obst. Die Vitamine werden deine Genesung fördern (und NEIN Fruchtgummibärchen sind keine Alternative)
 

5. Keine heißen Bäder, wenn du zu angeschlagen bist, da sonst dein Kreislauf kollabieren kann!
 

6. Dich immer schön warm halten, vielleicht opfert sich Teto ja auch als Wärmflasche ^_-
 


 

Wenn Du dich daran hältst, sollte es schon etwas einfach auszuhalten sein.
 

Alles was du brauchst, befindet sich in den Beuteln, und sollte er dir noch schlechter gehen, dann ruf mich an. Morgen wird Sato mal bei dir vorbei schauen, wenn er es nicht vergisst.
 

Also Gute Besserung!
 


 

Yukke
 


 

Das Erste was Tatsuro durch den Kopf ging, als er die Zeilen zu Ende gelesen hatte, war die Frage, warum Yukke ihn nicht geweckt hatte, als er hier war?
 

Doch selbst, wenn es ihn irgendwo ärgerte, so war ihm die Antwort eigentlich klar.
 

Yukke war einfach die Fürsorge in Person, und ein Blick auf den ersten Punkt, auf dem Blatt Papier, in seinen Händen, gab Auskunft genug.
 

Dabei hätte er ihn gerade heute, gerade jetzt, so gerne sehe wollen.
 

Schon das Wissen, das er hier gewesen war, und er es verschlafen hatte, stimmte ihn traurig. Natürlich war es eine ungemein liebenswerte Geste, ihn mit allen möglichen Dingen zu versorgen, damit er bald wieder wohl auf sein würde, doch wusste er auch, das Yukke es auch für jeden anderen ihrer Band getan hätte. Dass es nicht daran lag, das er in ihm etwas ganz Besonders sah, oder ihn gar mehr entgegen brachte als Satochi oder Miya. Der einzige Grund, warum Yukke sich so hingebungsvoll um ihn kümmerte, bestand einfach nur darin, das er, Tatsuro, trotz seiner Anfang Dreißig in manchen, alltäglichen Dingen einfach zu unselbständig war, oder sie einfach als zu irrelevant betrachtete.
 

Es gab eine Zeit, wo er damit ganz gut zu Recht kam, da er es gewohnt war, nur für sich selbst zu entscheiden. Auch wenn es schon damals Menschen gab, die sich durch dieses Denken belästig fühlten, schenkte er dem keinerlei Beachtung. Bis irgendwann Yusuke Fukuno ihren..., seinen Weg kreuzte und langsam alles in eine andere Verlauf lenkte. Anstatt den groß gewachsen Chaoten, der er nun mal war, ständig mit bissigen Hinweisen zu seinen Fehlern und Macken zu belangen, hatte er versucht durch kleine, freundliche Winks seine raue Oberfläche zu glätten. Und ließ sich auch nicht entmutigen, wenn er ihn gerade wegen dieser Einfühlsamen Art, nur zu gern auf die Schippe nahm. Und über die Jahre hatte Yukke wirklich etwas in ihm verändern können.

Nicht alles.

Aber einiges.
 

Und dadurch auch das Klima, innerhalb ihrer Band, etwas gereinigt. Yukke war, auch wenn der Vergleich etwas kindlich erschien, so etwas wie sein guter Geist. Jemand der immer auf ihn Acht gab. Fast wie eine gottgegebene Aufgabe. Und er tat dies, ohne dass er jemals etwas dafür verlangte, oder sich damit rühmte.
 

Alles was er tat, war einfach Yukke.
 

Und er wusste das, wenn er ihn jetzt sofort anrufen, er alles steh und liegen lassen würde, um hier her zu kommen. Selbst wenn das bedeuten würde, ihre Arbeit zu unterbrechen. Miya würde ihm später sicherlich die Leviten lesen, das er sich so wehleidig zeigen musste.
 

Aber er würde letztendlich nichts weiter dagegen sagen, sondern nur genervt die Augen verdrehen und Yukke dann gehen lassen.
 

Yukke musste diese Einkäufe für ihn auch in einer Pause erledigt haben, da sie ja meist nicht vor 22 Uhr aus dem Studio kamen. Es wäre also schon etwas egoistisch, jetzt anzufangen zu jammern und damit die eh schon ins Stocken gerate Arbeit noch weiter zu untergraben.
 

Er durfte Yukke auch nicht als seinen persönlichen Laufburschen betrachten.
 

Dieser tat schon genug für ihn, ohne dass er dazu aufgefordert wurde.
 

Er würde ihm jetzt einfach mal eine Pause von seiner Person gönnen. Auch wenn dies noch so schwer fallen würde. Die Zeit die seine Infekt andauern konnte, würde er schon alleine überstehen.
 

Er war ja schließlich schon ein ziemlich großer Junge.
 


 


 

***
 


 


 

Die folgenden Tage, verbrachte Tatsuro also damit, sich brav nach den Tipps von Schwester Fukuno zu richten, und damit sich zu langweilen, wenn er nicht gerade schlief. Der Versuch sich etwas mit Fernsehen oder Videospielen zu beschäftigen hatte er aufgegeben, da sich nach spätestens einer Stunde stets wieder Kopfschmerzen einstellten, und er zog es vor, diesen Umstand, in einem besseren Wissen, lieber zu vermeiden.
 

Auch Tsukahara-san hatte schon bei ihm vorbeigeschaut, da sie, wie sie sagte, die Information über sein Befinden von seinem kleinen, schnuckeligen Freund bekommen hatte, als sie ihm vor wenigen Tagen im Hausflur begegnet sei.
 

Die alte Dame hatte ihm ebenfalls angeboten ihm behilflich zu sein, wenn es mal etwas zu besorgen gäbe, oder sich jemand um Teto kümmern sollte. Und sie hatte ihn mit reichlich gesunder Hausmannskost versorgt, so dass er sich in diesem Punkt keine eigene Mühe machen musste. Satochi hatte ihn ebenfalls schon besucht, aber einen Tag später, als es Yukke angekündigt hatte, da dieser es doch tatsächlich vergessen hatte.
 

Als Wiedergutmachung hatte er ihm einen kleinen, aber dafür exquisiten Kuchen mitgebracht. Und beinahe wäre Satochi noch einem etwas verspäteten Geistesblitz erlegen gewesen, der ihn darauf hinwies, dass dies vielleicht doch nicht so das ideale Mitbringsel für seinen Krankenbesuch war. Aber Tatsuro hatte ihn überzeugen können, das er dieses liebevoll geschaffene Backwerk durchaus essen konnte, da es ja mit reichlich Früchten dekoriert war und Yukke ihm ausdrücklich dazu geraten hatte Obst zu essen.
 

Tatsuro hatte sich bei der Gelegenheit auch bei seinem Freund erkundigen können, ob Yusuke denn hatte verlauten lassen, warum er vor drei Tage nicht mit ihnen in das Onsen gehen konnte.
 

Die Antwort die er darauf bekam, war jedoch mehr als unbefriedigend gewesen.
 

Yukke hatte lediglich verlauten lassen, das es eine private Angelegenheit gewesen wäre, und somit hatte auch keiner weiter nachgehakt. Es besaß schließlich nicht jeder eine dermaßen taube Dreistigkeit, wie er sie sein eigen nennen konnte.
 

Da es mitten in der Woche war und seine Kollegen tagsüber ja recht beschäftig waren, kam sein Besuch indes immer erst in den Abendstunden und blieb auch nicht all zu lange. Aber auch das war schon eine willkommene Abwechslung, auf die er sich freute. Und heute hatte sich, zu seinem Erstaunen, sogar Miya angekündigt.
 

Das dieser das aus einem schlechten Gewissen heraus tat, war etwas das ihm selbst beim besten Willen nicht in den Sinn kam.
 

Yukke hatte sich öfter per SMS beim ihm gemeldet und er hatte ihn manchmal daraufhin angerufen, um sich von diesem auf dem Laufenden halten zu lassen, was ihre Arbeit betraf. Trotzdem hatte er immer irgendwie das Gefühl, etwas zu verpassen.
 

Und nicht nur was ihr Projekt anging.
 

Dennoch versicherte er Yusuke stets, das es ihm von Tag zu Tag besser ginge, und dieser sich nicht unnötige Sorgen um ihn machen müsse. Schließlich hatte er sich vorgenommen, sich nicht unnötig sensibel zu benehmen, auch wenn er den anderen vermisste und ihn nur zu gerne um sich gehabt hätte.
 


 


 

***
 


 


 

Nach einem zufrieden Blick in seinen Badezimmerspiegel, der ihm den Befund lieferte, das er zu seinem alten, unwiderstehlichen Ich zurückgefunden hat und einem Blick auf die Uhr, die ihm sagte, das er eindeutig zu spät ins Studio kam, verließ Tatsuro seine Wohnung. Jedoch nicht ohne seinem verschmusten Kater noch einmal hinter den Ohren zu graulen.
 

Die Welt draußen empfing ihn mit einem blassblauen Himmel, an welchem sich ein paar vereinzelte Wolkenfetzen entlang zogen, in denen sich der weißgelbe Schein der Sonne verfangen hatte, der auch die Stadt überzog.
 

Der November rückte immer näher, und somit auch die Frage, was er Yukke diesmal zu seinem Jahrestag schenken könnte. Er hatte sich schon seit geraumer Zeit Gedanken darüber gemacht, da dieser nie wirklich etwas verlauten ließ. Beziehungsweise immer sagte, dass er nichts geschenkt haben wolle, da es ihm schon ausreichen würde, wenn sie alle zusammen, zur Feier des Tages, einfach einen drauf machen würden.
 

Doch bis jetzt hatte sich noch niemand von ihnen davon abhalten lassen, ihm wenigstens etwas Kleines, wenn auch nicht immer Sinnvolles, zu überreichen. Und er wollte garantiert nicht der Erste sein, der nun damit anfing, auf den unspektakulären Wunsch Yusukes, Nichts haben zu wollen, einging.
 

Wenn jemand es verdient hatte, mit liebevoll, ausgesuchtem Krimskrams beglückt zu werden, dann Yukke.
 

Doch dazu musste ihm erst einmal eine passende Idee einfallen, und wenn ihm nicht bald die Erleuchtung kam, dann würde er wohl doch als Einziger mit leeren Händen dastehen, und das wäre in der Tat schon etwas schändlich. Wenn auch nicht gerade untypisch für ihn und nicht unerwartet für die die ihn kannten.
 

Aber hier ging es ja schließlich nicht um irgendwen.
 


 

Als Tatsuro, die Tür des Proberaumes, in aller Eile, aufriss, überkam ihn kitschiger Weise, das Gefühl von wieder gewonnener, familiärer Vertrautheit.
 

Miya saß wie immer vor einem gut sortierten Chaos an Papieren, und warf mit verdunkelter Miene einen hinweisenden Blick auf seine Armbanduhr. Satochi versuchte indes, mit einem seiner Drumsticks eine Stelle auf seinem Rücken zu erreichen, die ihn anscheinend juckte. Ihm aber dennoch ein kurzes "Oi" zukommen ließ.
 

Und Yukke...
 

Yukke lächelte ihn einfach nur herzlich an, und ließ ihn dann wissen, dass es schön sei, das er wieder da wäre.
 

"Somit wäre dann ja alles wieder beim Alten.", hörte er auch Miya nuscheln, was in dessen Sprache wohl so viel wie „ Willkommen zurück“ zu bedeuten hatte.
 

Und wirklich, Tatsuro fühlte sich ungemein gut und energiegeladen, was im Zusammenhang mit Arbeit, fast schon einen historischen Event gleich kam.
 

So hätte es zumindest Miya ausgedrückt.
 

Aber auch ihr passionierter Leader wusste, dass er seinen Job, in der Regel, ziemlich ernst nahm, auch wenn sich dies meist nicht so darstellte, wie bei dem normal, tickenden Teil der Bevölkerung.
 

Aber er tat es und das letztendlich auch mit Bravur, wie man am Verlauf ihrer Karriere ermessen konnte.
 


 


 

Zum wiederholten Male konnte Tatsuro beobachten, wie sich Yukke mit seinem Handy entschuldigte, und dann auf dem Flur verschwand, so dass kaum die Chance bestand, ein länger anhaltendes Gespräch mit diesem führen zu können. Auch wenn sie sich meist nur über Banalitäten austauchten, so war doch genau das etwas, worauf er sich die letzten Tage irgendwie gefreut hatte. Und nun rannte dieser, in fast jeder Pause, davon, und ließ nicht einen Hinweis durch, mit wem er so intensiven Kontakt pflegte. Was Tatsuro, unglücklicherweise, wieder mit dieser inneren Unruhe ausfüllte.
 

Sollte sich in der Zeit, in der er unpässlich gewesen war, doch so viel ereignet haben?
 

Jedenfalls wirkten die anderen beiden recht teilnahmslos, auf das ständige hin und her Yusukes.
 

Vielleicht, weil sie sich in der vergangenen Woche schon daran gewöhnen konnten und es sie nun nicht mehr wunderte.
 

"Hey Tatsuro!" Miya, der gerade über einen paar Notenblättern grübelte, winkte ihn zu sich heran. Und Tatsuro folgte dieser Aufforderung sofort, nachdem er noch einmal einen nachdenklichen Blick in Richtung ihres verschwunden Bassisten geschickt hatte.
 

"Was kann ich für dich tun Masaaki?" Der deutlich skeptische Blick von Seiten Miyas, auf Grund dieser anstandslos wirkenden Art ihres Sängers, ließ Tatsuro fragend die Augenbrauen heben. Irgendwie hatte es sich ihm entzogen, warum dieser ihn so schräg anschaute. Das er einfach davon ausging, das es etwas mit dem Zettelwirrwarr vor ihm zu tun haben musste und warf nun ebenfalls einen Blick darauf.
 

Und da Miya nun schon einmal dessen ungeteilte Aufmerksamkeit auf seiner Seite hatte, nahm er auch gleich eines der Blätter auf und deute dann mit dem schwarzen Stift, in seiner Hand, auf eine bestimmte Stelle.
 

"Hier habe ich noch einmal etwas verändert, damit es nicht so flach klingt und demzufolge müsstest du im Gesang nun auch in einen etwas volleren Ton übergehen." Darauf richtete er seine Aufmerksamkeit wieder auf Tatsuro, um auszumachen, ob dieser ihn auch verstanden hatte. Und tatsächlich brachte ihm dieser ein nachvollziehendes Nicken entgegen.
 

"Gut, dann versuchen wir das gleich einmal." Mit diesen Worten richtete sich Miya auf, was auch gleichzeitig das Ende ihrer Pause einleitete. Wie auf Befehl, kam nun auch Yukke wieder in die Räumlichkeit zurück. Nachdem auch Sato und er über die Neuerung informiert wurden waren, nahm ein jeder wieder seine Position ein. Nur wenige Momente später leitete der tiefe Klang des Bass, das Spiel ein und verband sich nach und nach mit den drei anderen Elementen zu einem melodischen Ganzen.
 


 


 

***
 


 


 

"Und wie sieht es heute aus Yukke? Hast du Lust noch etwas zu unternehmen?" Tatsuro hatte sich auf die, für seine Größe, etwas zu kleine Couch gelegt und streckte seine verspannten Glieder ausgiebig, bis ihn ein unschönes Knacken, in seiner Schulter, wieder zusammenfahren ließ.
 

"Du solltest vielleicht mal mehr Calcium zu dir nehmen.", riet ihm Yusuke, der sich gerade seine Mütze über die rotblonde Mähne zog. Tatsuro musterte ihn von seinem Platz aus, da er ihm noch immer keine Antwort auf seine Frage gegeben hatte. Und es auch irgendwie den Eindruck machte, als könne er darauf auch noch ewig warten. Yukke hüllte sich stattdessen in seine Jacke und knöpfte diese zu, bevor er zu seiner Tasche griff und sich mit einem kurz angebundenem “Bis morgen” aus dem Staub machte.
 

Entweder Yukke hatte ihn gerade gekonnt ignoriert, oder aber er hatte seine Anfrage gar nicht erst mitbekommen. Was irgendwo mehr Sinn ergab, und sich auch weit weniger negativ anfühlte.
 

Auch Gestern schon, hatte Yukke ihm quasi einen Korb gegeben, und es war ja nun mehr als offensichtlich, dass hier etwas vor sich ging, weshalb dieser in der letzten Zeit immer so auf dem Sprung war.
 

Das einfachste wäre natürlich sich einmal ganz unverbindlich zu erkundigen, aber die Angst etwas zu erfahren, was er nicht hören beziehungsweise akzeptieren wollte, war noch immer präsent. Es war nun mal um einiges einfach, sich seine eigne, sympathischere Wahrheit zu spinnen, als etwas vor Augen geführt zu bekommen, das einfach nur schmerzte.
 

Mit einem enttäuschten Grummeln richtete sich Tatsuro folglich auf, um nun ebenfalls verschwinden zu wollen, als ihm plötzlich Satochi einen Arm um die Schulter legte und ihn verschmitzt angrinste.
 

"Na, hast du schon was für unseren Yu-chan?"
 

Für einen Augenblick starrte Angesprochener seinen Freund etwas überfordert an, was Sato auch zu deuten schien, und strubbelte Tatsuro, wie so oft, neckend durch die Haare. Er konnte sich wahrlich nicht erklären, warum sich Satochi diesen Spleen zugezogen hatte. Das Einzige was er wusste war, das er es anscheinend immer nur auf ihn abgesehen hatte.
 

Die Haare von Yukke waren ihm vielleicht zu kurz und deshalb nicht wert Ziel eines Hairstylemassaker zu werden?
 

Und bei Miya, hätte er mit so einer Aktion, ganz sicher sein Todesurteil unterschrieben. Dabei hatte dieser doch das üppigste Haar von ihnen allen. Und so schon die eine oder andere Stylistin in Verzückung oder auch Resignation versetzt, da man sich an dieser Pracht wunderbar austoben, beziehungsweise völlig den Überblick darüber verlieren konnte.
 

"...hörst du mir eigentlich zu?" Mit einem Kniff in dessen Nase, holte Sato Tatsuro wieder zu sich, der sich mit einem gedämpften Laut des Missfallens nun ein Stück von diesen entfernte.
 

"Was sollte den das?!", knurrte er, sich noch immer sein gepeinigtes Näschen reibend.
 

"Ich hatte dich was gefragt, du Traumtänzer."
 

/.../
 

"...Haare...", griff Tatsuro nun ein Wort aus seinen letzten Gedanken wieder auf, und verursachte damit, das sich sämtliche Gesichtszüge Satochis auf abstrakteste Weise verzogen, das er von einem Picasso nicht mehr weit entfernt war.
 

"Haare!", echote er schließlich, um sein Ungemach auch noch akustisch auszudrücken.
 

"Glaubst du, das Yukke sich darüber freuen wird? Oder hast du Information über einen neuen bizarren Fetisch von ihm?"
 

Tatsuro konnte der ganzen Unterhaltung irgendwie nicht mehr so recht folgen.
 

Was redete Satochi den da für einen Unsinn?
 

"Huh...?", war alles was er darauf noch zu erwidern wusste, was zu Folge hatte, das nun beide Männer etwas dümmlich aus ihrer Wäsche blickten.
 

Miya, der das Ganze am Rande mit verfolgt hatte, konnte sich auf Grund des geführten Dialogs, seiner Kollegen, ein entgeistertes Seufzen nicht verkneifen.
 

Trotzdem musste er über den Gedanken dieser Schwachsinnigkeit kurz glucksen, bevor er endlich zum Ende seines Tuns kam, und ebenfalls seine Sachen zusammen räumte.
 


 


 

***
 


 


 

Geschafft ließ sich Yukke in seinem Lieblingssessel sinken, und schloss einen Moment lang die Augen.
 

Seit ihm sein Bruder mitgeteilt hatte, dass er heiraten wolle, war irgendwie keine richtige Ruhe mehr in sein Leben zu bekommen. Er freute sich ja für Taro, dass er die Frau gefunden zu haben schien, mit der er sein restliches Leben zu verbringen gedachte. Aber das seine Familie jetzt so dermaßen durch den Wind deswegen war, schien ihm doch etwas übertrieben. Und das er so ganz nebenbei auch noch mit in dieses ganze Chaos eingespannt wurde, zerrte nun doch etwas an seiner Ausdauer.
 

Aber er war ja selbst schuld!
 

Wenn er ihnen von vorn herein klipp und klar gesagt hätte, das er für so etwas eigentlich gar keine Zeit hatte, da es für ihn ja schließlich auch immer mehr als genug zu tun gab, dann hätte sie ihn sicherlich auch verstanden. Wer hätte den auch ahnen können, das so ein kleiner Satz wie „sagt Bescheid, wenn ich euch bei etwas helfen kann“ mit solch einem Nachdruck aufgenommen werden würde?
 

Seine Gutmüdigkeit und seine Aufopferungsdrang schafften es, ihn in regelmäßigen Abständen in etwas hinein zu befördern, so dass er seine eigenen Bedürfnisse immer in den Schatten stellen musste.
 

Manchmal wünschte er sich wirklich, er wäre ein Stück nur wie Tatsuro. Wenn diesem etwas nicht passte, oder ihm etwas zu viel wurde, dann machte er daraus auch keinen Hehl.
 

Nur wie dieser es dann immer zur Schau stellen musste, war eine Sache, die er so nicht durchziehen könnte. Dafür fehlte es ihm deutlich an Temperament und Gleichgültigkeit.
 

Schon bei dem Gedanken sich so aufzuführen, stieg ein leichtes Gefühl von Scham in Yukke auf. Er würde wohl Tage damit zubringen, sich bei aller Welt für sein Verhalten zu endschuldigen, weil ihn das schlechte Gewissen im Nacken saß.
 

Nein, da blieb er doch lieber auf seinem eigenen Weg.
 

Auf eine gewisse Art und Weise ehrte es ihn ja auch, das seine Familie ihm so viel Vertrauen entgegen brachten, und ihn gern und vor allem oft nach seiner Meinung zu diesem und jenen befragten, was die Hochzeitsvorbereitungen anging.
 

Wenn die Jungs wüssten, das er deshalb in letzter Zeit so beschäftig war, dann könnte er auch gleich mit einem rosa Chiffonkleid zu ihren Proben erscheinen. Und damit sicherlich denselben Effekt erzielen, als wenn er es erwähnen würde, und ihnen schon mal einen Witz auf seine Kosten vorwegnehmen.
 

Womit er wieder beim der Aufwiegung seiner maskulinen Seite angekommen wäre.
 

Aber noch wusste keiner etwas davon, und somit konnte er auch weiter hin durch Tokios Konsumtempel schlendern, um sich für seine Liebe nach Preisen für Hochzeitgeschenke zu erkundigen, und um selbst die eine oder andere Idee einzuholen.
 

Wenn er jemals heiraten sollte, dann aber bestimmt nicht mit so viel Trouble drum herum.
 

Aber bis jetzt gab es ja noch nicht einmal eine Auserwählte für ihn. Wieder so ein Punkt, in welchem er Tatsuro um seine Art beneidete. Mit dessen Charisma, konnte er ebenso wenig mithalten, wie mit dessen Selbstbewusstsein.
 

Und auch wenn es tausende Fans gab, die ihm nur allzu gerne ihre Zuneigung bestätigten, so zweifelte er daran, dass er seine Traumfrau gerade unter diesen auffinden würde. Außerdem müsste es eine Frau sein, die damit umgehen konnte, nicht an erster Stelle in seinem Leben zu stehen. Den mit der Musik aufhören kam für ihn einfach nicht in Frage.
 

Am besten, er legte diese Gedanken wieder bei Seite, bis sie wirklich einmal relevant werden würden. So ins Blaue hinein zu sinnieren, hatte letztendlich auch keinen Sinn.
 

Und die paar Wochen, bis zu diesem großen Event, würde er auch noch überstehen, und wenn er sich nicht allzu ungeschickt anstellte, dann auch ohne, dass, vorrangig Tatsuro und Satochi, etwas davon mitbekamen. Bei Miya hatte er zwar keine Bedenken, ihn davon wissen zu lassen. Doch er kannte auch die Taktik, der beiden unnachgiebigen Quälgeister, wenn sie Verdacht schöpften, dass jemand etwas zu wissen schien, dass sie nicht wissen sollten. Das wollte er ihrem armen, leicht aufbrausenden Leader-sama nicht zumuten.

Sollte ihn der Umhang der Unwissenheit davor behüten.
 

Er würde sie erst einweihen, wenn er den Stress hinter sich gebracht hätte, und somit auch wieder mehr Ausgeglichenheit sein eigen nennen konnte, um etwaige Sticheleien routiniert überhören zu können.
 

Doch für heute, hatte er erst einmal genug.
 


 

***
 


 

(1) Als Tapetum cellulosum lucidum, kurz Tapetum lucidum (lat. „leuchtender Teppich“), noch kürzer Tapetum, wird eine reflektierende Schicht bezeichnet, die sich hinter der Netzhaut des Auges vieler nachtaktiver Tiere (z. B. bei Katzen und Hunden) aber auch Rindern und Pferden befindet. Die Schicht spiegelt das Licht, das die Netzhaut bereits passiert hat, nochmals zurück.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  -aftermath-
2010-03-13T21:53:35+00:00 13.03.2010 22:53
Das war mal wieder sehr schön!
*_*
Schreib schnell weiter!


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