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The Mirror Of The Ancients

Miragia-Trilogie 2
von

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Suffer

Sephiroth starrte ihn verständnislos an. „Cloud, ich kann dir nicht ganz folgen.“

Cloud warf ihm einen kurzen Blick zu, aber anstatt ihm eine klare Auskunft zu geben, fuhr er damit fort, leise murmelnd in Kreisen umherzugehen, wobei er irgendetwas an den Fingern abzählte. „Ich hab’s“, sagte er schließlich.

„Ja, aber was hast du? Sagst du es uns bei Gelegenheit mal?“

„Passt auf. Das hier ist keine Realität, sondern eine versetzte Realität, genaugenommen nennt man es die dritte Realitätsebene.“ Ifalna, Sephiroth und Bugenhagen warfen ihm teils zweifelhafte, teils erwartungsvolle Blicke zu. Er versuchte zwanghaft, sich das ins Gedächtnis zu rufen, was er seit fast sieben Jahren den Schülern der AVALANCHE einzutrichtern bemüht war. Der Realitätsfaktor a ist in allen drei Realitätsebenen gleich. P wird mit den Ausdehnungsfaktoren d1 für die erste Ebene und d2 für die zweite Ebene sowie a berechnet, und a ist mit 5 multipliziert immer proportional zur quadrierten Masse m des Lebensstroms. „Letztlich“, sagte er vorsichtig, „läuft es darauf hinaus, dass man ... theoretisch ... einen Übergang zwischen Miragia und der Außenwelt herstellen kann. Mithilfe von Lebensstrom, der sich in eine bestimmte Richtung ausdehnt ...“ Er kratzte sich am Hinterkopf.

„Cloud“, sagte Ifalna gedehnt, „das nützt uns nichts. Nichts, verstehst du? Wir können den Lebensstrom nicht dazu bringen, sich in irgendeiner Weise auszudehnen –“

„Doch, können wir“, antwortete er überzeugt. „Und das bedeutet gleichzeitig, dass auf diese Weise das SPECULUM zerstört werden kann, wenn der bereits existierende Übergang – ihr wisst schon, durch den man als Normalsterblicher raus und rein kommt – implodiert, also in sich selbst zusammenfällt. Aeris sprach von einem Spiegel ...“

In Ifalnas Gesichts breitete sich jähe Furcht aus. „Cloud, lass den Spiegel da raus! Wir haben nur den einen! Tu nichts Unüberlegtes, bitte ...“

„Keine Angst, ich habe mir das bestens überlegt“, sagte er. „Der Spiegel funktioniert doch auf dieselbe Weise. Die Reaktion wird sich fortpflanzen wie eine Welle und sie wird aufgrund der Trägheit des Lebensstroms in der dritten Realitätsebene auch nicht anhalten!“

Eifrig nachdenkend setzte sich Cloud in Bewegung, vom Weidenhain fort. Zwar kannte er den Weg nicht, aber wenn sich der Wald der Toten in der Richtung befand, aus der er gekommen war, dann befand sich der positive Pol logischerweise auf der anderen Seite. Er war sich bewusst, dass ihm Sephiroth, Ifalna und Bugenhagen mit einigen Metern Abstand folgten. Was er vorhatte, war gefährlich; Aeris hatte ihm die Bedenken Sephiroths und der anderen Cetra mitgeteilt, was den Spiegel betraf. Sie konnten ihn benutzen, aber kein Besucher sollte es je versuchen.

Cloud nickte Ophiem zu, der sich bereits vor einem Tor postiert hatte, das den Eindruck erweckte, aus Draht zu bestehen; es wirkte zierlich und doch überaus standhaft. Das erste, was Cloud sah, als er das Tor durchschritt, waren Dunkelheit und grünliche Schwaden von gasförmigem Lebensstrom. Sein Blick huschte durch die schattenhafte Einrichtung des rund aussehenden Raumes und entdeckte in der genauen Mitte einen schwebenden Spiegel, so groß wie er selbst.

Na, sieht doch schon mal nett aus, dachte Cloud und ließ seine Fingerknöchel knacken. Wollen mal sehen, ob das Ding was taugt.

Er ging zurück, um Anlauf zu nehmen.

Im selben Moment erreichte ihn Sephiroth und packte seinen Arm. „Cloud, tu das nicht!“

„Du machst es doch auch so.“

„Aber ich bin bereits tot ... Cloud, niemand kann absehen, was das für Folgen hat!“

„Ich habe mir die Folgen gerade durchgerechnet. Ihr büßt eure Fähigkeit, die Außenwelt zu besuchen, nicht ein. Es ist ein Spiegel, und deswegen gibt es immer ein Spiegelbild. Wenn es nicht funktioniert, aus irgendeinem Grund, dann habe ich Pech gehabt. Wenn aber doch, dann ist das die einzige Chance für dich. Wirst du sie nutzen, als Lukretias Sohn, für deine Mutter?“ Er deutete mit dem Blick auf die Panflöte in Sephiroths anderer Hand.

„Ich – ja, natürlich ...“

„Okay, danke.“

„Aber, Cloud ...“

„Nichts aber, lass mich los. Sonst platzt gleich Ifalna hier rein.“

Sephiroth ließ ihn los. Cloud atmete tief ein, dann rannte er auf den Spiegel zu, eine Beschleunigung aufbauend wie beim Weitsprung, den er als Leichtathletik-Kategorie in der Schule stets gehasst hatte. Die glänzende Oberfläche des Spiegels schimmerte trübe, nichtssagend und grünlich, weder einladend noch abweisend. Dennoch wartete er auf ihn. Mit einem Sprung stieß sich Cloud vom formlosen, mit Nebelschwaden überzogenen Boden ab und stürzte sich, den Kopf furchtsam zur Seite geneigt, vornüber mitten durch die Spiegelscheibe.
 

Der Oberoffizier der Mittellandjustiz richtete seine Dienstwaffe auf Tifa. „Gehen Sie von ihm weg.“

„Wer weiß, was Sie ihm mit Ihrer Scheiß-Blendgranate für Schaden zugefügt haben!“, fauchte sie zurück.

Beachtlicherweise waren sämtliche Gefangenen nach wenigen Minuten wieder erwacht; alle bis auf Strife, der nach wie vor mit halb geöffneten Augen auf der Seite lag und keine Regung tat. Seine Gefährten hatten sich um ihn geschart wie Hühner um einen Haufen Körner und redeten von allen Seiten auf ihn ein. Der Offizier war nicht der Einzige, dem das furchtbar auf die Nerven ging.

Fawkes, der das Ganze still und ohne jede Unternehmung beobachtete, nur Helen gelegentlich einen gleichmütigen Blick zuwarf, zog es vor, dem SPECULUM näher zu stehen als jeder andere Anwesende. Er tat das, weil er sicher war, dass Lukretia sich zuerst auf denjenigen stürzen würde, der ihre Erfindung am ehesten zu bedrohen schien; Fawkes glaubte so die Anderen vor ihr schützen zu können. Ob das selbstlos, albern oder einfach nur dumm war, interessierte ihn in dieser angespannten Situation wenig. Früh genug würde einer der Soldaten darauf aufmerksam werden, dass Kommissar Taggerts Auftauchen längst überfällig war. Weiterhin fragte sich Fawkes, wo die von Yuffie Kisaragi herbeigeorderte Verstärkung blieb ... irgendwie verlief alles ganz und gar nicht nach Plan.

Er seufzte, sah dann aber aus den Augenwinkeln, wie Strife sich mit einer trägen Handbewegung über die Augen fuhr.
 

Cloud sah nur ein verschwommenes Bild, und die Realität traf ihn mit all ihrer Härte wie ein Hammer. „Ich bin zurück“, murmelte er.

„Wo warst du, Cloud?“, flüsterte Aeris, sich zaghaft umsehend, und ergriff seine erkaltete Hand. Neben ihr beugten sich alle seine Freunde mit wenig aussagekräftigen Blicken über ihn.

„Das SPECULUM ... ist es noch ...?“

„Es ist noch nicht weg“, raunte Tifa, „und wir sind auch noch nicht abgeflogen. Eigentlich sollten wir ja längst auf dem Weg nach Junon sein, wo die das Ding beschlagnahmen wollten ...“

Cloud schüttelte den Kopf. „Aber ich habe ... eine Überlastung ausgelöst ... es müsste eigentlich ... detonieren ... oder verschwinden ... ich weiß nicht.“

„Wovon redest du?“, zischte Cid. „Kannst du dich nicht auch ohne Fachsprache verständlich machen?“

Cloud erhob sich mit einem Seufzen vom Boden, wurde sich bewusst, wo er war und sah sich um. Er begegnete dem Blick von Henry Fawkes und wandte sich zornerfüllt von ihm ab. „Verdammt noch mal, da sitzen wir aber ordentlich in der Patsche! Wo ist Taggert, das Walross?“

„Wir wissen es nicht. Er ist nicht aufgetaucht. Cloud, jetzt sag doch, was du gemacht hast –“

„Nicht jetzt.“ Cloud biss sich auf die Lippen. Er hatte versagt, seine Rechnungen waren fehlgeschlagen. Lukretia würde das Lied nicht hören, das SPECULUM würde nach Junon gebracht ... warum all das? Hatte er diese Mühen, Befürchtungen und Wagnisse gänzlich umsonst auf sich genommen? Das war einfach nicht fair.

Er spürte, dass ihn Henry Fawkes immer noch anstarrte und dass in seinem Blick so etwas wie eine stille Übereinkunft lag. Er nickte Cloud kaum merklich zu. Cloud verstand nicht.

Im selben Augenblick begann der Boden zu vibrieren. Kalte Klauen schlangen sich um Clouds Hals, und als er hektisch um sich sah, fiel ihm mit erschreckender Eindringlichkeit auf, dass es keinem Anderen in diesem Raum anders ging. Alle wichen mit furchterfüllten Gesichtern vor etwas Unsichtbarem, Furchteinflößenden zurück, das einen emotionsgeladenen Druck auf ihre schwachen Gemüter ausübte. Tifa warf Cloud einen angstvollen Blick zu und griff sich an den Hals, Nanaki fröstelte unter der grausigen Einwirkung, und Cloud selbst spürte Lukretias Klauenhände nicht weniger stark.

Sie nutzt ihre Chance. Sie will es beenden. Auf dem falschen Weg ...

Als nun Lukretias Wüten alle Umstehenden wie eine Krankheit befallen hatte und recht schnell an Intensität zunahm, entging jedoch niemandem, dass neben ihrer zornigen, bösartigen Kraft noch etwas Anderes existierte, etwas gleichfalls Unsichtbares, das sich auf eine andere Weise äußerte; schwächer, weniger tobend, wenn auch mit nicht minder starkem Druck, von tiefgründiger Melancholie erfüllt. Cloud brauchte nicht lange, um es zu erkennen ... oder besser gesagt ihn. Er und Aeris tauschten einen flüchtigen Blick, und ihre Lippen formten, genau wie seine, das Wort Vincent.

Das kann nicht der richtige Weg sein, warum geht ihr ihn alle? fragte Cloud, von Depressionen beinahe in die Ohnmacht gewürgt, die beiden Teilexistenzen in seiner unmittelbaren Umgebung. Von dir hätte ich das nicht erwartet, Vincent ... aber ich weiß, dass du bis zum Ende nicht aufhören konntest, sie zu beschützen ... du wurdest enttäuscht ... und du kannst nicht aufhören, das zu tun, was du dir einredest, dringend tun zu müssen ...

Einige Soldaten stürzten unter Schmerzen zu Boden, und aus ihren Mündern, Ohren und Nasen sickerte bereits Blut. Dieses Mal ließ Lukretia ihrem Zorn so freien Lauf wie lange nicht, jetzt da sie ihre Kräfte auf ein Maximum zusammengerafft hatte. Vincent konnte sie entweder nicht aufhalten oder wollte es nicht.



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