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The Mirror Of The Ancients

Miragia-Trilogie 2
von

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Coming Together

Nibelheim mit seiner düsteren Fassade lag still und unscheinbar zwischen den weißen Spitzen des Nibelgebirges. Der Platz in seiner Mitte war menschenleer.

Senkrecht landete die Highwind in einigen Metern Entfernung. Cloud ließ die Strickleiter vom Deck herunter, während ihm der eisige Wind um die Ohren pfiff und seinen Umhang bauschte. Nanaki und Aeris folgten ihm als erstes herunter, aber auch die Anderen hatten sich entschieden, mitzukommen – wenn auch nicht bis ganz hinunter, da Lukretias Gegenwart trotz Clouds stark ablenkender Wirkung ein zu großes Risiko barg.

Über den teils grasbewachsenen, teils betonierten Boden huschten die Gefährten in Richtung der eingestürzten Villa, wo Lukretia in ihrem Keller eingesperrt worden war.

„Ich finde es keine gute Idee“, gestand Tifa, „das SPECULUM an Bord der Highwind zu lassen.“

„Aber die sehen die Highwind nicht ohne ihre Radarinstrumente“, antwortete Cloud, während er zügig voranging, „und außerdem weiß keiner von ihnen, dass es dort ist.“

„Natürlich, Fawkes weiß es!“

„Er wird es ihnen nicht erzählen.“

„Was? Wie kannst du dir da so sicher sein?!“

„Weil ich einfach nicht glaube, dass der Besuch im Verheißenen Land für ihn folgenlos geblieben sein soll“, sagte Cloud schlicht. Er log, natürlich log er. Taggert wusste schon lange, dass das SPECULUM an Bord war. Sie dürfen die Highwind nicht sehen, bis wir zurück sind. Wenn einer von uns dort bleibt und sie dann kommen ... wird es eine Sofort-Exekution ganze ohne Verhandlung geben ... Er zitterte innerlich.

Tifa schüttelte verständnislos den Kopf und schwieg.

Von oben näherten sich bereits wieder die unheilvollen Geräusche von Flugzeugen, stetig anschwellend und dominant.

„Bleibt nicht stehen!“, rief Cloud hinter sich. „Kommt, einfach weitergehen!“
 

Die zerstörte Villa bot einen so traurigen Anblick, dass es Cloud die Kehle zuschnürte, als er einen Fuß in die stillen Trümmer setzte. Die Anderen folgten ihm schweigend. Über ihnen zogen rasch die Wolken vor einem dunklen Himmel vorbei.

Vor der noch erhaltenen hölzernen Wendeltreppe blieb Cloud stehen und drehte sich um. „Kommt, schnell. Sie werden gleich landen. Sie sehen, wohin wir gehen. Kommt mit ...“

Nacheinander schritten sie langsam genug, aber dennoch zügig, die Treppe herunter. Kälte umgab sie von allen Seiten.
 

Im Inneren der Bibliothek lagen noch immer Bücher und Berichte verstreut; seit der Entwendung des SPECULUMs hatte logischerweise niemand mehr, nicht einmal die ewig hungrigen Ratten, die für gewöhnlich durch das Gemäuer huschten, den Keller betreten.

Vor der verschlossenen Falltür knickten Nanakis Beine unter seinem Körper ein, und er zog zitternd die Luft ein, ehe er sich mit einem Wimmern zu Boden sinken ließ. „Ich – ich kann nicht“, jammerte er. „Ich habe solche Angst ... ich kann mich nicht bewegen ...“

Aeris kniete neben ihm nieder. „Nicht jetzt, Red! Wir sind zu nahe dran, um jetzt umzukehren. Wir werden uns ihnen ausliefern, verstehst du, und ihnen die Cetra ausliefern, wenn wir diese Sache jetzt nicht endlich zu Ende bringen!“ Sie fuhr ihm mit beiden Händen über den Kopf. „Bitte, nimm dich zusammen ...“

Die Anderen waren ratlos neben den Beiden stehen geblieben, verloren aber allesamt beinahe das Gleichgewicht, als aus dem Geheimschacht unter der Falltür ein schreckliches Grollen heraufrollte, gefolgt vom bereits bekannten unheilvollen Basston, den jenes unsichtbare Grauen bereits bei seiner ersten näheren Begegnung mit Nanaki von sich gegeben hatte. Der Boden vibrierte unter der Tiefe und Intensität des Geräusches, und dabei blieb es nicht: was folgte, hörte sich ganz so an, als kratze jemand mit langen Fingernägeln über eine Schiefertafel. Es ging durch Mark und Bein.

Nanaki presste sich beide Vorderpfoten auf die Ohren und gab ein gequältes Geheul von sich, als sein empfindliches Gehör mit dieser akustischen Absurdität konfrontiert wurde.

Cloud holte tief Luft und versuchte, den grauenhaften Laut zu ignorieren. Er griff nach dem sich windenden Vierbeiner und hob ihn vom Boden auf. Bekräftigt stellte er fest, dass Aeris ihm half.

„Ihr müsst auf uns warten“, sagte er zu den Anderen, bemüht, das säbelnde Ziehen und Zischen, von dem der Keller erfüllt war, zu übertönen. „Hört ihr? Es ist zwar anzunehmen, dass sie sich auf mich oder auf Aeris konzentriert – wenn aber nicht, dann endet ihr wie Vincent!“

„Beeilt euch“, presste Tifa hervor, die nur einmal kurz ihre Hände von den Ohren nahm.

Cid und Reeve bückten sich beherzt zu der Falltür herunter und öffneten sie mit vereinten Kräften.

Als die Pforte offen stand, wurde der Laut etwas intensiver, aber Cloud zwang sich, Nanaki festzuhalten und sich nicht darum zu kümmern. Aeris neben ihm tat dasselbe. Mühselig kletterten sie nacheinander die Leiter herab und schlossen anschließend die Falltür wieder über ihren Köpfen.
 

Das ist eine Sache, auf die ich mich niemals hätte einlassen sollen, dachte Cloud, die warme pelzige Gestalt Nanakis auf seinen Armen. Wäre der Vierbeiner nicht von so zierlicher Statur, wäre es sicher problematisch geworden, ihn den ganzen Weg zu tragen. Hätte doch Vincent gar nicht erst davon angefangen. Er würde noch leben, wir wären nicht in diese gottverdammte Situation hineingeraten. Wann wird es endlich vorbei sein? Wann hat der Planet endlich seinen Tribut von uns gefordert? Warum müssen wir im Namen der gesamten Menschheit dafür herhalten? Ich raff’s einfach nicht.

Um ihn herum schimmerten unwirklich die Geräte aus der versunkenen Technokultur des Alten Volkes, stapelten sich diverse Mengen verschiedener Chemikalien, floss die schimmernde Wand über die kuppelförmigen Ausbuchtungen der Decke durch den ganzen Raum. Eine tiefe, unverständliche Melancholie haftete alldem noch immer genauso an wie bei Clouds erstem Besuch. Er schauderte; dann stellte er fest, dass ihn der fürchterliche kratzende Ton nicht länger belästigte. Die gesamte Geräuschkulisse war zu einem sanften, fast einschläfernden Summen in den Hintergrund getreten.

„Wieder einmal betreten wir alleine diesen Ort“, murmelte Aeris.

Gemeinsam traten sie auf den Tunnel zu, vor welchem die halbfesten Wände bereits zurückzufließen begannen und einen Weg freigaben. Mittlerweile erfüllte ein grauenerregender Leichengeruch den separaten Schacht, eine Mischung aus Tod, Vergänglichkeit und schauriger Gegenwärtigkeit des Endes selbst. Dort, wo zuvor ehemals das SPECULUM seinen festen Platz gehabt hatte, lagen noch immer die Leichen der Soldaten in ihren Blutlachen aufgeschichtet und deformierten sich langsam im zähen Laufe der Zeit.

Nanaki in Clouds Griff regte sich mit einem leisen Stöhnen. „Ich – will nicht ...“

„Nur die Ruhe“, murmelte Cloud.

„Warum ... ist sie nicht ...?“

„Ich kann sie auch nicht spüren“, stellte Aeris stirnrunzelnd fest.

„Sie muss hier sein“, antwortete Cloud schärfer als beabsichtigt und fügte betont fest hinzu: „Niemand hat sie rausgelassen, das wisst ihr.“

Aeris warf ihm von der Seite einen zweifelnden Blick zu. „Wissen wir das wirklich?“
 

Als Kommissar Taggert, gefolgt vom Rest seines Einsatzkommandos, das Trümmerfeld betrat und zielstrebig auf den oberen Ansatz der Wendeltreppe zusteuerte, wurde er jäh am Arm zurückgehalten.

„Seien Sie nicht wahnsinnig, Sir! Sie wissen aus meinen Berichten, was sich dort für ein Monster herumtreibt!“

„Fawkes, ich schere mich nicht weiter um Ihre Berichte oder Ihre Warnungen. Sie wollten mir diese Maschine bringen, und daran sind Sie kläglich gescheitert, und jetzt auf einmal wollen Sie mir irgendwelche Vorträge zugunsten meines Wohlergehens halten? Gehen Sie mir aus dem Weg, Mann!“ Taggert stieß den Störenfried von sich.

„Sir, das Monster ist existent“, sagte Fawkes augenrollend und versuchte, Geduld in seine Stimme zu legen.

„Ach ja? Und dann springen Strife und seine Kumpanen da fröhlich hinunter in den sicheren Tod? Wollen Sie mich vielleicht auf den Arm nehmen?!“

„Strife kann es bändigen“, sagte der Leiter der ERCOM gewichtig.

„Ha, na sehen Sie. Wenn er das tut, droht uns logischerweise keine Gefahr mehr, habe ich Recht?“

„Im Gegenteil, Sir. Ihm und seinen Freunden droht keine Gefahr mehr – mit seinen Feinden sieht es natürlich anders aus.“

Taggert holte tief und frustriert Atem. „Bitte, was schlagen Sie vor, Sie elender Klugscheißer? Haben Sie sich schon einen Plan zusammengebastelt, wie sich eine Alternative bewerkstelligen lässt?“

„Habe ich, ja“, sagte Fawkes ruhig und blieb stehen, ohne sich der Treppe weiter zu nähern. „Vertrauen Sie mir einfach.“

„Ihnen?“ Taggert schnaubte, blieb aber ebenfalls stehen. „Niemand, nicht einmal die billigste Hure, würde Ihnen freiwillig vertrauen, wenn Sie mir diese Bemerkung erlauben.“

Fawkes umging die Beleidigung mit einem lässigen Achselzucken. „Manche Menschen können mir in manchen Dingen durchaus vertrauen, Taggert.“ Er fasste den Kommissar am Arm und drehte ihn von der Treppe weg; gleichzeitig machten alle Soldaten hinter ihnen auf dem Fuße Kehrt.
 

Etwas, das sich anfühlte wie eine Brise, strich an Clouds Wange vorbei, und seine Nackenhärchen stellten sich auf. Er blieb stehen; gleichzeitig überrollte ihn eine Welle dumpfer Depression und Hoffnungslosigkeit. „Sie ist hier“, murmelte er. „Wir sind ... am Ende des Weges angekommen.“ Tapfer hob er den Blick. „Lukretia, komm ruhig her. Du weißt genau, dass du mir nichts tun kannst, also versuch es nicht ... wir haben das SPECULUM nicht, du brauchst ihn nicht zu –“ Ein scharfes Zischen und Schreien von mindestens einem Dutzend hysterischer Stimmen bohrte sich schmerzhaft direkt in sein Bewusstsein.

„Cloud!“ Diese Stimme wiederum gehörte Aeris, und sie packte ihn an den Schultern und drängte ihn, sie anzusehen. „Cloud! Hörst du mich?“ Ihre besorgten grünen Augen tauchten vor seinen auf. „Ich habe das mit dem Körperkontakt vergessen, ich weiß ...“

„Nein ... warte ...“ Cloud bückte sich schwerfällig und legte das zitternde rotbraune Bündel vor sich auf den glänzenden schneeweißen Kachelboden. „Sie war eben hier. Sie ist furchtbar unruhig, was wohl daran liegt, dass sie das SPECULUM nicht in ihrer Nähe weiß.“

Aeris wandte sich von ihm ab und reckte ihren Kopf in die blutgetränkte Luft, die sie schwer vom Verwesungsgeruch umgab. „Dann ... werde ich sie beruhigen und sie bitten, mich als Sprachrohr zu benutzen, damit sie sich ausdrücken kann.“

„Dich als ... was?“, kam erschrocken Clouds Nachfrage. „So was kannst du? Sie durch dich reden lassen?“

„Das müsste gehen“, beteuerte Aeris voller Überzeugung. „Du bleibst hier neben Red sitzen, egal was passiert. Lass ihn nicht los.“

Widerspruchslos kam Cloud ihrer Anweisung nach und kniete sich neben den benommen daliegenden Nanaki. „Gut ... aber bitte, übernimm dich nicht, okay?“

Sie lächelte, als sie seines besorgten Gesichtsausdruckes gewahr wurde. „Mach dir keine Sorgen um mich, Cloud.“

Er zuckte kurz zusammen. Sie hatte das schon einmal gesagt ... und war mit einem Schwert im Bauch geendet.



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