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Vertrauen

Geht es eigentlich ohne?
von

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Vertrauen

"Mist!" Mit schmerzverzerrtem Gesicht betrachtete Rin sich ihren blutenden Finger. Sie war beim Saubermachen ihrer Dolche abgerutscht und hatte sich an der Klinge geschnitten.

Manji schaute auf und bedachte sie mit einem prüfenden Blick. Er hockte auf einem Schemel und war eigentlich ständig über einen Bottich gebeugt, in dem sich mittlerweile schon ziemlich trübes Wasser befand.

"Zeig mal her." Manji nahm ihre Hand und schaute prüfend auf den Schnitt. "Ist nicht weiter schlimm..." Dann widmete er sich wieder seiner Arbeit.

"Tut trotzdem weh!" Trotzig warf Rin noch ein Blick auf den Schnitt, bevor sie sich den Finger in den Mund steckte.

"Hättest ja aufpassen können, ich hab dir doch gesagt, du sollst vorsichtig sein." Er sah nicht mal zu ihr auf.

Wenn er nicht wäre, müsste sie die Dolche ja nicht mal putzen. Aber sie würde sich hüten, so was zu Manji zu sagen, der würde sie einen Kopf kürzer machen. Stattdessen murmelte sie nur ein kleinlautes "Ja".
 

Tage wie dieser waren die schlimmsten in der Woche. Heute war nämlich Waschtag bei Manji. Wer jetzt aber an ein ausführliches Bad Manjis oder ans Waschen seiner Kleidung dachte, lag falsch. Waschtag bedeutet für Manji nämlich ausführlich den gesamten Vormittag lang all seine Waffen zu säubern. Das musste man sich mal vorstellen, er selbst nahm nicht mal regelmäßig ein Bad, aber seine Waffen wurden jede Woche gesäubert und poliert. Zusätzlich schickte er Rin ja auch noch einmal im Monat zum Schleifer, damit sie die Waffen schärfen ließ. Kaum einem anderen Bereich seines Lebens schien sich Manji so intensiv zu widmen wie seinen Waffen.

Zu Rins Leidwesen musste auch sie deswegen jedoch jede Woche ihre Dolche und ihr einziges Schwert putzen, was sie jedoch gar nicht einsah. Manji benutzte seine Waffen selbst beim Training sehr ausgiebig und diese hatten den wöchentlichen Waschtag dann auch sehr nötig, aber sie selbst nutze ihre Waffen bei weitem nicht so oft, dass sie diese einmal die Woche gesäubert werden mussten. Sie kamen meistens eh nur im Training zum Einsatz, die ernsten Kämpfe übernahm Manji und Rin wurde meistens von ihm in Deckung geschickt.

Frustrierend war das manchmal schon, immer nur in Deckung zu gehen und sich selbst nie am Kampf zu beteiligen. Um ehrlich zu sein, fiel ihr auf Anhieb kein Kampf ein, bei dem sie dabei gewesen war und es Manji ihr erlaubt hatte.

Komisch, vertraute Manji ihr nicht? Mit jedem anderen Kämpfer tat er sich sofort zusammen, doch sie musste immer in Deckung gehen. Das war schon seltsam. Vielleicht sollte sie dem mal auf den Grund gehen. Zeit hatte sie jetzt ja. Und Manji auch, als sie zu ihm hinüber sah, widmete er sich schon wieder seinen Waffen.
 

"Sag mal, Manji, wenn du dir einen Partner für einen Kampf auswählen solltest. Wen würdest du nehmen?"

Manji blickte von seinem Schwert auf und schaute kurz nachdenklich zu Rin rüber, antwortete dann aber fast augenblicklich. "Giichi." Überrascht war Rin nicht, aber erhofft hatte sie sich trotzdem eine andere Antwort. "Was? Wieso den-?" Noch bevor sie irgendetwas falsches sagen konnte, schlug sie die Hand vor den Mund und starrte mit rotem Gesicht zu Manji rüber. Sie verbrachte wirklich zu viel Zeit mit ihm. Hätte sie Giichi doch beinahe als Glatzkopf betitelt.

Manji sagte nichts zu ihrem Beinahe-Missgeschick, sondern grinste nur, vermutlich ahnte er, was sie hatte sagen wollen. "Du musst taktisch denken, Rin. Giichi kann mit seiner Sichel auch aus Entfernung angreifen. Wenn er den Gegner dann festgenagelt hat, kann ich angreifen und der Typ wäre erledigt. Einleuchtend?"

Rin nickte und legte einen Dolch beiseite, um dann gleich den nächsten zu nehmen, obwohl der andere noch nicht ansatzweise sauber war. Auch Manji widmete sich wieder seiner Waffe, aber mit wesentlich mehr Hingabe als Rin.

"Und wenn du nun gegen Giichi oder seinen Herrn kämpfen und dir jemand anderen suchen müsstest. Wen würdest du dann nehmen?"

Diesmal überlegte Manji schon ein bisschen länger, fuhr dabei immer wieder bedächtig mit Lampen über sein Schwert. Rin hingegen hatte ihren Dolch wieder sinken lassen und wartete nun auf die Antwort von Manji.

Nur kurz schaute Manji auf. "Taito Magatsu."

Sie seufzte. "Wieso denn den?"

"Bei der Wahl deines Partners musst du auch immer darauf achten, dass dieser auch auf sich aufpassen kann. Was hilft mir ein Partner, der verdammt stark ist, dem du aber immer Deckung geben musst, damit er sich überhaupt entfalten kann. Er muss also auch ein guter Einzelkämpfer sein und ich denke, Taito ist so jemand." Ohne auf eine Reaktion ihrerseits zu warten, begutachtete er sein Schwert, um es dann jedoch noch einmal nachzupolieren.

"Und wenn du jetzt aus dem Hinterhalt angreifen würdest, wen würdest du da wählen?" Irgendwie musste Rin es doch schaffen können, ihm zu entlocken, wann er sie einsetzen würde.

"Hyakurin." Diesmal wartete er gar nicht erst auf die Frage Rins, sondern begründete seine Wahl gleich. "Mit ihrer Armbrust kann sie perfekt aus dem Hintergrund angreifen. Auch braucht sie nicht so viel Platz wie ein Schwertkämpfer. Sie kann einfach aus dem Hintergrund agieren. Verstanden?"

Rin nickte und musste fast grinsen. Sie war ebenfalls keine richtige Schwertkämpfer also könnte sie theoretisch seine zweite Wahl sein, was ja schon mal ein Anfang wäre.

"Und wenn du jemand anderes wählen müsstest?"

"Doa. Ja, sie ist eine Schwertkämpferin, aber sie ist so schnell, dass der Gegner sie gar nicht kommen sieht und so ist sie schon wieder im Vorteil." Er schaute auf und sah sie argwöhnisch an. "Aber worauf willst du eigentlich hinaus?

"Auf gar nichts, ich frage nur so." Schnell senkte sie den Kopf und tat so also würde sie ihren Dolch begutachten, damit Manji ihren roten Kopf nicht sah. Und auch nicht ihre Augen. Manji hatte ein Talent dafür, in den Augen der Menschen lesen zu können. Es wäre nicht so gut, würde er das jetzt bei ihr tun.

Trotzdem wollte sie jetzt nicht locker lassen und fragte weiter. "Und wen würdest du auswählen, falls jemand beschattet werden soll? Also wenn du jemanden suchst, der deinem Gegner immer unauffällig folgen soll."

"Ich weiß, was beschatten heißt." Sie merkte, wie Manji sie jetzt forschend ansah, schaute aber selbst nicht hoch und ließ Manji Zeit sich jemanden zu überlegen. "Ich denke, ich hätte Shirinji genommen. Der hatte schon Erfahrung in solchen Dingen. Immerhin schickte Hyakurin ihn ständig zu solchen Sachen. Außerdem ist er unauffällig genug, um jemandem unbeobachtet folgen zu können. Die meisten Kämpfer sind zu auffällig, um sie jemanden beschatten zu lassen, aber mit Shirinji geht das in Ordnung, zumal er sich trotzdem noch verteidigen kann."

Rin seufzte und fragte gar nicht erst nach seiner zweiten Wahl. Wenn er schon bei der ersten Wahl einen Toten ihr vorzog, würde er bei zweiten Mal auch nicht sie auswählen. Wirklich deprimierend, er hielt sie für zu auffällig und glaubte, dass sie sich nicht verteidigen könnte. Ihm das Gegenteil zu beweisen dürfte auch reichlich schwer werden.

"Wenn es jetzt in einem Kampf um Leben und Tod geht, wen würdest du nehmen?" Es war die letzte Frage, die ihr eingefallen war. Gleichzeitig wohl die entscheidende, ob Manji ihr vertraute oder nicht.
 

"In Kämpfen geht es immer um Leben und Tod, Rin. Und was soll die Fragerei eigentlich?" Manji hörte sich schon ein bisschen genervt an, aber noch schien er den Sinn der Fragen noch nicht erkannt zu haben.

"Stell dir einfach vor, es wäre ein total schwerer Kampf. Wen würdest du dann wählen?" Sie bemerkte Manjis Blick, der ihr klar machte, dass er bald keine Lust mehr hatte, auf irgendeine Frage zu antworten. "Ist auch die letzte Frage, versprochen. Also?"

Gespannt schaute sie rüber zu Manji, der jetzt nachdenklich auf sein Schwert starrte und immer noch bedächtig mit Lappen über die Klinge wischte. Ein Brummen war von ihm zu hören, scheinbar dacht er noch immer nach. "Shira."

Fassungslos starrte Rin zu ihm hinüber. Wie konnte er ihr einen erbarmungslosen Mörder vorziehen? Vollkommen entgeistert ließ sie ihren Dolch fallen, der klirrend vor ihr auf dem Boden fiel. "Shira..?" Ihr Stimme klang ziemlich dünn und sie war sich sicher, dass sie kein anderes Wort mehr über ihre Lippen bringen konnte.

Manji schaute überrascht von seinem Schwert auf. "Du hast..." Doch weiter kam er nicht, da Rin, während er noch mit dem Finger auf ihren am bodenliegenden Dolch zeigte, die Hütte schon verlassen hatte. Sie war einfach rausgerannt.
 

Rin hatte sich einen Platz am Flussufer gesucht und schaute nun schniefend auf den auf den vor ihr fließenden Fluss. Manji war doch ein Idiot, er vertraute ihr kein bisschen! Er hatte lieber ein verrückten Fraumörder an seiner Seite als sie. Das war doch nicht möglich!

Sie schniefte und wischte sich mit der Hand über die Augen. Sie musste gerade furchtbar aussehen, immerhin waren ihre Hände noch vom Putzen schmutzig und sie wischte sich gerade schon wieder damit übers Gesicht. Erneut schluchzte sie auf.

Mit zittrigen Händen griff sie hinter sich nach auf einem Stein. Diesen betrachtete sie dann eingehend. Es war nur ein ganz normaler Stein, nur ein schmutziger Kiesel. Vom Stein glitt ihr Blick dann wieder auf den Fluss vor ihr. Manji hatte ihr verboten, Steine in den Fluss zu werfen, was sie häufig nach einer weiteren deprimierenden Trainingseinheit tat, um sich abzuregen. Die Fische würden davon verscheucht und irgendwann würden sie nicht mehr wiederkommen. Dann gäbe es später nur noch Frösche zu essen. Pah, sie würde so oft Steine in den Fluss werfen, wie sie wollte. Manji war doch ein Idiot, wählte doch echt Shira!

Wieder schluchzte sie auf und warf den Stein ins Wasser.

Ein Platschen war zu hören, sonst nichts. Kurz war das Wasser noch unruhig an der Stelle, doch es beruhigte sich schon bald wieder. Vielleicht war sie ja auch nur ein Stein in Manjis Leben. Erstens immer hinderlich und zweitens auch nur eine kurzweilige Erschütterung in seinem Leben. Vermutlich war sie auch bald wieder vergessen und nichts deutete dann noch auf ihr Dasein hin. An den Stein im Wasser würde doch auch bald keiner mehr denken.

"Du sollst doch keine Steine ins Wasser werfen."

Erschrocken zuckte Rin zusammen, als sie Manjis Stimme hörte. Sie war scheinbar so in Gedanken vertieft gewesen, dass sie gar nicht mitbekommen hatte, wie Manji sich genähert hatte. Jetzt aber ging er hinter ihr in die Hocke und starrte ebenfalls auf den Fluss, genau wie sie.

"Ist alles klar, Rin?"

Bei dieser Frage begann Rin wieder zu schluchzen, um sich dann wieder mit der dreckigen Hand über die Augen zu wischen. Manji war manchmal echt begriffsstutzig, so ein Idiot.

Ihm das zu erklären war jedoch auch ziemlich unmöglich, da sie wieder nur ein einziges Wort sprechen konnte, bevor sie wieder schluchzen musste. "Shira..."
 

"Was soll mit dem sein?"

Er war so begriffsstutzig, so verdammt begriffsstutzig! Sie könnte ihn deswegen manchmal echt schlagen. Manji war so...er war so... er war manchmal echt ein Idiot. "Du vertraust eher ihm dein Leben an als mir!"

"Was?" Sie hörte seine Verwunderung, dachte sich jedoch nichts dabei. So war Manji nun einmal, wenn man ihm eine Tatsache nicht auf dem Silbertablett darbot, verstand er gar nichts.

"Außerdem würdest du mir nicht einmal die einfachsten Aufgaben geben! Du hältst mich für komplett unfähig und vertraust mir überhaupt nicht!"

"Wie kommst du denn darauf?" Rin hörte einen leicht amüsierten Unterton in seiner Stimme, der sie noch ein bisschen wütender machte.

"Du würdest mir nicht die einfachsten Aufgaben überlassen! Immer würdest du jemanden nehmen, den du eigentlich kaum kennst oder jemanden, der schon tot ist. Du vertraust mir überhaupt nicht und willst dann auch noch lieber so ein Monster wie Shira an deiner Seite!"

Kurz schwieg Manji. Rin musste währenddessen weiter mit den Tränen kämpfen.

"Aber das stimmt doch gar nicht." Jetzt versuchte er sich auch noch rauszureden, er war echt ein Idiot.

"Doch, du vertraust mir überhaupt nicht, immer wählst du jemand anderen aus..." Wieder schluchzte sie. Wie oft musste sie sich denn noch wiederholen, warum verstand er das denn nicht?

"Aber das tue ich doch nicht, weil ich dir nicht vertraue, Rin."

Schniefend schaute Rin hoch, traute sich jedoch noch nicht, sich umzudrehen. "Nicht?"

"Nein..." Dann schwieg Manji, so dass Rin kurz dachte, er würde es bei dieser Antwort belassen, doch dann redet er noch mit leiser Stimme weiter, mit einer Stimme, die sie noch nie bei ihm gehört hatte. "Ich will, dass du dich aus den Kämpfen raushältst, nicht weil ich dir nicht vertraue, sondern weil ich es mir nicht verzeihen würde, falls dir etwas passiert. Sicher kannst du mittlerweile auf dich aufpassen, doch falls dir doch etwas passieren sollte, würde ich mich für immer schuldig fühlen... Immerhin bin ich dein Leibwächter!"

Rin musste fast ein bisschen lachen, als ob das noch irgendwas damit zu tun hatte, dass Manji ihr Leibwächter war. Er war schon lange mehr als nur ihr Leibwächter. Es war nur eine Begründung von Manji, damit er nicht zugeben musste, dass er sich um sie sorgte. Schon wieder kamen Rin die Tränen.

"Rin, was ist denn jetzt noch?" Der komische Unterton in Manjis Stimme war erschwunden, jetzt war das wieder der Manji, der nicht mit Rins Gefühlsausbrüchen klar kam.

Sie ließ sich davon jedoch nicht abschrecken und lehnte sich zurück, um ihren Kopf dann an seine Schulter anzulehnen. Jetzt war es wieder in Ordnung, auch wenn sie immer noch eine dreckiges Gesicht hatte und bestimmt auch ziemlich verheult aussah, doch das war ihr im Moment egal. Nur eine Antwort Manjis beschäftigte sie noch. "Aber wieso Shira, Manji? Hättest du nicht jemand anderen nehmen können?"

"Klar, hätte ich machen können. Aber mit Shira als Partner hätte ich kein Problem damit, ihn im einen Kampf um Leben und Tod einfach zurückzulassen."

Wieder musste Rin lachen, obwohl ihr noch immer ein paar Tränen übers Gesicht liefen.

Dann blieben sie schweigend noch eine Weile so sitzen. Rin an Manjis Schulter gelehnt und beide auf den Fluss schauend.

Rin seufzte, erinnerte sie sich doch gerade an Manjis Worte von vorhin und drehte den Kopf, um Manji ansehen zu können. "Danke, Manji."



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2010-04-28T10:54:21+00:00 28.04.2010 12:54
Hey,
auch wieder eine schöne kleine Episode, mir gefällt das^^!
Mach weiter so, ich freu mich immer was von Blade zu lesen.
Kuichiru


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