Es tut mir so leid.
„Ich fasse es einfach nicht! Wie konntest du so dumm sein Jake! Als ob Nahuel sie angreifen würde! Bist du von allen guten Geistern verlassen du dummer Wolf?! Er hätte dich töten können! Er ist giftig oder hast du das schon vergessen?!“ die sonst so melodische Stimme meiner Mutter klang eher wie ein Knurren, das selbst mir die Nackenhärchen aufstellte.
Sie war mit Jake im Nebenzimmer und dennoch verstand ich jedes einzelne Wort das sie sprachen ganz genau was wohl auf meine guten Sinne zurückzuführen war.
Oder auf die Tatsache das meine Mutter förmlich brüllte.
„Bella ich wollte doch nur…“
Ein weiteres Knurren meiner Mutter erklang. Sie mochte es nicht besonders wenn sie während einer Standpauke unterbrochen wurde.
Ich rutschte vom Bett und tappste langsam zu meiner Zimmerwand um mich etwas dagegen zu lehnen. Jakes Stimme klang rau, fast schon heißer als hätte er eine Erkältung.
Es tat mir weh wenn ich daran dachte, dass er wohl gerade Schmerzen hatte.
„Verdammt Jake, denkst du wirklich wir hätten sie mit Nahuel alleine gelassen wenn Edward auch nur den kleinsten Hinweis in seinem Kopf gefunden hätte das er Renesmee etwas antun will? Hältst du uns denn für so schlechte Eltern?“ meine Mutter war eindeutig gekränkt: “Wenn ich mich richtig erinnere warst du derjenige der sie die letzte Woche alleine gelassen hat!“ fuhr sie fort und ich zuckte unwillkürlich zusammen. Ich hatte die letzte Woche mit bangem hoffen verbracht das Jake wieder auftauchte und erst jetzt fiel mir auf wie abwesend ich in dieser Zeit gewesen war.
„Bella, du wirst unfair! Du weißt genau warum ich gegangen bin!“ zischte Jacob und er versuchte merklich zu flüstern doch dies lies seine Wut nicht zu.
„Jake, ich schwöre dir, wenn du sie noch ein einziges mal so hängen lässt…“ meine Mutter sprach nicht weiter aber dennoch verstand ich und wohl auch Jake was sie sagen wollte. Es folgte eine Tür die unsanft ins Schloss fiel.
Ich atmete einmal tief durch.
Mit wackligen Schritten ging ich quer durchs Zimmer und öffnete die Zimmertür die mich in den Gang führte. Ich schloss sie fast lautlos wieder und nach 5 weiteren Schritten war ich auch schon an der Tür angelangt hinter der dieser laute, kraftvolle Herzschlag lauerte. Die Tür hinter der es wohl nach Grass roch und nach Kiefern - nach Sonne.
Ich legte meine Hand auf den Türknauf und kurz zögerte ich. Sollte ich wirklich reingehen?
Schließlich lag Jacob wegen mir jetzt im Bett. Er war wegen mir verletzt.
„Nessie?“ hörte ich die raue Stimme von drinnen und mir wurde unerträglich warm.
Ich öffnete die Tür und trat geschwind ein ehe ich die Tür wieder schloss. Ich stand mit dem Rücken zu Jake und blieb einen Moment starr stehen ehe ich mich zu ihm umwand.
Innerlich zuckte ich zusammen als ich ihn dort liegen sah. Seine rostbraune Haut sah heute so bleich aus, auf seiner Stirn hatten sich ein paar wenige Tropfen gebildet und sein Blick war etwas verschleiert. Vor Schmerz.
„Jake..“ meine Stimme brach und ich spürte den dicken Kloß der sich in meiner Kehle bildete und mir das Atmen fast unmöglich machte. Unter Jakes Blicken wurde meine weiße Haut brütend warm und kurz überkam mich ein unangenehmes Gefühl der Übelkeit.
Mein Gedächtnis Schlag zu und ich sah die Szene vom Vormittag wieder vor meinem inneren Auge abspielen.
Jacob der sich auf Nahuel gestürzt hatte und ihn auf den Boden presste. Sein Fell war zerzaust und er flätschte bedrohlich seine Zähne. So hatte ich ihn noch nie erlebt, so aggressiv. Nahuel versuchte mit seinen Armen, Abstand zwischen sich und dem riesigen Wolf zu schaffen während Jake immer wieder begierig nach ihm schnappte. Das Knurren aus seiner Kehle hallte in den Bäumen wieder und hinterließ einen ohrenbetäubenden Lärm.
„JAKE NEIN!“ hatte ich entsetzt gekreischt und Jakes Kopf wandte sich für den Bruchteil einer Sekunde zu mir und genau diese Ablenkung hatte Nahuel genutzt. Er zog Jake eines seiner Vorderbeine weg und dieser verlor so das Gleichgewicht. Nahuel packte Jake daraufhin und schleuderte ihn von sich direkt gegen einen Felsbrocken. Ein lautes Jaulen ertönte und ich sah das Blut das aus Jakes rechtem Hinterbein floß. Er hatte sich das Bein gebrochen. Und meine Augen klebten förmlich an der roten Flüssigkeit die aus seinem Bein schoss. Ich stellte mir vor wie vorzüglich es wohl schmecken musste und schämte mich sogleich im nächsten Moment für diesen Gedanken.
„Schon gut Nessie.“ raunte Jacob und seine Stimme versprühte soviel Liebe das ich fast daran erstickte. Wie konnte er nur so liebevoll zu mir sein? Wie konnte er die Arme nach mir ausstrecken, bereit mich zu trösten, wenn ich doch diejenige war die an seinem leid schuld war?
Jakes Hände winkten mich zu ihm und ich konnte ein leises Schluchzen nicht mehr unterdrücken. Ich tappste mit kleinen aber schnellen Schritten zu seinem Bett und Jake hob auch schon seine Bettdecke ein Stückchen hoch sodass ich darunter krabbeln konnte. Ich ließ mich vorsichtig auf das bett gleiten sodass es sowenig wie möglich in Bewegung geriet. Kaum lag ich in Jakes Armen ließ er die Decke auf meinem Körper ab und drückte mich sanft noch etwas mehr an sich. Ich atmete seinen Duft ein und fühlte mich soviel sicherer.
Er war wieder da.
Jake streichelte mir mit seiner warmen Hand sanft über die Wange und erst jetzt bemerkte ich, dass ich bitterlich weinte.
„Shhhh..“ kam es beruhigend aus Jakes Kehle und er küsste mir sanft das Haar.
„Es tut mir so leid..“ keuchte ich kraftlos und meine Stimme war nicht mehr als ein leises Wispern das wohl kein normaler Mensch verstanden hätte. Doch noch ehe ich weiterreden konnte legte sich Jakes Zeigefinger auf meine Lippen.
„Nessie, ich muss mich entschuldigen, ich habe dich einfach so alleine gelassen, ich habe dir Sorgen bereitet. Das tut mir unendlich leid Nessie, ich werde dich nie , nie wieder alleine lassen, hörst du? Du bist zu wertvoll um dich allein zu lassen.“ er drückte mich noch etwas mehr an sich: “Ich muss doch auf meinen Schatz aufpassen.“ ein heißeres, kehliges Lachen kam aus seinem Mund.
Ob er wohl Schmerzen hatte?
Ich legte meine Hand auf seine Wange. Er verstand es wohl einfach als Geste der Vertrautheit, doch ich versuchte eigentlich seine Gedanken zu erhaschen. Ich wollte wissen wie ernst er es meinte was er da gerade sagte.
Nichts.
Etwas enttäuscht ließ ich meine Hand wieder sinken doch Jake ergriff sie und legte sie wieder auf seine brütendheiße Wange. Seine Augen schloss er langsam und er atmete einmal tief ein und aus.
„Nessie, nur ein paar Minuten, ich … ich finde es angenehm deine kühle Haut zu spüren.“ hauchte er mir zu.
Meine Wangen wurden warm und meine Fingerspitzen die Jakes Haut berührten, kribbelten.
„Okay.“ flüsterte ich so leise wie ich konnte und schon im nächsten Moment hörte ich wie sich Jakes Herzschlag noch etwas verlangsamte. Seine Atmung wurde ruhiger.
Er schlief langsam ein und dennoch lockerte sich sein Griff nicht. Er hielt mich fest umschlossen und seine Wärme durchzog allmählig meinen Körper.
Es fühlte sich gut an.
Es fühlte sich richtig an.
Und dennoch verstand ich nicht was das alles zu bedeuten hatte.
Was war das für ein Gefühl das meine Muskeln dazu brachte sich zu zu entspannen?
Was war das für ein Gefühl das mir bei jedem warmen Atemstoß der meine Haut berührte eine Gänsehaut bescherte?
Was war es für ein Gefühl das mir ein Schwirren im kopf bescherte jedes Mal wenn ich sein Gesicht betrachtete?
