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Strange World

von

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Beziehungskisten

Wallace und ich räumten zusammen die letzten Bälle vom Training weg, als er mir plötzlich pfeifend auf die Schulter klopfte. Erschrocken zuckte ich zusammen.
 

"Hast du noch Zeit für ein kleines Match?", fragte er und grinste, mit seinen Armen angriffslustig herum wirbelnd. Wallace war zwar ein Jahr älter als ich, doch für sein Austauschsemester war er trotzdem ein Jahr zurückgestuft worden. Das schien ihn wenig zu stören, im Gegenteil. Er fühlte sich pudelwohl in meiner Klasse und war auf meinen Vorschlag hin sogar in meinen Basketball-Club gekommen. Und er war ein verdammt guter Spieler, richtige Konkurrenz für mich. Seine Beweggründe dem Club beizutreten war natürlich ein anderer – das käme gut bei den Mädels an, hatte er mal gemeint. Ich erwiderte sein Grinsen und zog aus unserem Netz einen Ball raus. Vor Freude in die Hände klatschend joggte er über den Turnhallenboden.
 

"Hast du heute noch nicht genug Bälle an den Kopf gekriegt?", neckte ich meinen amerikanischen Freund und er riss laut lachend seinen Kopf nach hinten.
 

"Davon krieg ich nie genug!", entgegnete er und strich sich über das Haar. "Du kennst doch das doch: 'Leichte Schläge auf den Hinterkopf erhöht das Denkvermögen.' " Den Ball auf den Boden trippelnd kam ich langsam näher. Den Spruch kannte ich nicht.
 

"Ist das was Amerikanisches?", wollte ich wissen und startete meinen ersten Überraschungsangriff, preschte vorwärts und versuchte an Wallace vorbei zu dribbeln. Er war gut im Verteidigen und so stoppte er mich mit Leichtigkeit, als ich mich gerade an ihm vorbei drehen wollte, traf den Ball und schlug ihn zu Boden. Ich kam enttäuscht zum Stehen.
 

"Nee, was Sprichwörtliches." Er lief dem Ball nach, rannte an mir vorbei, sprang hoch und warf den Ball in den Korb. Er hatte mich super einfach abgewehrt, ich hatte keine Chance. Grinsend nahm ich seinen Punkt in Kauf.
 

„Was ist los, Takaishi?“, wollte er wissen mit schelmischer Stimme, den Ball provozierend vor mir her dribbelnd. Ich ließ meine Enttäuschung fallen und griff erneut an, dieses Mal mit einer Taktik. Während den Wochen, in denen ich mit Wallace gespielt hatte, konnte ich seinen Schwachpunkt klar ermitteln: Er war Linkshänder und schwach auf der rechten Seite. Dort ließ er oft seine Bälle fallen, wenn man ihn richtig angriff. Ich täuschte vor von der linken Seiten zu kommen, er drehte sich gekonnt weg, ich sprang auf seine sich mir nun zugewandte rechte Seite, überraschte ihn und nahm ihm den Ball an. Den Moment nutzend sprang ich weiter zum Korb und holte mir meinen wohl verdienten Punkt. Wallace lachte.
 

„Das ist los, mein Guter!“, rief ich und keuchte ein wenig vor Anstrengung. Den Ball wieder dribbelnd kam ich auf ihn zu, während er seine Muskeln lockernd auf meine Bewegungen achtete.
 

„Der nächste Angriff entscheidet.“, hörte ich ihn rufen und grinste. Das würde mein Sieg werden. Vielleicht würde er nochmal drauf reinfallen, auf meine Taktik. Nur, dass ich dieses Mal im Ballbesitz war, und seinen Schwachpunkt anspielen würde. So würde ich locker an ihm vorbeikommen und einen Korb machen. Klang doch total einfach. In meinem Eifer vergaß ich allerdings, dass Wallace gut im Verteidigen war, meinen Angriff durchschaute, mich teckelte und den Ball an sich reißen konnte, als ich ihn fallen ließ. Ich fiel zu Boden, während Wallace unbeeindruckt an mir vorbei zog, sprang und seinen Sieg einheimste. Stöhnend breitete ich meine Arme auf dem kalten Holzboden aus. Er hatte gewonnen.
 

„Wer ist der Beste? Ich bin der Beste, ha ha!“, rief er begeistert durch die Halle hopsend. Ich rollte mich erschöpft auf die Seite und beobachtete ihn. Optisch könnten wir fast Zwillinge sein. Blonde Haare, blaue Augen. Gleiche Statur, gleiche Größe. Wenn wir unsere Schuluniform trugen und unsere Haare gleich frisieren würden, könnten wir so einige Leute in die Irre führen. Was für ein schöner Prank das wäre. Ich wette Davis würde darauf reinfallen.
 

„Ich ergebe mich, oh großer Basketballmeister!“, entgegnete ich mich wieder aufsetzend, weil mir sein Gehopse in den Ohren weh tat. Über der Tür die mir gegenüber war hing eine riesengroße Uhr. Es war bereits nach 5. Mama würde bestimmt schon bei Matt sein, um mit ihm über die Wohnung zu sprechen. Seine Wohnung. Wehmut machte sich in mir breit. Wieder würde ich Abschied von ihm nehmen müssen. Von meinem großen Bruder. Wieder wären wir Stunden von einander getrennt. Zwar nicht aus der Welt, aber es würde trotzdem anders sein. Ich müsste 3 Stunden mit den öffentlichen Verkehrsmitteln von Tokyo nach Nagoya fahren, um Matt zu besuchen. Aber da musste ich wohl durch. Wie immer. Ich würde ihm ganz sicher nicht von seinem „Ich bin jetzt total erwachsen“-Wahn abhalten können. Wie die Zeit verging. Mein Bruder war 19. Ich würde bald 16 werden. Wo war die Zeit geblieben in der ich heulte, wenn mein Bauklötzchenturm umfiel, und Matt mich warm lächelnd aufmunterte. Fort.
 

„Erde an T.K.! Bitte melden Sie sich in der Basis!“ Wallace hockte sich vor mich hin und sah mich fragend an. Ich blinzelte irritiert.
 

„Sorry. Ich war in Gedanken.“, antwortete ich mich sammelnd. Er zog die Augenbrauen hoch und richtete sich wieder auf.
 

„Na da will ich nicht stören. Kann ich den großen Denker wenigstens dazu überreden, mit in die Umkleidekabine zu kommen? Ich will mir meiner Siegerdusche gönnen!“ Begeistert machte er sich Richtung Tür auf, und ich folgte ihm stöhnend. Meine Knochen bedeuteten mir, dass für heute genug trainiert war. Eine heiße Dusche würde mir auch gut tun.
 

In meinen Sachen wühlend fiel mein Handy aus einer Seitentasche. Mein Herz blieb kurz stehen, denn wie für jeden Teenager, war dieses kleine Stück Technik von unschätzbarem Wert. Hastig holte ich es vom Boden und kontrollierte es auf Schäden. Alles gut.
 

„Meine Güte, du tust gerade so, als würde dein Leben von diesem Gerät abhängig sein.“, witzelte Wallace neben mir. „Ist das Baby denn okay?“ Ich nickte. Und ich hatte eine Nachricht von Kari. Wallace lugte mir über die Schulter und kicherte. Weil ich das Gefühl hatte, das Wallace das Wort „Privatsphäre“ noch nie gehört hatte, drehte ich mich etwas genervt von ihm weg.
 

„Na schreibt dir dein Schätzchen versaute Dinge, oder warum zuckst du so mit rotem Kopf zurück?“
 

„Ich bin nicht rot.“
 

„Wenn du das sagst...“ Er zuckte mit den Schultern und streifte sich sein T-Shirt vom Körper. Nein, das wurde hier jetzt nicht das, was der ein oder andere vielleicht dachte. Aber ich hoffte das Wallace vielleicht schneller unter der Dusche verschwunden war, als ich, und ich in Ruhe mit Kari schreiben konnte. Wieder schaute ich auf mein Handy, öffnete die Nachricht und erschrak. Wallace sah auf.
 

„Hast sie Schluss gemacht?“ Ich schüttelte perplex den Kopf, und zeigte ihm mein Handy. Doch er winkte ab.
 

„Also echt, Takeru. Erst soll ich nicht und dann doch. Du bist wie eine Frau, weißt auch nicht was du willst!“, beschwerte er sich, konnte seine Neugierde dann aber doch nicht überwinden und las die SMS, die mir Kari geschickt hatte. Er grinste verblüfft.
 

„Ich lese nochmal vor: 'Joe hat eine Freundin! Ruf mich an, wenn du kannst.' Was geht denn nur mit euch ab?“ Er fuhr sich verwundert durch die Haare und schüttelte den Kopf. „Jeden Tag ist irgendeiner von euch mit irgendeinem von euch zusammen, verwandt, verheiratet, verschwägert oder geschieden. Es wird echt nicht langweilig mit euch... Da bin ich echt noch trauriger, das mein Auslandssemester bald vorüber ist...“, meinte er sarkastisch und wedelte überfordert mit den Armen. Ohne eine Reaktion von mir abzuwarten, schnappte er sich sein Handtuch und ging in die Dusche. Ich blieb wortlos zurück, auf mein Handy starrend.
 

So sehr ich mich für Joe freute, aber Wallace hatte recht. In meinem Freundeskreis waren bald nahezu alle vergeben. Ich erinnerte mich daran, dass Matt mal Ähnliches erwähnte, dass wir bald alle miteinander verwandt sein würden. Das war sogar nahezu möglich. Wenn Matt Sora heiratete, war sie meine Schwägerin. Und sollte ich Kari heiraten, würde Tai mein Schwager werden. Dann hätten wir schon eine lustige Fünferkette. Wenn Tai dann noch wen aus unserem Freundeskreis heiraten würde, wären es sogar sechs. Das ist die Hälfte unserer lustigen Truppe. Mich schüttelte es und ich setzte mich. Nicht daran denken. Wobei ich stark bezweifelte, dass ich Sora nicht doch irgendwann meine Schwägerin nennen würde. Nachdem Matt mir begeistert erzählt hatte, dass die beiden zusammen nach Nagoya ziehen würden, wartete ich quasi nur noch darauf. Darauf, dass er Sora einen Antrag machte. So verliebt wie er in sie war, hatte er bestimmt schon den einen oder anderen Gedanken daran verschwendet.
 

Mich davon ablenkend wählte ich die Nummer meiner Freundin. Ich beschloss zu Hause zu duschen, und schlüpfte schon einmal in meine normalen Schuhe.
 

„Hier spricht Hikaris persönlicher Assistent, wie kann ich Ihnen helfen?“, meldete sich Taichi mit vollem Mund wie mir schien. Ich lachte.
 

„Hier ist T.K. Seit wann gehst du an ihr Handy?“
 

„Seit Madame zu langsam ist...“ Im Hintergrund konnte ich eine genervte Kari hören, die ihren Bruder anflehte, ihr das Handy zu geben. Lachend hinderte er sie daran.
 

„Tai gib mir das Handy!!!“, rief sie, was Tai nur noch mehr anstachelte. Lächelnd klemmte ich mir mein Handy zwischen Ohr und Schulter um meine Tasche zu schließen. Während ich den Geschwistern dabei zu hörte, wie sie sich um den Hörer stritten, kam Wallace zurück. Frisch und frei von aller Anstrengung.
 

„Willst du nicht duschen?“, wollte er wissen, sah, dass ich am Handy hing und wedelte mit den Händen, bedeutete mir, dass ich nicht zu antworten brauchte. Ich schüttelte den Kopf.
 

„Ich geh Zuhause duschen, mir war der Anruf bei Kari wichtiger...“, flüsterte ich ihm zu während er sich anzog. Ich würde noch auf ihn warten und dann mit ihm zusammen nach Hause fahren. Schließlich war ich kein Unmensch. Wallace würde mich eh nicht gehen lassen, bevor ich ihm nicht auch erzählen würde, was mir hoffentlich Kari gleich berichten würde.
 

„T.K.?“ Karis verzweifelte Stimme meldete sich. Sie schien den Kampf gegen ihren Bruder gewonnen zu haben. Oder er hatte auch einfach nur das Interesse verloren. Es nicht wirklich schwer gegen Kari zu gewinnen – sie passte gerade einmal aufrecht unter den Kaffeetisch und war so dünn, dass man sie bei Sturm nicht rauslassen durfte. Sie würde sonst weg fliegen. Schäme dich, dachte ich mir in die Wange beißend. Das klang so gemein. Aber es war die Wahrheit.
 

„Am Apparat. Was hat es mit deiner SMS auf sich? Bitte sag mir, dass du dich vertippt hast.“
 

„Glaube mir, wir sind alle überrascht. Aber angeblich haben Davis und Ken Joe mit einem Mädchen gesehen.“ Enttäuscht sah ich zu Wallace, der mich fragend ansah und mit seinem Lippen ein „Was ist denn nun?“ formte. Ich zuckte mit den Schultern. Das war für mich ehrlich gesagt noch kein Beweis dafür, dass der schüchterne Student eine Freundin haben sollte.
 

„Das heißt doch noch lange nicht, das Joe in festen Händen ist. Er wird in seinem Studiengang allein doch schon die ein oder andere Dame sitzen haben, mit der er mal über die Straße gegangen ist.“ Kari gab ein Grummeln von sich, was mir zu verstehen gab, dass ich ruhig sein sollte, und ihr lauschen sollte.
 

„Davis hat gesehen wie die beiden sich geküsst haben. Ich küsse meine Mitschüler nicht. Du etwa?“, wollte sie wissen und ich war doch etwas verblüfft.
 

„Ich bin ein Mitschüler von dir K.“, sagte ich um sie ein wenig zu ärgern. Ich konnte ihren bösen Blick förmlich durch das Telefon spüren. Grinsend setzte ich mich zu dem sich seine Socken anziehenden Wallace. Er wirkte deutlich betrübt darüber, dass er nicht hören konnte, was Kari sagte. Ich hielt ihn dennoch für schlau genug, sich seine eigenen Schlüsse zu ziehen aus dem, was er von mir hörte.
 

„Halt die Klappe. Du weißt wie ich das meine...“
 

„Ich habe da eine Frage.“
 

„Du hast eine Frage?“, fragte sie mich ironisch, denn sie schien zu wissen, was jetzt kommen würde – ein dicker Davis Diss.

Mich zurücklehnend sah ich zu Wallace, der mir für mein Gefühl unangenehm nahe kam. Ich drehte mich von ihm weg, aber das hielt ihn nicht davon ab, sich an mein Ohr zu kleben. Wie ein Magnet. Ich seufzte und ließ ihn an mich heran gekuschelt mit hören.
 

„Seit wann vertraut ihr auf sein Wort? Davis kann nicht mal eine Laterne von einem Baum unterscheiden. Geschweige denn dass er weiß, wie ein Kuss aussieht.“ Wallace drehte sich von mir weg, sich die Hände vor dem Mund pressend, um nicht laut los zu lachen. Auch ich war sehr stolz auf meinen Witz und konnte ein Kichern nicht unterdrücken. Kari bemühte sich ihre Fassung zu bewahren, aber ich wusste ganz genau, dass sie sich gerade sehr zurückhielt nicht los zu prusten.
 

„Ja ich weiß. Deswegen haben Yolei und ich ihm ja auch nicht geglaubt, als er mir das schrieb. Aber dann hat Yolei von Ken eine SMS mit dem Text „Ich weiß ihr glaubt Davis nicht, aber vielleicht glaubt ihr ja mir.“ geschickt und ein Bild mit ran gehangen. Da war wirklich Joe drauf mit einer Frau und die haben sich geküsst!“, erklärte Kari aufgeregt und ich konnte Taichi im Hintergrund sehr laut lachen hören. Der sollte eigentlich die Füße still halten, als ewiger Single.
 

„War die auch echt?“, platzte es aus Wallace heraus und ich hielt die Luft an, um mich zusammen reißen zu können. „Ich mein die arbeiten doch echt hart daran, solche Puppen so realistisch wie möglich aussehen zu lassen.“
 

„Ist das Wallace im Hintergrund?“, fragte Kari als ich und Wallace laut loslachten.
 

„Ja... sorry. Wir hatten doch Basketballtraining.“
 

„Und ich bin neugierig Joes aufblasbare Freundin zu sehen, schick´ doch mal das Bild herüber!“, mischte er sich schließlich ein und ich seufzte. Jetzt konnte ich genauso gut auf den Lautsprecher stellen. Klick.
 

„Es freut mich Wallace unfassbar qualifizierten Kommentaren beiwohnen zu können.“, stellte meine Freundin angestrengt fest, wirkte nicht besonders erfreut. Fast schon sauer. Ich biss mir auf die Lippe.
 

„Tut mir leid, K. Aber kommen wir doch mal zurück zu Joe, hm?“ Sie murmelte unverständliches vor sich hin. „Kari, dass ist unfair. Ich kann Tai im Hintergrund lachen hören, wir sind also quitt.“, ergänzte ich und erstickte somit mögliche Zickereien im Keim.
 

„Ja okay... hast ja recht. Yolei hat jedenfalls Ken sofort angerufen und er hat dann erzählt. Davis war gestern nach der Schule Ken vom Unterricht abholen, und die beiden sind auf dem Weg zu Davis an einem Restaurant vorbeigekommen. Und dann haben die beiden Joe drin sitzen sehen, wollten erst rein und ihm hallo sagen. Doch auf einmal kommt da ein Mädchen um die Ecke, steuert direkt auf ihn zu und küsst ihn. Auf den Mund, wohl gemerkt!“, erzählte sie und ich tauschte einen überraschten Blick mit Wallace aus, der sofort zu grinsen begann.
 

„So was. Der hat´s ja faustdick hinter den Ohren!“, meinte Wallace und nickte erstaunt.
 

„Führt Joe etwa ein Doppelleben?“, fragte ich in den Raum, Wallace zuckte die Schultern. Kari lachte.
 

„Ja klar. Des Tages ist er der unauffällige Medizinstudent, unberührt und schüchtern. Und wenn es Dunkel wird, da wird er zum Frauen aufreißenden, selbstbewussten Mann der unerkannt bleiben will.“, witzelte sie während sie sich irgendetwas in den Mund stopfte.
 

„Hat ein bisschen was von Superman. Nur das Joe nicht super ist.“, hörte ich Tai im Hintergrund sagen und musste lachen. Auch wenn es gemein war. Joe war einfach nicht die Art von Mensch den ich als Frauenheld bezeichnen würde. Oder als Superheld. Er war ein super Kumpel auf den man bauen konnte, was wohl seine ganz speziellen Superkräfte waren. Trotzdem. Das er nun eine Freundin haben sollte, klang so ungewöhnlich. Joe. Eine Freundin. Das würde der nächste running-gag in unserer Clique sein.
 

„Ihr seid richtig mies, wisst ihr das!“, beschwerte sich Kari mit vollem Mund, was mein Herz schneller schlagen ließ. Sie war so süß, wenn sie sich Essen hineinstopfte und dann trotzdem sprach. Auch wenn das für die meisten ekelhaft klingen mochte. Ich fand das niedlich. Traurig war nur, dass das, was sie aß, nirgendwo ansetzte. Kari wurde höchstens dünner vom Essen.
 

„Tut mir leid, Liebes. Du hast ja recht.“, pflichtete ich ihr bei, und bekam eine Grimasse von Wallace als Reaktion. Er äffte mein „Liebes“ nach und war sichtlich überrascht.
 

„Liebes? Voll der Abturner. Wie alt bist du? 100?“ Ich haute ihm auf den Hinterkopf, so wie ich es sonst nur bei Davis tat, und ließ ihn verstummen. Möchtegern-Macho.
 

„Ich fand´s süß!“ Taichi wurde ich anscheinend auch nicht los. Aber das schien wohl das Schicksal von mir und Hikari zu sein. Wir waren entweder immer umgeben von Menschen, sprachen über diese Menschen oder Aliens griffen die Erde mit Käse an. Ich hasste Käse. Und Menschen. Seufzend wartete ich auf Karis Antwort.
 

„Ich finde ihr seid alle Scheiße! Und du geh raus aus MEINEM Zimmer, du hast ein eigenes.“, zischte sie, was mich stolz lächeln ließ. Sie machte sich echt gut als Zicke. Dann fiel mir ein wichtiges Detail in Karis Geschichte wieder ein. Sie hatte von gestern gesprochen.
 

„Warte mal. Du sagtest doch vorhin, Davis und Ken hätten die beiden gestern gesehen. Heißt das du weißt das schon seit gestern?“, fragte ich empört und hörte, wie sie erschrocken einatmete. Stille. Ich hatte also recht. Wallace kicherte.
 

„Hups.“ Das war alles, was sie sagte. Ich schmollte.
 

„Hups? Das ist alles, was dir zu deiner Verteidigung einfällt?“
 

„Ganz großes Sorry!“
 

„Pff... Ich habe dich heute in der Schule gefragt, ob es was Neues gibt und da fiel dir nicht ein, mir das zu erzählen?“ Ich war wirklich etwas enttäuscht, aber hauptsächlich machte ich das, um Kari ein wenig zu ärgern. Sie war zu niedlich wenn sie sich eingestehen musste, das sie eine Fehler gemacht hatte. Das würde mir noch viele Entschuldigungsküsse einbringen. Kari seufzte.
 

„Man wir hatten heute doch noch eine Prüfung, da denk ich doch nicht an Joe!“, verteidigte sie sich und ich lachte. Es war zu einfach sie aus der Fassung zu bringen.
 

„Ich hoffe, dass du sowieso nie an Joe denkst. Hat ihn schon einer drauf angesprochen?“, sagte ich, um wieder auf das eigentliche Thema zu kommen. Auch um Karis Laune zu verbessern.
 

„Nein. Aber ich habe vor Sora zu schreiben. Die kann so was doch. Wenn wir das Mimi erzählen springt sie im Dreieck, bedrängt den armen Joe und dann verschanzt er sich. Und keiner erfährt etwas. Und ich glaube sonst sind alle doch recht ungeeignet.“
 

„Und du sagst wir sind gemein...“, stellte ich fest und sah, wie Wallace endlich fertig war. Er hatte sich tatsächlich noch die Zeit genommen, sich die Haare zurecht zu machen. Während ich hier in meinem trocknenden Schweiß saß. Okay, das war meine eigene Schuld.
 

„Bist du endlich fertig?“, fragte ich maulend und stand auf. Wallace drehte sich um, formte seine Lippen zu einem Kussmund und posierte. Ich verdrehte die Augen.
 

„Ich wollte doch nur schick für dich aussehen!“ Ich winkte ab, hob meine Tasche hoch und bedeutete ihm, dass ich mich jetzt auf den Weg machen wollte. Noch immer Kari am Telefon habend wandten wir uns zum Gehen. Joe in festen Händen hin oder her. Es machte mir deutlich, dass ich mich doch im Grunde genommen nur für eine Beziehung interessieren sollte: Meine eigene.
 

„Sag mal K, was machst du denn heute noch?“, fragte ich sie plötzlich und sah anhand von Wallace´s Gesicht, das er enttäuscht war. Wollte er etwas noch ein Match?
 

„Nichts. Willst du vorbeikommen?“, wollte sie freudig erregt wissen. Alles in mir kribbelte. Zeit mit Kari. Mich nur auf sie konzentrieren. Das wollte ich. Unbedingt.
 

„Ich bin unterwegs.“ Ich beendete den Anruf und sah dem traurigen Wallace ins Gesicht.
 

„Du verlässt mich?“ Er wischte sich eine imaginäre Träne weg und wimmerte gespielt. Die Augen verdrehend klopfte ich auf seine Schulter.
 

„Es tut mir leid, aber das mit uns wäre nie etwas geworden.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  dattelpalme11
2015-11-02T11:40:45+00:00 02.11.2015 12:40
Ahhh! Ich liebe TK und Wallace zusammen :D
Da stimmt irgendwie die Chemie ;D Mhm aber TKs Situation kann ich irgendwie verstehen. Alles verändert sich. Matt zieht um und auch der Rest wird immer mehr erwachsen. Die unbeschwerte Kindheit ist vorbei.
Ja, so schnell geht's.
Und man, Kari ist wirklich ein Tratschweib o,O Der arme Joe kann einem wirklich leidtun xD
Aber es ist süß, wie sehr sich Takeru auf seine Zeit mit Kari freut, auch wenn er den armen Wallace dafür abserviert xD

Ich wäre aber echt dafür, dass die zwei noch weitere Szene zusammen bekommen :D Es war echt sehr witzig!
Soo, ich springe weiter zum Letzten ;)



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