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Dunkelgrau

Teru Mikami
von

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Weiß

Andächtig ließ er sich in seinen Arbeitsstuhl sinken. Das Leder gab knautschend nach, behutsam rückte er sich in seine Arbeitsposition, fand die bereits fest eingesessene Mulde in der er seit seinem ersten Arbeitstag gesessen hatte und öffnete einen der zahlreichen sauber gestapelten Ordner auf seinem perfekt organisierten Schreibtisch.

Der Anflug eines Lächelns machte ihm eine ungewohnte Partie seines Gesichts bewusst, eine Weile konzentrierte er sich nur auf das leichte Gefühl der Anspannung in seinen Mundwinkeln, dann kehrte seine Aufmerksamkeit wieder zum Ursprung jener Reaktion zurück.

Achtsam öffnete er die schwere Deckseite des dunkelfarbigen Pappordners, fühlte die Prägung des Marmormusters , während er in Worte versunken über das Papier blätterte.

Die auf seinem Tisch tänzelnden Reflexionen der metallenen Eingriffe seiner penibel genau sortierten Ordner entzogen sich vollständig seiner Wahrnehmung, vor seinem inneren Auge flimmerten die hilfebittenden Gesichtszüge eines im Stich gelassen Opfers.

Keine Worte würden diesen Schmerz lindern, erst das Urteil der Gerechtigkeit, gesprochen durch die Reinheit des Gesetztes würden diesen Erdenbürger wieder an das Leben glauben lassen. Bis dahin blieb er eine dieser verzweifelten reinen Seelen, die zwischen Unmenschlichkeit umher taumelten, auf der Suche nach einem Weg, der ihre Hochherzigkeit nicht als Hindernis, sondern als Selbstverständlichkeit sah.

Behutsam setzte er die Stiftspitze auf das Papier und schrieb in kleinen, regelmäßigen Buchstaben seinen Bericht, schrieb von den verursachten seelischen Qualen, von der Kaltblütigkeit des Täters, überschlug das Ausmaß und formulierte seinen ersten Urteilsvorschlag.

Und er kannte keine Gnade für die Täter.

Gnade steht nur den Guten zu, indem sie von ihrem Leid befreit werden!

Sein Blick hin an den so eben geschriebenen Worten, als könnte bereits das bloße Aufschreiben zum Urteil führen und erneut entdeckte er das verwunderliche Ziehen in seiner Oberlippe.

Das geschriebene Urteil, nur der Name...

Sein Herz pochte vor Freude nicht nennenswert lauter, kaum merklich aus Angst jemand anderes außer ihm könnte es hören.

Hinter dem Vorwand das Fenster zu öffnen erhob er sich und wandte das Gesicht von seinen Mitarbeitern ab, die er bis zu diesem innerlichen Augenblick der Erregung nicht eine einzige Sekunde beachtet hatte.

Mit einem nüchternen Surren schossen die weißen Lamellen der Jalousie nach oben, ließen die alles erhellenden Strahlen des Vormittags in das bis dahin nur spärliche beleuchtete Büro strömen und machten für einen winzigen Augenblick die aufgewirbelten Staubpartikel sichtbar, die wie glitzernde Lichter wieder zu Boden sanken.

Er spürte wie die Blicke kurz an ihm hingen, spürte wie sich seine Konturen im Gegenlicht aufzulösen schienen und sich ein goldener Schimmer über seinen dunklen Anzug legte.

Diese Sonne leuchtete für all die guten Menschen, die es zu retten galt.



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