Zum Inhalt der Seite

Moonrise

Untergang einer fremden Welt
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Hey! ^^
Ich melde mich, etwas später *hust*, mit einem neuen Kapitel zurück!
Nach einigen OnePiece OSs, einigen Hausarbeiten und einer schweren Schreibenskriese hab ich das 10. Kapitel endlich fertig bekommen. XD
Und gleich noch eine 'traurige' (??!) Nachricht.
"Moonrise" geht langsam dem Ende entgegen.
Ich weiß nicht, wie viel noch kommt, (zwei bis drei Kapitel auf jeden Fall noch!) aber dann wird wohl Schluss sein. (Wenn mir ein guter einfällt XD)
Aber so weit ist es noch nicht.
Erstmal werde ich, mit viel Spaß XD, diese OF zuende bringen!

An dieser Stelle nochmal vielen Dank an meine Leser, Favo- nehmer und meine beiden Kommischreiber. ^^
Ohne euch hätte ich bestimmt schon etwas den Mut verloren. ;_;

So, dann mal viel Spaß beim Lesen!
LG, Lina :3
Komplett anzeigen

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Eine kleine Geste, die alles verändert

Kapitel 10 – Eine kleine Geste, die alles verändert
 

„Seht nur! Sie kommt langsam wieder zu sich!“

Gedämpfte Stimmen drangen erneut an mein Ohr. Doch diesmal waren es andere Stimmen. Und es klang auch, als wären diese näher bei mir, als in diesem… Traum. Nicht so… unerreichbar. Es machte mich nicht traurig diese Stimmen zu hören. Im Gegenteil. Irgendwie freute ich mich darauf, diese Menschen wiederzusehen.

„Hannah?“ Sie klangen besorgt. Erschöpft. Und es war wieder meine Schuld… Langsam kam die Erinnerung an das zurück, was vor diesem Traum passiert war. Ich war zusammengebrochen. Einfach so. Dieser komische Schmerz hatte mich plötzlich überfallen und ich bin bewusstlos geworden. Seltsam…
 

Ich spürte etwas Weiches unter mir. Das musste ein Bett sein. Ich fühlte einen kalten Luftzug auf meiner verschwitzen Haut.

Vorsichtig versuchte ich die Augen zu öffnen. Doch ein grelles Licht blendete mich, sodass ich sie lieber geschlossen hielt. Ich versuchte es erneut und ein Stöhnen kam ungewollt aus meinem Mund.

„Hannah!“, sagte eine Frau neben mir. Ihre Stimme war ungewöhnlich hoch. Lucy?

Ja. Ja, wollte ich sagen. Doch es kam mir nicht über die Lippen. Mein ganzer Körper gehorchte mir nicht. Ich konnte nicht mal einen Finger rühren! Was war bloß los mit mir?

„Hannah. Hörst du mich? Ich bin es, Hugh! Mach dir keine Sorgen, es ist alles gut. Du bist in der Krankenstation.“

Ich hatte also Recht. Dann lag ich wirklich auf einem Bett. Ich seufzte innerlich. Ich hatte mal wieder alles ruiniert. Sie mussten sich schon wieder alle Sorgen um mich machen. Wieso immer ich? Ich wollte das nicht! Ich wollte nicht immer so viel ärger machen…

Seltsam, verzerrte Schemen tauchten vor meinen Augen auf, wenn ich sie einen Spalt breit aufbekam. Ich erkannte Lucys Gesicht, das über mich gebeugt war. Hugh musste die Gestalt auf der anderen Seite sein. Auf Lucys Gesicht waren noch immer die Tränenbahnen zu sehen. Sie musste geweint haben. Wegen mir…

Ich versuchte mich zu strecken, meinen seltsam starren Körper zu entspannen, um mich aufsetzten zu können. Doch die Schmerzen ließen mich jeden Versuch sofort abbrechen…

„Hannah! Geht’s dir gut?“ Ian stürmte plötzlich an mein Bett und blieb am Fußende stehen. Verwundert über seine Anwesenheit blickte ich ihn an.

„Was machst… du hier?“, brachte ich mühsam heraus. Ich hasste es, nicht sprechen zu können… Doch meine Kehle fühlte sich seltsam kratzig und rau an. Ian entlockten meine Worte ein breites Grinsen.

„Na, aber hallo! Ich habe gesehen, was passiert ist. Da bin ich natürlich sofort hergekommen.“, lächelte der Blonde. Mein Herz verkrampfte. Wie vielen Leuten hatte ich noch Sorgen bereitet? Ich habe ihnen allen wehgetan…
 

Trotz der Schmerzen richtete ich meinen Oberkörper auf und zog meine Beine ran. Mit beiden Händen umschloss ich diese und vergrub mein Gesicht darin.

„Hannah? Was ist los?“, fragte mich Lucy leise und ich spürte eine Hand auf meiner Schulter. Ich konnte es nicht verhindern. Tränen bahnten sich ihren Weg über mein Gesicht und befeuchtete meine Kleidung. Schluchzer schüttelten meinen ganzen Körper und ich umfasste meine Beine noch fester.

„Hey! Was ist denn? Hannah?“ Ich hörte Ian noch näher herankommen. Seine Schritte hallten auf dem Fußboden und klangen ungewöhnlich laut in meinen Ohren. Mein Schluchzen erfüllte den ganzen, steinernen Raum. Die anderen versuchten mich zu beruhigen, doch ich war dazu nicht in der Lage. Meine Gedanken waren mit Schuldgefühlen überschwemmt und ich fühlte regelrecht, wie ich fiel. Immer weiter in die Dunkelheit. Ich wollte nicht mehr. Ich wollte nicht mehr leben. Ich bereitete allen nur Kummer! Und wenn ich schon nie mehr auf die Erde zurück konnte, konnte ich auch gleich gehen. Dorthin wo ich niemandem mehr wehtun konnte…
 

„Warum bin ich nur so schwach? Was ist bloß los mit mir?“, brachte ich zwischen den Schluchzern heraus. Ich schrie es förmlich. Dennoch klang es durch die Decke gedämpft.

„Hannah…“, versuchte es Lucy, doch ich ließ sie nicht zu Wort kommen.

„Nein! Ich bin an allem Schuld! Ich habe alles ruiniert! Wegen mir müssen so viele Menschen leiden!“ Heiße Tränen brannten auf meiner Haut. Mein Bein, welches schon seit meiner Ankunft ununerbrochen wehtat, pochte seit diesem Traum so heftig, wie noch nie. Es fühlte sich an, als würde jemand glühend heiße Klingen dort hinein stechen. Die Schmerzen ließen meinen Körper erneut schmerzhaft verkrampfen.

„Hannah! Was ist los? Tut dir etwas weh?“ Es war Hugh der fragte. Er schien es sofort gemerkt zu haben. Immerhin war der Blonde ein hervorragender Arzt. Doch er konnte mir nicht helfen. Diese Schmerzen waren wichtig für mich. Sie zeigten mir, dass ich noch existierte und nicht schon tot war. Mein Körper war taub. Bis auf die Schmerzen spürte ich nichts mehr. Es war, als würde ich schweben. Als könnte ich wegfliegen und vor allem fliehen.

„Ich will sterben.“, flüsterte ich. Plötzlich durchzog den Raum eine unangenehme Stille. Keiner der anderen rührte sich mehr und selbst mein Schluchzen war verklungen. Ich sah nicht auf. Ich wollte ihre Gesichter nicht sehen. Wollte nicht ihren Schmerz dort drin entdecken. Ich wollte nicht sehen, was ich angerichtet hatte…
 

„HANNAH! SPINNST DU?“ Ians Schrei ließ mich heftig zusammenzucken. Ich hatte ihn noch nie so wütend erlebt. Doch ich hatte Angst ihn anzusehen. „Du kannst doch nicht so was sagen! Warum willst du dein Leben wegwerfen? Das ist doch totaler Blödsinn! Also hör auf damit!“

Eine Träne nach der anderen tropfte auf die Decke und es zeichnete sich bereits ein großer dunkler Fleck an dieser Stelle aus. Warum war er so böse? Wieso konnte er nicht verstehen, wie ich mich fühlte?

„Du hast doch keine Ahnung…“, meinte ich lediglich, noch immer ohne ihn anzusehen. „Verschwindet. Lasst mich alleine.“ Mir war durchaus bewusst, dass ich hier in der Krankenstation lag und dass Hugh hier arbeitete. Doch er konnte mich auch mal für 10 Minuten alleine lassen, bis ich wieder in meinem Zimmer war. Irgendwie würde ich da schon hinkommen.

Tatsächlich hörte ich, wie sich der Stuhl, auf dem Lucy bis eben gesessen hatte, über den Boden schob und Schritte auf dem Steinboden widerhallten, ehe sich die Tür öffnete und wieder schloss. Sie waren tatsächlich gegangen. Damit gerechnet hatte ich jedoch nicht. Warum waren sie gegangen? Wieso hatten sie dieses Mal auf mich gehört?
 

„Nein, vielleicht habe ich keine Ahnung.“ Ians Stimme ließ mich erneut zusammen zucken. Ich hob meinen Kopf etwas und entdeckte, dass nur noch Ian neben meinem Bett stand. Sein Gesicht war von Wut und Mitleid gezeichnet. Ich hatte ihn also ziemlich verletzt. Doch vielleicht war es besser so. Wenn sie mich alle hassten, konnte ich ihnen nicht noch mehr wehtun… „Aber eins sollst du wissen. Du musst das nicht alleine durchstehen. Seit du hier bist, haben wir versucht dir zu helfen, weil wir es w o l l t e n, verstehst du? Wir haben dich gern und wollen nicht, dass du traurig bist. Also hör auf damit vom Sterben zu reden! Das würden wir niemals zulassen! Das würde i c h niemals zulassen.“ Erstaunt riss ich die Augen auf. Mein Herz setzte kurz aus, nur um dann viel zu schnell zu schlagen. Mein Gesicht wurde glühend heiß und ich war in diesem Moment froh, dass ich meinen Kopf zwischen den Armen und Beinen begraben hatte. Was war nur los mit mir?

Auf einmal fühlte ich eine Hand auf meinem Kopf, die meine schwarzen Haare aus meinem Gesicht strich. Mein Körper verkrampfte sich und ich wagte es nicht, auch nur zu atmen. Mein Kopf war hohl und leer. Ian…

Plötzlich spürte ich, wie er mir sanft einen Kuss auf die Stirn hauchte und dann langsam den Raum durchquerte, um ihn keine paar Sekunden später, ohne ein weiteres Wort, zu verlassen.
 

Wie in Trance hob ich meinen Kopf und blickte auf die Stelle, an der der Blonde eben noch gestanden hatte.

Der junge Mann, der mich damals gerettet hatte, als die anderen Männer mich am liebsten auf der Stelle erschossen hätten.

Der junge Mann, der sich immer für mich eingesetzt und an meine Unschuld geglaubt hatte.

Der junge Mann, der immer ein offenes Ohr hatte und mir alles ermöglichte, was ich wollte.

Ian, der sich in mich verliebt hatte…
 

Was sollte ich nur tun?
 

Ohne groß nachzudenken, schwang ich meine Beine über den Bettrand und richtete mich auf. Die Schmerzen, die mir eben noch meinen Verstand geraubt hatten, waren so weit in den Hintergrund gerückt, dass ich sie kaum noch wahrnahm. Obwohl ich an so vieles dachte, schien mein Kopf leer zu sein. Ich zupfte meine Kleidung zurecht und ging mit wackeligen Beinen durch den Raum. Mein Herz schlug noch immer heftig gegen meinen Brustkorb, sodass ich dachte, er müsse jeden Moment zerspringen und mir meinen Wunsch erfüllen.

Doch… wollte ich wirklich immer noch sterben? Hatte ich das nicht nur aus einer Laune heraus gesagt? Hatte ich wirklich schon die Hoffnung aufgegeben, auf die Erde zurück zu kommen?

Ich wusste es nicht. Ich war mir nicht mehr sicher. Ich war mir überhaupt nicht mehr sicher.
 

Mein Körper fühlte sich an wie Blei, als ich durch die dunklen Gänge schwankte. Ich wusste nicht, wohin ich lief. Ich hatte meinen Kopf ausgeschaltet. Es war mein Körper, der von alleine handelte. Und mir war das Recht so. Ich wollte nirgendwo hin, aber auch nirgendwo bleiben. Am besten wäre es, wenn ich mich einfach in einem Loch verkriechen könnte. Für immer…
 

Schon bald kam mir ein starker Luftzug entgegen. Der Wind wirkte kühl und angenehm auf meiner verschwitzten Haut. Der Schweiß rann mir die Stirn herab und meine Haare klebten in meinem Gesicht. Da kam mir diese Abkühlung gerade recht.

Ganz automatisch folgte ich dem Luftzug, nahm aber die Umgebung nicht war. Ich merkte lediglich, dass es ziemlich dunkel um mich herum war und eine seltsame Wärme von den Steinwänden ausging. Immer wieder schabten meine Arme an den Steinen entlang, doch ich bemerkte die Schmerzen nicht, die die Schürfwunden verursachen mussten. Nur das dumpfe Pochen meines Beines drang noch in mein Bewusstsein.
 

Ich muss gestehen, dass ich mich noch nie so gefühlt hatte. So seltsam leicht und doch schwer wie Blei. Lag es daran, dass ich noch nie in so einer Situation gesteckt habe? Gab es überhaupt vergleichbare Situationen? Konnte das, was ich hier gerade erlebte, als typisch für einen Jugendlichen abgetan werden?

Wohl eher nicht…
 

Der Luftzug wurde stärker und ich hielt vor einer alten Holztür inne. Ich griff den alten Türkauf und öffnete, unter großem Widerstand des morschen Holzes, den Durchgang, der direkt nach draußen führte. Ich befand mich in einem Haus. Zumindest das, was davon übrig geblieben war.

Das einzige, was noch stand, war diese eine Wand, in der die Tür eingelassen war, die ich gerade durchquert hatte, und die Bodenplatte mit einigen letzten Spuren, die mir die ungefähre Größe des Gebäudes zeigten, welches hier einmal gestanden hatte.

Auch das Haus auf der rechten Seite wirkte ziemlich ramponiert. Riesige Löcher klafften in den Wänden und das Mobiliar bestand nur noch aus Einzelteilen. Es sah aus, als hätte eine Bombe eingeschlagen.
 

Als ich meinen Kopf nach links wandte, bemerkte ich, wie nah ich schon an der Stadtmauer war. Nur wenige Meter trennte die Ruine von dem steinernen Koloss.

Die Sonne schien langsam unter zu gehen, da der Himmel eine orangefarbene Tönung angenommen hatte, was eine seltsame Färbung der Mauern mit sich zog. Auch der starke Wind wurde von Minute zu Minute kühler und es dauerte nicht lange, bis eine Gänsehaut meine Arme zierte.
 

Was tat ich hier draußen? Wo sollte ich hin? Ob die anderen bald kämen und mich suchten? Was mir dann blühte, war mir schon jetzt klar. Sie würden mich in meinem Zimmer einsperren und ich müsste den ganzen Tag gelangweilt in meinem Bett liegen. Doch niemanden würde es interessieren, dass mich genau diese Situation nur noch mehr reinreißen würde.

Jedes Mal wieder diese Gedanken. Jedes Mal wieder so ein Traum. Und immer wieder werde ich keine Antworten bekommen. Nur Selbstzweifel und Angst…

Wenn ich nichts tun kann, werde ich noch verrückt…
 

Langsam trugen meine tauben Beine mich einige Schritte nach vorne, bis ich die Straße erreichte. Ich glitt ich an einer der Mauern herab und setzte mich in den staubigen, noch immer heißen, Sand. Erschöpft lehnte ich meinen Kopf gegen den kalten Stein und blickte in den nun rabenschwarzen Himmel.

Tausende Sterne funkelten am Nachthimmel um die Wette. Die Erde stand direkt über mir und leuchtete in einem grellen hellblau. Sie war so schön. Die Erde. So wunderschön. Es wunderte mich nicht, dass viele Menschen davon träumten einmal in den Weltraum zu fliegen. Unser Planet war einfach wunderschön.

Wie wohl dieser Planet hier von oben aussah? Gab es hier auch so große Meere? Oder bestand diese Welt eher aus Land, Wüsten und Wäldern? Wie viel wussten die Menschen hier über ihren eigenen Planten? Und warum wusste die Erde nicht einmal, dass hier ein riesiger Himmelskörper existierte, der sogar bewohnt war? Welche Macht umgab diese Welt?
 

Ich atmete einmal tief ein. Die kühle Luft erfüllte meine Lungen. Es fühlte sich gut an. Es fühlte sich… real an.

„Ach hier steckst du.“ Ihre leise Stimme erschreckte mich nicht mehr. Ich hatte mich daran gewöhnt, dass sich ständig jemand von hinten an mich heran schlich. Ein kleines Lächeln erschien kurz auf meinem Gesicht, doch ich drehte mich nicht zu ihr um. Ich hatte die Szene von vorhin noch nicht vergessen.

„Hey Lucy.“, meinte ich leise, als sie sich neben mich setzte. Lange Zeit hörte ich nur unsere Atemzüge, während unser heißer Atem mit dem Wind fortgetragen wurde.

Sollte ich etwas sagen? War es an mir den ersten Schritt zu tun? Oder war ich gar nicht befugt mit ihr zu sprechen nachdem was ich getan habe? Und das schon zum wiederholten Mal?

„Tut mir leid, was vorhin passiert ist.“ Das waren die Worte, die mir im Kopf herum spukten. Doch… ICH hatte sie nicht gesagt! Verwirrt wandte ich meinen Kopf in ihre Richtung und sah, wie sie die Erde am Himmel anstarrte.

Was meinte sie damit? Gab sie sich etwa die Schuld an meinem Ausraster? Nahm sie erneut meine Schuld auf sich?

Nein. Nein! Diesmal nicht!
 

„Nein. Hör auf.“ Meine Stimme klang hart und kalt. Selbst ich erschreckte mich etwas.

„Hannah?“ Was schwang da in ihren Worten mit? Verwunderung?

„Du bist nicht Schuld. Hör auf damit. Es war mein Fehler. Und ich bin diejenige, die sich entschuldigen muss… Ich weiß im Moment einfach nicht, was ich tun oder lassen soll…“ Ich zog meine Beine an meinen Körper, schlag die Arme darum und legte meinen Kopf dazwischen. Er fühlte sich so unglaublich schwer an. So, als würde eine viel zu große Last auf ihm liegen.

„Ich verstehe dich. Bitte, mach dich nicht fertig. Ich hätte auch anders reagieren sollen.“ Sie nahm also immer noch einen Teil der Schuld auf sich…

„Du hast keine Schuld. Nimm mir diesen Teil nicht ab. Ich benehme mich unmöglich und das, obwohl ihr mir nur helfen wollt. Es tut mir Leid. Ich…“ Meine Stimme brach. Tränen brannten erneut in meinen Augen, doch ich hatte nicht vor, ihnen die Oberhand zu geben. Diesmal nicht!

„Wenn du das so möchtest.“ Ich schrak zusammen. Erneut wandte ich meinen Kopf zu ihr und blickte in ein lächelndes Gesicht. Die Haare ihres blonden Pferdeschwanzes wehten im sachten Wind. Ihr Gesicht strahlte Fröhlichkeit und Wärme aus. Nichts deutete darauf hin, dass sie sauer auf mich war. Doch wieso?

„Warum?“, fragte ich ungläubig.

„Du bist meine Freundin. Außerdem hast du viel durchzumachen. Ich kann sehr gut verstehen, dass dir das alles manchmal zu viel wird. Ich weiß nicht, ob ich so lange durchgehalten hätte.“ Sie kicherte, doch ich hörte, dass dieses Lachen nicht fröhlich war. „Darum bewundere ich dich. Ich will dir helfen, so gut ich kann. Ich will nicht glauben, dass wir nichts tun können.“ Sie richtete sich auf und sah zu mir herunter. „Ich mag dich sehr und du kannst immer auf mich zählen. Vergiss das nicht.“, waren ihre letzten Worte, ehe sie durch die Holztür wieder unter die Erde verschwand.
 

Zurück ließ sie ein sprachloses, schwarzhaariges Mädchen.

Ich weiß nicht, wie lange ich noch mit leicht geöffnetem Mund die Holztür anstarrte. Ich war ziemlich verwirrt und vor allem überrascht. Ihre Worte spukten noch immer in meinem Kopf und doch wurde ich nicht schlau daraus.
 

„Wir werden in wenigen Augenblicken aufbrechen.“ Eine Männerstimme riss mich aus meinen Gedanken. Eine Gruppe von Menschen stand auf einer Anhöhe in der Nähe, die neben dem großen Holztor lag. Ich reckte meinen Kopf, um zwischen zwei Häuserruinen hindurch sehen zu können. Da ich im Schatten der Mauer saß, schien mich noch niemand entdeckt zu haben.

„Ian ist noch nicht da. Ich glaube, er wollte noch mal seine ‚Freundin’ besuchen.“, kicherte ein Mann.

„Er übertreibt es.“, zischte ein Anderer.

„Er ist noch jung. Der weiß doch noch gar nicht, was Sache ist.“, meinte ein dritter Mann, der gerade zu den anderen gestoßen war. Die Drei brachen in schallendes Lachen aus und ich spürte, wie mir das Blut in den Kopf floss. Und das, obwohl ich nicht einmal wusste, ob ich wirklich gemeint war.

Doch selbst wenn. Was hatte das zu bedeuten? Was meinten die Fremden mit ‚aufbrechen’? Wo wollten sie hin? Und warum musste Ian mit?
 

„Ah, da kommt er ja!“ Schnell stand ich aus meiner sitzenden Position auf, um besser sehen zu können. Ein dünner, muskulöser Mann lief auf die kleine Gruppe zu, gefolgt von einem weiteren Mann.

„Na Kasanova? Alles erledigt?“, lachte einer aus der Gruppe und die anderen stimmten ein.

„Ach hör auf, Steve.“, beklagte sich der Neuankömmling. Diese Stimme… Das war wirklich Ian!

Mein Magen verkrampfte und meine Wangen fingen an zu glühen. Wieder durchlebte ich die wenigen Minuten, die Ian und ich am Nachmittag zusammen verbracht hatten. Und vor allem erinnerte ich mich an… seinen Kuss.
 

„Dann sind ja alle da. Lasst uns zur Jagt aufbrechen!“, meinte einer der Männer fröhlich und erst jetzt bemerkte ich die Gewehre, die auf ihren Rücken befestigt waren. Sofort stieg die Abscheu gegenüber den Waffen in mir hoch, doch das war im Moment nicht das Wichtigste.

Diese Gruppe wollte zur Jagt aufbrechen! Vor die Mauern, wo die Infizierten nur auf eine Gelegenheit warteten, die letzten Menschen auch noch auf ihre Seite zu ziehen.

Wieso nahmen sie also einen 15- jährigen mit? Wie konnten sie das verantworten?

Wut stieg in mir hoch. Unverständnis gegenüber dieser Entscheidung. Und vor allem: Angst, dass dem Jungen etwas passieren könnte…
 

Das Holztor öffnete sich knarrend und die Gruppe Männer inspizierte die Landschaft außerhalb der Stadt. Wahrscheinlich hielten sie Ausschau nach den Feinden. Nach den Feinden, die mich suchten…
 

In meinem Kopf rasten die Gedanken. Was sollte ich tun? Konnte ich Ian aufhalten? Würde er auf mich hören? Oder würden sie mich nur wieder zurück in meinen ‚Käfig’ sperren?

Sie würden mich weiter wie ein Baby behandeln! Sie würden mich nie mithelfen lassen! Ständig habe ich Ohnmachtsanfälle oder verletze mich! Aber auch wenn ich nichts dafür konnte, würden sie mir das jedes Mal vorhalten!

Was sollte ich also tun, wenn nicht mal Ian da war? Er war der einzige, der mich ernst nahm. Mir etwas zutraute. Er hat mir gezeigt, dass man sich für Menschen einsetzten kann, auch ohne sie zu kennen.

War das jetzt meine Gelegenheit? War es nun an mir, ihm zu helfen? Ich musste es wenigstens versuchen… Auch wenn mir klar war, dass es sehr schwer werden würde. Wenn nicht sogar unmöglich…
 

Ich atmete noch einmal tief ein. Ich streckte meine verletzten Knochen und Gelenke, die wieder heftig protestierten. Aber davon würde ich mich nicht abhalten lassen...

In Windeseile entledigte ich mich meiner zahlreichen Verbände, bis kein Verbandsstoff mehr meinen Körper bedeckte. Schnell entsorgte ich diese verräterischen Spuren in einer der Häuserruinen, wobei mein Blick auf meine Hände fiel. Kleine Narben zierten meine Fingerspitzen. Ich hatte meinem Körper also schon zu viel zugemutet…
 

Ich verdrängte die Bilder aus meinem Kopf und schlich mich durch die Schatten näher an das noch immer geöffnete Tor heran.

Die Gruppe stand bereits außerhalb der Tore und unterhielt sich leise mit den Männern, welche auf der Stadtmauer patrouillierten. Ich musste mich beeilen…

Schnell huschte ich zwischen weiteren Trümmern hindurch und schaffte es gerade noch durch das Tor zu schlüpfen, ehe sie es durch einen Mechanismus schlossen. Draußen versteckte ich mich gleich hinter einem großen Felsen, der vor der Mauer lag. Zum Glück erreichten die Lichter der Erde und des Mondes diese Stelle nicht. Genauso wie die zahlreichen Fackeln, die die steinerne Wand säumten. So blieb ich unentdeckt.
 

Zum ersten Mal, seit ich diese Stadt erreicht hatte, stand ich außerhalb der Mauer und blickte auf die schwarze Steinwüste, die sich bis zum Horizont zu erstrecken schien. Ein kalter Wind kroch über den hügeligen Boden und wirbelte den feinen Sand auf, der unangenehm auf der nackten Haut kratzte.
 

War es mein Schicksal zu sterben? Konnte man seinem Schicksal entfliehen, oder blieb einem nur sich damit abzufinden?

Gab es irgendetwas, was man tun konnte?

Konnte man durch Taten die scheinbar unausweichliche Zukunft ändern?

Oder war das nur ein Trugschluss derer, die sich mit allen Mitteln an das Leben klammerten? An das Leben, welches sie genossen und nie hergeben wollten? Was ihnen so wichtig war?

War es egoistisch so zu denken? Brachte man die Menschen, die man liebt, so nur in noch größere Gefahr?
 

Gab es überhaupt einen richtigen Weg? Oder wählte man immer den Falschen?
 

Viele Fragen rasten durch meinen Kopf, als ich mit wild schlagendem Herzen den Männern leise durch die Schatten der Nacht folgte.

Ich spürte, dass etwas geschehen würde. Das sich etwas verändern würde.

Doch hätte ich damals gewusst, was mir bevor stand, hätte ich wahrscheinlich lieber gleich meinen eigenen Tod gewählt…



Fanfic-Anzeigeoptionen
Blättern mit der linken / rechten Pfeiltaste möglich
Kommentare zu diesem Kapitel (3)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Flordelis
2011-08-01T14:39:18+00:00 01.08.2011 16:39
Das Kapitel hat mir sehr gut gefallen. *IanxHannah-Fähnchen von Meyara gekauft hat, um damit zu schwenken*
Das Ende ist so schön dramatisch und stimmungsgeladen und ich bin schon gespannt, was da noch auf Hannah zukommen wird. Die folgenden Kapiteltitel sind ja schonmal sehr "Wow".

LG
Alona
Von: abgemeldet
2010-05-16T13:39:31+00:00 16.05.2010 15:39
Ich bin sehr zufrieden mit dem Verlauf der Geschichte, wenn auch hin und wieder Ungereimtheiten auftreten, die sich aber noch klären werden, hoffentlich.

Bin schon sehr gespannt wie es weiter geht und was da noch so kommen mag^^
Von:  Nott
2010-05-16T11:22:29+00:00 16.05.2010 13:22
Drama, Drama! O:
*IanxHannah-Fänchen schwenk* <3
Wobei ich ihre Reaktion ehrlich gesagt etwas übertrieben finde.
Klar, sie hat viel um die Ohren und macht ihren Freunden hin und wieder Probleme, aber deswegen gleich Mordgedanken hegen? Schön und gut, das könnten Gründe dafür sein, allerdings hast du es dann etwas zu unnachvollziehbar beschrieben ;)
Insgesamt aber trotzdem ein klasse Kapitel. Auch wenn ich mich frage, wie um alles in der Welt das weiter gehen soll xD Ich bin gespannt Schwesti :3
(*nochmal auf IanxHannah-Fähnchen deut* O:)
Grade mit ihrer leicht überstürzten Flucht. Wo ich auch den Sinn noch nicht so ganz verstehe >: Will sie Ian jetzt aufhalten oder selbst mitkommen?
Man wird es sehen xD
Ansonsten wie immer klasse geschrieben, wie schon so oft gesagt, dein Schreibstil gefällt mir immer besser und besser. (kaum zu glauben, dass das noch geht O:)
Wie auch immer, ich freu mich aufs nächstes Kapitel mit hoffentlich wieder genau so viel charakteristisch übertriebenem Drama-Anteil :D
Schreib schnell weiter!!!111eineinself Voool Gailes Kapi und soooouu!!1

hdl,
meya~


Zurück