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Parfum d'Orange

Liebe schmeckt wie Sommerfrüchte
von

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Chapter Four

*Chapter 04*
 

Der heißeste Tag im Sommer, der das Jahr bislang zu bieten gehabt hatte, war auch unser Abschluss. Das heißt, meiner. Damit gewann ich nun die Eintrittskarte in die über alles geliebte Berufswelt. Allerdings hatte ich mich, ob der Qualifikation, die ich bekommen hatte, dazu entschieden, nach den Ferien mein Abitur zu machen. Wunderbar, drei weitere Jahre mit Pauken und lästigen Schulkameraden rumschlagen… aber man musste die Chancen ergreifen, die man zugeworfen bekam.

Somit hatte ich gute zwei Wochen eher frei als die Klassen unter mir, zu der auch Nigel gehörte.
 

Deswegen konnte ich mir entspannte Tage machen… Wenn diese doch nicht immer nur mit lautem Gepolter am Morgen anfangen würden. Ja, den Zorn meines kleinen Stiefbruders konnte man wahrhaftig mit Leichtigkeit auf sich ziehen. Ihm reichte der Grund, dass ich ausschlafen konnte, während er noch in die Schule musste, vollkommen aus, um mich zu tyrannisieren. Zum Glück war ich Jemand, der immer und überall sofort wieder einschlafen konnte, also machte ich mir nichts draus. Denn würde ich auf seine Neckereien reagieren, würde er sich doch nur freuen…
 

Eigentlich hatte ich damit gerechnet, dass sich unser schwieriges Verhältnis allmählich in glatte Kurven zieht, aber nach unserem „Gespräch“ hatte mich mein Lieblingsstiefbruder nicht mal mehr mit seinem Allerwertesten angesehen. Dafür hatte ich ihn des Öfteren wieder mit Emo-Tuse Paulina gesehen, die in den letzten Wochen erstaunlich viel an Oberweite zugenommen hatte. Und dafür gab es zwei Erklärungen. Entweder, sie stopfte sich ihren hellblauen Blümchen BH mit Papier aus oder sie operierte sich selbst Implantate in die nicht vorhandene Brust. Ich tippte auf letzteres, schließlich wurde mir aus zuverlässigen Quellen mitgeteilt, sie steche sich ihre Piercings auch alle selbst, da lag die zweite Variante ja schon auf der Hand!

Bei der wunderte mich gar nichts mehr…
 

„Kannst du mir helfen?“
 

Nigel ließ sich geräuschvoll auf den Stuhl vor mir fallen, mit ihm sein Hausaufgabenheft auf den Tisch. Ich seufzte.
 

„Is that all you can? Eat and sleep?“
 

Genervt ließ ich mein Nutellabrot auf meinen Teller fallen, rückte an die Lehne und verschränkte die Arme konternd ineinander. „Wenn du kein Deutsch sprichst, helf‘ ich dir auch nicht! Außerdem darf ich das, denn ICH habe Ferien.“
 

Ich wusste nicht recht, ob er verstand. Aber seine Miene sagte: „Fuck you.“ Und da das kein Deutsch war, zuckte ich mit den Schultern und verließ den Raum. Mit meinem Nutellabrot.
 

„Adam, warte!“, schrie er mir entgegen, was mich tatsächlich dazu anhielt, stehen zu bleiben. Hatte er etwa gerade meinen Namen korrekt ausgesprochen?
 

„Ich will ja lernen…“, flüsterte er und kratzte sich ablenkend am Ellebogen. Irgendwie kam mir die ganze Situation Spanisch vor. Eine halbe Stunde später allerdings nicht mehr, als sich herausstellte, wieso er Zeit mit mir verbringen wollte.
 

„Nicky is in her class! Oh, pleeeeeease! Help me!“
 

„Nicky ist meine beste Freundin, aber die hat doch mit Emo-Paulina nichts zu tun! Was willst du von mir?“ Meine Stimme wurde zusehends zitternder. Zitternd vor Wut. Wegen Nigel, wegen mir… oder wegen Paulina. Aber ich tippte eher auf die Gesamtsituation. Im Inneren hatte ich nämlich still gehofft, er würde mit mir lernen wollen… meinetwegen.
 

„Nicky was her best friend at elementary school!“
 

„For real?“ Ich räusperte mich. Das ganze Englischgequatsche hatte mich so verwirrt, dass mir die deutsche Antwort darauf nicht einmal eingefallen war. Ich glaubte, Nigel etwas lächeln zu sehen.
 

„Das wusste ich nicht…“, gestand ich und wurde nachdenklich. Ich hatte Nicky von Nigels neuer Freundin erzählt, allerdings nicht, dass ich das gar nicht so pralle fand. Und sie hatte mit den Schultern gezuckt und gesagt: „Geht uns nichts an.“ Damit war die Sache auch schon gegessen.
 

„Das ändert nichts“, flüsterte ich und beeilte mich, in mein eigenes Zimmer zu kommen. Ich schenkte ihm nicht mal mehr einen Blick, als ich rasendschnell sein Reich verließ… und die Türe knallte.
 

„Das wusstest du nicht?“
 

Benny schaute mich ungläubig an. „Man, was bist du für ein Freund!“
 

„Ich bitte dich!“, sprach ich anklagend gen Himmel. Er war mal wieder so unglaublich blau. Ich schloss die Augen. Vergessen. „Wenn sie mir nichts erzählt, dann frage ich doch nicht auf Verdacht nach, ob sie mal mit Paulina befreundet war. Schließlich war ich auch nicht im selben Gitarrenkurs mit Elvis.“
 

„Du wirst echt immer deprimierter, oder?“
 

Unmerklich nickte ich. Den späten Nachmittag verbrachte ich mit Benny am See. Je später es wurde, desto ruhiger und entspannter wurde es hier. Sobald die warmen Sonnenstrahlen nachließen, hatten wir diesen Ort hier fast für uns alleine.
 

Als ich aufwachte, war es dunkel. Verwirrt nestelte ich hastig an meiner Hosentasche herum und stellte fest, dass mein Handy auf lautlos gestellt war, 3 Anrufe in Abwesenheit.
 

„Benny?“, rief ich in Richtung See und kniff meine Augen zusammen, um etwas erkennen zu können. Doch das war schon gar nicht mehr nötig, da ich seine anstrengende Stimme keine fünf Meter von mir ausmachen konnte.
 

Also lief ich neugierig zu ihm, um herauszufinden, wer denn bei ihm stand.
 

„Da ist ja unser Schlafkönig!“, schlug er mir auf die Schulter, ich schlug ihm gegen den Bauch. „Wieso hast du mich nicht ganz einfach aufgeweckt?“
 

„Bin doch selbst eingeschlafen…“, kratzte er sich verlegen am Kopf. Im geringen Schein des Mondes machte ich Paulina aus und… Nigel.

In seinen Augen spiegelte sich das hellgraue Licht wider, ich schluckte. Irgendwie hatte ich ein Déjà-Vu.
 

„Ich hab‘ dich angerufen!“, erklärte mein Stiefbrüderchen mir mit kalter Miene.
 

„Warum? Weil du wieder Hilfe brauchtest?“ Ich verdrehte die Augen. Nein, danke. Mein Schlaf war mir wichtiger! Aber Nigel antwortete nicht.
 

„Dann wollen wir euch zwei Turteltäubchen mal alleine lassen…“, flötete mein bester Freund, griff mich an der Schulter und zog mich mit sich. Geknickt wandte ich den Blick von Nigel ab. Die Zeit war einfach nicht mehr aufzuhalten. Ich wollte nicht kämpfen. Nicht gegen ein so wunderschönes Mädchen… das natürlich nicht meinen Geschmack traf! …aber den von Nigel anscheinend sehr wohl.
 

„Man, zum Glück konnte ich die beiden noch ablenken!“, seufzte Benny erleichtert und blieb endlich mit mir stehen. Ich zuckte mit der Augenbraue. „Ablenken?“
 

„Du bist nicht gerade ein Taubstummer im Schlaf, hat dir das schon mal jemand gesagt?“ Ein verdutzter Blick traf ihn. „Ja, guck nicht so! Du hast die ganze Zeit von Nigel geredet. Und irgendetwas mit ‚Diese dumme Schlampe‘ und ‚Ich will dich‘!“
 

Entsetzt blieb ich stehen. Fand es aber nach einiger Überlegungszeit recht komisch. „Selbst im Schlaf weiß ich, dass das eine dumme Schlampe ist?“ Ich lachte. Benny schaute nicht so begeistert drein.

„Was ist, wenn sie dich gehört hätten?“
 

„Als ob Paulina wüsste, was abgeht. Und als ob Nigel mein Genuschel versteht. Der versteht mich ja nicht mal, wenn ich ihn klar und deutlich anschreie!“
 

Wir gingen den schmalen Weg, der rauf in die Stadt führte, weiter entlang. Ließen Nigel und Paulina hinter uns. Je mehr wir uns von ihnen entfernten, desto schlimmer wurde dieses entsetzliche Gefühl, allein gelassen zu werden. Aber umso mehr schien ich alles hinter mich zu lassen. Nicht nur einfach Nigel und Paulina, auch die Gesamtsituation, die mich immer und immer wieder in die Knie zwang.
 

„Hättest dich ja trotzdem mal bedanken können.“
 

„Danke.“
 

Am Wochenende traute ich meinen Augen kaum.
 

„…Frank? Was macht dieses schwarze Monster da?“
 

„Das nennt man Swimming-Pool, Sohn. Da kann man drin schwimmen!“
 

„Ich meine Nigel.“
 

Stiefbrüderchen hatte sich heute nämlich abermals seine Löckchen in ein Nachtschwarz gefärbt, weil man doch schon den rötlichen Ansatz sehen konnte. Mit einer - natürlich ebenfalls schwarzen - Badeshorts hockte er zwischen den Beeten und grub gewisse Teile des Bodens um.

Ich war geschockt.
 

„Nenn‘ deinen Bruder nicht Monster!“
 

Ich wirbelte herum. „Bruder? Das ist ja wohl die schlimmere Beleidigung!“ Frank seufzte und zog sich zurück ins Haus. Dafür, dass es erst 9 Uhr war, sah mein Vater verdächtig gut aus. Keine tiefen Augenringe, auch seine Laune war eigentlich bestens. Aber was erwartete man auch von einem Tag, an dem ich um 9 Uhr im Garten stand und Nigel dabei war, in eben jener Herrgottsfrühe den Garten abzugrasen?
 

Verwirrt - und, ich musste zugeben, auch ein wenig neugierig - hockte ich mich neben ihn und betrachtete ihn so lange von der Seite, bis er von alleine auf die Idee kam, etwas zu sagen. Das traf nur leider nicht ein. „Baust du Hanf an?“
 

Keine Reaktion.
 

„Legst du eine Bombe in unser Beet?“
 

Wieder sagte er kein Wort. Also ließ ich mich rücklings auf den Rasen fallen. Eigentlich sollte mich die Tatsache, dass Frank uns einen „Swimming-Pool“, den man nicht gerade als Planschbecken betiteln konnte, gekauft hatte, mehr schockieren.

War wahrscheinlich Jeanettes Idee. Manchmal gefiel sie mir ganz gut. Besonders, wenn sie Essen kochte… und nicht Frank.
 

„Ich pflanze Petunien.“
 

Nein, ganz ehrlich, dabei blieb mir die Spucke weg. Also beschloss ich, mir etwas zu trinken zu holen und danach sofort den Pool einzuweihen, da anscheinend noch keiner auf die Idee gekommen war. Doch als ich wiederkam, lehnte Nigel schon entspannt im Wasser und nur - wirklich nur - weil ich das nicht auf mir sitzen lassen wollte, stieg ich zu ihm hinein.
 

„Sei ehrlich, das sind fleischfressende Pflanzen, die du da im Beet vergraben hast!“ Nigel schenkte mir nur einen flüchtigen, verachtenden Blick und schloss dann sofort wieder seine Augen.

Ich beließ es dabei und verkniff mir weitere Kommentare. Ich war es schließlich nicht gewohnt, dass dieses Schoßhündchen einfach keine Lust dazu hatte, mir die Krätze an den Hals zu wünschen.
 

Während ich also so vor mich hin dachte und die Tatsache, dass wir uns von Anfang an nicht wirklich gut miteinander verstanden haben, verfluchte, glitten meine Blicke abermals seinen nackten Oberkörper rauf und runter. Ich versuchte, es so unauffällig wie möglich zu machen.

Er war etwas schmächtig gebaut, aber seine feuchte Haut und die heißen Sonnenstrahlen, die auf seiner Haut schimmerten, ließen ihn wie die personifizierte Sonne erscheinen. Dadurch fiel mir erst auf, dass auch seine rechte Brustwarze ein schwarzes Piercing zierte.

Verkniffen wandte ich schweren Herzens meine Blicke ab und biss mir auf die Unterlippe. Es war schon so lange her, dass ich einen Jungenkörper berührt hatte, abgesehen von meinem. Ich atmete tief durch. Langsam wurde es mal wieder Zeit. Doof nur, dass ich mich für niemand Anderes interessierte als für Nigel.

Und obwohl wir nie redeten und er es auch so überhaupt nie für nötig hielt, ein Wort mit mir zu wechseln, entstand eine ungewöhnlich ungemütliche Stille zwischen uns. Oder prickelte sie gar?
 

Gerade, als ich mich durchringen wollte, ihn auf seine abertausenden Piercings anzusprechen, tauchte plötzlich Nicky aus dem Nichts auf, sprang in den Pool und kühlte mich zum Glück wieder ein paar Grad ab. Mein Gesicht war puterrot.
 

„Was tust du hier?“, schoss es ungläubig und überschwänglich aus mir heraus, meine Stimme überschlug sich. War sie jetzt so etwas wie meine Rettung oder nicht?
 

„Na, Benny meinte, ich solle heute mal vorbeischauen“, sprach sie nonchalant und ließ sich bis zur Nase ins kühle Nass gleiten.
 

Na, das war ja fabelhaft. So fabelhaft, wie das fabelhafte Leben einer fabelhaften Schwuchtel hier in Essen nun mal sein konnte. Sie hatte mit ihrer Arschbombe zwar wunderbar die unangenehme Stille zwischen mir und Nigel zerbrochen… aber das war ja nur der Swimming-Pool gewesen. Als nächstes wären die Fettnäpfchen an der Reihe. Sie wusste ja nicht mal, dass ich einen Narren an diesem amerikanischen Gör gefressen hatte.
 

„Du guckst so deprimiert!“, kommentierte meine beste Freundin mein momentanes Gemüt und legte mir zufrieden grinsend ihren Arm und die Schultern. „Wieso sagen das immer alle in letzter Zeit?“ Aber ich hatte ja wohl allen Grund dazu.
 

Nicky zuckte mit den Schultern. „Hey, Nigel!“ Meine Stimmung sank unter den Nullpunkt.
 

„Hey. You‘re Nicky, right?“
 

Ich strafte ihn mit meinen Blicken. Aber wenn das funktionieren würde, läge er schon längst bei den Würmern. So einen Satz hätte er auch 100% auf Deutsch hinbekommen. Aber zu meinem Verwundern antwortete meine beste Freundin auf Deutsch.
 

„Ja. Benny meinte, du würdest gerne mit mir über Paulina reden.“
 

Geschockt sah ich zu, wie es in Nigels Augen zu funkeln begann. Dann knallten bei mir sämtliche Sicherungen durch, ich schnappte sie am Arm und zog sie mit mir aus dem Pool ins Haus.
 

„Bist du total deppert?“ Wir tropften das Parkett voll, um das sich Jeanette jeden Tag sorgvoll kümmerte, als wäre das Holz ihr Sohn. Ihr entsetztes „Was ist denn los mit dir?“ hörte ich nur wie durch Watte.
 

Das war mir alles zu viel. Viel zu viel, um es noch weiter zu ertragen. Und mit meinen Gedanken an seinen halbnackten Körper floh ich rauf in mein Zimmer. Knallte die Türe.

Verstand sie denn gar nichts?
 

*Chapter 04/ENDE*



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Cthugha
2011-02-14T20:56:42+00:00 14.02.2011 21:56
argh.
nigel, diese blöde kuh.. ;)
manno.. und pauline-...!!!!
-zensiert- xD argh!!!

maaan.. armer ädäääm.. xD
Q_Q
schreib bitte weiter <333
Von:  Jeschi
2011-02-09T16:19:27+00:00 09.02.2011 17:19
Ich mag deine Story. Und dein Schreibstil ist echt toll! ^^
Ich freue mich schon, wenns wieder ein neues Kapi gibt! XD


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