Nightmares
„Aber... Samantha... du kannst doch nicht einfach...“
„Es tut mir Leid... ich kann nicht mehr mit dieser Lüge leben!“
„Aber... Sie wird sauer sein. Auch auf dich! Überleg doch, sie ist deine Schwester!“
„Egal was sie tut, ich kann mit dieser Lüge nicht mehr leben!“
„Das macht sie doch sowieso nicht!“, grummelte Natasha und warf die Fernbedienung, mit der sie gerade das Fernsehprogramm abgeschafft hatte über die Schulter, sodass sie auf dem Sofa landete und nur langsam zu Boden rutschte. Seufzend schloss sie die Augen und vergrub sich in ihrem Sessel. „Oh Mann.... müüüüüdeee...“
„Natasha?“
Sie fuhr auf und sank gleich darauf in die weichen Arme der Kissen zurück. Es war immer noch ungewohnt für sie mit Lan zu reden-... Oder eher ihn reden zu hören. Letztendlich war er, immerhin nur ein Hund, zugegeben, er hatte einen untypischen Hang zu Gesprächen im Mondschein, aber trotzdem! „Hey Lan.“
Seine karamellfarbenen Augen trafen ihre und er erwiderte auf seine ernste Art: „Ich habe gehört, dass der Schamanenwettkampf fortgesetzt wird. Sie beginnen sogar von vorn.“
Sie blinzelte müde und ging vorbei in die Diele ohne einen Blick in seine Richtung zu verschwenden.
„Hatte ich nicht irgendwann schon mal erwähnt, dass ich nicht das geringste Interesse daran habe mit dir als Schutzgeist irgendwas zu machen bei dem ich mir ’nen Fingernagel abbrechen könnte? Also so was, wirklich. Ich wüsste gar nicht wie das gehen soll. Ich hab in der Bibliothek noch kein Buch mit dem Titel: >Wie man Schamane wird< gesehen.“
Seine Schnauze kräuselte sich belustigt, während er ihr in die Küche folgte. „Du hast doch auch noch nicht gesucht! Und außerdem kannst du auch keine Schamanin werden, niemand kann das.“
Sie hielt inne, obwohl sie gerade noch vollauf damit beschäftigt war die Schalen im Kücheschrank hin und her zu räumen und wartete. „Du bist Schamanin!“
„Ach, Kinderkram, sei bloß still!“
„Du kannst mich sehen, das ist der beste Beweis.“
Jetzt drehte Natasha sich doch in seine Richtung und stemmte die Hände in die Hüften. „Ich kann dich ja auch schlecht übersehen, wenn du mir vor der Nase rum läufst!“
„Die anderen können mich nicht sehen, das weißt du.“
„Vielleicht existierst du ja auch nur in meinem Kopf.“, konterte sie schnippisch und rauschte wieder durch die Tür, in der Hoffnung dass das nicht allzu sehr nach der Flucht aussah die es eben war.
Diesmal folgte Lantarel ihr nicht, sondern richtete nur seine Augen auf den Punkt an dem sie gestanden hatte. Wenn ein Wolf grinsen konnte, dann tat er gerade genau das.
Natasha schwebte in warmer, weicher Dunkelheit. Das war bei ihr öfters so, nichts Besonderes. Sie liebte diese Träume, vor allem, weil sie die ganze Zeit wusste, dass es einer war. Aber heute war etwas anders. Es war wärmer. Konnte das sein oder hatte sie einfach nur die Heizung nicht ausgestellt, bevor sie eingeschlafen war?
Aber nein, da war noch mehr. Sie fühlte sich freier. Normalerweise war es hätte man sie in einen Raum mit einer Menge Pelzmänteln gesteckt, aber heute...
Sie schwebte wirklich! Da war nichts, nur Leere und die Temperaturen die immer noch stiegen.
Plötzlich glomm in der Nähe ein winzig kleiner Funken auf. Verdutzt bewegte sie sich darauf zu und umkreiste ihn. Ein vorsichtiges Lächeln breitete sich auf ihren Zügen aus, als der Funken zu einer Flamme wurde, die sich überraschend schnell ausbreitete, sodass sie verblüfft zurückweichen musste. Es wurde wärmer und sie zog sich noch etwas zurück. Bald sah sie nur noch Feuer, aber überraschender Weise... mochte sie das Gefühl. Es war kraftvoll. Ein wenig gruselig, aber beruhigend, es machte den Eindruck, dass jemand sie beschützte.
Ihre Augen gingen so abrupt auf, dass der Gedanke auch nur noch zu dösen schon lächerlich war. Stirnrunzelnd erinnerte sie sich an diesen Traum. Beim Anblick der Flammen brach alles ab, aber das war nicht alles. ...
„Oh nein, verdammt!“
Als sie zwei Minuten später aus der Tür ihres Zimmers stürzte fiel sie beinahe über einen Stapel Bücher. Verdutzt blieb sie stehen. Wie kamen die denn hier her...?
Sie nahm vorsichtig das oberste an sich und studierte den Einband.
<Schamanentechniken für Anfänger>, stand da.
„Haha, sehr lustig Lan! Ich weiß zwar nicht woher du sie hast, aber ich hoffe dir ist klar dass du sie wieder zurückbringen musst!“, fauchte sie laut. Als sie sich wieder umdrehte um vielleicht doch noch rechtzeitig zu kommen saß er mit unschuldig schräg gelegtem Kopf hinter ihr. „Wo willst du denn hin? Hast du es eilig?“
„Ich muss in die Schule, und wenn wir jetzt noch ein Plauschchen halten, dann komme ich garantiert zu spät!“
Er sah ihr nach als sie vorbeistürmte. „Hast du etwa diesen Samstag Schule?“
Sie wurde langsamer und zögerte. Donnerstag, Freitag...